Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240952/2/Gf/Rt

Linz, 25.06.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 21. Mai 2013, Zl. SanRB-96-6-2013, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 21. Mai 2013, Zl. SanRB-96-6-2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geld­strafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe:3 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 7 Euro) verhängt, weil er am 5. Februar 2013 in Pfarrkirchen teilweise mit Schnee und Schmutzpartikel behaftete Teigwaren bzw. Umhüllungen zum Verkauf angeboten habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 4 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 39/2013 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) 852/2004 und i.V.m. Anh. II Kap. X Z. 2 der VO (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene i.d.g.F. der VO (EG) 219/2009 (im Folgenden: VO 852/2004), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten auf Grund entsprechender Feststellungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei eine einschlägige Vormerkung als erschwerend, der Umstand der umgehenden Entfernung der Lebensmittel hingegen als mildernd zu werten gewesen; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 1.500 Euro; kein Vermögen; Schulden in Höhe von 120.000 Euro; Sorgepflicht für ein Kind) seien entsprechend berücksichtigt worden. 

1.2. Gegen dieses ihm am 27. Mai 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Juni 2013 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Berufung. 

Darin wird zunächst eingewendet, dass er nicht ständig Lebensmittel in seinem Sortiment führe und ein Bauernmarkt, Kirtag, etc. nicht veranstaltet werden könnte, wenn der ihm angelastete Sachverhalt tatsächlich ein rechtswidriges Verhalten darstellen würde. Davon abgesehen seien die Kontrollorgane amtsmissbräuchlich und intrigant gegen ihn vorgegangen.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Rohrbach zu Zl. SanRB-96-6-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Nach § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG i.V.m. § 4 Abs. 1 LMSVG und i.V.m. § 4 Abs. 2  erster Satz VO 852/2004 sowie i.V.m. Anh. II Kap. X Z. 2 VO 852/2004 begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der als ein Lebensmittelunternehmer, der auf der Stufe des Vertriebes von Lebensmitteln tätig ist, Umhüllungen für Lebensmittel nicht so lagert, dass diese nicht kontaminiert werden können.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass das einschreitende Kontrollorgan wahrgenommen hat, dass vom Rechtsmittelwerber in transparente Cellophansäckchen verpackte Teigwaren (verschiedenartige Nudeln mit einem Gewicht zwischen 400 g und 500g) zum Verkauf angeboten wurden; diese Packungen befanden sich in einem an der Hausmauer fixierten Holzregal, das – ebenso wie die verpackten Teigwaren – leicht mit Schnee und Schmutz bedeckt war.

 

Nach Art. 2 Abs. 1 lit. j VO 852/2004 ist zwar unter einer Umhüllung sowohl das Platzieren eines Lebensmittels in eine Hülle oder in ein Behältnis, die das Lebensmittel unmittelbar umgibt, als auch diese Hülle oder dieses Behältnis selbst zu verstehen. Aus dem Gesamtzusammenhang des Kap. X der VO 852/2004 ergibt sich jedoch, dass dieser Abschnitt (Vorschriften für das Umhüllen und Verpacken von Lebensmitteln) dem Ziel dient, eine Kontamination der verpackten Waren hintanzuhalten: Deshalb darf das Material, das der Umhüllung und Verpackung dient, keine Kontaminationsquelle für Lebensmittel darstellen (Z. 1), müssen Umhüllungen so gelagert werden, dass sie nicht kontaminiert werden können (Z. 2), muss die Umhüllung und Verpackung der Erzeugnisse so erfolgen, dass Letztere nicht kontaminiert werden (Z. 3) und müssen schließlich Umhüllungen und Verpackungen, die für Lebensmittel wiederverwendet werden, leicht zu reinigen und erforderlichenfalls leicht zu desinfizieren sein (Z. 4).

 

Daraus folgt, dass eine Umhüllung nur so lange derart gelagert werden muss, dass sie nicht kontaminiert werden kann, als sie dem künftigen Verpacken von Lebensmitteln dient, also dieses mit ihrer Innenseite unmittelbar i.S.d. Art. 2 Abs. 1 lit. j VO 852/2004 umgibt.  Sobald aber ein Lebensmittel bereits mittels der Umhüllung verpackt wurde, gilt das Kontaminationsverbot des Kap. X Z. 2 VO 852/2004 – für die nunmehrige Außenseite der Umhüllung – nicht mehr, es sei denn, die Umhüllung wäre nicht geeignet, das verpackte Lebensmittel vor einer Kontamination zu schützen. Solange jedoch keine gegenteiligen Hinweise vorliegen, kann allerdings nach herkömmlicher Erfahrung davon ausgegangen werden, dass eine Cellophan-(Cellulosehydrat-, Zellglas-)Umhüllung eine Kontamination solcherart verpackter Nudelteigwaren wirksam verhindert.

 

Im Ergebnis hat daher der Beschwerdeführer insoweit, als er bereits in Cellophan verpackte und in einem offenen Holzregal platzierte – sodass diese Verpackungen mit Schnee und Schmutzpartikel in Kontakt geraten konnten – Teigwaren zum Verkauf angeboten hat, schon nicht tatbestandsmäßig i.S.d. mit dem angefochtenen Straferkenntnis erhobenen Tatvorwurfes (nämlich: Verletzung des § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG i.V.m § 4 Abs. 1 LMSVG i.V.m. Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 VO 852/2004 sowie i.V.m. Anh. II Kap. X Z. 2 VO 852/2004) gehandelt; denn das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er nur Umhüllungen, die erst zur späteren Verpackung von Lebensmitteln gedient hätten, in dieser Weise gelagert hätte.

 

3.3. Daher war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

Ob dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall hingegen eine andere Übertretung lebensmittelrechtlicher Vorschriften anzulasten ist, hatte der Oö. Verwaltungssenat – der im Rechtsmittelverfahren an die Sache des Berufungsverfahrens gebunden ist – hingegen nicht zu prüfen. 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.


 

Dr.  G r ó f

 

VwSen-240952/2/Gf/Rt vom 25. Juni 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

32004R0852 Lebensmittelhygiene Art2 Abs1 litj;

32004R0852 Lebensmittelhygiene Art4 Abs2;

32004R0852 Lebensmittelhygiene Anh2 Kap10 Z2;

LMSVG 2006 §4 Abs1;

LMSVG 2006 §90 Abs3 Z1

 

 

Eine Übertretung der Z 2 des Kap. X des Anh. II der VO (EG) 852/2004 liegt nicht vor, wenn ein Lebensmittelunternehmer iS dieser VO in Cellophan verpackte und in einem offenen Holzregal platzierte – sodass diese Verpackungen mit Schnee und Schmutzpartikel in Kontakt geraten konnten – Teigwaren zum Verkauf angeboten hat; denn dieser Tatbestand wäre nur dann erfüllt gewesen, wenn der Bf. bloße Umhüllungen, die erst zur späteren Verpackung von Lebensmitteln gedient hätten, in dieser Weise gelagert hätte. Aus dem Gesamtzusammenhang des Kap. X der VO 852/2004 ergibt sich jedoch, dass dieser Abschnitt (Vorschriften für das Umhüllen und Verpacken von Lebensmitteln) dem Ziel dient, eine Kontamination der verpackten Waren hintanzuhalten; daraus folgt, dass eine Umhüllung nur so lange derart gelagert werden muss, dass sie nicht kontaminiert werden kann, als sie dem künftigen Verpacken von Lebensmitteln dient, also dieses mit ihrer Innenseite unmittelbar iSd Art. 2 Abs. 1 lit. j VO 852/2004 umgibt. Sobald aber ein Lebensmittel bereits mittels der Umhüllung verpackt wurde, gilt das Kontaminationsverbot des Kap. X Z. 2 VO 852/2004 – für die nunmehrige Außenseite der Umhüllung – nicht mehr, es sei denn, die Umhüllung wäre nicht geeignet, das verpackte Lebensmittel vor einer Kontamination zu schützen.

 

 

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