Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560256/9/Wg/Hu

Linz, 27.06.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des x, geb. x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. März 2013, Gz. SO10-5245, betreffend bedarfsorientierte Mindestsicherung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Juni 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I. Verfahrensgegenstand und Ermittlungsverfahren:

 

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (im Folgenden: belangte Behörde) gewährte dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) in Spruchabschnitt 1. des Bescheides vom 25. März 2013, GZ So10-5245, aufgrund seines Antrages vom 18. Dezember 2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes ab 8. Jänner 2013 in Form von laufenden Geldleistungen in der Höhe des Mindeststandards für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben (§ 1 Abs.1 Z3 lit.a Oö. BMSV). In Spruchabschnitt 2. dieses Bescheides ordnete die belangte Behörde an, dass der Bw als eigene Mittel seinen Lohn bei der Pro mente einzusetzen habe (75 Euro monatlich).

 

2. Dagegen richtet sich die Berufung vom 9. April 2013. Der Bw beantragt darin, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und bringt vor, die Behörde übersehe, dass es sich bei der Zuwendung der Pro mente Oö nicht um Lohn- bzw. Arbeitsentgelt handle. Bei dem von der Behörde angesprochenen Betrag von 75 Euro monatlich handle es sich um eine freiwillige Zuwendung der Pro mente Oö im Sinne des § 9 Abs.1 Z1 Oö. BMSG, da die Pro mente Oö diese Zuwendung ohne rechtliche Verpflichtung erbringe.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat als zuständige Berufungsbehörde in der mündlichen Verhandlung am 27. Juni 2013 Beweis erhoben. In dieser mündlichen Verhandlung wurde der Bw als Partei einvernommen. Weiters wurden der gesamte Verfahrensakt der belangten Behörde und die vom UVS beigeschafften Unterlagen (Bescheid der BH Urfahr-Umgebung vom 17. Dezember 2012 betreffend Gewährung der Hauptleistung fähigkeitsorientierte Aktivität gemäß ChG und die Rahmenrichtlinie betreffend fähigkeitsorientierte Aktivität) einvernehmlich verlesen.

 

3.1. Der Bw erstattete in der mündlichen Verhandlung einleitend folgendes Vorbringen: „Zur Berufung vom 09. April 2013 ist ergänzend festzuhalten, dass die Behebung von Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 25. März 2013 beantragt wird, in dem die Anrechnung des von der Promente ausbezahlten Taschengeldes angeordnet wird. Im Übrigen wird auf die Berufung verwiesen.“

 

3.2. Der Bw erstattete folgendes Schlussvorbringen: „Auf meine einleitenden Ausführungen wird verwiesen. Es ist unzulässig, dass das von der Promente ausbezahlte Taschengeld auf die Mindestsicherung angerechnet wird. Dieses Taschengeld steht mir zusätzlich zur Mindestsicherung zu. In diesem Sinne wird beantragt, Spruchabschnitt 2. des Bescheides vom 25. März 2013 bezüglich der Anrechnung des „Lohnes“ von der Promente zu beheben. Ansonsten habe ich in der Sache nichts vorzubringen.

 

II. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Dezember 2012, Gz. SO20-3430-Ni, wurde dem Antrag des Bw vom 11. Dezember 2012 auf Gewährung der Hauptleistung fähigkeitsorientierte Aktivität nach § 11 Abs.2 Z3 Oö ChG stattgegeben. Ihm wurde unter Zugrundelegung des ermittelten Assistenzplanes vom 12. Dezember 2012 der Hilfebedarf für die Hauptleitung fähigkeitsorientierte Aktivität folgendermaßen gewährt: „Betreuungsschlüssel: 1:4, 11,00 Wochenstunden, ab 8. Jänner 2013 in der Tagesstruktur x.“ Die belangte Behörde stützte diese Entscheidung auf die einschlägigen Bestimmungen des Landesgesetzes betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö ChG).

 

2. Am 18. Dezember 2012 stellte der Bw bei der belangten Behörde einen Antrag auf Mindestsicherung iSd Oö. BMSG. Er war bis 7. Jänner 2013 im Rahmen der Hilfe zur Arbeit im Bezirksseniorenheim x beschäftigt und ist seit 8. Jänner 2013 entsprechend dem eben erwähnten Bescheid vom 17. Dezember 2012 im Rahmen der Arbeit und fähigkeitsorientierten Aktivität nach dem Oö Chancengleichheitsgesetz in der Tagesstruktur, Restaurant x, mit 11 Wochenstunden beschäftigt. Für diese Tätigkeit erhält er ein Taschengeld von 75 Euro monatlich (Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid).

 

3. In der Rahmenrichtlinie des Amtes der oö. Landesregierung, Abteilung Soziales, „Leistungskatalog und Qualitätsstandard“ wird unter Pkt 9.4. zur „Entgeltregelung“ der fähigkeitsorientierten Aktivität ausgeführt:

 

„Das Entgelt der fähigkeitsorientierten Aktivität hat keine existenzsichernde Funktion, sondern dient als Anerkennung der tatsächlich erbrachten Leistungen der Kundinnen und Kunden. Das Entgelt wird zwischen den Kunden/-Kundinnenvertreter/innen, den Trägern und der Abteilung Soziales festgelegt, wobei die Einnahmen nicht an die Höhe der Erlöse einer Einrichtung gekoppelt sind. Am Beginn der Tätigkeit wird den Kundinnen und Kunden mitgeteilt, wie hoch das Entgelt ist und woraus es sich zusammensetzt (z.B. Dauer der Trägerzugehörigkeit, regelmäßige Anwesenheit, Arbeitsverhalten).

 

Ziele:

-      Bestätigung geben für die erbrachte Leistung

-      Anreiz schaffen zur Beschäftigung

-      Steigern der Lebensqualität

 

Kriterien:

-      Es wird nur die Tätigkeit abgegolten

-    Es wird darauf geachtet, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidiärer Unterstützung anfällt

-    Der Auszahlungsmodus wird, wenn möglich, individuell vereinbart und ist den Kundinnen/Kunden bekannt“

 

4. Die belangte Behörde gewährte - nach Erlassung des nunmehr bekämpften Bescheid vom 25. März 2013 - mit Bescheid vom 16. April 2013 dem Bw aufgrund einer eingetretenen Änderung rückwirkend ab 8. Jänner 2013 den Mindeststandard für alleinstehende Personen (§ 1 Abs.1 Z1 Oö BMSV), hielt aber fest, dass Spruchabschnitt 2. des bekämpften Bescheides vom 25. März 2013, SO10-5245, aufrecht bleibt.

 

III. Zur Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zu Pkt.II. ergeben sich unstrittig aus den angeführten Beweismitteln und Dokumenten.

 

IV. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht dazu erwogen:

 

1. § 8 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) lautet unter der Überschrift „Einsatz der eigenen Mittel“ wie folgt:

 

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berücksichtigung

1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

(2) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Einkommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebensgefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebenspartnerin oder Lebenspartners insoweit als Einkommen der hilfebedürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.

(3) Das Einkommen in Haushaltsgemeinschaft mit hilfebedürftigen Personen lebender Kinder ist bis zur Erreichung der Volljährigkeit ausschließlich zur eigenen Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

(4) Ansprüche hilfebedürftiger Personen, die zur zumindest teilweisen Bedarfsdeckung nach diesem Landesgesetz geeignet sind, sind auf Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung diesem zur Rechtsverfolgung zu übertragen. Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat gemäß § 8 Abs.1 Z2 unter Berücksichtigung tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

2. § 9 Oö. BMSG lautet unter der Überschrift „Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens“:

 

(1) Beim Einsatz der eigenen Mittel dürfen folgende Einkünfte nicht berücksichtigt werden:

1. freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung mehr erforderlich wären - es sei denn, es handelt sich bei der Empfängerin oder dem Empfänger dieser Leistungen um eine Person im Sinn des § 4 Abs. 2;

2. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich) und die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannten Kinderabsetzbeträge;

3. Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt wurden.

 

(2) Durch Verordnung der Landesregierung ist festzulegen, dass beim Einsatz des eigenen Einkommens von Hilfebedürftigen, die nach längerer Erwerbslosigkeit oder bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen oder in vergleichbarer Weise zur Milderung der sozialen Notlage beitragen, ein angemessener Freibetrag nicht zu berücksichtigen ist.

 

(3) Durch Verordnung der Landesregierung können nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anrechnung einzelner Einkommensarten, insbesondere solche, die nicht monatlich zur Auszahlung gelangen, sowie weitere Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens festgelegt werden. Dabei ist auf die Aufgaben, Ziele und Grundsätze dieses Landesgesetzes Bedacht zu nehmen. (Anm: LGBl.Nr. 18/2013)

 

(4) Für persönliche Hilfe in Form von Beratung, Begleitung oder Betreuung darf kein Einsatz eigenen Einkommens verlangt werden.

 

3. In den erläuternden Bemerkungen zu § 8 Oö. BMSG (AB 434/2011) wird ausgeführt: „Abs 1 Z 1 entspricht der bisherigen Regelung (§ 9 Abs 1 Oö. Sozialhilfegesetz). Anders als bisher (vgl § 4 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998) wird der Einkommensbegriff jedoch nicht mehr positiv definiert. Vielmehr soll – ähnlich wie bisher beim Vermögen – die Weite des Einkommensbegriffes künftig dadurch zum Ausdruck kommen, dass all jene Einkommensbestandteile, die nicht gemäß § 9 (oder einer Verordnung gemäß § 9) ausgenommen sind, anzurechnen sind.“

 

4. Die Pro Mente handelt nicht „freiwillig“ oder „ohne rechtliche Verpflichtung“ iSd § 9 Abs 1 Z 1 Oö. BMSG, sondern auf Grundlage der einschlägigen Rahmenrichtlinien und des Bescheides vom 17. Dezember 2012, mit dem die fähigkeitsorientierte Tätigkeit gewährt wurde. Der Umstand, dass das Taschengeld keine existenzsichernde Funktion hat und (lediglich) als Anerkennung ausbezahlt wird, ändert daran nichts. Die Ausnahmebestimmung iSd § 9 Abs 1 Z 1 Oö. BMSG ist nicht anwendbar.

 

5. Gemäß der  Rahmenrichtlinie soll darauf geachtet werden, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidiärer Unterstützung anfällt. Dessen ungeachtet ist das Taschengeld als Einkommen bzw tatsächlich zur Verfügung stehende Leistung gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen  Anordnung des § 8 Abs 1 Oö. BMSG anzurechnen. Es wurde keine Verordnung iSd § 9 Abs 2 bzw Abs 3 Oö. BMSG erlassen, die im gegebenen Zusammenhang eine Ausnahme anordnen würde.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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