Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231340/2/WEI/Ba

Linz, 20.06.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des M M, geb. X, B, A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16. Mai 2013, Zl. Sich96-105-2013, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes 1991 (BGBl Nr.9/1992, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 45/2006) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

 

II.      Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben Ihren Hauptwohnsitz in E, L, im Monat Februar 2012 aufgegeben und es zumindest bis zum 14.01.2013 unterlassen, sich beim Meldeamt der(s) Gemeinde E abzumelden, obwohl wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, sich innerhalb 3 Tagen davor oder danach abzumelden hat.

 

Tatort: Gemeinde E, Gemeindestraße F, E, L, E, L, Bez. Urfahr Umgebung.

Tatzeit: 14.01.2013, 14:00 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 22 Abs.1 Zif. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Meldegesetz 1991“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde eine Geldstrafe in der Höhe von 50,00 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw durch Ersatzzustellung am 24. Mai 2013 zugestellt wurde, richtet sich die am 27. Mai 2013 rechtzeitig per E-Mail eingebrachte, als Einspruch fehlbezeichnete Berufung, mit der sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. Sie lautet inhaltlich :

 

1)      Bei der Ummeldung ist der „alte“ Hauptwohnsitz anzugeben und die neue Gemeinde nimmt die Abmeldung dafür vor.

Daher war ich der Meinung keine weiteren Maßnahmen dafür treffen zu müssen.

 

2)      Ich habe bereits Euro 50,00 zu dieser Angelegenheit bezahlt zu Zeichen: 96-1-2013 und habe diese Angelegenheit daher als erledigt betrachtet.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und S a c h – v e r h a l t:

 

2.1. Mit Anzeige der Polizeiinspektion (PI) G vom 18. Jänner 2013, Zl. A1/0000000481/01/2013 (GENDIS-Anzeige), wurde dem Bw vorgeworfen, dass er seit mindestens Februar 2012 nicht mehr in E, L wohnhaft wäre und es zumindest bis zum 14.01.2013 unterlassen hätte, sich beim Meldeamt der Gemeinde E polizeilich abzumelden. Er hätte bei seiner Freundin W E in A, B, angetroffen werden können und angegeben, dass seine neue Wohnadresse in L, F sei. Polizeilich gemeldet sei er jedoch nicht.

 

Die Meldeanfrage der belangten Behörde im ZMR vom 29. Jänner 2013 ergab als aufrechten Hauptwohnsitz des Bw L, E. Die Strafverfügung der belangten Behörde vom 29. Jänner 2013 konnte dem Bw nach Postfehlbericht: „Verzogen“ nachträglich unter der Adresse B in A zugestellt werden.

Eine weitere Meldeanfrage vom 6. Februar 2013 hatte beim Bw die Meldung eines Hauptwohnsitzes in A bei L, B, seit 30. Jänner 2013 ergeben.

 

Der Bw erhob mit E-Mail vom 27. Februar 2013 rechtzeitig Einspruch und wies auf die bereits erfolgte Ummeldung des Wohnsitzes und darauf hin, dass er zu Sich96-1-2013 bereits 50 Euro am 4. Februar 2013 zur Zahlung gebracht hätte.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. April 2013 lastete die belangte Behörde abermals die Verwaltungsübertretung wie in der Strafverfügung an. Der Bw reagierte darauf nicht mehr und es erging dann das angefochtene Straferkenntnis vom 16. Mai 2013.

 

Im Straferkenntnis führt die belangte Behörde zu den Angaben des Bw begründend aus, dass er sich erst seit 30. Jänner 2013 umgemeldet habe. Dies ändere nichts an der unterlassenen Abmeldung bis 14. Jänner 2013. Zu Sich96-1-2013 sei gegen den Bf mit Strafverfügung vom 2. Jänner 2013 eine Strafe von 50 Euro wegen der unterlassenen Abmeldung des Hauptwohnsitzes in E bis zum 4. Dezember 2012 verhängt worden. Diese Strafverfügung sei dem Bw am 14. Jänner 2013 zugestellt worden. Da er sich erst am 30. Jänner 2013 abmeldete, liege im gegenständlichen Verfahren eine neuerliche Übertretung vor, die gesondert zu bestrafen gewesen wäre.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß der Blankettstrafnorm des § 22 Abs 1 Z 1 Meldegesetz 1991 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, zu bestrafen

 

wer die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3,4, 5 oder 6 nicht erfüllt.

 

Gemäß § 2 Abs 1 Meldegesetz 1991 ist grundsätzlich zu melden, wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt.

 

Nach § 3 Abs 1 Meldegesetz 1991 ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt.

 

Nach § 4 Abs 1 Meldegesetz 1991 ist innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden, wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt.

 

Gemäß § 7 Abs 1 Meldegesetz 1991 trifft die Meldepflicht grundsätzlich den Unterkunftnehmer.

 

4.2. Aus den Begriffsbestimmungen des § 1 Meldegesetz 1991 ergibt sich:

 

Nach § 1 Abs 1 Meldegesetz 1991 sind Unterkünfte Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

 

Gemäß § 1 Abs 6 Meldegesetz 1991 ist ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

 

Nach § 1 Abs 7 Meldegesetz 1991 ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

 

Nach § 1 Abs 8 Meldegesetz 1991 sind für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen folgende Kriterien maßgeblich:

 

Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung der Unterlassung der gebotenen polizeilichen Meldung um ein Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdelikts (vgl VwSlg 12.445 A/1987; VwGH 27.4.2004, Zl. 2003/05/0204), bei dem Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch anzugeben sind (vgl VwGH 29.09.2000, Zl. 98/02/0449 = VwSlg 15.503 A/2000). Die Tat wird so lange begangen als der verpönte Zustand andauert. Bei einem Dauerdelikt ist daher die Festlegung der Tatzeit mit jenem Zeitpunkt, zu dem die Tat entdeckt wurde, nicht rechtswidrig (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1530, E 21b zu § 44a VStG).

 

Allerdings ist bei einem Dauerdelikt die Judikatur zur sog. Erfassungs- oder Abgeltungswirkung zu beachten. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs wird die Begehung der Tat ungeachtet der Angabe im Spruch bis zur Erlassung des erstbehördlichen Straferkenntnisses erfasst und darf bis zu diesem Zeitpunkt nicht neuerlich vorgeworfen werden (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch6, E 19 bis E 20 zu § 44a VStG; weiter VwGH 25.04.1997, Zl. 95/02/0537; VwGH 06.11.1995, Zl. 95/04/0006). Die Strafbehörde verstößt sonst gegen das Gebot der mehrfachen Bestrafung.

 

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde in der Begründung selbst dargelegt, dass die - offenbar rechtskräftig gewordene und vom Bw bezahlte - Strafverfügung vom 2. Jänner 2013, Sich96-1-2013, betreffend die unterlassene Abmeldung des Hauptwohnsitzes in E, L, am 14. Jänner 2013 zugestellt worden war. Bis zu diesem Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung war nach der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs das gegenständliche Dauerdelikt der unterlassenen Abmeldung bereits abgegolten. Die im gegenständlichen Straferkenntnis vorgenommene Anlastung „bis zum 14.01.2013“ entsprechend der vorliegenden Anzeige war demnach unzulässig und verstieß gegen das Gebot der mehrfachen Bestrafung.

 

 

5. Im Ergebnis war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren wegen eines Verfolgungshindernisses gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen, zumal die dem Bw vorgeworfene Tat durch die Erfassungswirkung bereits abgegolten war und kein zweites Mal  angelastet werden durfte.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

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