Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-253237/22/Kü/TO/Ba

Linz, 19.06.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn S S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T P, S, L, vom 30. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 17. Juli 2012, GZ: Ge-425/11, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Jänner 2013, zu Recht erkannt:

 

 

I.              Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.            Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 17. Juli 2012, GZ: Ge-425/11, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma S I GmbH., in S, S, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass der türkische Staatsbürger I Ö, geb. am X, zumindest in der Zeit vom 30.3.2011 bis zum 31.3.2011 um 12.10 durch oa. Firma auf der Baustelle in S, S, mit dem Betonieren von Kellerwänden beschäftigt wurde, ohne dass dieser Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung besaß oder diesem eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt worden wäre, noch war für diesen Ausländer eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar."

 

Begründend wird hervorgebracht, dass sich das Strafverfahren auf eine  Anzeige des Finanzamtes Steyr anlässlich einer Kontrolle stütze.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung, in welcher die Aufhebung des  Straferkenntnisses beantragt wird und zusammenfassend unter Verweis auf die bisherige Stellungnahme vorgebracht wird, dass Herr I Ö nicht auf der Baustelle beschäftigt gewesen wäre, sondern seinem Sohn lediglich Essen auf die Baustelle gebracht habe. Zudem weist der Bw auf einen Disput mit Herrn J B bezüglich falscher Stundenaufzeichnungen hin. Aus diesem Grunde wären auch die Angaben von Herrn B in der Niederschrift als unzuverlässige Stellungnahmen zu werten.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 31. Juli 2012 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Jänner 2013, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter und Vertreter des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr als Parteien teilgenommen haben sowie J B, C und I Ö und das Kontrollorgan M M als Zeugen einvernommen wurden.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der S I GmbH mit dem Sitz in S. Geschäftszweig der Firma sind Immobilieninvestments. Die S I GmbH hat mit März 2011 damit begonnen an der Adresse S in S ein neues Bürogebäude zu errichten. Die Bauleitung hat der Bw bis zur Anstellung eines Poliers selbst übernommen, mit den sonstigen Arbeiten wurden konzessionierte Unternehmen beauftragt. Konkret haben die Bauarbeiten auf der gegenständlichen Baustelle am 30. März 2011 mit Keller-Schalungsarbeiten der Firma S GmbH begonnen. Herr J B war vor Ort als Polier für diese Firma tätig.

 

Am selben Tag sind die türkischen Staatsangehörigen I und C Ö (Vater und Sohn) gemeinsam auf der Baustelle der S I GmbH aufgetaucht, da C Ö Arbeit gesucht hat. C Ö hat den anwesenden Bw angesprochen, ob er auf der Baustelle arbeiten könne. Die Beiden vereinbarten sodann, dass C Ö am 31.3.2011 beim Betonieren helfen und zu arbeiten beginnen solle. C Ö hat sich zudem auf der Baustelle umgesehen und kurz bei der Verlegung eines Kabels mitgeholfen. I Ö beabsichtigte allenfalls nicht mehr benötigtes Bauholz auf der Baustelle einzusammeln und zu sich nach Hause zu bringen. Bei dieser Tätigkeit hat er dem anwesenden Polier ab und zu ein Holz gereicht, welches dieser für die Aussparungen der Kellerschalung benötigte.

 

Am 31.3.2011 mittags führten Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr auf Grund einer Anzeige der Gebietskrankenkasse eine Baustellenkontrolle durch. Zu dieser Zeit waren wieder C und I Ö auf der Baustelle anwesend. C Ö hat an diesem Tag, wie am Vortag vereinbart, mitgearbeitet und dafür Entgelt erhalten. I Ö ist zur Mittagszeit auf die Baustelle gekommen um seinem Sohn, der strenggläubiger Muslim ist, die Jause vorbeizubringen. Herr I Ö hat seinem Sohn bei diesem Baustellenbesuch kurz die Handhabung des Rüttlers gezeigt, da er aufgrund seiner Arbeitserfahrung auf Baustellen wusste, wie man damit umgeht. Gearbeitet hat Herr I Ö an diesem Tag nicht.

 

Der Bw hat seine Sekretärin bereits am 30.3.2011 damit beauftragt Herrn C Ö beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Durch einen Übertragungsfehler ist dies aber erst am 31.3.2011 um die Mittagszeit erfolgt.

 

4.2. Diese Sachverhaltsdarstellungen gründen sich auf den Aussagen des Bw sowie der einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung, soweit übereinstimmende und nicht widersprechende Angaben gemacht wurden. Zeuge B führt aus, dass I Ö nur die Jause vorbeigebracht hat und nicht gearbeitet hat, zudem hat auch Zeuge M keine Arbeitsleistungen von I Ö bei der Kontrolle feststellen können. Insofern muss daher den Angaben des Bw Glauben geschenkt werden, der nur die Arbeitsleistung von C Ö aus Streit stellt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Die Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs. 1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen. Es ist Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden durchzuführen.

 

I Ö hat, wie in der mündlichen Verhandlung von mehreren Personen glaubwürdig bestätigt wurde, seinem Sohn C lediglich die Jause auf die Baustelle gebracht. Auch die bei der Kontrolle aufgenommenen Lichtbilder zeigen keine Arbeitsleistung von I Ö. Der Mitarbeiter des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, der an der Kontrolle beteiligt war und in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommen wurde, konnte sich nicht erinnern, dass Herr I Ö bei einer Arbeitstätigkeit angetroffen wurde. Es war C Ö, der beim Rüttler gestanden ist. Dies ist auch bildlich dokumentiert.

 

Angesprochen auf seine Kleidung, die er beim Besuch der Baustelle getragen hat und die leicht als Arbeitskleidung interpretiert werden kann, wird sowohl von I Ö, als auch von seinem Sohn und vom Bw glaubhaft versichert, dass dies seine Alltagskleidung ist. Die Lichtbilder, die während der Kontrolle von der Finanzpolizei gemacht wurden, zeigen einen älteren Mann, der ein kariertes Hemd und dunkle Hosen trägt. Auf den Kleidungsstücken war kein Baustellenschmutz ersichtlich und es deutet nichts darauf hin, dass mit dieser Kleidung auf der Baustelle des Bw gearbeitet wurde.

 

Herr C Ö gibt auch an, dass sein Vater auf diversen Baustellen immer vorbeischaut und nachfragt, ob er dort anfallendes Holz mitnehmen kann, das er dann zu Hause als Brennholz verwendet. Das Brennholzsammeln auf Baustellen wird auch von Herrn I Ö bestätigt. Seine Anwesenheit auf der Baustelle zur Sondierung ob hier wohl Brennholz für ihn abfallen könnte, kann nicht als Arbeitstätigkeit interpretiert werden.

 

Das erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates muss daher aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens festhalten, dass der Tatvorwurf des Straferkenntnisses nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlicher Sicherheit nachweisbar ist. Aufgrund der vorliegenden Beweismittel in Zusammenschau mit den Aussagen des Bw sowie der einvernommenen Zeugen war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die dem Bw angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist und er daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. In diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum