Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101583/11/Bi/Bk

Linz, 22.12.1993

VwSen-101583/11/Bi/Bk Linz, am 22. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G, S, vom 18. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21. September 1993, Zl. VerkR 96/16591/1993/Li, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 aufgrund des Ergebnisses der am 14. Dezember 1993 durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 StVO 1960.

Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen verhängt, weil er am 17. Juli 1993 um 20.40 Uhr den PKW, Marke und Type Ford Escort ABA, Kennzeichen auf der Frankinger Landesstraße in Trimmelkam, Gemeinde S, Bezirk Braunau am Inn, in Fahrtrichtung Franking bis nächst Hausnummer gelenkt und sich am 17. Juli 1993 um 21.13 Uhr im Ortsgebiet von Trimmelkam nächst Hausnummer gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert habe, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet habe werden können, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, zumal er infolge unzureichender Beatmung einen ungültigen Test durchgeführt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 900 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hatte (§ 51c VStG). Am 14. Dezember 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines Rechtsvertreters Dr. H sowie der Zeugen Bez.Insp. M und C durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es sei nicht richtig, daß bei der gegenständlichen Fahrt überhaupt Alkoholisierungsmerkmale vorgelegen hätten, da er an diesem Tag keinen Alkohol getrunken habe. Er habe sich, weil er sich sicher gewesen sei, daß er zur Vorfallszeit nicht alkoholisiert gewesen sei, nach dem Vorfall im Krankenhaus O Blut abnehmen lassen, wobei eine BAK von 0,01 Promille festgestellt wurde.

Die Ausführungen des Meldungslegers, seine Atemluft habe deutlich nach Alkohol gerochen und er habe eine leichte Rötung der Bindehäute aufgewiesen, entspreche schlicht nicht den Tatsachen. Die Aussagen seien im Lenkerberechtigungsentzugsverfahren diesbezüglich auch relativiert worden. Er beantrage die Einholung einer Auskunft des behandelnden Arztes des Krankenhauses O zum Beweis dafür, daß keine Alkoholisierungsmerkmale vorgelegen hätten. Im übrigen bestreite er, den Alkotest überhaupt verweigert zu haben, zumal das Gerät zum Zeitpunkt seiner Blasversuche vermutlich nicht funktionstüchtig gewesen sei, weil diese nicht zu einem brauchbaren Meßergebnis geführt hätten. Er sei der Ansicht, daß aus diesem Grund das ergangene Straferkenntnis unberechtigt sei. Die verhängte Geldstrafe sei überhöht. Eine maximale außerordentliche Strafminderung wäre bei einer ohnehin ungerecht erfolgten Bestrafung gerechtfertigt. Er verdiene 7.000 S monatlich und beantrage, der Berufung Folge zu geben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Geldstrafe auf das mögliche Mindestmaß herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber ebenso wie sein Rechtsvertreter gehört und der Meldungsleger ebenso wie der beantragte Zeuge C zeugenschaftlich einvernommen wurde.

4.1. Zusammenfassend geht der unabhängige Verwaltungssenat von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 17. Juli 1993 um 20.40 Uhr den PKW auf der F Landesstraße in Trimmelkam. Der Zeuge C befand sich als Beifahrer im Fahrzeug. Beide hatten zuvor einen Freund besucht und laut eigenen Angaben dort Toast gegessen und Cola getrunken. In Trimmelkam kam ihnen ein Gendarmeriefahrzeug entgegen, in dem sich der Meldungsleger Bez.Insp. S befand. Dieser winkte das Fahrzeug zum Straßenrand, kontrollierte die Fahrzeugpapiere und forderte den Rechtsmittelwerber auf, einen Alkotest durchzuführen.

Nachdem sich dieser dazu bereiterklärt hatte, wurde der Alkomat angefordert. Nach 15 bis 20 Minuten Wartezeit traf eine Gendarmeriestreife mit dem Alkomat im Kofferraum ein, der bereits betriebsbereit war. Der Meldungsleger teilte dem mittlerweile ausgestiegenen Zeugen D mit, er dürfe beim Alkomattest nicht zusehen, worauf dieser wieder ins Fahrzeug des Rechtsmittelwerbers einstieg. Der Alkotest erfolgte in der Weise, daß der Rechtsmittelwerber vom geschulten und behördlich ermächtigten Meldungsleger angewiesen wurde, in das Mundstück zu blasen, "solange er könne". Nach dem ersten, aufgrund zu kurzer Blaszeit ungültigen Blasversuch wurde der Rechtsmittelwerber hingewiesen, er solle länger hineinblasen, zumindest drei Sekunden. Insgesamt wurden vier Blasversuche durchgeführt, von denen bei den ersten drei die Blaszeit zu kurz und beim vierten das Blasvolumen zu klein war. Daraufhin teilte der Meldungsleger dem Rechtsmittelwerber mit, sein Verhalten sei als Verweigerung des Alkotests anzusehen, und nahm ihm die Papiere ab. Nach Beendigung der Amtshandlung blieb das Fahrzeug am Anhaltungsort stehen. Der Rechtsmittelwerber ließ sich im Krankenhaus O Blut abnehmen, welches zum Zeitpunkt der Untersuchung im medizinisch-chemischen Zentrallaboratorium der Krankenanstalten S eine Blutalkoholkonzentration von 0,01 Promille aufwies. Der konkrete Zeitpunkt der Blutabnahme geht weder aus den Aktenunterlagen hervor, noch konnte der Rechtsmittelwerber darüber Angaben machen.

Der Meldungsleger gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, die Amtshandlung sei aus dem Grund erfolgt, weil der Vater des Rechtsmittelwerbers telefonisch Anzeige erstattet habe, daß sein Sohn in alkoholisiertem Zustand mit Leuten im Fahrzeug unterwegs sei. Ihm selbst sei die Anzeige über die Funkleitzentrale mitgeteilt worden und, nachdem ihm der Rechtsmittelwerber und sein Fahrzeug sowie der ungefähre Aufenthaltsort bekannt gewesen seien, habe er gezielt den PKW gesucht und in Trimmelkam angetroffen. Der Meldungsleger konnte sich im Rahmen seiner Einvernahme zunächst nicht festlegen, wieviele Personen sich im Fahrzeug befunden haben; er sprach zunächst von mehreren Personen, schloß aber nicht aus, daß sich tatsächlich nur der Zeuge D als Beifahrer im Fahrzeug befunden habe. Es habe im Fahrzeug nach alkoholischen Getränken gerochen. Eine konkrete Zuordnung zur Atemluft des Rechtsmittelwerbers schloß der Meldungsleger bei seiner Einvernahme ausdrücklich aus.

Normalerweise lasse er sich vom beanstandeten Lenker außerhalb des Fahrzeuges anhauchen, insbesondere wenn mehrere Personen im Fahrzeug seien; im gegenständlichen Fall konnte sich der Meldungsleger nicht mehr erinnern, ob er sich konkret vom Rechtsmittelwerber anhauchen habe lassen.

Der Rechtsmittelwerber habe auf die Frage nach dem Alkoholkonsum geantwortet, er habe keinen Alkohol getrunken.

In der Zeit bis zum Einlangen des Alkomaten sei nichts gesprochen worden, sondern jeder sei in seinem Fahrzeug gesessen und habe gewartet. Zur Durchführung des Alkotests sei der Rechtsmittelwerber ausgestiegen und zum Kofferraum der Gendarmeriestreife gegangen, wobei keine Alkoholisierungssymptome zu bemerken gewesen seien. Der Gang sei normal gewesen und ebenso die Sprechweise. Ihm seien am Rechtsmittelwerber weder eine Verkühlung noch sonstige Krankheitssymptome aufgefallen, und dieser habe auch keine gesundheitlichen Gründe für die zu kurze Blaszeit geltend gemacht. Wer die Anzeige erstattet habe, habe er dem Rechtsmittelwerber nicht mitgeteilt. Er habe dann nach der Amtshandlung den Vater des Rechtsmittelwerbers zunächst telefonisch und dann persönlich unterrichtet, daß seinem Sohn der Führerschein abgenommen worden sei, worauf ihm der Vater mitgeteilt habe, daß ihn ein Nachbar angesprochen habe, weil sein Sohn anscheinend öfter "in so einem Zustand unterwegs sei". Ihm seien zum damaligen Zeitpunkt weder der Vater des Rechtsmittelwerbers noch die Familienverhältnisse bekannt gewesen; davon habe er erst erfahren, als er im Nachhinein mit dem Vater gesprochen habe.

Der Zeuge C hat im wesentlichen die Angaben des Meldungslegers über die Anhaltung bestätigt und außerdem angeführt, der Meldungsleger habe sich nicht anhauchen lassen, sondern habe den Rechtsmittelwerber sofort nach der Kontrolle der Dokumente gefragt, ob er etwas gegen einen Alkotest einzuwenden hätte. Beim Alkotest selbst sei er vom Meldungsleger weggeschickt worden und habe daher diesbezüglich nichts mitbekommen; er habe aber dann gesehen, daß dem Rechtsmittelwerber die Papiere abgenommen wurden. Es sei auch davon die Rede gewesen, das Gerät habe nichts angezeigt, weil der Rechtsmittelwerber "nicht gescheit hineingeblasen habe".

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber ein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat, sodaß diesbezüglich die Voraussetzung für eine Aufforderung zum Alkotest gegeben war. Allerdings ist diese Aufforderung gemäß den Bestimmungen des § 5 Abs.2 StVO 1960 nur dann zulässig, wenn das Straßenaufsichtsorgan vermuten kann, daß sich die betreffende Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Es kommt nicht darauf an, daß eine dritte Person Verdachtsmomente für das Vorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung hatte, sondern die Vermutung muß konkret beim auffordernden Straßenaufsichtsorgan anläßlich seiner Amtshandlung bestehen (vgl. ua VwGH vom 26. Juni 1991, Zl. 3710/80).

Im gegenständlichen Fall hat der Meldungsleger bestätigt, daß die Anhaltung aufgrund der telefonischen Anzeige des Vaters des Rechtsmittelwerbers stattfand, wobei bereits in der Anzeige ein Hinweis auf eine eventuelle Alkoholbeeinträchtigung erfolgte. Der Meldungsleger selbst hat bei der Amtshandlung zwar Alkoholgeruch im Fahrzeug bemerkt, konnte aber nicht ausschließen, daß der Alkoholgeruch von einer anderen im Fahrzeug befindlichen Person stammte, weil er sich vom Meldungsleger selbst nicht anhauchen ließ. Er hat auch ausdrücklich betont, daß weder dessen Gang noch die Sprechweise einen Hinweis auf eine mögliche Alkoholbeeinträchtigung ergeben habe.

Die geröteten Augenbindehäute sind nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates für sich allein nicht als Grundlage für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung heranziehbar, weil der Rechtsmittelwerber selbst eingewendet hat, er sei Raucher, und die Rötung der Augenbindehäute durchaus auf verrauchte Luft zurückzuführen sein kann, ohne daß Alkohol konsumiert wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung beim Meldungsleger nicht nachvollziehbar gegeben war, zumal dieser selbst eingeräumt hat, er könne den Alkoholgeruch nicht eindeutig und ausschließlich dem Rechtsmittelwerber zuordnen. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, daß die Aufforderung an den Rechtsmittelwerber, einen Alkotest durchzuführen, ohne Vorliegen der im § 5 Abs.2 StVO 1960 angeführten Voraussetzungen ergangen ist und somit rechtswidrig war.

Insbesondere ist im gegenständlichen Fall aufgrund der zeugenschaftlichen Angaben des Meldungslegers naheliegend, daß die Aufforderung zum Alkotest nur aufgrund der telefonischen Anzeige des Vaters des Rechtsmittelwerbers erfolgt ist, ohne daß der Meldungsleger zum Zeitpunkt der Amtshandlung vom offensichtlich angespannten Verhältnis zwischen Vater und Sohn wußte, was sich auch darin manifestiert hat, daß der Meldungsleger nach der Amtshandlung den Vater des Rechsmittelwerbers persönlich von deren Ergebnis Mitteilung gemacht hat.

Da jedoch die Aufforderung zum Alkotest rechtswidrig war, konnte dem Rechtsmittelwerber sein weiteres Verhalten nicht zum Nachteil gereichen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum