Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253450/2/MK/HK

Linz, 21.06.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Dr. X, Dr. X, P LL.M, Rechtsanwälte, X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 13.11.2012, SV96-38-2012, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die verhängte Strafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt wird.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde verringert sich auf 50 Euro; für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13.11.2012, SV96-38-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntis liegt der Tatvorwurf zu Grunde, der Bw habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X Handels-Ges.m.b.H. in X, X und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, dass die Firma die chinesische Staatsbürgerin X, geb. X, in der Zeit von 17.06.2010 bis 08.08.2012, also auch in der Zeit von 09.06.2012 bis 08.08.2012 als Büroassistentin geringfügig beschäftigt habe, für die im letztgenannten Zeitraum weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus oder ein Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden sei, obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt sei, eine Ausländerin nur beschäftigen dürfe, wenn ihm für diese eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus oder einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder einen Niederlassungsnachweis besitze.  

 

Begründend wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

 

1.1. Aufgrund der Feststellungen und Erhebungen sei es erwiesen, dass eine ausländische Arbeitskraft ohne erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zu einer Arbeitsleistung eingesetzt gewesen sei. Die angelastete Übertretung sei in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

 

1.2. Auch in subjektiver Hinsicht sei das vorgeworfene Verhalten dem Bw zuzurechnen.

 

Die Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe, Ermahnung) sei nicht möglich, da es sich bei der Beschäftigung eines Ausländers ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung um kein geringfügiges Verhalten handle und auch die Folgen einer Übertretung nach dem AuslBG nicht unbedeutend wären.

 

Die Tatsache, dass sofort nach Feststellung des Sachverhaltes eine Meldung an das AMS gemacht worden sei, wäre bei der Strafbemessung berücksichtigt worden.

 

Die Verschuldensvermutung des § 5 Abs.1 VStG habe der Bw nicht entkräften können.

 

Der Unrechtsgehalt der Tat könne nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit, zu schweren wirtschaftlichen Schäden und zusätzlich zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würde.

 

Die (übertretene) Bestimmung des § 28 AuslBG würde nicht nur dem Schutz gesetzestreuer Arbeitgeber gegen unlautere Konkurrenz dienen, sondern darüber hinaus auch der Wahrung der arbeitsmarktbezogenen Schutzinteressen in- und ausländischer Arbeitnehmer, die in Österreich bereits in Beschäftigung stehen würden und somit den Interessen der Allgemeinheit.

 

Das anzeigende Finanzamt habe zuerst die Verhängung einer Strafe von 2.000 Euro beantragt, sich dann aber mit der Mindeststrafe einverstanden erklärt.

 

Mildernd seien die bisherige Unbescholtenheit und der Umstand gewertet worden, dass Frau X sozialversicherungsrechtlich gemeldet gewesen sei, erschwerend, dass die illegale Beschäftigung über einen Monat angedauert habe.

 

Aus spezialpräventiven Überlegungen könne mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seine rechtsfreundliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

 

Den begründenden Ausführungen der belangten Behörde könne im Zusammenhang mit der Feststellung, § 21 VStG könne nicht angewendet werden, nicht beigepflichtet werden. Es sei dabei nicht auf die abstrakte Rechtsvorschrift abzustellen, sondern eine Verschuldensabwägung vorzunehmen.

 

Die Tat sei, was die rechtlichen und faktischen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt betrifft, ohne Folgen geblieben.

 

Die Begehung (durch Zuhilfenahme einer externen Unterstützung bei der Personalverwaltung) sei zweifelsfrei fahrlässig erfolgt. Im Ergebnis sei das Verschulden des Bw aber darauf zu reduzieren, dass er der ordnungsgemäßen externen Aufgabenerfüllung vertraute habe, ohne selbst engmaschiger zu kontrollieren.

 

Es sei weiters zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um eine geringfügig Beschäftigte gehandelt habe.

 

Es würden sowohl die Voraussetzungen des § 21 VStG als auch jene des § 20 leg.cit (außerordentliche Strafmilderung) vorliegen, da keine Erschwerungsgründe, sehr wohl aber Milderungsgründe (Unbescholtenheit, Geständigkeit) gegeben wären. Zudem seien die für die Strafbemessung heranzuziehenden persönlichen Verhältnisse unrichtig angenommen worden. Der Bw verfüge über monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro und habe Sorgepflichten für seine Gattin und drei Kinder nachzukommen.

 

Aus diesen Gründen würde die Erteilung einer Ermahnung, in eventu di außerordentliche Herabsetzung der Strafe beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung abgesehen und die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 15.05.2013, eingelangt am 17.05.2013, zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Strafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:

 

Der (einschlägig unbescholtene) Bw hat die chinesische Staatsangehörige X in der Zeit von 17.06.2010 bis 08.08.2012 geringfügig beschäftigt, wobei nur bis einschließlich 08.06.2012 die notwendigen arbeitsmarktrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen haben.

 

Im Zusammenhang mit der Personalverwaltung, wozu auch die gegenständlichen arbeitsmarktrechtlichen Agenden gehören, bediente sich der Bw einer externen Unterstützung. Dort ist der Fehler unterlaufen, dem Bw aber in Ermangelung expliziter Kontrollen nicht aufgefallen. Nach Bekanntwerden des Sachverhaltes erstattete der Bw eigeninitiativ eine Meldung an das AMS.

 

Die ausländische Beschäftigte war über den gesamten Zeitraum ihrer Beschäftigung sozialversichert.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1 Die vorgeworfene Übertretung ist in tatbestandsmäßig objektiver Hinsicht erfüllt.

 

5.2. In subjektiver Hinsicht kann den begründenden Ausführungen der belangten Behörde aus folgenden Gründen nur bedingt gefolgt werden:

 

5.2.1. Insoweit dargelegt wird, dass die im anzuwenden Materiengesetz geschützten Interessen ein sowohl arbeitsmarktrechtliches wie sozialpolitisches Schutzziel höchster Priorität behandeln, ist diesen Ausführungen vollinhaltlich zu folgen.

 

Die – im bekämpften Straferkenntnis teilweise leider nur unscharf skizzierte – „Maß(un-)figur“ des AuslBG ist aber zweifellos der die arbeitsmarktordnenden Instrumente grundsätzlich eigennützig missachtende Arbeitgeber, der es in Kauf nimmt, sowohl den geregelten Arbeitsmarkt zu unterlaufen, als auch die subjektiv meist angespannte bzw. schwierige Situation des Arbeitnehmers auszunutzen, und dadurch (volks-)wirtschaftlichen Schaden herbeiführt.

 

Der gegenständliche Fall ist aber in wesentlichen Punkten signifikant anders gelagert. Die ausländische Arbeitnehmerin war über einen Zeitraum von praktisch 2 Jahren ordnungsgemäß beschäftigt. Es kann daher nicht unbewertet bleiben, dass der Bw, gerade zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses alle einschlägigen Anforderungen gesetzlicher Natur nicht nur erfüllen wollte, sondern auch tatsächlich erfüllt hat.

 

5.2.2. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Tatsache, dass der Bw aus eigenem Antrieb den Sachverhalt an offizieller Stelle dargelegt hat. Er hat dadurch eine grundsätzlich mit den Werten der Rechtstaatlichkeit verbundene Haltung an den Tag gelegt.

 

Fehler können in allen noch so ausgeklügelten Systemen passieren und tun dies jeden Tag. Gerade in der pönalisierenden Betrachtung von Fehlern, besser Fehlverhalten, ist es aber von entscheidender Bedeutung, wie mit der Tatsache der bekannt werdenden Unzulänglichkeit umgegangen wird. In diesem Zusammenhang hat sich der Bw nichts vorzuwerfen.

 

5.2.3. Im Ansatz widersprüchlich sind die Ausführungen in der Begründung, in denen einerseits der pönalisierungskausale „Schaden an den Systemen der sozialen Sicherheit“ aufgezeigt, andererseits aber festgestellt wird, dass die ausländische Arbeitnehmerin über den gesamten – also auch den inkriminierten Zeitraum (obwohl nur geringfügig beschäftigt) – sozialversichert war.

 

Die Verwerflichkeit des Handelns des Bw erfährt dadurch (und zwar nicht durch die Geringfügigkeit der Beschäftigung) eine deutliche Relativierung, rückt beinahe in den Bereich der bloßen Obliegenheitsverletzung, wäre da nicht die besondere Sensibilität der spezifischen Regelungsregimes.

 

5.3. Es darf letztendlich nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass es zentrale Aufgabe eines Arbeitgebers ist, im Sinne eines gebündelten Verantwortungszusammenhanges alles zu unternehmen, dass den gesetzlichen Anforderungen entsprochen wird. Dies gilt umso mehr für jene Bereiche, die aus der unmittelbaren Verantwortung „ausgelagert“ werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt klar ausgesprochen, dass an die Glaubhaftmachung der exkulpierenden Umstände (Kontrollsystem) zugunsten eines verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen ein hoher (der Erfolgshaftung nahe kommender) Anspruch zu stellen ist. Diesem Anspruch genügt das vorgeworfene Handeln des Bw nicht, und darin ist auch der Grund dafür zu sehen, dass aus spezial- und (mit einem gewissen Überhang) generalpräventiven Gründen nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden konnte.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass bei der Gesamtbeurteilung der schuldtaxierenden Sachverhaltselemente ein deutliches Überwiegen der Milderungsgründe festzustellen war. Der im angefochtenen Straferkenntnis angeführte Erschwerungsgrund der mehr als einmonatigen Illegalität, tritt aus Sicht des erkennenden Mitglieds entscheidend hinter die zweijährige Gesetzeskonformität des Beschäftigungsverhältnisses zurück. Die persönlichen Verhältnisse des Bw sind bei einer außerordentlichen Strafmilderung nicht (mehr) zu berücksichtigen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

 

 

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