Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720344/6/BP/WU

Linz, 07.06.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. am X, StA von Polen, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 7. Mai 2013, GZ: 1076098/FRB, mit dem über den Berufungswerber eine Ausweisung ausgesprochen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Odrzuca sie odwołanie jako bezzasadne i utrzymuje się kwestionowaną decyzję w mocy.

 

 

Rechtsgrundlage / Podstawa prawna:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

§ 65 iVm § 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2013/68

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 7. Mai 2013, GZ: 1076098/FRB, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF ausgewiesen und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

In rechtlicher Hinsicht stützt sich die belangte Behörde im erstinstanzlichem Bescheid auf die §§ 51 und 55 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 (NAG) idgF sowie die §§ 61, 66 und 70 Abs.3 FPG idgF, welche sie ausführlich zitiert.

 

1.1.2. Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw erstmals am 3. August 2011 in Österreich zur Anmeldung gelangt sei. Im Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung würden folgende Einträge aufscheinen:

 

05.07.2011 bis 26.08.2011 Arbeiter

27.08.2011 bis 28.08.2011 Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung 09.09.2011 bis 22.09.2011 Arbeiter

03.10.2011 bis 16.12.2011 Arbeiter

17.12.2011 bis 23.12.2011 Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung

30.01.2012 bis 02.02.2012 Arbeiter

22.02.2012 bis 16.03.2012 Arbeiter

26.03.2012 bis 06.04.2012 Arbeiter, X GmbH

06.11.2012 bis 09.11.2012 Arbeiter, X GmbH

 

1.1.3 Begründend führt die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht ua. aus, dass der Bw bei seiner fremdenpolizeilichen Befragung am 30. April 2013 Folgendes angegeben habe:

 

„Ich lebe seit August 2011 in Österreich. Im August 2012 habe ich meinen Sohn X aus Polen nach Österreich gebracht.

Ich habe mit meiner Lebensgefährtin in Polen zwei Söhne. Ursprünglich war vereinbart, dass meine Lebensgefährtin mit den Kindern nach Österreich nachkommt. Meine Lebensgefährtin war damit einverstanden, dass ich X nach Österreich mitnehme. Inzwischen hatte meine Lebensgefährtin einen anderen Partner gefunden, will jedoch jetzt wieder mit mir zusammen sein, was ich aber nicht mehr will. Derzeit bin ich arbeitslos aber auf Arbeitssuche.

Mein Sohn X lebt im Kinderheim in Schloss X in X.

Meine Lebensgefährtin heißt X, sie wohnt an meiner Anschrift in Polen.

 

Mir wurde bislang keine Anmeldebescheinigung ausgestellt.

Ich bin obdachlos und schlafe teilweise am Bahnhof oder auf Toiletten.

Essen bekomme ich bei der Caritas."

Ich habe eine Schwester in X, aber keinen Kontakt mehr zu ihr."

 

Die belangte Behörde hat erwogen, dass der Bw seit 10. November 2012 keiner Beschäftigung mehr nachgehe, keine der in § 51 Abs. 2 NAG angeführten Ausnahmetatbestände erfülle, obdachlos und mittellos sei, weshalb ihm das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr zukomme.

 

Durch die Ausweisung werde sicherlich in sein Privat- und Familienleben eingegriffen, da sein Sohn in Österreich in einem Kinderheim lebe.

Es laufe allerdings einem geordneten Fremdenwesen zuwider, wenn sich Fremde entgegen den entsprechenden Vorschriften nicht rechtmäßig hier aufhalten würden, weshalb die Ausweisung nicht nur zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und somit im Licht des § 61 Abs. 1 zulässig sei, sondern auch unter Beachtung der Bestimmungen des § 61 Abs. 2.

 

1.2. Gegen den angefochtenen Bescheid, nachweislich zugestellt am 10. Mai 2013, erhob der Bw rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, persönlich bei der belangten Behörde abgegeben am 13. Mai 2013.

 

Darin führt der Bw aus, dass er nicht zurück nach Polen könne, weil seine Freundin in seiner Wohnung mit einem anderen Mann lebe. Sein Sohn lebe in Österreich und er könne ihn nicht alleine lassen. Der Bw sei auf Arbeitssuche und habe im Juni einen Termin am Arbeitsamt.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 13. Mai 2013, eingelangt am 15. Mai 2013, wurde der gegenständliche Verwaltungsakt von der Landespolizeidirektion Oberösterreich dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt

 

2.2.2. Eine telefonische Erhebung am 7. Juni 2013 beim Leiter des Kinderheimes X (Tel. X) ergab, dass der Sohn von seinem Vater nie besucht worden sei, dass der Bw den Sohn ua. mit einer Eisenstange attackiert habe, was auch einen Krankenhausaufenthalt und die Kindesabnahme nach sich gezogen habe. Insbesondere wies Mag. X darauf hin, dass die Mutter das Kind zwischen 14. und 16. Juni 2013 nach Polen holen werde. Sie habe von der Kindesabnahme erst durch die Jugendwohlfahrt Kenntnis erlangt und sei sofort bereit gewesen, das Kind wieder zu sich zu nehmen.

 

2.2.3. Zusätzlich wurde am 7. Juni 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem UVS des Landes Oberösterreich durchgeführt. Trotz entsprechender Ladung des Bw, die mit 30. Mai 2013 hinterlegt worden war, erschien dieser nicht zur Verhandlung. 

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.2. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005– FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in  der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013, können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt

 

Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat die Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 66 Abs. 3 FPG ist die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist

 

3.1.2. Gemäß § 51 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 – NAG - idgF. sind EWR-Bürger aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

 

Gemäß § 51 Abs. 2 NAG bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der      ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

 

Gemäß § 51 Abs. 3 NAG hat der EWR-Bürger diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 NAG haben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 NAG sind zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;

2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;

3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;

4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;

6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger im Herkunftsstaat;

7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 NAG kommt EWR-Bürgern und ihren Angehörigen das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Gemäß § 55 Abs. 2 NAG kann der Fortbestand der Voraussetzungen bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

 

Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde gemäß § 55 ABs. 3 NAG den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass die zuständige Fremdenpolizeibehörde hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Die zuständige Fremdenpolizeibehörde ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7.

 

3.2.1. Beim Bw handelt es sich um einen polnischen Staatsangehörigen, der seit dem Jahr 2011 in Österreich aufhältig ist. Nachdem also nicht ein Aufenthalt in der Dauer von 10 Jahren erreicht wird, ist § 66 ABs. 3 FPG nicht zur Anwendung zu bringen. Der Bw unterliegt aber grundsätzlich betreffend die Ausweisung den Bestimmungen des § 66 Abs. 1 und 2 FPG.

 

Der Bw ist im Bundesgebiet obdachlos und seit über einem halben Jahr ohne jede Beschäftigung. Auch über einen entsprechenden Krankenversicherungsschutz verfügt er nicht.

 

Auch von ihm selbst ist nicht bestritten, dass er die Kriterien für einen legalen Aufenthalt nach den Bestimmungen der §§ 51, 53 und 55 NAG nicht erfüllt.

 

Die angekündigte Arbeitssuche im Juni 2013 ist offensichtlich bislang nicht von Erfolg gekrönt.

 

Somit ergibt sich zunächst die Zulässigkeit der in Rede stehenden Ausweisung gegen den Bw.

 

3.3.1. Gemäß § 66 Abs. 2 FPG ist jedoch bei einer beabsichtigten Ausweisung eines EWR-Bürgers insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

 

3.3.2. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet erst knapp 2 Jahre andauert. Von einer besonderen beruflichen und sozialen Integration kann angesichts der Obdachlosigkeit und der damit verbundenen Auswirkungen nicht ausgegangen werden. Eine besondere Berücksichtigung des Alters des Bw scheint nicht geboten. Sein Gesundheitszustand, der zwar durch den konstatierten Alkoholkonsum fraglos beeinträchtigt ist, bietet aber ebenfalls keinen ausreichenden Grund von der Maßnahme Abstand zu nehmen. Eine Rückkehr in sein Heimatland, das der Bw erst vor 2 Jahren verließ, scheint jedenfalls zumutbar, auch wenn der Bw nicht mehr zu seiner Freundin (der Mutter seiner Söhne) ziehen kann.

 

Nachdem der derzeit in Österreich aufhältige Sohn X aus dem Landeskinderheim X zwischen 14. und 16. Juni 2013 abgeholt werden wird, kann der Bw, der seinen Sohn im Übrigen nie im Kinderheim besucht hatte, nicht familiäre Umstände ins Treffen führen, die gegen seine Ausweisung sprechen würden.

 

3.3.3. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass § 66 Abs. 2 FPG einer Ausweisung des Bw nicht entgegensteht.

Es gilt in diesem Zusammenhang jedoch gemäß § 61 FPG bzw. Art. 8 Abs. 2 EMRK, im Sinne einer Interessensabwägung auf das durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme betroffene Privat- und Familienleben des Fremden in Österreich Bedacht zu nehmen.

 

3.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.4.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um der Gefährdung des wirtschaftlichen Wohles des Staates effektiv zu begegnen. Es mag eingewendet werden, dass das wirtschaftliche Wohl Österreichs nicht allein von dem Ausgang des konkreten Falls abhängig ist, was naturgemäß bejaht werden kann; allerdings ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Signalwirkung ein Abgehen von den hier angesprochenen gesetzlichen Vorgaben, die zum Schutz der Aufrechterhaltung eines geordneten Sozialwesens – korrespondierend zu unionsrechtlichen Normen – erlassen wurden, sehr wohl geeignet ist, das wirtschaftliche Wohl der Republik zu gefährden. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse äußerst hoch anzusetzen ist und eine Ausweisung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.3. Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich eines schützenswerten Privat- und Familienlebens des Bw in Österreich festzuhalten, dass er zwar im Jahr 2012 seinen minderjährigen Sohn X nach Österreich nachholte, dass ihm aber die Obsorge wegen Gewalttätigkeit entzogen wurde und der Sohn seither in einem Landeskinderheim erzogen wird. Die Ausreise des Sohnes nach Polen, wo er bei der Mutter wird leben können, ist für Mitte Juni 2013 geplant. Hier ergibt sich also keinerlei Eingriff in das familiäre Leben des Bw. Auch auf § 61 Abs. 3 FPG ist nicht einzugehen. 

 

3.4.4.1. Der Bw hält sich seit rund 2 Jahren im Bundesgebiet auf; dies allerdings bedingt rechtmäßig.

 

3.3.4.2. Von einer wirtschaftlichen Integration oder gar Selbsterhaltungsfähigkeit kann keinesfalls gesprochen werden, zumal der Bw seit über einem halben Jahr keiner Beschäftigung nachgeht und auch sonst über kein aktuelles Einkommen verfügt. Die bisherigen Beschäftigungen des Bw im Bundesgebiet waren allesamt äußerst kurzfristig.

 

Gemessen an der Aufenthaltsdauer und der nicht feststellbaren sprachlichen Kenntnisse, wird von keiner überdurchschnittlichen sozialen Integrationsverfestigung auszugehen sein. Diese Feststellung gründet nicht zuletzt darauf, dass mangels stabilem Wohnsitz in Österreich keine besonderen sozialen Bindungen zu Tage traten oder gar releviert wurden. Der Aufenthalt der Schwester des Bw in X konnte diesbezüglich keine Verbesserung der Situation bewirken.

 

3.4.4.3. Der Bw hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Polen verbracht weshalb er dort naturgemäß als in jeglicher Hinsicht sozialisiert gelten kann. Eine Rückkehr scheint sohin jedenfalls zumutbar.

 

Das Familien- und Privatleben des Bw scheint zudem nicht überdurchschnittlich schutzwürdig. Auf die Situation seines derzeit noch in Österreich befindlichen Sohnes wurde bereits eingegangen.

 

3.4.4.4. Strafgerichtliche oder verwaltungsrechtliche Verurteilungen sind im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen, was in die Beurteilung aber als neutral einzubeziehen ist.

 

3.4.4.5. Das Familien- und Privatleben des Bw entstand teils während unsicheren Aufenthalts. Besondere Verzögerungen bei Verfahren von Seiten der Behörden sind nicht feststellbar.

 

3.4.4.6. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Verhängung der Maßnahme gegenüber den persönlichen Interessen des Bw am Verbleib im Bundesgebiet konstatiert werden muss.

 

Da somit auch aus Sicht des Art. 8 EMRK bzw. des § 61 FPG nichts gegen die Erlassung einer Ausweisung gegen den Bw spricht, ist deren Zulässigkeit festzustellen.

 

3.5. Hinsichtlich des erteilten Durchsetzungsaufschubes bedarf es keiner weiteren Erörterungen, zumal sich dieser schon aus dem Gesetz ergibt und der Bw diesen Punkt auch nicht beeinsprucht.

 

3.6. Es war daher im Ergebnis die Berufung als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Pouczenie o środkach prawnych:

 

Przeciwko tej decyzji nie jest dopuszczalny żaden zwyczajny środek odwoławczy.

 

Wskazówka

 

Na niniejszą decyzję można  w ciągu 6 tygodni od chwili jej doręczenia złożyć zażalenie do Verfassungsgerichtshof (austr. Trybunał Konstytucyjny) i/lub do Verwaltungsgerichtshof (austr. Naczelny Sąd Administracyjny); pomijając wyjątki ustawowe, musi ono być złożone przez uprawomocnioną/go adwokatkę/ta. Każde z tych zażaleń podlega opłacie w wysokości 240 €.

 

 

 

Bernhard Pree

 

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