Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167831/6/Br/Ai

Linz, 17.06.2013

 

 

           

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb. X, A, T, vertreten durch die Rechtsanwälte OG H-W, R, G,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, vom 3. April 2013, Zl.: VerkR96-8801-2012, wegen Übertretungen  der StVO 1960, nach der am 17. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, und Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Die Berufung wird  als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis im Schuld- u. Strafausspruch bestätigt.

 

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden für das Berufungsverfahren 36 Euro auferlegt (20 % der ausgesprochenen Geldstrafe).

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24,  § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991- VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 - VStG.

 

Zu II§ 64 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich wurden über den Berufungswerber wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nach § 18 Abs.1  iVm § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 180 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von vier Tagen verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt er habe zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,39 Sekunden festgestellt.

Tatort: Gemeinde L, Autobahn A X, Fahrtrichtung A X, bei Strkm 3,4

Tatzeit: 18. Juni 2012, 10:32 Uhr

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, AUDI

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

"Aufgrund einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung OÖ. vom 20. Juni 2012 wurde über Sie mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 02. Juli 2012, ZI. S-24.926/12-3, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs. 2c Z4 Straßenverkehrsordnung (StVO) eine Geldstrafe von 180,00 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt.

 

Dagegen haben Sie durch Ihre ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schreiben vom 11. Juli 2012 fristgerecht Einspruch erhoben, welchen Sie nicht näher begründeten und stellten gleichzeitig den Antrag, das Strafverfahren nach Einleitung und Durchführung des ordentlichen Verfahrens einzustellen. Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 ersuchten Sie die BPD Linz um Übermittlung einer Aktenkopie. Aufgrund der erfolgten Abtretung räumte Ihnen die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen die Gelegenheit ein, sich zu der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen und forderte Sie gleichzeitig auf Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben.

 

Am 13. August 2012 gaben Sie im Wege Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung an, dass Sie tatsächlich zur angegeben Tatzeit und am angegebenen Ort Ihren PKW in Fahrtrichtung A X lenkten. Sie bestreiten aber, dass es Ihnen im Falle eines plötzlichen Abbremsens des vorfahrenden Fahrzeuges nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig anzuhalten und dass der eingehaltene Abstand unter 0,4 Sekunden läge.

 

Begründend führten Sie aus, dass die durchgeführte Abstandsmessung in keiner Art und Weise kontrollier- und nachvollziehbar sei. Es seien verschiedene Parameter nicht berücksichtigt worden, insbesondere, dass Sie im dichten Kolonnenverkehr äußerst sorgsam fuhren und dabei erhöhte Aufmerksamkeit walten ließen und ständig bremsbereit waren.

 

Sie forderten zudem eine entsprechende Bestätigung darüber, ob das Kontrollgerät tatsächlich geeicht und nach den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen entsprechend eingesetzt worden ist. Denn es fehle den Messeinrichtungen an einer derartigen Exaktheit, dass mit der für die Bestrafung erforderlichen Sicherheit von der Verwirklichung des Sachverhaltes ausgegangen werden kann.

 

Weiters gaben Sie an, dass sich aus den Lichtbildern der Anzeige ergäbe, dass ein Spurwechsel des unmittelbar vor Ihnen fahrenden PKW's erfolgte und sich dieser unmittelbar vor Ihnen einreihte. Es sei Ihnen auch keine eklatante Unterschreitung des Mindestabstandes vorzuwerfen.

 

Abschließend legten Sie in Ihrer Stellungnahme dar, dass bei der Verhängung der Geldstrafe von 180,00 Euro nicht berücksichtigt wurde, dass Sie für Ihre zwei Kinder und Ihre Frau Sorgepflichten treffen und überdies monatliche Kreditverbindlichkeiten bestehen.

 

Aufgrund Ihrer Angaben wurde der anzeigende Polizeibeamte, Herr lnsp. M S, aufgefordert, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.

 

Mit Schreiben vom 26. Februar 2013 teilte dieser mit, dass er vollinhaltlich auf das Messprotokoll vom 18.06.2012 verweist und er selber die Messung durchgeführt hat. Die Auswertung der Daten der Anzeige wurde mittels geeichten Messsystem VKS 3.1 gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen unter Beachtung der Bedienungsanleitung durchgeführt. In der Stellungnahme ist detailliert beschrieben, wie der Messvorgang funktioniert und wie der Längenabstand errechnet wird. Konkret ergab sich ein Abstand von 11,5 Metern zwischen dem Radaufstandspunkt an der Vorderachse des Vorfahrenden und dem Radaufstandspunkt an der Vorderachse des Nachfahrenden. Anschließend wird eine optische Messlinie am Radaufstandspunkt der Hinterachse des Vorfahrenden fixiert. Dadurch ergab sich der Wert von 2,6 Meter (ca. Achsenabstand des Vorfahrenden), dieser wird vom errechneten Wert des Abstandes abgezogen. Dadurch resultiert ein Abstand von 8,9 Metern der wieder zu Ihren Gunsten aufgerunde wird (9 Meter). Anhand der Zeit und der Strecke die beide Fahrzeuge durchfahren haben wird die Geschwindigkeit beider Fahrzeuge und der Abstand des Nachfahrenden somatisch vom System errechnet. Von der Geschwindigkeit wird die Messtoleranz abgezogen.

 

Ihre Fahrt und die des vorfahrenden Fahrzeuglenkers sind auf Band gespeichert und jederzeit nachvollziehbar. Angemerkt ist, dass die Geschwindigkeit des "Vorfahrenden" ebenfalls gemessen werden konnte, wobei festgestellt wurde, dass beide Fahrzeuge auf einer Strecke (Messbereich) von ca. 100 Meter annähernd die gleiche Geschwindigkeit fuhren. Herr Insp. S wies in der Stellungnahme daraufhin, dass dem Nachfahrenden die Aufrundung zu Gute kommt und zusätzlich die Überhänge beider Fahrzeuge. Wesentlich ist ebenso, dass innerhalb des Messbereiches weder ein Überholen eines für die Messung relevanten Fahrzeuges, ein Bremsen oder eine Beschleunigung stattgefunden hat. Herr Insp. S konstatierte, dass er sich bei der Messung genau an die Bedienungsanleitung gehalten hat, er speziell auf dieses Kontrollsystem geschult ist und keinerlei Anhaltspunkte sieht, die gegen ein korrektes Messergebnis sprechen. Die Aufzeichnung über den durchgeführten Messvorgang wurde der Behörde persönlich überbracht.

 

Diese Zeugenaussage sowie der Eichschein ist Ihnen in vollem Inhalt in Kopie zur Kenntnis gebracht worden und es ist Ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden. Ebenso wurden Sie darüber informiert, dass die Videoaufzeichnung über Ihre Verwaltungsübertretung bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zur Einsicht aufliegt. Von dieser Einsichtnahmemöglichkeit machten Sie keinen Gebrauch.

 

In Ihrer schriftlichen Antwort vom 15. März 2013 brachten Sie vor, dass die Messung aufgrund der Cirkaangaben nicht exakt durchgeführt worden sei und Abweichungen und Ungenauigkeiten nie gänzlich ausgeschlossen seien. Der erforderliche Abstand von 0,4 Sekunden sei daher eingehalten worden. Sie forderten daher, die Ergebnisse des Messvorganges durch einen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Messtechnik auf seine Genauigkeit überprüfen zu lassen. Weiters sollte die Tauglichkeit des Messgerätes und dessen Anwendung entsprechend der Bedienungsanleitung zum Zeitpunkt der gegenständlichen Messung überprüft werden. Die übrigen enthaltenen Vorbringen der Stellungnahme hinsichtlich erhöhter Aufmerksamkeit und der technischen Ausstattung Ihres PKW's enthalten keine neuen Anhaltspunkte und wiederholen die Angaben der Stellungnahme vom 13. August 2012.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben am 18. Juni 2012 um 10 Uhr 32 in L auf der Autobahn A X in Fahrtrichtung A X das Kraftfahrzeug der Marke Audi mit dem Kennzeichen X gelenkt. Bei Strkm 3,4 wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,39 Sekunden festgestellt. Geschwindigkeit und Abstand wurden mit dem geeichten Messsystem VKS 3.1 gemessen bzw. durch Auswertung errechnet.

 

Beweiswürdigung

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus der Anzeige der Landesverkehrs­abteilung OÖ. vom 20. Juni 2012 samt angeschlossenem Bildmaterial sowie der Stellungnahme des anzeigenden Polizeibeamten. Darüber hinaus ist die Verwaltungsübertretung auf einem Video mit genauesten Zeitangaben dokumentiert.

Auf diesem Video ist sogar ohne jegliches Messsystem ersichtlich, dass Sie dem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug sehr nah aufgefahren sind und einen äußerst geringen Abstand zum Vorfahrenden eingehalten haben. Dass ein jederzeitiges rechtzeitiges Anhalten, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird, bei einem solchen Abstand keinesfalls möglich ist, ist offensichtlich. Weder ein Kraftfahrzeug, das dem neuesten Stand der Technik entspricht, noch mit noch so erhöhter Aufmerksamkeit, kann den geringen Sicherheitsabstand kompensieren. Denn der empfohlene erforderliche Reaktionsweg bei einer Geschwindigkeit von 85 km/h liegt etwa bei 25,5 Meter. Sie haben jedoch nur 9 Meter eingehalten.

 

Zu Ihrem Einwand, dass der Messvorgang nicht genau durchgeführt wurde und es sich nur um ungefähre Angaben handelt und deswegen nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, dass der erforderliche Sicherheitsabstand um nicht weniger als 0,4 Sekunden unterschritten wurde, ist anzuführen, dass die Messung mittels geeichten Messsystem VKS 3.1. gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen unter Beachtung der Bedienungsanleitung von einem erfahrenen Verkehrspolizisten durchgeführt wurde. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die für ungenaue Messergebnisse sprechen würden. Im Gegenteil, Ihre Verwaltungsübertretung wurde derart exakt dokumentiert, dass ein nachvollziehbarerer Beweis wohl kaum zu erbringen sein wird. Für die Behörde bestehen keine Zweifel an den Ausführungen des Polizeibeamten, der mit der Handhabung der Geräte völlig vertraut und ausreichend geschult ist. Der Behörde ist auch bekannt, dass der Beamte der Verkehrsabteilung OÖ. vorrangig in der Verkehrsüberwachung auf Autobahnen eingesetzt ist und bereits jahrelange Praxis in der Durchführung von Abstandskontrollen hat. Die Stellungnahme ist plausibel und schlüssig und begünstigt Sie sogar in zweierlei Hinsicht. Erstens kommt Ihnen der gerundete Längenabstand von 8,9 m auf 9 m zugute und zweitens die Überhänge beider Fahrzeuge. Das bedeutet, dass Sie ohnedies einen tatsächlich viel geringeren Sicherheitsabstand eingehalten haben. Bei Einsichtnahme in den Videofilm hat sich außerdem zweifelsfrei ergeben, dass dieser Abstand nicht durch ein plötzliches Abbremsen oder Einordnen des vorderen Fahrzeuges hervorgerufen wurde. Herr Inspektor S betonte auch, dass es bei einer Verzögerung oder einer Beschleunigung eines der beiden Fahrzeuge systembedingt zu keinem verwertbaren Messergebnis kommen kann.

Sie haben sich darauf beschränkt, die Erhebungen der Anzeigenden in Frage zu stellen, auf der gleichen fachlichen Ebene sind Ihrerseits keine Einwendungen erfolgt.

 

Rechtliche Beurteilung

 

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Wer dieser Bestimmung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 99 Abs. 2c Z. 4 StVO mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen

 

Sie hätten jedenfalls einen Abstand einhalten müssen, der etwa der Länge des Reaktionsweges entspricht, das sind in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h.

 

Ausgehend von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 85 km/h hat der Polizeibeamte den Tiefenabstand zwischen beiden Fahrzeugen mit aufgerundet 9 m nachvollzogen und dazu ausgeführt, dass dabei zu Ihren Gunsten die Radüberhänge beider Fahrzeuge nicht berücksichtigt wurden. Das heißt konkret, dass Sie daher maximal 0.39 Sekunden eingehalten haben. Damit ist der Tatvorwurf der Einhaltung eines unter 0,4 Sekunden, aber über 0,2 Sekunden liegenden Nachfahrabstandes nachvollziehbar.

 

Sie haben daher den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten und damit das Ihnen angelastete Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Dem Wunsch einen Sachverständigen aus dem Fachbereich für Verkehrssicherheit und Messtechnik mit dem Sachverhalt zu beauftragen wird aus Gründen der Raschheit, Einfachheit und Zweckmäßigkeit nicht Rechnung getragen. Außerdem steht der entscheidungswesentliche Sachverhalt ohnehin klar und eindeutig fest.

 

Durch Ihr Vorbringen ist es Ihnen nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass Sie kein Verschulden trifft. Im konkreten Fall wird daher davon ausgegangen, dass Sie die Verwaltungsübertretung nach 18 Abs. 1 StVO zumindest fahrlässig begangen und damit auch die subjektive Tatseite der Übertretung verwirklicht haben.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen:

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Straf­drohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Es liegen keine Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht vor, sodass Ihnen der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zu Gute kommt. Erschwerende Umstände konnten nicht erhoben werden.

Bei der Strafbemessung wurde die behördlich vorgenommene Schätzung (monatliches Nettoeinkommen von 1500,00 Euro) zu Grunde gelegt. Die Sorgepflichten für Ihre zwei Kinder und Ihre Frau wurden berücksichtigt.

 

Zur Schätzung Ihrer Verhältnisse in Bezug auf Einkommen, Vermögen und Sorgepflichten darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Sie bei der Einschätzung dieser Verhältnisse es sich Ihrer unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben haben, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zu Ihrem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die uns ohne Ihre Mitwirkung nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 14.1.1981, ZI. 3033/80).

 

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Der Unrechtsgehalt der von Ihnen gesetzten Verwaltungsübertretung wird als sehr hoch eingestuft, da gerade das Nichteinhalten des erforderlichen Sicherheitsabstandes ein hohes abstraktes Ge­fährdungspotential birgt. Dass die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzu­nehmen und ist daher Ihr Verschulden keinesfalls als geringfügig anzusehen.

 

Der Schwere der angelasteten Übertretung hat der Gesetzgeber zusätzlich dadurch Rechnung getragen, dass eine obligatorische Eintragung des Deliktes im Führerscheinregister vorzunehmen ist.

 

Die verhängte Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Diese ist als schuld-und tatangemessen zu betrachten und stellt auch das erforderliche Maß dessen dar, um Sie in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung."

 

 

 

2. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch den ag. Rechtsvertreter nachstehende

 

Berufung

 

wider das Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 03.04.2013 zur ZI. VerkR96-8801-2012 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö.

Das bekämpfte Straferkenntnis wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschuldigten am 11.04.2013 zugestellt und wurde wegen des Vorwurfs der Verwaltungsübertretung gem. § 18 Abs. 1 StVO i. V. m. § 99 Abs. 2 c Zif. 4 StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 180,00 zzgl. eines Kosten­beitrags und eines Barauslagenersatzes, insgesamt daher ein Betrag in Höhe von € 199,20, über den Beschuldigten verhängt.

 

Dabei geht die Behörde zu Unrecht von einer Verletzung der erwähnten Gesetzesbestimmung aus. Mit gegenständlicher Berufung wird die Einstellung des Strafverfahrens angestrebt.

 

Es werden die Berufungsgründe unrichtige Tatsachenfeststellungen, unrichtige Beweiswürdigung, Verfahrensmangel sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Bereits in der Rechtfertigung des Beschuldigten vom 13.08.2012 wurde aufgezeigt, dass die dem gegenständlichen Straferkenntnis zugrundeliegende Abstandsmessung der Landesverkehrs­abteilung Oö. vom 20.06.2012 nicht sämtliche wesentlichen Parameter berücksichtigt.

 

Es wurde die Erstellung eines SV-Gutachtens aus dem Fachbereich KFZ-Technik und Fahrsicher­heit zum Beweis dafür beantragt, dass gegenständlicher Messvorgang nicht mit der für die Verur­teilung in einem Verwaltungsstrafverfahren erforderliche Exaktheit erfolgt und daher die Annahme der Behörde, dass durch den Beschuldigten ein Abstand von 0,39 Sek. eingehalten wurde, sich ausschließlich auf Circaangaben und Schätzwerte stützt. Selbst aus der Aussage des Polizei­beamten Insp. M S, der die Messung durchführte, ergibt sich, dass die Messung ausschließlich auf Circaangaben beruht und daher Messungenauigkeiten nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, selbst wenn es sich um ein geeichtes Messgerät handelt.

 

Darüber hinaus finden unterschiedliche technische Ausstattungen der PKW's sowie eine erhöhte Aufmerksamkeit des Lenkers in keiner Weise Berücksichtigung im Zuge der Berechnungen. Ge­rade im gegenständlichen Fall, wo der vom Gesetz geforderte Abstand von 0,4 Sek. lediglich um eine Hundertstelsekunde laut Vorwurf der Behörde überschritten wurde, ist es aber angezeigt, eine ganz exakte Berechnung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Parameter, also auch technischer Ausstattung des Pkws und Aufmerksamkeit, durchzuführen, da aufgrund bestehender Messtoleranz und Ungenauigkeiten nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschuldigte durchaus in der Lage gewesen wäre, auch bei plötzlichem Abbremsen des vorfahrenden Fahrzeuges sein Fahrzeug kollisionsfrei, also rechtzeitig, anzuhalten.

 

Zumal es die Behörde dennoch unterlassen hat, einen KFZ-technischen SV mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen, liegt ein Verfahrensmangel vor, welcher hiermit gerügt wird. Auch der Einwand, dass den Erhebungen des Insp. S nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde, ist unberechtigt, da es sich auch beim Insp. S nicht um einen SV handelt und solange ein solches SV-Gutachten nicht eingeholt wurde, keine Beweisergebnisse vorliegen, denen nur auf gleicher fachlicher Ebene begegnet werden kann. Die durchgeführte Messung hängt von zahlreichen subjektiven Entscheidungen des Polizeibeamten ab, der die Messung vornimmt. Dieser muss die Ansatzpunkte am Vorderfahrzeug sowie am Fahrzeug des Beschuldigten frei wählen und per Hand durch Anklicken ungefähr einrichten. Dabei kann es zur Verfälschung der Daten kommen, sodass nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Korrektheit des festgestellten Abstands von 0,39 statt 0,4 Sekunden ausgegangen werden kann.

 

Das abgeführte Verfahren ist daher mangelhaft und wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens begehrt, da dein ausreichendes Ermittlungsverfahren abgeführt wurde.

 

Die Beweiswürdigung der Behörde wird insofern bekämpft, als sie ausführt, dass der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei, insbesondere auch aus den Videomaterialen ergäbe, da auf diesen selbst ohne jegliches Messsystem -ersichtlich sei, dass-ein äußerst-geringer Abstand zum vor­fahrenden Fahrzeug eingehalten und daher keinesfalls eine rechtzeitige Abbremsung bei diesem Abstand möglich gewesen sei.

 

Dazu ist auszuführen, dass es selbst einem geschulten Auge eines erfahrenen Polizeibeamten unmöglich ist, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit genaue Schätzungen über Ge­schwindigkeiten und Abstände von Fahrzeugen vorzunehmen. Bloß aufgrund visueller Beobach­tungen des Straßenverkehrs kann daher weder eine Schätzung noch eine objektivierbare Grund­lage gebildet werden, auf welche sich eine Verurteilung in einem Verwaltungsstrafverfahren stützen könnte. Es handelt sich bei solchen Beobachtungen um rein subjektive Empfindungen, die eine konkrete Messung niemals ersetzen können. Eine solche liegt jedoch selbst nach den An­gaben des Insp. S nicht vor, da dieser bei der Erörterung der Vorgehensweise des Messvor­gangs selbst eingesteht, dass es sich bloß um Circaangaben handelt.

 

Um jedoch ausreichend Feststellungen über den erhobenen Vorwurf des zu geringen Abstand zum vorfahrenden Fahrzeug treffen zu können, hätte die Behörde Erhebungen zur technischen Aus­stattung des gegenständlichen Fahrzeugs des Beschuldigten sowie zu dessen subjektiven Ver­halten im Verkehr, also insbesondere zu dessen Aufmerksamkeit oder beispielsweise zur Frage des bremsbereiten Fahrens und der Beobachtung der übrigen Verkehrsteilnehmer, durchführen müssen.

 

Überdies hätte die Behörde erheben müssen, ob die Bedienung des gegenständlichen Messegeräts durch den Polizeibeamten genau nach der Bedienungsanleitung vorgenommen wurde.

 

Des Weiteren ist die Behörde in keiner Weise auf die subjektive Tatseite eingegangen, wobei der Beschuldigte bereits in der Stellungnahme vom 15.03.2013 ausführte, dass an ihn als Fahrzeug­lenker eine überhöhte Anforderung gestellt wird, wenn man ihm abverlangt, den Abstand zum vorfahrenden Fahrzeug auf eine Hundertstelsekunde genau abschätzen zu können, insbesondere, zumal es keinerlei technischer Vorrichtungen oder Hilfsmittel gibt, die ihm während der Fahrt die Abstände ablesen lassen. Die Möglichkeit der menschlichen Wahrnehmung mit den Sinnes­organen reicht nicht aus, um Abstände auf eine Hundertstelsekunde genau zu bestimmen, sodass der Beschuldigte subjektiv davon ausgehen durfte, den gesetzlich geforderten Mindestabstand von 0,4 Sekunden eingehalten zu haben, um kollisionsfrei anhalten zu können.

 

Die Behörde hätte daher die ergänzenden angebotenen Beweise aufnehmen müssen und sodann feststellen müssen, dass der Abstand des Beschuldigten ausgereicht hat, um im Bedarfsfall bei plötzlicher Abbremsung des vorfahrenden Fahrzeuges rechtzeitig anzuhalten.

 

Neuerlich gestellt werden die

 

Anträge

 

auf Überprüfung der Ergebnisse des Messvorgangs auf Genauigkeit sowie die Überprüfung der Tauglichkeit des Messgerätes und dessen Anwendung entsprechend der Bedienungsanleitung durch einen SV aus dem Fachbereich Messtechnik sowie die Einhaltung des erforderlichen Abstands durch erhöhte Aufmerksamkeit und die technischen Ausstattungen des Fahrzeugs durch Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Fachbereich Fahrsicherheit und KFZ-Technik.

 

Es werden gestellt die

Anträge,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. wolle

 

1. eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen sowie

2. der Berufung Folge leisten und nach Einholung der angebotenen Beweise das gegen-ständliche Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

G, am 24.04.2013 M K"

 

 

 

2.1. Diese Darstellung erwies sich als nicht stichhaltig und zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier ungeachtet der unter 500 Euro festgesetzten Geldstrafen in Wahrung der nach Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Beischaffung des Auswertungsvideos Verlesung des von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vorgelegten Verwaltungsstrafaktes dem die Videomass-Auswertung beilagen (AS 55 u. 56). Das Video wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung gesichtet.

Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung  nicht persönlich teil und auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz entschuldigte das Nichterscheinen mit dienstlichen Gründen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

In Vermeidung von Wiederholungen wird auf die oben zitierten umfassenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

Der Tatvorwurf basiert auf einer mit Video dokumentierten und rechnerisch mit einem EDV-Programm (Videomass) nachvollzogenen Auswertung. Selbst aus in der Videoaufzeichnung eingeblendeten Daten  lässt sich stichhaltig das Fahrverhalten des Berufungswerbers nachvollziehen. Dabei zeigt sich  die Fahrt über zumindest 10 Sekunden knapp am Vorderfahrzeug bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h. Dadurch war selbst ohne rechnerische Auswertung am Video erkennbar, dass der Abstand zum Vorderfahrzeug nur ca. zwei Autolängen betragen hat. An der darauf basierenden Berechnung ist daher nicht zu zweifeln.

Während der gesamten Sichtbarkeit des Berufungswerbers fand kein Wechsel zwischen den beiden Fahrspuren statt, wobei rechts überwiegend LKW‘s unterwegs waren, welche mit relativ geringem Geschwindigkeitsunterschied von den die Überholspur benützenden Pkw’s überholt wurden.

Die Tauglichkeit des hier angewendeten Messverfahrens ergibt sich nicht zuletzt auch aus der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.06.2003, 2001/03/0063, sowie h. Erk. v. 4.9.2006, VwSen-161505/5/Zo/Da, sowie v. 15.11.2005, VwSen-160713/15/Fra/He).

Diese im Rahmen der Berufungsverhandlung gesichtete Beweisgrundlage ist in jeder Richtung hin überzeugend. Letztlich wurden selbst von der Rechtsvertretung des Berufungswerbers keine weiteren Beweisanträge gestellt.

 

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die  nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Für die Verletzung der Rechtsvorschrift iSd § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 beläuft sich der Strafrahmen von 72 Euro  bis jeweils 2.180 Euro.

Konkret ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass diese angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines Nachfahrabstandes von nur 0,39 Sekunden grundsätzlich als maßvoll gelten kann. Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für das sogenannte Drängeln ist durchaus geboten. Zahlreiche empirische Erfahrungen belegen, dass bei einem derartigen Abstand im Falle eines plötzlichen Bremsens des Vorderfahrzeuges ein Auffahrunfall unausweichlich wäre (vgl. etwa die h. Erk. v. 29.4.2009, VwSen-164062/5/Br/RSt). Darin legte der Sachverständige dar, dass gemäß abgesicherter fachlicher Erkenntnisse in der Verkehrsrealität von keiner unter 0,7 Sekunden liegenden Reaktionszeit ausgegangen werden kann (mit Hinweis auf die h. Erk. v. 26.2.2008, VwSen-162603/8/Fra/Sta u. vom 16.2.2004, VwSen-109509/7/Br/Be). Die Unrechtsgewichtung gelangt insbesondere in der vom Gesetzgeber festgelegten Strafrahmen zum Ausdruck.

Auf die Sorgenpflichten des Berufungswerbers für zwei Kinder und die Ehefrau wurde Bedacht genommen. Selbst bei ungünstigen Einkommensverhältnissen wäre dieses Strafausmaß nicht überhöht, wobei das am Video erkennbare Fahrzeug eines neueren Modells der gehobenen Mittelklasse auf ein zumindest gut durchschnittliches Einkommen schließen lässt.

Mit Blick darauf war letztlich auch das Strafausmaß zu bestätigen.

 

 

Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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