Linz, 21.06.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, geb. x, wohnhaft in x, x, vom 29. Juni 2012, gegen die Spruchpunkte 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25. Juni 2012, GZ VerkR96-565-2012-Hof, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird abgewiesen und die angefochtenen Spruchpunkte werden bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 20 Euro (= 10 Euro + 10 Euro) zu bezahlen.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG 1991 iVm
§§ 24, 51 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG 1991.
zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG 1991.
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25. Juni 2012, GZ VerkR96-565-2012-Hof, wurde über x (den nunmehrigen Berufungswerber – im Folgenden: Bw) unter Spruchpunkt 2) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 25 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden, und unter Spruchpunkt 3) wegen Übertretung des § 106 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.3d Z1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 35 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zu Spruchpunkt 2) und 3) zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von insgesamt 6 Euro verpflichtet.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):
"Sie haben am 01.03.2012 um 10:50 Uhr in der Gemeinde x, Kontrollplatz x, x Straße B x bei Strkm. 30.300, als Lenker des LKW´s behördliches Kennzeichen x (A),
...
2) den Zulassungsschein des angeführten Klein-Lkw`s nicht mitgeführt und
3) den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet. Dies wurde bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt. Sie haben die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl Ihnen eine solche angeboten wurde."
2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw laut im Akt befindlichen Rückschein nachweislich am 27. Juni 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig vom Bw – am 29. Juni 2012 persönlich bei der Behörde – ausschließlich gegen die Spruchpunkte 2) und 3) erhobene Berufung.
Begründend führt der Bw im Wesentlichen an, das er den Zulassungsschein deshalb nicht mit sich geführt habe, da sich dieser bei der Versicherung befunden habe, da er ein weiteres Fahrzeug zum Wechselkennzeichen dazu gemeldet habe. Den Sicherheitsgurt verwende er nicht, da er Schmerzen in der linken Schulter habe. Durch das Verwenden des Sicherheitsgurtes habe er verstärkt Schmerzen. Er habe sich bei mehreren Ärzten erkundigt, um an ein Gutachten zu kommen, welches er der Behörde zwecks Befreiung von der Gurtenpflicht vorlegen hätte wollen, da aber keiner der Ärzte diese Untersuchung mit E-Card durchgeführt habe und bloß Kosten in Höhe von ca. 200 Euro in Rechnung stellen hätten wollen, habe er bisher keine Gurtenbefreiung.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 29. Juni 2012, GZ VerkR96-565-2012-Hof, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 51 Abs.1 VStG). Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z3 VStG angesichts der Tatsachen, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage iVm dem Parteienvorbringen hinreichend geklärt vorliegt, im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und der Bw – trotz entsprechender Belehrung in der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses - eine Verhandlung in der Berufung nicht beantragt hat (VwGH 14. Dezember 2012, 2012/02/0221; 24. Februar 2012, 2010/02/0226; 14. Juni 2012, 2011/10/0177 ua.), unterbleiben.
4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:
Der Bw lenkte am 1. März 2012 um 10.50 Uhr den – auf x, x, x zugelassenen – Lkw mit dem Kennzeichen x (A), im Bereich der Gemeinde x, auf der x Straße (B x), aus Richtung x kommend.
Auf Höhe StrKm 30,300, am Kontrollplatz x, wurde er von einem Straßenaufsichtsorgan der Polizeiinspektion Neufelden angehalten und einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Dabei wurde zunächst festgestellt, dass der Bw den Sicherheitsgurt nicht verwendete und für das gelenkte Kraftfahrzeug den Zulassungsschein nicht mitführte.
4.2. Der – unter 4.1. – angenommene Sachverhalt stützt sich auf die dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorgans und dessen zeugenschaftliche Aussage vor der belangten Behörde.
Einem zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Straßenaufsichtsorgan ist die fehlerfreie Wahrnehmung und richtige Wiedergabe von Vorgängen des Verkehrsgeschehens zuzumuten. Es gibt keinen Hinweis oder Anhaltspunkt, um an den glaubhaften Schilderungen des Meldungslegers zu zweifeln. Überdies sind die Tatbegehungen letztlich auch durch das eigene Vorbringen des Bw dem Grunde nach unbestritten geblieben.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Gemäß § 102 Abs.5 lit.b des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger, sowie die bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.
Ist gemäß § 106 Abs.2 erster Satz des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet, so sind Lenker und beförderte Personen, die einen solchen Sitzplatz benützen, je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet, sofern nicht Abs.5 Anwendung findet.
5.2. Dass der Bw anlässlich der gegenständlichen Fahrt am 1. März 2012 den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug nicht mit sich führte, ist auf Grund der polizeilichen Feststellung im Rahmen der Anhaltung, der glaubwürdigen Zeugenaussage und des eigenen Vorbringens des Bw als gegeben anzusehen.
Fest steht auch, dass das vom Bw gelenkte Kraftfahrzeug mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet war, sodass er grundsätzlich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gurtes verpflichtet war. Gemäß § 106 Abs.2 Z2 KFG 1967 befreit unter anderem eine schwerste körperliche Beeinträchtigung von der Gurtenpflicht. Der Bw hat zwar eine Schulterverletzung geltend gemacht, dies aber weder durch allfällige ärztliche Atteste bzw. eine Befreiung von der Gurtenpflicht belegt, noch hat er behauptet, dass es sich dabei um eine solche schwere körperliche Beeinträchtigung im Sinne des § 106 Abs.2 Z2 KFG 1967 gehandelt habe, welche ihm die Benützung des Sicherheitsgurtes unmöglich gemacht habe.
Es ist daher der objektive Tatbestand der beiden dem Bw mit den Spruchpunkten 2) und 3) des gegenständlichen Straferkenntnisses zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erfüllt.
Das Verfahren hat auch keinen Umstand ergeben, welche den Bw entlasten und somit sein Verschulden an der Übertretung ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen als erfüllt zu bewerten.
5.3. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967 idgF begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
Gemäß § 134 Abs.3d Z1 des Kraftfahrgesetzes (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967 idgF begeht, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Persondie im § 106 Abs.2 angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt wurde, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 35 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.
Der Bw hat entsprechend seinen Angaben vor der belangten Behörde ein monatliches Einkommen in der Höhe von 1.380 Euro an Pension, er hat ein Zweifamilienhaus mit Darlehensschulden und er hat keine Sorgepflichten. Strafmildernd ist kein Umstand zu werten, als straferschwerend im Hinblick auf den Spruchpunkt 3) des gegenständlichen Straferkenntnisses ist eine einschlägige, in Rechtskraft erwachsene Verwaltungsübertretung gemäß § 106 Abs.2 KFG 1967 aus dem Jahr 2011 zu berücksichtigen.
In Anbetracht der aufgezeigten Umstände ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass die von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach verhängten Geldstrafen in der Höhe von 25 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) tat- und schuldangemessen sind und spezial- und generalpräventiven Überlegungen standhalten. Die Strafen liegen an der Untergrenze der gesetzlichen Strafrahmen, sodass eine Herabsetzung der Geld- und auch Ersatzfreiheitsstrafen nicht in Betracht kommt.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Es wird auf die mit BGBl. I. Nr. 33/2013 erfolgte Änderung des § 64 VStG hingewiesen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. Michael K e i n b e r g e r
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