Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167869/4/Br/Ai

Linz, 17.06.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Herrn D J, geb. X S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 15. April 2013, Zl. VerkR96-11113-2013, zu Recht:

 

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe statt gegeben als  in Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und hinsichtlich beider Übertretungspunkte eine Ermahnung ausgesprochen wird.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ § 21, § 24, 51, und 51e Abs.3 Z1 VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 102 Abs.1 KFG i.V.m. § 4 Abs.2 u. § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 240 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden ausgesprochen, wobei wider nachfolgender  - weitwendig formulierter - Tatvorwurf erhoben wurden:

„Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die Verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW, VW Passat, X, maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht waren. Winterreifen 225/50 R17 98H der Marke MICHELIN Primacy Alpin mit Alufelgen der Marke X, sowie Verdunkelungsfolie Nr. X Marke X, an Font-, Kofferraumseite- und Heckscheibe Die Gefahr bzw. Umweltbeeinträchtigung war durch - gegeben.

Tatort: Gemeinde W, Gemeindestraße Ortsgebiet, R / B, . Tatzeit: 19.03.2013, 15:40 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, VW Passat, orange."

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründet dies mit nachfolgenden Ausführungen:

„Gemäß § 49 Abs, 2 VStG hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, über den Einspruch gegen das Strafausmaß zu entscheiden.

Nach Maßgabe des § 19 VStG ist der Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu Grunde zu legen.

Überdies sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen, die von Ihnen nicht bestritten wird, ist aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Wilhering, vom 21.03.2013 als erwiesen anzusehen.

In Ihrem Einspruch am 09.04.2013 vor der hs. Behörde haben sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht bestritten, ersuchen jedoch um eine Herabsetzung des Strafbetrages.

Die hs. Behörde ist der Ansicht, dass eine Herabsetzung des Strafausmaßes auf Grund Ihrer bisherigen Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbereich, die strafmildernd zu werten war, gerechtfertigt ist.

Auf Grund dieser Tatsachen und deren Wertung gelangt die Behörde zur Auffassung, die Strafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß herabzusetzen.

 

 

 

2. Mit der fristgerecht erhobenen und als Einspruch bezeichneten Berufung führt der Berufungswerber aus, er sei am 19.03.2013 mit meinem erst im Jänner erworbenen PKW aufgehalten worden. Dabei wurde festgestellt, dass die Winterreifen und eine Verdunkelungsfolie auf meinem PKW nicht typgerecht gewesen seien.

Vom Verkäufer sei ihm damals zugesichert worden, dass die gesamte „sportliche Ausstattung" genehmigt wäre. Sein Fehler sei gewesen, dass er das leider nicht im Typenschein nachkontrolliert habe und gutgläubig das Auto wie gesehen gekauft habe. Ihm wäre zu keinen Zeitpunkt bewusst gewesen, dass er hier gegen ein Gesetz verstoße.

Leider sei er vom Verkäufer getäuscht worden, was sich auch schon nach drei Wochen bemerkbar machte, als er einen Motorschaden hatte! Als er den PKW nun wieder kostenintensiv reparieren lassen musste wurde er kurz darauf angehalten und wegen dieses Mangels angezeigt.

Im Wissen um diese Umstände hätte er dieses Auto niemals gekauft. Er ersuche

die Sachlage nochmals zu prüfen, bzw. bitte gegebenenfalls um eine Minderung der Strafhöhe.

Da am 06.03.2013 bereits ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurde sei er leider insolvent und es sei ihm schwer möglich, mit seiner derzeitigen Beschäftigung zusätzliche Belastungen zu tilgen.

Da er zu keinem Zeitpunkt „mutmaßlich“ (gemeint wohl: schuldhaft) gehandelt habe, bitte er aus den dargestellten Gründen das Verfahren zu prüfen oder zumindest das Strafmaß zu mindern.

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte mit Blick auf die ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme gemäß § 51e Abs.1 Z2 VStG unterbleiben.

Beweis erhoben wurde durch Akteneinsicht und durch schriftliche Aufforderung des Berufungswerbers zur Vorlage von Beweismitteln (Kaufvertrag, Vermögensverhältnisse). Diese gelangten im Wege des Arbeitgebers mit Email vom 14. 6.2013 zur Vorlage.

 

 

4. Sachverhalt:

Der Berufungswerber wurde am 19.3.2013, um 15:40 Uhr im Zuge einer Fahrzeugkontrolle zur Anzeige gebracht, weil dieses Fahrzeug mit nicht typengenehmigten Felgen und die Heckscheibe mit einer Verdunkelungsfolie ausgestattet war.  Laut Anzeige ist mit dieser vorschriftswidrigen Ausstattung keine Gefährdung der Verkehrssicherheit einhergegangen.

Der Berufungswerber hat dieses Fahrzeug  am 10.1.2013 angemeldet, nachdem dieses an diesem Tag von einem privaten Käufer (M M aus W) mit einem in W unterfertigten Kaufvertrag von ihm um 3.000 Euro gekauft worden war.  Der Berufungswerber belegt sein Berufungsvorbringen mit der Vorlage eines Verdienstnachweises, der Dokumentation des Schuldenregulierungsverfahrens, sowie des Kaufvertrages.

Die Folien wären laut Information des Verkäufers typisiert gewesen. Im Vertrag findet sich der Hinweis über den Fahrzeugzustand „wie besichtigt und probegefahren.“ Da das Fahrzeug am gleichen Tag noch angemeldet wurde ist von einer gültigen Überprüfungsplakette auszugehen. Das dem Berufungswerber die nunmehr zu Last liegenden Mängel, zu keinem Zeitpunkt bewusst waren, erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat als glaubwürdig. Letztlich wurden diese beiden Mängel in rechtswidriger Weise mit einer einzigen Strafe geahndet. Damit wäre eine korrekte Strafermessensübung, der beiden sich mit durchaus im   Unwertgehalt unterscheidenden Tatbestände, nicht möglich (vgl. VwGH 29.8.1990, 89/02/0208 mit Hinweis auf VwGH 24.5.1989, 88/03/0055).

Gemäß der Meldungsdarstellung wurde von diesen nicht typisierten Fahrzeugteilen Lichtbilder angefertigt, welche sich jedoch nicht beim vorgelegten Verfahrensakt befinden bzw. nicht zur Vorlage an den Unabhängigen Verwaltungssenat gelangten.

Laut Anzeige verwies der Berufungswerber bereits gegenüber dem Meldungsleger auf die im Rechtsmittel ausgeführten Umstände.

 

 

 

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Angesichts dieser Faktenlage ist in praxisnaher und den logischen Denkgesetzen folgenden Beurteilungsmaßstab festzuhalten, dass ein solcher Mangel an einem eben erst gekauften Fahrzeug durchaus auch einem sorgfältigen Menschen unentdeckt bleiben könnte. Das mit diesen Mängel über die Vorschriftswidrigkeit hinaus an sich keine weiteren nachteiligen Folgen verbunden waren scheint evident.

Der Tatvorwurf, der Beschuldigte habe sich, obwohl dies ihm zumutbar gewesen sei hiervon nicht überzeugt, lässt vor diesem Hintergrund  ein strafwürdiges Fehlverhalten nicht mehr wirklich handfest erkennen. Wie sollte sich jemand von einem Ausstattungsmangel überzeugen, wenn er beim Kauf wohl nur gutgläubig gewesen sein konnte, da er doch sonst den Kauf des Fahrzeuges in diesem  nicht  getätigt hätte.  Das Wissen über die Vorschriftswidrigkeit hätte logisch besehen einer vertieften Rechtskenntnis bedurft, wobei dem Berufungswerber in diesem Zusammenhang höchstens darin eine Sorgfaltswidrigkeit angelastet werden muss, dass er die im Typenschein eingetragenen Reifen bzw. Felgen und unzulässiger Weise an Front- Kofferraumseite und Heckscheibe eine Verdunkelungsfolie offenbar nicht hinterfragte  bzw. darüber keine Erkundigung einholte. Der Spruch insgesamt erfordert denksportähnliche Anstrengungen um den Kern des Normverstoßes als Solchen zu erkennen. 

Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, wenn hier die Behörde im Umfang von einer halben A4-Seite den Spruch mit dem Hinweis auf „schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen,…“, anreichert, wenn sich die Sache schlichtweg auf eine nicht gesondert bewilligte Reifendimension und eine Abdeckfolie beschränkte.

Der durchschnittliche Käuferkreis eines Gebrauchtfahrzeuges wird sich wohl auf das Aussehen, das Ergebnis der Probefahrt, den Zustand des Reifenprofils, wohl selten wird er die Nummern der Bereifung mit den Angaben des Typenscheines vergleichen. Das überspannt wohl weitgehend das Ausmaß einer verkehrspraktischen, wenngleich nicht zumutbaren Sorgfaltserwartung.

Diesem Regelverstoß haftet daher nur ein geringes Verschulden und bloß unbedeutende Tatfolgen an.

Vor diesem Hintergrund konnte dem Vorbringen des Berufungswerbers durchaus gefolgt werden, wobei der Unabhängige Verwaltungssenat in diesem Fall einen Strafbedarf nicht als begründet erachtet.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Der Berufungswerber ist unrechtseinsichtig, wobei  er die mit dem hier angefochtenen Straferkenntnis ausgesprochene – gegenüber der Strafverfügung mit 365 Euro bereits ermäßigte -  Geldstrafe bereits bezahlt haben soll. Dies kann jedoch auf sich bewenden bleiben.

Einer Ermahnung bedarf es jedoch um künftighin in einer derartigen Situation auch auf derartige Mängel zu achten, anstatt sich bloß gutgläubig auf die Verkäuferzusagen zu verlassen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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