Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523369/5/Zo/TR/AE

Linz, 30.04.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried ZÖBL über die Berufung des x, vertreten durch x Rechtsanwälte & Verteidiger, xstraße x/x, x x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 2.10.2012, GZ: 12338570, wegen Abweisung des Antrages auf (Wieder-)Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG und 67a Abs 1 AVG iVm

§§ 3 Abs 1 Z 3, 8 Abs 1 und Abs 2 FSG sowie § 4 Abs 2 FSG-GV

 

 

 

Entscheidungsgründe:


1. Die BH Gmunden hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber den Antrag auf (Wieder-)erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B gem § 3 Abs 1 iVm § 8 FSG versagt.

 

Begründend führte die Erstbehörde aus, dass gem § 3 Abs 1 Z 3 FSG eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werde, welche gesundheitlich geeignet seien. Gem § 8 FSG habe der Antragsteller der Behörde ein Gutachten vorzulegen, das seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestätige.  Die Lenkberechtigung des Berufungswerbers wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung durch die BPD Wels sei mit Ablauf des 25.5.2010 erloschen.

Im Rahmen des Verfahrens zur Wiedererteilung der Lenkberechtigung habe sich der Berufungswerber einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen. In seinem Gutachten vom 7.8.2012 habe der Amtsarzt Dr. x festgestellt, dass der Berufungswerber aufgrund eines dementiellen Syndroms mit deutlicher kognitiver Einschränkung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet sei, was anlässlich einer verkehrspsychologischen Stellungnahme am 21.7.2011 sowie fachärztlich am 5.7.2012 diagnostiziert worden sei. Der Berufungswerber habe überdies von seiner Möglichkeit, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen nicht Gebrauch gemacht. An der Schlüssigkeit der Gutachten bestehe kein Grund zu zweifeln.   

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass aufgrund seines Antrages die Behörde eine fachärztliche neurologische Stellungnahme von Dr. x eingeholt habe. Diese habe ergeben, dass der Berufungswerber beim Mini-Mental-Test 27 von 30 Punkten erreicht habe. Definitionsgemäß werde erst ab einer Punktezahl von 24 von einem dementiellen Syndrom gesprochen.

 

Dr. x habe darin eine befürwortende Stellungnahme zum Lenken eines KFZ der Gruppe 1 abgegeben, allerdings mit der Einschränkung, dass durch ein verkehrspsychologisches Gutachten eine ausreichende Reaktionsgeschwindigkeit dokumentiert werden könne. Eine derartige Untersuchung sei in weiterer Folge nicht mehr durchgeführt worden, obwohl diese angezeigt gewesen wäre. Der Amtsarzt vermeine in diesem Zusammenhang auf eine länger zurückliegende verkehrspsychologische Stellungnahme vom 28.7.2011 zurückgreifen zu können, welche damals für den Berufungswerber nicht günstig verlaufen sei. Dies habe aber seine Ursachen nicht in eingeschränkten geistigen bzw persönlichen Möglichkeiten des Berufungswerbers, sondern darin, dass der Berufungswerber im Umgang mit Computertests völlig überfordert gewesen sei. Dies sei bei einem damals 71-jährigen Menschen ohne Computererfahrung nicht verwunderlich und habe zu keiner realistischen Erfassung der Fähigkeiten geführt. Dazu komme, dass zwar einige Bewertungen als unterdurchschnittlich angeführt werden, daraus alleine sei aber noch keine unzureichende Fähigkeiten abzuleiten, zumal naturgemäß fast 50% der Testergebnisse unterdurchschnittlich gewesen seien, was in der Natur eines Durchschnittswertes liege. Bezüglich der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit zeige sich dennoch ein durchschnittlich schnelles Arbeitstempo und die visuelle Gedächtnisleistung liege im Normalbereich. Die von Dr. x angesprochene Reaktionsgeschwindigkeit sei also schon damals nicht so schlecht gewesen.

Davon unabhängig hätte diese verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21.7.2011 der nun vorliegenden Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Vielmehr hätte die Behörde eine neuerliche verkehrspsychologische Stellungnahme einholen und dabei der Unerfahrenheit des Antragstellers im Umgang mit Computerprogrammen Rechung tragen müssen. Eine solche sei offensichtlich aufgrund eines handschriftlichen Vermerkes des Amtsarztes vom 8.8.2012, wonach keine Besserung der Befundlage zu erwarten sei, unterblieben. Dies sei der verkehrspsychologischen Stellungnahme nicht zu entnehmen, sondern stelle offenbar die Einschätzung des Amtsarztes dar. Schon vom Wortlaut her "nicht zu erwarten" zeige sich, dass die Möglichkeit einer Besserung zwar nicht erwartet wurde, wohl aber auch nicht ausgeschlossen werden dürfe. Eine fachärztliche Stellungnahme hiezu liege überhaupt nicht vor.

 

Insgesamt gesehen erweise sich das vor Bescheiderlassung abgeführte Verfahren als mangelhaft und unzureichend, sodass eine abschließende Stellungnahme zur Eignung des Berufungswerbers derzeit nicht möglich sei. Dazu sei eine neuerliche verkehrspsychologische Stellungnahme und eine abschließende fachärztliche Stellungnahme erforderlich.     

 

3. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich, UVS zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt  sich daher die Zuständigkeit des UVS, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Z 1 AVG).

4. Der UVS hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben (§ 67d Abs 1 AVG).

4.1. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die BPD Wels hat dem Berufungswerber die Lenkberechtigung mit Bescheid vom 25.5.2010 wegen fehlender gesundheitlicher Eignung entzogen. Er hat am 25.6.2012 bei der BH Gmunden einen Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Klasse B gestellt. Im Zuge dessen wurde der Berufungswerber amtsärztlich untersucht. In diesem Zusammenhang wurde Herr x am 5.7.2012 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. x untersucht. Dabei wurde eine Mild cognitive impairment diagnostiziert und eine befürwortende Stellungnahme zum Lenken eines KFZ der Gruppe 1 unter der Prämisse einer durch eine verkehrspsychologische Untersuchung festzustellende ausreichende Reaktionsgeschwindigkeit abgegeben.   

In seinem abschließenden Gutachten gem § 8 FSG vom 7.8.2012 stellte der Amtsarzt der BH Gmunden fest, dass aus fachärztlicher Sicht keine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vorliege, weshalb eine Wiedererlangung der Lenkberechtigung nicht in Betracht komme. Als Begründung wurde das durch Dr. x diagnostizierte dementielle Syndrom sowie die am 21.7.2011 durchgeführte verkehrspsychologische Stellungnahme herangezogen. Letztere stellte beim Berufungswerber bezüglich der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktion Defizite in der Beobachtungsfähigkeit und der Überblicksgewinnung, in der relativen Belastbarkeit, im formal-logischen Denken und Schwächen bzw Beeinträchtigungen in der Reaktionszeit, dem Konzentrationsvermögen und in der Sensomotorik fest. Gesamt betrachtet würden die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen somit nicht zum Lenken von Kfz der Klasse B entsprechen. Mit einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit sei nicht mehr zu rechnen.

 

Gegen den daraufhin von der BH Gmunden am 2.10.2012 unter Berufung auf dieses Gutachten erlassenen negativen Bescheid richtet sich die nunmehr an den UVS herangetragene Berufung.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.  Gem § 3 Abs 1 Z 3 darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

§ 8 Abs 1 FSG lautet: "Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen."

 

§ 8 Abs 2 lautet: "Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen."

 

Gem § 2 Abs 4 FSG-GV darf bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens keine fachärztliche oder verkehrspsychologische Stellungnahme miteinbezogen werden, die älter als sechs Monate ist. Aktenkundige Vorbefunde sind jedoch heranzuziehen, um einen etwaigen Krankheitsverlauf beurteilen zu können. Zu diesem Zweck hat die Behörde dem Sachverständigen bei Nachuntersuchungen in diese Vorbefunde Einsicht zu gewähren.

 

5.2.

Gem § 2 Abs 4 FSG-GV darf eine in einem amtsärztlichen Gutachten einbezogene verkehrspsychologische Stellungnahme nicht älter als sechs Monate sein. Bei der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens durch Dr. x am 7.8.2012 zog dieser die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21.7.2011 heran, welche damit zum diesem Zeitpunkt bereits  über ein  Jahr  alt war. Sie durfte daher nur als Vorbefund zur Beurteilung des Krankheitsverlaufes herangezogen werden.  

 

Aus diesem Grund hat der UVS mit Scheiben am 24.1.2013 dem Berufungswerber die Möglichkeit eingeräumt, binnen einem Monat eine aktuelle verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen. Dem wurde jedoch trotz Fristerstreckung nicht entsprochen. Aufgrund dieser Nichtvorlage kann die von Dr. x geforderte ausreichende Reaktionsgeschwindigkeit nicht festgestellt werden, welche jedoch zu einer positiven Entscheidung hinsichtlich der Wiedererteilung der Lenkberechtigung für KFZ der Gruppe 1 erforderlich ist (§ 8 Abs 2 FSG). Deshalb ist – mangels  Mitwirkung des Berufungswerbers– von einer mangelnden Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auszugehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.    

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

Mag. Gottfried ZÖBL

 

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