Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151025/4/Re/SZ

Linz, 28.06.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, x, vom 03. April 2013 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. März 2013, GZ 0019685/2012,  wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 44 a, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG i.V.m. §§ 66 Abs. 4 allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister des Landeshauptstadt Linz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x (x) am 05. März 2012 um 09:50 Uhr die Ax, Mautabschnitt x – x, km 164,057, Richtungsfahrbahn: Staatsgrenze x (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt hat, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen) mit einspurigen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer zeitabhängigen Maut. Es sei dadurch § 20 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 verletzt worden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, es seien bereits die Unterlagen der Vignette per E-Mail an die Behörde gesandt worden. Von den Sachbearbeiterinnen sei Ihnen gesagt worden, dass die Quittung an eine andere Stelle einzusenden sei. Dies sei dann auch getan worden und auf beiliegende Unterlagen werde hingewiesen. In Bezug auf Zustelladresse sei zu sagen, dass sein erster Wohnsitz in x, x x, x u. 20 ist und der zweite Wohnsitz befinde sich in x, x und sei die Post in Zukunft an die Adresse in Ungarn zu senden. Auf der Fotokopie der Plakette sei eine alte Plakette zu sehen und wäre die Fensterscheibe nochmals zu überprüfen, da alte Plaketten nicht entfernt worden seien und die neue Plakette aufgeklebt worden sei. Als Beweismittel wird auf Fotokopien verwiesen. Als weiterer Beweis wird eine Quittung aus x betreffend die erworbene Vignette verwiesen. Der Kauf der Vignette und die Anbringung am Fenster könne vom Berufungswerber und von der Reisegefährtin, Frau Dr. x beeidet werden. Im beiliegenden Schreiben werde bezeugt, dass sie die Vignette gekauft und an die Schreibe angebracht habe; auf eine beiliegende Erklärung von Frau Dr. x wird verwiesen.

Erbeten wird die rasche Erledigung des Missverständnisses.

 

3. Das Magistrat Linz hat diese Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG Abstand genommen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden. Zudem wurde vom Berufungswerber die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht beantragt.

 

4. Erwägungen der Berufungsbehörde:

Die Einsichtnahme in den Verfahrensstrafakt der belangten Behörde ergibt, dass das Verfahren mit einer Anzeige der ASFINAG vom 08. Mai 2012 in Bezug auf den Tattag 05. März 2012, 09:50 Uhr, Ax – xautobahn km 164,057 eingeleitet wurde. Sie erhält den Tatvorwurf, dass mit dem Kraftfahrzeug zur angegebenen Tatzeit am angegebenen Tatort die Ax benützt wurde, ohne dabei die zeitabhängige Maut ordnungsgerecht entrichtet zu haben. Am Fahrzeug sei eine Mautvignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale der Vignette aufgewiesen habe (Schriftzug „ungültig“ bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette). Die Verwaltungsübertretung sei von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt worden und im System unter der Deliktsnummer 770012012030508500285 registriert.

Die durchgeführte Lenkerauskunft ergab den nunmehrigen Berufungswerber als Lenker zur Tatzeit. Dieser gibt gleichzeitig bekannt, dass er am 05. März 2012 vorschriftsmäßig eine Vignette gekauft habe um zwar in x. Die diesbezügliche Rechnung hat er in Kopie vorgelegt. Auf dieser Rechnung ist der Kauf einer 10-Tages Vignette um 8 Euro vom 05. März 2012, 07:06 Uhr bei der Shell Anlage in x, x, dargelegt.

Mit Strafverfügung vom 04. Juni 2012 wurde daraufhin gegenüber dem Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro verhängt, weil er zur Tatzeit den Tatort als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Im daraufhin eingebrachten Einspruch wird mitgeteilt, dass er die Plakette ordnungsgemäß am Fahrzeug angebracht habe, dies auch nach Erhalt des Schreibens überprüft habe und die Quittung über den Kauf der Plakette bereits beigelegt habe.

In der zum Einspruch eingeholten Äußerung der ASFINAG wird von der anzeigenden Geschäftsstelle festgestellt, dass die Angaben als unzutreffend zurückgewiesen würden. Es handle sich einwandfrei um eine ungültige Vignette. Der Tatbestand der Mautprellerei sei somit erfüllt. Der Erwerb oder der Besitz einer Vignette erfülle nicht die gesetzlichen Bestimmungen zur konkreten Errichtung der Maut. Im gegenständlichen Fall habe der Lenker des Fahrzeuges das mautpflichtige Straßennetz mit einer Jahresvignette an denen die Sicherheitsmerkmale ausgelöst gewesen seien, benützt. Es sei offensichtlich, dass die Vignette mindestens einmal vom ursprünglichen Anbringungsort entfernt und umgeklebt worden sei und sei die Vignette daher ungültig. In diesem ungültigen Zustand sei sie geklebt worden.

In der Folge erging das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis vom 13. März 2013 und wurde dahin dem Berufungswerber inhaltlich der gleichlautende Tatvorwurf wie in der oben zitierten Strafverfügung vom 04. Juni 2012 vorgeworfen.

Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG („Mautprellerei“) begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderen die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vergl. Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr.11466/A, sowie VwGH 13.9.1999, 98/09/0084).

Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, Seite 1522).

 

Insbesondere unter diesem zuletzt genannten Aspekt in Bezug auf die erforderliche Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zur Individualisierung und Konkretisierung des Tatvorwurfes ist festzustellen, dass der Berufungswerber im gegenständlichen Fall innerhalb der Verjährungsfrist lediglich das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x am Tattag zur Tatzeit am Tatort vorgeworfen wird. Den direkten Schuldvorwurf ist jedoch nicht zu entnehmen, ob es sich bei dem Kraftfahrzeug, dessen Lenken vom Berufungswerber unstrittig ist, um ein solches Kraftfahrzeug handelt, welches ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt; dem direkten Vorwurf ist auch nicht zu entnehmen, ob es sich dabei um ein einspuriges oder ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt. Hingegen ist der Begriff „höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen“ lediglich in der im Übrigen zitierten Gesetzesstelle zu lesen, die jedoch, der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend, in Bezug auf wesentliche Tatbestands-merkmale als Tatvorwurf nicht ausreicht. Schließlich fehlt jegliches Feststellen von Umständen, die das Tatbild der Mautprellerei verwirklichen (im konkreten Fall das Verwenden einer beschädigten Vignette.)

 

Da das Straferkenntnis bereits nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist, war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde nicht möglich, den Tatvorwurf dahingehend zu konkretisieren bzw. zu vervollständigen.

 

Ergänzend ist, wenn auch - für sich alleine - nicht entscheidungsrelevant, festzuhalten, dass es zumindest klärungsbedürftig verblieb, um welche Vignette es sich im Rahmen der zur Last gelegten Tat handelte. Wird nämlich vom Berufungswerber von einer 10-Tages Vignette gesprochen, welche am Tattag, durch Vorlage der Rechnung vom 05. März 2012, 07:06 Uhr, im Zeitraum von 2,5 bis 3 Stunden vor der Tat in x gekauft wurde, die grundsätzlich auch auf den von der ASFINAG vorgelegten Lichtbildern als solche zu erkennen ist, wird in der Stellungnahme der anzeigelegenden ASFINAG vom 04. Juni 2012 zum Vorbringen des Berufungswerbers in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung von einer Jahresvignette, an denen Sicherheitsmale ausgelöst waren, gesprochen.

Diese sich aus dem Verfahrensakt zweifelsfrei ergebende Tatsache, dass auf den Lichtbildern eine 10-Tages Vignette sichtbar ist ergibt aufgrund der besonderen Umstände in diesem Einzelfall auch eine verschuldensentlastende Auswirkung auf den Berufungswerber. Er hat nämlich die auf den Lichtbildern sichtbare 10-Tages Vignette zwischen 2,5 und 3 Stunden vor der zur Last gelegten Tat (Tatort: x – x 09:50 Uhr) nachgewiesen in x um 07.06 Uhr, somit im  Burgenland gekauft und ist es durchwegs glaubwürdig, dass er die Strecke zwischen Kaufort der Vignette und Tatort, welche über 220 km beträgt, in der dazwischen liegenden Zeit von 2,5 bis 3 Stunden zurückgelegt hat. Dass daher die Vignette bereits auf einem anderen Fahrzeug zur Begleichung der Maut aufgeklebt war, dies mit dem Vorhaben, diese Vignette im Fahrzeug des Berufungswerbers neuerlich aufzukleben, ist daher im gegenständlichen Falle aufgrund der getroffenen Feststellungen dem Berufungswerber im Zweifel nicht schuldbegründend zur Last zu legen.

 

Der Berufung war daher zusammenfassend aus all diesen Gründen und somit  insgesamt aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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