Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401305/4/MB/WU

Linz, 18.06.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des X, StA von Nigeria, geb. am: X, dzt. aufhältig im PAZ X, vertreten durch X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit dem 10. Juni 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 76 Abs. 2 Z 1 und Z 2; 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 10. Juni 2013, GZ.: Sich40-2406-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 und zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und im PAZ X vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde wie folgend aus:

„Gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn

X im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt

O das Verfahren vor dem Asylgerichtshof einzustellen (§ 24 Abs. 2) war und die Entscheidung des Bundesasylamtes in diesem Verfahren mit einer Ausweisung (§ 10) verbunden war.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG 2005 kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus :

Sie wurden am 21.02.2005 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, Otto-Glöckel-Straße 24, in 2514 Traiskirchen vorstellig und brachten unter den von Ihnen genannten Personalien: "X, geb. X in X, StA. v. Nigeria" einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (Asyl) in Österreich ein.

 

Weder im Rahmen der Einbringung Ihres Asylantrages noch im weiteren Verlauf Ihres Gastaufenthaltes waren Sie im Stande den österr. Behörden ein gültiges Reisedokument, oder ein anderweitiges Dokument welches einen Rückschluss auf Ihre Identität und Herkunft zulassen würde. in Vorlage zu bringen.

 

Im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahmen zu Ihrem Asylantrag am 23.02.2005 und am 20.07.2005 brachten Sie gegenüber den österr. Asylbehörden ins Treffen, dass der Pastor aus Ihrem Heimatdorf im X (Nigeria) Ihre Reisebewegung von Nigeria nach Europa organisiert habe. Am 20.02.2005 hätten Sie schließlich Ihren Herkunftsstaat Nigeria via dem Flughafen Lagos verlassen und seien zunächst über einen Ihnen nicht bekannten Flughafen in Deutschland erstmals in das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingereist. Der Pastor habe Sie bei dieser Reisebewegung begleitet, ehe Sie von ihm nach Ihrer Landung in Deutschland einer anderen Person übergeben worden seien. Am 21.02.2005 seien Sie schließlich, so Ihre weiteren Ausführungen, als Insasse eines Reisezuges von Deutschland kommend illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Nähere Angaben zur Reisebewegung von Deutschland nach Österreich konnten Sie auf Befragen nicht tätigen. Die an Sie gerichtete Frage mit welchem Reisedokument Sie gereist seien beantworteten Sie wörtlich zitiert: "Das weiß ich nicht. Das hat der Pastor für mich erledigt." Die weiters an Sie  herangetragene Frage, ob Sie in einem anderen Land ein Visum erhielten haben Sie vereint.

 

Ihr Asylantrag vom 21.02.2005 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle TRAISKIRCHEN, AIS-Zl.: 05 02.436, vom 12.07.2006 gemäß § 7 AsylG. 1997 abgewiesen und gleichzeitig wurde festgestellt, dass Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 AsylG. 1997 nicht zuerkannt wird. Mit gleichen Bescheid wurden Sie gemäß § 8 Abs. 2 AsylG. 1997 aus dem österr. Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

Dieser zitierte Bescheid im Asyl- und Ausweisungsverfahren ist mit Wirkung vom 29.07.2006 in I. Instanz in Rechtskraft getreten.

 

Die Ihnen in diesem Asylverfahren in Österreich zuerkannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG. wurde mit Rechtskraft des abweisenden Asylbescheides widerrufen.

 

Die Ihnen aus öffentlichen Mitteln im Rahmen der Grundsversorgung des Bundeslandes Niederösterreich zuletzt seit 13.07.2005 in X im X, finanzierte Unterkunft haben Sie jedoch mit Wirkung vom 20.11.2006 nach unbekannt verlassen und tauchten irregulären Aufenthaltes in der völligen Anonymität in Österreich unter.

 

Ihre polizeiliche Abmeldung an der genannten Adresse wurde schließlich mit Wirkung vom 30.11.2006 vom Unterkunftsgeber in Veranlassung genommen.

 

Durch Ihr Verhalten haben Sie einen weiteren behördlichen Zugriff auf Sie in Österreich vereitelt und haben somit die Ihnen drohende Gefahr einer Außerlandesbringung in Ihren Herkunftsstaat Nigeria mit Erfolg hinten angehalten.

 

Am 04.06.2013, um 00:45 Uhr, wurden Sie schließlich von Beamten der PI Villach-Bahnhof-AGM als Insasse im internationalen Reisezug X, von Italien kommend, in Fahrtrichtung Villach, bei der Einfahrt in den Villacher Hauptbahnhof einer Personenkontrolle unterzogen.

 

Im Rahmen dieser Kontrolle waren Sie nicht im Stande sich mit einem gültigen Reisedokument auszuweisen. Ebenso waren Sie auch nicht im Stande den Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder für den Schengenraum nachzuweisen. Sie haben sich gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten lediglich mit der nicht mehr gültigen vorläufigen Aufenthaltsberechtigungskarte n. d. AsylG. aus Ihrem Asylverfahren im Jahre 2005 ausgewiesen. Zudem waren Sie auch nicht im Stande ein anderweitiges staatlich ausgestelltes Dokument, welches einen tatsächlichen Rückschluss auf Ihre Identität und Herkunft zulassen würde, in Vorlage zu bringen. In Ihrem Besitz befanden sich lediglich ein unter Ihren Personalien am 25.01.2011 in Turin ausgestellter Enthaftungsantrag der italienischen Justiz, sowie eine Tasche mit einem ital. Zulassungsschein und einer Versicherungskarte (beides jedoch nicht auf Ihre Personalien ausgestellt), ein SOS Reisepass (Fantasiedokument) sowie eine Straßenbahnkarte von Italien. Sie wurden daraufhin von den einschreitenden Polizeibeamten nach den Bestimmungen des FPG. vorläufig festgenommen und zur örtlichen Sicherheitsdienststelle eskortiert.

 

Im Rahmen der weiteren fremdenpolizeilichen Amtshandlung wurden Sie schließlich am 04.06.2013 der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde, der LPD Kärnten, Polizeikommissariat Villach, vorgeführt.

 

Am 04.06.2013 wurden Sie daraufhin von Beamten der LPD Kärnten, PK Villach, Fremdenpolizeiliches Referat, unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch niederschriftlich befragt. In diesem Zusammenhang wurden folgende Angaben von Ihnen zu Protokoll genommen: [sodann erfolgt seitens der belangten Behörde der Abdruck der Niederschrift vom 4. Juni 2013]

 

Nach Abschluss Ihrer niederschriftlichen Anhörung vor der Fremdenpolizeibehörde wurden Sie am 04.06.2013 von Beamten der PI Villach Bahnhof AGM, unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch, zu Ihrem (neuerlichen) Asylantrag niederschriftlich erstbefragt. In diesem Zusammenhang wurden folgende Angaben von Ihnen zu Protokoll genommen: [sodann erfolgt seitens der belangten Behörde der Abdruck der Niederschrift zur Erstbefragung zum „Folgeantrag“]

 

In weiterer Folge wurden Sie am 05.06.2013 zum Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, nach 4880 St. Georgen i. A. überstellt und Ihre vorläufige Festnahme –durch die zwischenzeitliche Einbringung eines Asylantrages verfügt nach den Bestimmungen des AsylG. 2005- wurde aufgehoben.

 

Im Rahmen Ihrer ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren am 10.06.2013 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, wurden unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch, weitere Fragen an Sie herangetragen.

 

[Nachfolgend erfolgte eine auszugsweise Abschrift der niederschriftlichen Anhörung im Asylverfahren vom 10. Juni 2013]

 

Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 10.06.2013, AIS-Zl.: 13 07.402, wurde Ihnen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG. 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag vom 04.06.2013 wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG als unzulässig zurückzuweisen. Gleich gehend wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass das Ausweisungsverfahren (in Ihren Herkunftsstaat Nigeria) gegen Sie eingeleitet wurde.

 

Diese zitierte Verfahrensanordnung wurde Ihnen im Rahmen Ihrer Einvernahme am 10.06.2013 von Seiten des österr. Bundesasylamtes nachweislich ausgefolgt

 

Am 10.06.2013, um 08:46 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss an den Abschluss der Amtshandlung vor dem Bundesasylamt EAST-West – wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen i. A.-EAST in der Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, 4880 St. Georgen i. A., im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind, das Ausweisungsverfahren gegen Sie eröffnet wurde und zudem gegen Sie ein aufrecht gültiges Einreise- und Aufenthaltsverbot im Gebiet der Schengener Staaten, erlassen von ITALIEN, vorliegt – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Weder anlässlich der Einbringung Ihrer beiden Asylanträge noch während Ihres wiederholten irregulären Gastaufenthaltes in Österreich waren Sie bislang im Stande ein Nationalreisedokument oder ein anderweitiges Dokument, welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, den österreichischen Behörden in Vorlage zu bringen.

 

===> Ihre tatsächliche Identität und Herkunft sind demzufolge unverändert nicht gesichert !

 

Eine am 10.06.2013 zu Ihrer Person durchgeführte Überprüfung im bundesweiten zentralen Melderegister hat ergeben, dass Sie – abseits der Ihnen im Rahmen der Einbringung Ihres Asylantrages aus öffentlichen Mitteln finanzierten Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West –  über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügen.

 

Weiters wird seitens der bescheiderlassenden Behörde festgehalten, dass Sie völlig mittellos sind.

 

Sie nehmen für Ihr Vorhaben, nämlich Ihre jeweiligen Reiseziele in der Europäischen Union zu erreichen, wiederholt irreguläre Grenzübertritte innerhalb der Mitgliedstaaten der EU ganz bewusst in Kauf, welche sich jedoch (objektiv betrachtet) nicht mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem mutmaßlichen Herkunftsstaat Nigera rechtfertigten lassen.

 

Mit der wiederholten irregulären Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich, zuletzt sogar trotz eines bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbotes im Gebiet der Schengener Staaten, haben Sie vorsätzlich und schwerwiegend (auch) gegen die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Ihrem Gastland Österreich verstoßen.

 

Zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles (Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union, vorzugsweise in Italien und in Österreich, wenngleich auch irregulär, mittellos und vorwiegend unstet) weisen Sie ein äußerst hohes Maß an Selbstorganisation und räumlicher Mobilität auf um -zumindest jeweils aus Ihren temporären Überlegungen heraus- das für Sie am günstigsten scheinende Reiseziel mit Erfolg zu erreichen.

 

Infolge dessen, dass Ihnen von Seiten des österr. Bundesasylamtes die von Ihnen durch Ihr vorgetragenes (neuerliches) Asylbegehren gehegte Hoffnung auf eine Legalisierung Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht erfüllt wurde und Ihnen die faktische Tatsache der Einleitung eines Ausweisungsverfahrens in Ihren Herkunftsstaat Nigeria offeriert wurde, gepaart mit der Ihnen dadurch nun drohenden behördlichen Außerlandesbringung von Österreich in Ihren Herkunftsstaat Nigeria laufen Sie Gefahr den Einsatz Ihrer finanziellen Mittel und Ihres persönlichen Engagement für Ihre irreguläre Migration von Nigeria nach Europa als ertraglose Aufwendung abschreiben zu müssen. Dieser Umstand trägt ebenso zur Feststellung einer –in der Gesamtschau des individuell vorliegenden Sachverhaltes, Ihres Verhaltens und Ihrer Motivation- intensiven und akuten Sicherungsnotwendigkeit nach den Bestimmungen des FPG. bei.

 

Die Sicherung des bereits eingeleiteten Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie die Sicherung deren Durchsetzung (Abschiebung) ist somit unbedingt erforderlich.

 

Familiäre und/oder soziale Bezugspunkte zu Österreich haben Sie auf Befragen nicht ins Treffen gebracht. Demzufolge sind Sie im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise in einem sozialen und/oder in einem familiären Umfeld verwurzelt. Sie sind – wie Sie im Rahmen Ihrer irregulären Reisebewegungen innerhalb der Europäischen Union bis zur wiederholten irregulären Einreise nach Österreich bereits unter Beweis gestellt haben – äußerst flexibel in Ihrer Lebensgestaltung, und haben keine familiäre und/oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner ständigen Judikatur fest, dass die Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften für den österreichischen Staat, vor allem in Zeiten eines erhöhten Zuwanderungsdruckes, von eminentem Interesse ist.

 

Die Gesamtheit Ihrer Verhaltensweise und Ihrer nachhaltigen Aussagen im Asylverfahren lässt in schlüssiger Form Ihre nachhaltige und kategorische Abneigung gegen eine Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat NIGERIA erkennen, wenngleich Sie auch im Rahmen Ihres irregulären Gastaufenthaltes in der Europäischen Union seit der rk. Finalisierung Ihres Asylverfahrens im Jahre 2006 in Österreich, weder in Österreich noch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen weiteren Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (Asyl) eingebracht haben. Bezeichnend dazu gilt es festzuhalten, dass Sie gegenüber der Fremdenpolizeibehörde in Villach, als auch im Rahmen Ihrer Erstbefragung gegenüber den Beamten der PI Villach AGM am 04.06.2013 äußerten, dass Sie die Ansicht vertreten, dass Ihr Asylverfahren in Österreich aus dem Jahre 2005 noch immer anhängig sei. Im Hinblick darauf, dass Sie nach Ihrem Abtauchen in der Anonymität in Österreich im Jahre 2006 bis zu Ihrem polizeilichen Aufgriff im Juni 2013 jegliche Kontaktaufnahme mit den österr. Asyl- und/oder Fremdenpolizeibehörden unterlassen haben zeigt Ihr Gesamtverhalten eindeutig, dass es Ihnen (zumindest vorrangig) nicht um die Erlangung von Asyl, somit um den Schutz vor staatlicher Verfolgung, sondern um die Sicherung Ihres Aufenthalts in einem für Sie wirtschaftlich attraktiven Staat der EU geht. Dabei weisen Sie über Jahre ein Höchstmaß an Flexibilität auf.

 

Selbst bei der Anordnung eines Gelinderen Mittels unter Anwendung von verschärften Auflagen, z.B.: die behördliche Anordnung zur Unterkunftsaufnahme in einem von der Behörde bestimmten Wohnobjekt unter gleich gehender Anordnung einer periodisch kurz gehaltenen Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle, wäre der von Ihnen bereits unter Beweis gestellten äußert hohen Selbstorganisation und räumlichen Mobilität kein effektiver Einhalt geboten und demzufolge könne somit das von der Behörde zu verfolgende Ziel, nämlich die Sicherung der Außerlandesbringung –mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- auch nicht adäquat erreicht werden. Die Möglichkeit einer im Rahmen des Gelinderen Mittels allfällig darüber hinausgehenden zusätzlich anwendbaren Auflage, nämlich eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen, scheidet in Ihrem Fall, und zwar in Anbetracht Ihrer völligen Mittellosigkeit, ohnehin aus. Im Hinblick auf die bisher von Ihnen gezeigte Motivation, nämlich nationale Staatsgrenzen auch innerhalb der EU Ihrem freien Belieben nach irregulär zu überschreiten um sich dadurch eine größtmögliche räumliche Mobilität zu verschaffen, gepaart mit der Tatsache, dass gegen Sie ein gültiges Einreise- und Aufenthaltsverbot im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorliegt und Sie sich bereits im Jahre 2006 durch Ihr Abtauchen in der völligen Anonymität –und somit über einen Zeitraum von mehr als 6 Jahre- mit Erfolg den österr. Fremdenpolizeibehörden entzogen haben, ist jegliches Vertrauen in Sie derart erschüttert, welches jedoch für die allfällige Anordnung eines Gelinderen Mittels (anstelle der Schubhaft) zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung von Österreich nach Nigeria elementar dazu notwendig wäre. Demzufolge ist auch die von der bescheiderlassenden Behörde mit der gegenständlichen Anordnung einer Schubhaft getroffene Prognose, nämlich dass Sie –mit wiederum an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit- einem neuerlichen Abtauchen in der Anonymität und/oder einer neuerlichen unrechtmäßigen weiteren irregulären Reisebewegung von Österreich in einen weiteren Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorzug geben werden gegenüber einer behördlichen Abschiebung von Österreich nach Nigeria, zulässig.

 

Die Anordnung der Schubhaft über Sie ist – nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung – verhältnismäßig, denn Ihrem Recht als Fremder auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das –in diesem Fall überwiegende– Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

 

In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie eine Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme dass der Sicherung zugrunde liegende Endziel –nämlich die behördliche Außerlandesbringung aus Österreich nach Nigeria– mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und eine konkrete und akute Sicherungsnotwendigkeit  - welcher in der gegenständlich individuell vorliegenden Sachverhaltskonstellation ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen.“

 

1.2. Gegen den Schubhaftbescheid sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft und die Festnahme erhob der Bf die Beschwerde vom 11. Juni 2012, welche am 12. Juni 2013 beim Oö. Verwaltungssenat per Telefax einlangte.

 

Der Bf stellt darin die Anträge:

1. die Verhängung der Schubhaft und

2. die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären

3. festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des BF in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht (mehr) vorliegen sowie

4. Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung zuzuerkennen.

 

Begründend führt der Bf aus:

„§ 76 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) lautet:

„Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhalt), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden,

der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des

Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der

Abschiebung anordnen, wenn

1.gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.gegen ihn vor Stallung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß §12 Abs, 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat; 4.der  Asylwerber,   gegen   den   nach   den   Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Fotgeantrag (§ 2 Abs. 1 2 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden."

 

 

1. Unverhältnismäßigkeit der Haft

Art. 1 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit lautet:

„(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind."

 

Art 1 Abs 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht demnach vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf §76 Abs 2 FPG.

 

§ 76 Abs 2 FPG spricht von „kann“ dies bedeutet, dass nicht automatisch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 Z FPG, Schubhaft zu verhängen ist, sondern eine individuelle Prüfung stattzufinden hat. Dies wurde Fail des BF unterlassen.

 

Bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die gesamte Bestimmung des § 76 FPG im Lichte des aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen Ist. Mit Erkenntnis vom 26.08.2010, 2010/21/0234 hat der VwGH bestätigt, dass sich auch im Anwendungsbereich des § 76 Abs 2a FPG die Anordnung von Schubhaft nur dann als zulässig erweist, wenn sie notwendig und verhältnismäßig im Sinne einer ultima ratio ist.

 

Von der Behörde ist daher auch bei der Anwendung des § 76 Abs 2 sowie des § 76 Abs 2a FPG zu prüfen, ob die Schubhaft notwendig ist, um eines der oben genannten Verfahren oder die Abschiebung, Zurückschiebung oder Durchbeförderung eines Fremden zu sichern.

 

Genau dies trifft auch im Fall des BF zu: über ihn wurde ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet. Mit der konkreten Situation des BF hat sich die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend auseinander gesetzt. Der angefochtene Bescheid lässt daher auch eine nachvollziehbare Begründung dahingehend vermissen, weshalb anzunehmen sei, dass die Schubhaft notwendig sei.

 

Bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte, wie die von der Erstbehörde herangezogenen, können nicht genügen, um die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit eines Freiheitsentzuges im Einzelfall zu begründen (VfGH 28.09.2004, B 292/04 unter Hinweis auf VfSlg.14.981/1997).

 

Der Verfassungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis B 292/04 vom 28.9.2004 einen Bescheid des UVS aufgehoben, in dem dieser in einem ähnlich gelagerten Fall der Schubhaftbeschwerde keine Folge gegeben hatte. Der Verfassungsgerichtshof entschied sogar, dass die dort bekämpfte Entscheidung des UVS mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist und führte in seinem Erkenntnis aus:

 

„Bloß allgemeine Annahmen oder "Erfahrungswerte" genügen jedoch nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen (vgl. bereits VfSlg. 14.981/1997). Der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt hat (dem Akteninhalt zufolge hat der Beschwerdeführer den in Polen gestellten Asylantrag zurückgezogen), rechtfertigt für sich nicht den Schluss, dass er "unrechtmäßig in einen anderen Schengenstaat weiterziehen" und sich so dem Verfahren entziehen werde. Mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers hat sich der UVS in seinem Bescheid aber nicht auseinandergesetzt. [...]

2.3. Dadurch, dass der UVS die im Lichte des Art 2 Abs 1 Z 7 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen hat, hat er die Rechtslage grob verkannt und den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt."

 

Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falls Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.02.2007, 2006/21/0311), jedoch muss die konkrete Situation des Betroffenen geprüft werden - sogar wenn der Fremde vorher In einem sicheren Drittstaat einen Asylantrag gestellt hat (VfGH 29.09.2004, B 292/04). In einem solchen Fall ist auch der Grund für eine allfällige Weiterreise nach Österreich nach Stellung eines Asylantrags in einem anderen Staat und die dabei eingeschlagene Vorgangsweise zu berücksichtigen (VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051).

 

Insbesondere kann die dem BF angelastete Ausreiseunwilligkeit alleine nicht das Sicherungserfordernis begründen (VwGH 27.02.2007, 2006/21/0311). Der VwGH hat in seiner ständigen Judikatur die Erforderlichkeit der Prüfung Jedes individuellen Einzelfalles hervorgehoben (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0045). In allen Fällen der Verhängung von Schubhaft besteht die Verpflichtung, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Sicherung des Verfahrens und der Sicherung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen; Schubhaft kann immer nur als ultima ratio verstanden werden (VfGH 15.06.2007, B 1330/06). Schubhaft ist hingegen nicht als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern anzuwenden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239).

 

Im konkreten Fall hat sich die belangte Behörde nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinander gesetzt Es bleibt demnach unklar, ob die geplante Abschiebung ein notwendiger und verhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF ist. Weiters ist auch aus faktischen Gründen keinesfalls gewährleistet, ob eine Abschiebung des BF nach Nigeria überhaupt erfolgen wird. Denn die Behörde hat selbst richtig festgestellt, dass die Identität des BF nicht gesichert Ist, weshalb auch nicht automatisch davon ausgegangen werden kann, dass die nigerianische Botschaft das von der Behörde angeforderte Heimreisezertifikat überhaupt ausstellen wird. In einem Ausweisungsverfahren ist entsprechend den Angaben des BF zu prüfen, ob ein schützenswertes Privat-und Familienleben vorliegt, denn seit der rechtskräftigen Entscheidung aus 2006 hat der BF in Italien eine Familie gegründet. Hinsichtlich der Verhängung von Einreiseverboten hat der VwGH am 15.12.2011 (2011/21/0237) festgestellt, dass unter Umständen „überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist." Dabei soll auch auf die familiären und privaten Interessen entsprechend Bedacht genommen werden und das „nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich." Analog dazu muss auch im Fall des BF im Fall einer Ausweisung auf seine familiären Beziehungen in Italien Rücksicht genommen werden, denn eine Ausweisung gilt gern § 10 Abs 7 AsylG als durchsetzbare Rückkehrentscheidung und bleibt gern § 10 Abs 6 AsylG 18 Monate ab Ausreise aufrecht. Die Erlassung einer Ausweisung ist im Fall des BF nur zulässig, wenn dies dringend geboten ist zur Erreichung der in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele und einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält. Nachdem also noch völlig offen ist, ob es überhaupt einen Titel für die geplante Abschiebung geben wird, ist auch die Verhängung von Schubhaft zur Sicherung eben dieser Maßnahmen nicht geboten. Im Fall des BF sind also nicht nur seine Beziehungen in X, sondern sind auch seine Freundin X und deren gemeinsame Kinder X und X in Italien, zu denen er regelmäßig Kontakt hält, zu berücksichtigen. Der BF kann in Wien bei Freunden oder seinem Cousin zuwarten, allenfalls unter Anordnung eines gelinderen Mittels, und sich endlich um die Legalisierung seines Aufenthaltes kümmern.

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG („um zu sichern") kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig ist, um die Außerlandesschaffung zu sichern.

 

Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liegt beim BF nicht vor.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

2. Nichtanwendung des gelinderen Mittels

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05.2001, ZI. 2001/02/0048 ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen.

 

Nunmehr wurde auch die Rechtslage an die Entscheidungspraxis des VwGH angepasst. Das gelindere Mittel hat nach der neuen Regelung des § 77 Abs 1 FPG an die Stelle der Schubhaft zu treten, wenn die Gründe des § 76 vorliegen.

 

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in S 76 FPG genannten Gründe, gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation des BF hat die Erstbehörde auch nicht hinreichend begründet, weswegen in seinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte. Der BF Ist nunmehr bemüht sich rechtskonform zu verhalten und seinen Aufenthalt zu legalisieren, weshalb die Anwendung des gelinderen Mittels völlig ausreichend und somit geboten ist, um das fremdenpolizeiliche Verfahren zu sichern.

 

Die Schubhaft Ist daher rechtswidrig.

 

3. Verstoß gegen die RL 2008/115/EG

Die Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger („Rückführungsrichtlinie") sieht bestimmte Rechtsschutzgarantien in Zusammenhang mit der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vor. Die Richtlinie war von den Mitgliedstaaten spätestens bis zum 24.12.2010 umzusetzen. Art 15 der Rückführungsrichtlinie regelt die Inhaftnahme für die Zwecke der Abschiebung. Dort ist vorgesehen, dass die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme, gerichtlich zu überprüfen ist (vgl. Abs 2 lit b).

 

Da die Umsetzungsfrist für die Richtlinie bereits abgelaufen Ist, sind die den Einzelnen betreffenden begünstigenden Richtlinienbestimmungen unmittelbar anwendbar und verdrängen ihnen widersprechende nationale Bestimmungen.

 

Die Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist im vorliegenden Fall zweifellos gegeben, da es sich auch bei asylrechtlichen Ausweisungen um Rückkehrentscheidungen im Sinne der Richtlinie handelt; Rückkehrentscheidung ist gemäß Art 3 Abs 4 der Richtlinie jede behördliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.

 

Dass auch Im Anwendungsbereich des Art 15 der Richtlinie die Entscheidung durch ein Tribunal erforderlich ist, bestätigt die einschlägige Literatur.

 

„The term Judiciaf authority' is to be interpreted in conformity with the case-law of the ECtHR, Le. it does not necessarily have to be a judge or a court as long as the relevant body has slmtfar features - Independence, fmpartiafity - and guarantees an adversary procedure" (Schießer, CHAPTER V. TERMINATION OF RESIDENCE, Directive 200S/115/EC of the European Parliament and of the Council of 16 December 200S on common Standards and procedures in Member States for returning Illegally staying third-country nationals, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law - Commentary on EU Regulations and Directives [2010], 1543, Rz 7)

 

Wenn die Haft durch eine „administrative authority" angeordnet wurde, haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass die Anhaitung einer raschen richterlichen Überprüfung {„speedy judiclal review by a court') unterzogen wird, (vgl Schieffer, aaO 1543, Rz 8)

 

Dies ist im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, da eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal überhaupt erst nach vier Monaten vorgesehen ist.

 

Der angefochtene Bescheid verstößt daher gegen das Unionsrecht.

 

4. Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie

Die Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden von UNHCR legt folgende Kriterien fest:

 

„Es sollte die (rechtliche) Vermutung gegen eine Inhaftierung sprechen. Sofern andere Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Haft zur Verfügung stehen (etwa Meldepflicht oder Bürgen [siehe Richtlinie 4]), sollten diese zuerst Anwendung finden, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für die Vermutung, dass eine solche Alternative im betreffenden Fall nicht wirksam wäre. Zur Haft sollte es daher eist kommen, wenn alle möglichen Alternativen ausgeschöpft wurden oder wenn sich gezeigt hat, dass Überwachungsmaßnahmen nicht den gesetzmäßigen, legitimen Zweck erreicht haben. Bei der Beurteilung, ob die Inhaftierung eines Asylsuchenden notwendig ist, sollte geprüft werden, ob die Haft angemessen ist und ob sie verhältnismäßig ist gegenüber dem angestrebten Ziel." [...]

„Angesichts der negativen Auswirkungen der Haft auf die psychische Verfassung der Inhaftierten sollte aktiv nach Alternativen zur Haft gesucht werden, bevor gegen Asylsuchende folgender besonders schutzbedürftiger Personenkategorien ein Haftbefehl erlassen wird: Unbegleitete ältere Personen, Opfer von Folter oder Trauma, Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung."

 

All dies wurde im Fall des BF unterlassen.

 

Auch aus diesem Grund sind die Anordnung der Schubhaft und die Aufrechterhaltung der Schubhaft inhaltlich rechtswidrig.“

 

2.1.2. In der Gegenschrift führt die belangte Behörde zum kostenpflichtigen Abweisungsantrag aus:

 

„Eingangs sowie im Besonderen wird seitens der belangten Behörde auf den im Schubhaftbescheid vom 10.06.2013 umfassend dokumentierten Sachverhalt sowie auf den Inhalt des in Vorlage gebrachten Verwaltungsaktes, verwiesen.

 

Der Beschwerdeführer verkennt in seiner Beschwerdeschrift, dass der konkret in diesem Einzelfall vorliegende Sachverhalt von Seiten der belangten Behörde sehr wohl einer individuellen Einzelfallprüfung -unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer verfolgten Motivation zur Verwirklichung seines nachhaltigen Zieles, sich einen Aufenthalt in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, vorzugsweise In ITALIEN und temporär in Österreich, wenngleich auch abseits jeglicher gesetzlicher Grundlagen zu verschaffen; insbesondere jedoch auch Im Hinblick auf die Alternative einer anfälligen Anordnung eines Gelinderen Mittels unter Anwendung von allfällig in Betracht zu ziehenden Auflagen, anstelle der Schubhaft im Rahmen einer Abwägung der Verhältnismäßigkeit- nachvollziehbar unterzogen worden ist.

 

Die näheren Umstände, welche die belangte Behörde zu der Entscheidung veranlasst hat, dass mit der Anordnung eines Gelinderen Mittels zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie letztlich zur Sicherung der geplanten behördlichen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers in den Herkunftsland Nigeria nicht das Auslangen gefunden werden kann, werden (nochmals) in kurzer Form zusammengefasst:

 

===> Herr X hat sich im November 2006 nach rechtkräftiger Finalisierung des Asyl- und Ausweisungsverfahrens trotz dessen, dass ihm Leistungen aus öffentlichen Mitteln {Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung, Taschengeld, etc.) im Rahmen der Grund Versorgung des Bundeslandes Niederösterreich gewährt worden sind, dem weiteren Zugriff der Fremdenpolizeibehörde nachhaltig entzogen und tauchte irregulären Aufenthaltes in der völligen Anonymität in Österreich unter,

 

===> Herr X stellte sich nicht selbst den österr. Behörden um ein neuerliches Asylbegehren einzubringen, sondern gegenteilig, er migrierte gemäß seinen eigenen Ausführungen zur Folge mehrfach irregulär zwischen Italien und Österreich, zuletzt sogar trotz dessen, dass gegen ihn von Seiten der italienischen Behörden bereits ein gültiges Einreise- und Aufenthaltsverbot im Gebiet der Schengener Staaten erlassen wurde,

 

*==> Herr X begründete anlässlich seiner wiederholten Gastaufenthalte in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz, hielt sich demzufolge jeweils irregulär in der völligen Anonymität auf und verhinderte dadurch in nachhaltiger Weise einen Zugriff der österr. Fremdenpolizeibehörde um die Gefahr einer Außerlandesbringung jn den Herkunftsstaat Nigeria hinten anzuhalten.

 

===> Herr X deklarierte sich nachhaltig gegen eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Nigeria.

 

===> Die tatsächliche Identität und Herkunft des Beschwerdeführers ist gegenwärtig nicht gesichert.

 

===> Herr X ist völlig mittellos und in Österreich weder in einem sozialen noch in einem familiären Umfeld verwurzelt.

 

Im Hinblick darauf, dass Herr X im Rahmen seiner Beschwerdeschrift anführt, dass seine Außerlandesbringung nach Nigeria aus faktischen Gründen keinesfalls gewährleistet sei nachdem seine Identität noch nicht teststehe gilt es festzuhalten, dass der Beschwerdeführer dabei offenbar völlig verkennt, dass er selbst nicht nur dazu verpflichtet ist bei der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes mitzuwirken, sondern durch sein Abtauchen in der Anonymität die Möglichkeit eines behördlichen Feststellungsverfahrens zur Klärung seiner tatsächlichen Identität in Bezug auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Botschaft der Republik Nigeria blockiert hat. Bezeichnend dazu, dass der Beschwerdeführer an einer konstruktiven Kooperation mit den österr. Behörden nicht das geringste Interesse verfolgt darf auch auf seine Antwort zu der an ihn im Rahmen des fremdenpolizeilichen Verfahrens am 04.06.2013 von der LPD Kärnten, Fremdenpolizeiliches Referat, herangetragenen Frage, ob er bereit sei bei den Maßnahmen für ein Heimreisedokument mitzuwirken oder ob er sich Dokumente besorgen Könne, gesondert hingewiesen werden.

 

Ebenso verkennt der Beschwerdeführer die Tatsache, dass gegen ihn bereits ein von Italien erlassenes und aufrecht gültiges Einreise- und Aufenthaltsverbot im Schengener Gebiet besteht und demzufolge auch bereits ein Abschiebetitel in den Herkunftsstaat Nigeria vorliegt.

 

Weiters ist der Beschwerdeführer offensichtlich und nachhaltig nicht dazu bereit, seine Kontaktpersonen und mögliche Kontaktadressen in Österreich den österr. Behörden offen zu legen. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme im fremdenpol. Verfahren am 04.06.2013 vor der LPD Kärnten verweigerte der Beschwerdeführer die Beantwortung der an ihn gerichteten Frage, ob er m Österreich einen Wohnsitz, eine Unterkunft oder sonstige Möglichkeiten hat unterzukommen bzw. er führte weiters befragt lediglich an, dass er "Freunde in Wien" habe.

 

"Freunde in Wien" brachte Herr X -neben einem "Cousin"- ebenso auch im Rahmen seiner gegenständlichen Beschwerdeschrift und zwar im Hinblick auf die von ihm angestrebte Anwendung eines Gelinderen Mittels ins Treffen, wiederum jedoch ohne dabei Namen dieser Personen und deren Adressen zu nennen.

 

Durch die Gesamtheit der geschilderten Verhaltensweise und den im Rahmen des Schubhaftbescheides dargelegten Motivationsgründen, sowie weiters gepaart mit der Tatsache, dass sich Herr X bereits dem Zugriff der österr. Fremdenpolizeibehörde trotz der Gewährung einer Unterstützung aus öffentlichen Mitteln im Rahmen der Grundversorgung nachhaltig entzogen hat und er-wie im übrigen durch seine eigenen Ausführungen zur Identität in Rahmen der gegenständlichen Beschwerdeschrift wertere untermauert wird- offensichtlich auch nachhaltig nicht gewellt ist an der Feststellung des relevanten Sachverhaltes (Feststellung der tatsächlichen Identität) mitzuwirken, ist jegliches Vertrauen in den Beschwerdeführer derart massiv erschüttert, welches jedoch für die allfällige Anordnung eines Gelinderen Mittels (anstelle der Schubhaft) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung, sowie zur Sicherung der Außerlandesbringung von Österreich in den Herkunftsstaat Nigeria elementar dazu notwendig wäre.

 

Aus all den im bekämpften Schubhaftbescheid getroffenen behördlichen Feststellungen lässt sich ableiten, dass der Beschwerdeführer Jedenfalls ein äußerst hohes Maß an räumlicher Mobilität innerhalb der EU aufweist und er losgelöst von etwaigen Asylverfahren bzw, fremdenrechtlichen Hürden die für ihn am günstigsten scheinende Reiseroute bzw. Reiseziel umsetzt.

 

Im Hinblick auf den in der gegenständlichen Beschwerdeschrift gleichermaßen behaupteten Verstoß gegen die RL 2008/115/EG, darf von Seiten der belangten Behörde auf die ständige Judikatur des UVS 00. (vgl. dazu Erkenntnis, GZ: VwSen401208/4/AB/Th, vom 31.08.2012, Dr. LUKAS) verwiesen werden.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt und in den entscheidungswesentlichen Punkten auch unbestritten ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.“

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen vom Bf nicht substantiell widersprochenen - unter den Punkten 1.1., 1.2. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1.  Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 112/2011, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 82 Abs. 1 des FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

§ 80 Abs. 4 FPG normiert, dass, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann oder darf, weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist, so kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde von 10. Juni 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2.1 Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.   gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.   gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.   gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4.   auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

3.2.2. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gem. § 76 Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.2.3. Gem. § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

3.2.4. Gem. § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 hat das Bundesasylamt nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen je nach Stand des Ermittlungsverfahrens dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs. 2 AVG) mitzuteilen, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und § 68 Abs. 1 AVG).

 

3.2.5. Gem. § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren nach dem AsylG 2005 als eingeleitet, wenn im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 AsylG 2005 erfolgt.

 

3.3.1. Zuvorderst ist festzuhalten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft nicht in Strafhaft befindlich war. Insofern hat die belangte Behörde rechtsrichtig einen Mandatsbescheid gem. § 57 AVG erlassen.

 

3.3.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst völlig unbestritten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft am 10. Juni 2013 mittels Bescheid der belangten Behörde ein anhängiges Asylverfahren in Folge eines Folgeantrages vorweisen konnte. Mit gleichem Tag war dem Bf schon die Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 persönlich ausgehändigt worden, worin dem Bf mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei, den Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Überdies ist ebenso unstrittig, dass der Bf gegen sich ein aufrechtes italienisches Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot für den Schengenraum gelten lassen muss. Darüber hinaus ist ersichtlich, dass eine Rückübernahme durch Italien aufgrund der Weigerung der italienischen Behörden fehlgeschlagen ist, und eine Ausweisung und Abschiebung in den Heimatstaat angestrebt ist.

 

Es kommt somit im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft bis dato § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Anwendung, da noch keine zurückweisende Entscheidung vorhanden ist.

 

3.4.1. Zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Schubhaft ist zunächst in der Person des Bf konkret zu erkennen: Der Bf reiste am 21. Februar 2005 illegal mit der Bahn über Deutschland nach Österreich ein. Mit 29. Juli 2006 erfolgte eine rechtskräftige Entscheidung gem. §§ 7,8 AsylG. Zudem wurde der Bf mit 29. Juli 2006 ebenfalls rechtskräftig ausgewiesen. In den darauffolgenden Jahren hat der Bf Österreich zeitweise verlassen und in Turin in Italien gelebt. Er bewegte sich auch seinen Angaben nach aber regelmäßig zwischen Italien und Österreich und war immer wieder bei – nicht näher bezeichneten Freunden – in X oder in X zu Gast. Dass das Asylverfahren abschlossen war, habe der Bf nicht gewusst, da er im Rahmen des aufrechten Asylverfahrens (in den Jahren 2005-2006) mit 6 weiteren Personen in der Unterkunft einquartiert war und auch von diesen keine Nachricht über ein abzuholendes Schriftstück erhalten hat. Eine Erkundigung aus eigenen Stücken ist aus dem Akt und aus dem Vorbringen des Bf in seiner Beschwerde aber in keinster Weise indiziert. Insofern lässt sich aus dem Verhalten des Bf ein Muster ableiten. Obschon der Bf im Glauben war, sein Asylverfahren sei noch aufrecht, reiste er nach Italien und hielt sich dort einige Zeit auf. Dass diese Aufenthalte allesamt bloß kurzfristiger Natur waren, widerlegt der Bf wiederum selbst, indem er angibt, dass er in Italien sogar beruflich tätig war – er habe beim „Verpacken“ geholfen. Umso mehr ist dieser Schluss treffend, wenn der Bf angibt, in Turin zeitweise „gelebt“ und 3 in Italien wohnhafte Kinder zu haben. Ein gesteigertes Interesse am Asylverfahren – wie der Bf dies zum Ausdruck bringt – vermag daher dem Bf nicht zugeschrieben werden. Vielmehr bewegt sich der Bf ohne Rücksicht auf etwaig bestehende fremdenrechtliche Verhaltensanordnungen und hat seine Beweglichkeit durch seinen Aufenthalt in Italien mit der im Ansatz vorhandenen „Integration“ unter Beweis gestellt. Auch ist ersichtlich, dass der Bf seine Reisebewegungen zwischen Italien und Österreich selbst bestimmt, organisiert und auch finanziert (s dazu Frage 5. und 6 der Erstbefragung vom 4. Juni 2013). Insofern muss dem Bf ein erhebliches Maß an Flexibilität zugeschrieben werden.

 

Dieses Verhaltensmuster wird dadurch verdeutlicht, dass sich der Bf selbst von einem Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot (Erstellungsdatum: 6. Mai 2009), welches von Italien ausgesprochen wurde, nicht davon abhalten lässt, zwischen Österreich und Italien zu pendeln. Der Bf bewegt sich sohin ohne Rücksicht auf etwaig anhängige oder abgeschlossene fremden- bzw. asylrechtliche Verfahren oder Verfahrensschritte zwischen den beiden Ländern.

 

Letztlich Bestätigung findet dieser Schluss dadurch, als der Bf bei seiner wiederholten Einreise nach Österreich nicht selbsttätig bei den fremden- bzw. asylrechtlich zuständigen Behörden vorstellig wurde, sondern eine weitere Reisebewegung zu anderweitigen Zielen durchgeführt hatte.

 

Auch die vom Bf angeführten Bekannten und Freunde in X und X vermögen dieses Ergebnis nicht entscheidungsrelevant zu beeinflussen. Einerseits hat der Bf zumindest gleich zu bewertende Verbindungen zu Italien und andererseits vermag der Bf diese „Bekannten“ weder mit dem Namen zu bezeichnen noch sonstige nähere Daten zu deren Existenz bekannt geben.

 

Blickt man nun auf die Zielvorgabe der gegenständlichen Schubhaftverhängung, so ist zunächst zu erkennen, dass eine Abschiebung nach Nigeria grundsätzlich als möglich anzusehen ist, da der belangten Behörde eine Vielzahl an Daten und Fakten vorliegen, welche es mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit ermöglichen, die notwendigen Ausreisedokumente zu erlangen. So liegt der belangten Behörde zusätzlich zur abgelaufenen österreichischen Asylkarte auch ein Enthaftungsantrag der italienischen Justiz vor. Auch eine Kontaktperson in Italien, welche uU Angaben zu Identität des Bf machen kann, ist bekannt (X, X, Turin). Abschließend muss auf die im Laufe des Verfahrens noch mögliche Durchführung einer Sprachanalyse – welche Information zur Staatenzugehörigkeit des Bf liefern kann – hingewiesen und erkannt werden, dass der Gesetzgeber die mangelnde Mitwirkung des Bf alleine nicht als Hinderungsgrund für die rechtmäßige Verhängung einer Schubhaft ansieht (vgl. § 80 Abs 4 FPG).

 

Zudem ist zu erkennen, dass § 76 Abs 2 Z 2 FPG eben auch die Schubhaftverhängung zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens ermöglicht. Da nun gem. § 27 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren ex lege als eingeleitet gilt, wenn dem Bf eine Mitteilung gem. § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 zugekommen ist, gilt für die Schubhaftverhängung als Zwischenziel zunächst die Sicherung des Ausweisungsverfahrens. Dass aber der Abschluss des Ausweisungsverfahrens dem Grunde nach möglich ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

 

3.4.3. Der belangten Behörde folgend ist somit im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente – von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – umgehend dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde. Da das Verfahren zur Zielerreichung der Schubhaft in der Ausgestaltung der Abschiebung nach Guinea im konkreten Fall schon weit fortgeschritten ist, besteht zweifellos zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme dieser Sicherungsbedarf.

 

3.5. Mit der Begründung des Sicherungsbedarfes unter 3.4.2. und 3.4.3. scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können ebenso nicht die Unterkunftnahme in einer behördlich bestimmten Räumlichkeit, zumal der Bf schon in der Vergangenheit kontinuierlich und vehement bewies, dass er nicht bereit ist, behördlichen Anordnungen zu entsprechen (Ausweisung, Aufenthaltsverbot Italien).

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall auch nicht schlagend ins Treffen geführt werden, da das Familienleben bloß in sehr abgeschwächter Form vorhanden ist. Dies erschließt sich aus dem Umstand, dass der Bf den Aufenthaltsstaat seiner Familie immer wieder verlassen hat und selbst angibt, Österreich nie wirklich verlassen zu haben. Hieraus folgt klar die Bewertung des Aufenthaltes des Bf in Turin durch ihn selbst. Zudem ist dem Bf aufgrund des gegen ihn bestehenden italienischen Aufenthaltsverbotes eine legale Einreise nach Italien verwehrt, was die Bewertung der durch die Schubhaftverhängung erfolgten Minderung des Kontaktes mit seiner Familie relativiert. Im Übrigen geht alleine schon aus der Tatsache, dass trotz des „Familienlebens“ in Italien ein Aufenthaltsverbot von den italienischen Behörden als mit Art 8 EMRK vereinbar angesehen wurde, was mittelbar auch in die aktuelle Beurteilung einfließen kann. Insgesamt ergibt sich, dass das durchaus bestehende Interesse des Bf im Ergebnis vom öffentlichen Interesse an der Durchführung und Aufrechterhaltung der hinter den asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften stehenden Wertungen überwogen wird.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate  nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit 8 Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch beträchtliche Zeit andauern werde, zumal die für eine Außerlandesbringung des Bf zu treffenden Maßnahmen auf Basis der vorhandenen Information eine gesteigerte Erfolgswahrscheinlichkeit versprechen.

 

Das Ziel der Schubhaft ist somit zum Entscheidungszeitpunkt als absolut zeitnah erreichbar anzusehen, da aktuell noch keine gegenteiligen Umstände bekannt sind.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei weitere Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

3.9.1. Zunächst zum behaupteten Widerspruch zur Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (Abl L 348/98 ff):

 

Richtig ist, dass nach dem die Haft für Zwecke der Abschiebung behandelnden Art. 15 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie im Fall der Inhaftnahme durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen wird. Dabei ist aber entgegen der Beschwerdedarstellung nicht bloß auf die amts-

wegige Überprüfung der Schubhaft nach vier Monaten abzustellen. Die RL überlässt es vielmehr dem Mitgliedstaat, die Rechtmäßigkeit entweder nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen zu lassen (Abs. 2 lit. a) oder dem Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Haft innerhalb kurzer Frist zu stellen, worüber er auch zu belehren ist (Abs. 2 lit. b).

 

Die Regelung der §§ 82 ff FPG mit dem Recht, die Prüfung der Schubhaft durch den Unabhängigen Verwaltungssenat jederzeit zu beantragen, und die Entscheidungspflicht binnen einer Woche bei aufrechter Anhaltung entspricht daher den Vorgaben der Richtlinie. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung hat der Schubhaftbescheid in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten (vgl § 76 Abs. 3 FPG). Die behauptete Verletzung der Rückführungsrichtlinie ist demnach unzutreffend.

 

3.9.2. Was schließlich den behaupteten Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie betrifft, ist auf die bereits dargelegten Ausführungen zur Prüfung der Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels weiter oben zu verweisen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabe und Beilagegebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Markus Brandstetter

 

 

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