Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523453/2/Sch/Bb/CG

Linz, 20.06.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des x, geb. x, x, x, vertreten durch Sachwalterin DSA x, x, x, x, vom 22. April 2013, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 4. April 2013, GZ VerkR21-2827-2012, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Führerscheinklassen A und B mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 und 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1997 – FSG iVm §§ 13 Abs.1 und 14 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung 1997 - FSG-GV.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Bescheid vom 4. April 2013, GZ VerkR21-2827-2012, x (dem nunmehrigen Berufungswerber) die ihm von der Bundespolizeidirektion Wels am 11. November 2009 unter GZ 09/390137 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung (§ 3 Abs.1 Z3 FSG) gemäß §§ 24 Abs.1 Z1 iVm 25 Abs.1 und 2 FSG für die Dauer der Nichteignung, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen und ihn gemäß § 29 Abs.3 FSG aufgefordert, nach Eintritt der Rechtskraft unverzüglich seinen Führerschein bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden abzuliefern.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Berufungswerber im Wege seiner Sachwalterin nachweislich am 9. April 2013 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 22. April 2013 – erhobene Berufung, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, in eventu ein weiteres fachärztliches Gutachten einzuholen.

 

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass er die vorgeschriebenen jährlichen Untersuchungen verlässlich durchgeführt und bloß auf Grund seiner Übersiedlung die Kontrolluntersuchung im November 2012 übersehen habe. Er führt des Weiteren an, dass der Amtsarzt mitgeteilt habe, dass die Medikamente, die er einnehme überhaupt keinen Einfluss auf seine Fahrtüchtigkeit hätten. Seit 1994 sei er unfallfrei unterwegs; alleine daraus ließe sich ableiten, dass er durchaus die gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Fahrzeuges besitze. Er wohne abgelegen, weshalb er sein Auto benötige um einzukaufen und zu einem Arzt zu gelangen, um die notwendigen Medikamente zu besorgen. Der Entzug des Führerscheines würde für ihn eine Belastung und massive Einschränkung bedeuten.

 

Seit 30. Mai 2011 sei er in laufender fachärztlicher Kontrolle und halte diese auch compliant ein. Die Fachärztin Frau Dr. x befürworte daher entgegen der Ansicht des Amtsarztes die Abgabe des Führerscheines mit der Auflage regelmäßiger fachärztlicher Kontrollen.  

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 25. April 2013, GZ VerkR21-2827-2012, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten erstinstanzlichen Verfahrensakt.

 

Die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG mangels gesonderten Antrages des Berufungswerbers und der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem - rechtlich relevanten - Sachverhalt aus:

 

Der Aktenlage folgend unterzog sich der Berufungswerber im Jänner 2013 einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung. Die begutachtende Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. x, x, kam in ihrer Stellungnahme vom 31. Jänner 2013 zur Diagnose einer paranoiden Schizophrenie, Polytoxikomanie, eines Zustandes nach Äthylabhängigkeit,  Osteoporose, Zustand nach multiplen Frakturen sowie einer chronischen Hepatitis C, Gen. Typ LB. Bezüglich Medikation sei beim Berufungswerber nur eine eingeschränkte Therapie möglich, da er wegen früherer negativer Erfahrungen jegliche Art von Neuroleptika ablehne. Als Kompromiss sei Citalopram 20 mg und Temesta 2,5 mg 1/Tag festgelegt worden, nach Bedarf nehme er auch Seractil zu sich. Im Hinblick auf Alkohol scheine er abstinent zu sein, jedoch sei er häufig depressiv, ängstlich mit paranoiden Zügen und verstärkter Rückzugstendenz. Ein Abhängigkeitssyndrom bestehe speziell bezüglich der Tranquilizer. Aus fachärztlicher Sicht erscheine eine befristete Erteilung der Lenkberechtigung möglich, neurologisch-psychiatrische Kontrollen seien jedoch zwingend notwendig.  

 

Das vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Dr. x, nachfolgend erstattete Gutachten nach § 8 FSG vom 26. Februar 2013, beurteilt den Berufungswerber als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führscheingruppe 1, Klassen A und B, „nicht geeignet“. Das Gutachten verweist in seiner Begründung auf die bestehende paranoide Schizophrenie, Polytoxikomanie, Zustand nach zweimaliger Alkoholentwöhnung und den aktuellen Benzodiazepinabusus des Berufungswerbers. Infolge mangelnder Compliance (minimaler Konsens bzw. Medikation) sei beim Berufungswerber mit einer Verschlechterung bzw. dem Auftreten von akut psychotischen Episoden zu rechnen. Zur Wiedererlangung der Kraftfahreignung erscheine vorrangig ein Nachweis der Benzodiazepinfreiheit und eine engmaschige psychiatrisch-fachärztliche Betreuung und Behandlung erforderlich. Zum Ausschluss möglicher kognitiver Leistungsdefizite sei weiters auf Grund des jahrelangen polytoxikomanischen Konsumverhaltens eine verkehrspsychologische Testung notwendig.

 

Gestützt auf das amtsärztliche Gutachten erließ die erstinstanzliche Führerscheinbehörde den nunmehr angefochtenen Bescheid.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

  1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 achter Satz oder
  2. um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde gemäß § 8 Abs.1 FSG ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet” auszusprechen.

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z4 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten „nicht geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten.

 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs.1 Z1 Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

5.2. Der Berufungswerber leidet an paranoider Schizophrenie, Polytoxikomanie, einem Zustand nach zweimaliger Alkoholentwöhnung sowie an aktuellem Benzodazepinabusus. Er ist zwar in fachärztlicher psychiatrischer Betreuung, jedoch können entsprechend der zu Grunde liegenden fachärztlichen Stellungnahme die bei ihm bestehenden Erkrankungen nur eingeschränkt medikamentös therapiert werden, da er die Einnahme jeglicher Art von Neuroleptika ablehnt. Die amtsärztliche Einschätzung, dass in Folge mangelnder Compliance mit einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bzw. dem Auftreten von akut psychotischen Episoden zu rechnen ist, ist daher durchaus begründet, zumal gerade beim Lenken von Kraftfahrzeugen auftretende psychische Störungen Auswirkungen auf die Fahreignung haben könnten und damit eine Fremd- bzw. Eigengefährdung nicht auszuschließen ist.  

 

Die im amtsärztlichen Gutachten enthaltenen Ausführungen sind für den Unabhängigen Verwaltungssenat schlüssig und nachvollziehbar. Der Berufungswerber hat gegen den Inhalt des ihm bekannten Amtsarztgutachten zwar in seiner Berufung Einwände erhoben, letztlich aber diesem nicht auf gleicher fachlicher Ebene widersprochen. Das Gutachten ist deshalb als beweiskräftig anzusehen und der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

Die Inbetriebnahme und das Lenken von Kraftfahrzeugen erfordert ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung, das der Berufungswerber nach den schlüssigen amtsärztlichen Feststellungen jedoch derzeit nicht besitzt.

 

Mangels derzeitiger gesundheitlicher Eignung des Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, welche gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG einer der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung darstellt, musste ihm daher die Lenkberechtigung für diese Führerscheingruppe gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG zwingend entzogen und im Hinblick darauf seiner Berufung ein Erfolg versagt werden.

 

Die Einholung eines weiteren fachärztlichen Gutachtens – wie beantragt - erscheint auf Grund der aktuell vorliegenden Befund- bzw. Gutachtenslage gegenwärtig (noch) wenig sinnvoll, hingegen wird dem Berufungswerber angeraten, zur Wiedererlangung der Lenkberechtigung den amtsärztlichen Empfehlungen einer Benzodiazepinfreiheit sowie einer weiteren psychiatrischen  Behandlung Folge zu leisten.

 

Die Ablieferungspflicht des Führerscheines ist in § 29 Abs.3 FSG begründet.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe 14,30 Euro  angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

 

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