Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101581/2/Weg/La

Linz, 16.03.1994

VwSen-101581/2/Weg/La Linz, am 16. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Werner S, vom 18. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 30. September 1993, VerkR96/12284/1992+1/Li, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung hinsichtlich der Strafhöhe betreffend die Fakten 1 und 2 des Straferkenntnisses wird keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Aus Anlaß der Berufung gegen das Faktum 3 des Straferkenntnisses wird von der Fortführung des Strafverfahrens abgesehen und die Einstellung verfügt.

III. Der Berufungswerber hat hinsichtlich der Fakten 1 und 2 zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz (70 S) einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 140 S (20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten. Bezüglich des Faktums 3 entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und 2 VStG.

zu I.: § 19 VStG.

zu II.: § 45 Abs.1 Z1 VStG iVm § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 zu III.: § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 60 Abs.3 StVO 1960, 2.) § 11 Abs.1 StVO 1960 und 3.) § 11 Abs.2 StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 300 S, 2.) 400 S und 3.) 400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) bis 3.) je 24 Stunden verhängt, weil dieser am 29. Oktober 1992 um 5.45 Uhr ein Fahrrad auf der Weilharter Landesstraße, Gemeinde S bis zur Kreuzung mit der Zufahrt zur Firma W in K lenkte und 1. das Fahrzeug unbeleuchtet war, 2. die Fahrtrichtung nach links geändert hat, ohne sich vorher zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war und 3. die Richtungsänderung nach links nicht so rechtzeitig angezeigt hat, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 110 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber ficht dieses Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 1 und 2 nur hinsichtlich der Strafhöhe an, hinsichtlich des Faktums 3 auch betreffend die Schuldfrage. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war aus Gründen des § 51e Abs.1 VStG (hinsichtlich des Faktums 3) und § 51e Abs.2 VStG (hinsichtlich der Fakten 1 und 2) nicht anzuberaumen.

3. Es ist im wesentlichen unbestritten, daß der Berufungswerber zur angegebenen Zeit (Dunkelheit) ein Fahrrad in unbeleuchtetem Zustand lenkte und nach links einbog. Bei diesem Linkseinbiegemanöver kam es zu einem Verkehrsunfall mit der Lenkerin des PKW die den in die selbe Fahrtrichtung fahrenden Beschuldigten überholen wollte.

Dabei wurde der Beschuldigte schwer verletzt. Ob er die Fahrtrichtungsänderung mittels Handzeichen anzeigte, war Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens, wobei das Gericht davon ausgegangen ist, daß der Beschuldigte kein Handzeichen gesetzt hat.

4. Der Berufungswerber vermeint, durch die gerichtliche Entscheidung sei lediglich zum Ausdruck gebracht worden, daß im Zweifel für die Unfallgegnerin kein Handzeichen angenommen wurde, was jedoch kein Beweis dafür ist, daß der Beschuldigte tatsächlich kein Handzeichen gegeben habe. Zur Strafhöhe betreffend die Fakten 1 und 2 führt der Berufungswerber aus, daß er durch den Unfall seine Arbeitsstelle verloren habe und Zeit seines Lebens Invalide bleiben wird. Er beziehe lediglich ein Krankengeld von täglich 365,04 S. Das Nichtbrennen des Rücklichtes zum Zeitpunkt des Unfalles habe keinen Unfalleinfluß gehabt. Der soziale Wert dieser Tat sei daher im konkreten Fall äußerst gering, sodaß die ausgesprochene Geldstrafe von 300 S zu hoch bemessen worden sei. Hinsichtlich des Faktums 2 liege ein nunmehr abgelegtes Geständnis vor, welches als Milderungsgrund gewertet werden müßte.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 3:

Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt keine Verwaltungsübertretung vor, wenn eine in Abs.2, 3 oder 4 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Durch die Strafverfügung des Bezirksgerichtes W Zl.

U wurde der Berufungswerber wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4, 1.

Fall StGB schuldig erkannt und zu 40 Tagessätzen verurteilt, weil er "ohne ein Handzeichen zu geben ... nach links in die Betriebszufahrt der Firma W einbog." Die bezeichnete Tat, nämlich ohne Handzeichen eingebogen zu sein, ist somit eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung, welche im Sinne des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 keine Verwaltungsübertretung bildet.

Zu den Fakten 1 und 2:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folge nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das Nichteinschalten der Beleuchtung eines Fahrrades bei Dunkelheit ist eine grobfahrlässige Handlung und ist dadurch das Ausmaß der mit dieser Tat verbundenen Gefährdung der Verkehrssicherheitsinteressen ein sehr hohes. Allein dieser Umstand rechtfertigt bei einem vorgegebenen Strafrahmen bis zu 10.000 S die Verhängung einer Geldstrafe von 300 S.

Hinsichtlich der Änderung der Fahrtrichtung nach links, ohne sich vorher zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, ist festzustellen, daß diese Tat - verbunden mit der fehlenden Handzeichengebung - zum Verkehrsunfall führte und somit das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung ebenfalls ein erhebliches war. Das letztlich abgegebene Geständnis ist kein Milderungsgrund, da es erst aufgrund des Gerichtsurteiles und somit nicht aus freien Stücken bzw. reumütig abgegeben wurde. Auch wenn der Berufungswerber selbst Schaden erlitten hat und sein Krankengeld in der Höhe von 365 S nicht überwältigend ist, ist die Berufungsbehörde im Einklang mit der Erstbehörde der Ansicht, daß die zu diesem Faktum verhängte Geldstrafe von 400 S den Vorschriften des § 19 VStG entspricht.

Hinsichtlich der Schuld zum Faktum 2 kann auf die Rechtswohltat des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 nicht zurückgegriffen werden, weil diesbezüglich der Ausspruch der Erstbehörde rechtskräftig geworden ist.

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum