Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281473/9/Kl/MG

Linz, 16.07.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. X c/o X GmbH & Co KG, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25.10.2012, BZ-Pol-09031-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es statt „als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 VStG“ zu lauten hat: „als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der X GmbH als unbeschränkt haftende Gesellschafterin“. Hinsichtlich der verhängten Strafen wird der Berufung Folge gegeben und die verhängten Geldstrafen auf jeweils 480,00 Euro (insgesamt 5x 480,00 Euro = 2.400,00 Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 22 Stunden (insgesamt 5x 22 Stunden = 110 Stunden) herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz verringert sich auf insgesamt 240,00 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafen. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 9, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt:

 

„Sie haben es als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 VStG der Firma X GmbH & Co KG (Arbeitgeberin), X, X, zu verantworten, dass am 25.04.2012 in der auswärtigen Arbeitsstätte des X der X AG, X, X, die Arbeitnehmer X, X, X, X und X nicht vor Aufnahme der Tätigkeit (Entfernen von bleihältigen Anstrichen) auf die Einwirkung von Blei untersucht wurden, obwohl sie mehr als eine Stunde pro Arbeitstag der Einwirkung von Blei ausgesetzt sind und obwohl Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, bei denen die Gefahr einer Berufskrankheit besteht und bei denen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung im Hinblick auf die spezifische mit dieser Tätigkeit verbundene Gesundheitsgefährdung prophylaktische Bedeutung zukommt nur beschäftigt werden dürfen, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit eine solche Untersuchung durchgeführt wurde (Eignungsuntersuchung) und bei Fortdauer der Tätigkeit solche Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden (Folgeuntersuchungen) – dies gilt insbesondere bei Einwirkung von Blei, seinen Legierungen oder Verbindungen – und dadurch durch den Arbeitgeber die Verpflichtungen betreffend Eignungs- und Folgeuntersuchungen verletzt wurden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§§ 130 Abs 1 Z 18 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl 450/1994 idgF iVm § 49 Abs 1 ASchG iVm § 2 Abs 1 Z 1 der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz 2008 (VGÜ), BGBl II, Nr 27/1997 idgF

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde nach dem Strafrahmen des Einleitungssatzes des § 130 Abs. 1 ASchG eine Geldstrafe iHv 5 x 600,00 Euro (gesamt 3.000,00 Euro; (Ersatzfreiheitsstrafe 5 x 28 Stunden, gesamt 140 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG die Kosten des Strafverfahres in Höhe von 10% der Geldstrafen (jeweils 30,00 Euro, insgesamt 300,00 Euro) vor. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) betrug somit 3.300,00 Euro.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der spruchgegenständliche Sachverhalt vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck angezeigt worden sei. Die objektive Tatseite sei aufgrund des angeführten Sachverhalts als erwiesen anzusehen und sei vom Berufungswerber auch nicht geleugnet worden. Die Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei dem Berufungswerber auch durch die Rechtfertigung nicht gelungen.

Hinsichtlich der Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass Strafmilderungsgründe nicht vorlägen. Das hohe Gefährdungspotential für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer könne nicht außer Acht gelassen werden und sei entsprechend im Strafmaß berücksichtigt worden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung des Berufungswerbers. Der Berufungswerber bekämpft das Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach. Dazu bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass es richtig sei, dass die angeführten Arbeitnehmer zwar die Tätigkeit vor der tatsächlichen Untersuchung aufgenommen hätten, allerdings sei der Untersuchungstermin, der vom Berufungswerber rechtzeitig geplant und vereinbart worden sei, vom Betriebsarzt, dem AMD, kurzfristig aus wichtigem Grund auf den 02.05.2012 verschoben worden.

Es seien sofort alle Maßnahmen eingeleitet worden, um dies bei den weiteren regelmäßig durchgeführten Untersuchungen zu vermeiden und auszuschließen. Laufend bis Baustellenende seien termingerecht alle Untersuchungen durchgeführt worden.

Beim Strafausmaß sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen gemeinsamen Untersuchungstermin für die gesamte Arbeitsgruppe gehandelt habe.  

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4.1. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats zur Entscheidung über die Berufung ergibt sich aus Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 51 Abs. 1 VStG. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bürgermeisterd der Stadt Wels zu GZ BZ-Pol-09031-2012.

In der Berufung wurde der Sachverhalt nicht bestritten, es wurden keine Beweisanträge gestellt und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt, weshalb der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung absah.

Dieses Vorgehen war dem Berufungswerber mit Schreiben vom 21.11.2012 mitgeteilt und gleichzeitig eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von 14 Tagen eingeräumt worden. Von der Möglichkeit der Einbringung einer Stellungnahme machte der Berufungswerber in der Folge keinen Gebrauch.

 

4.3. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

4.3.1. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. X GmbH & Co KG, X, X.

Zum Tatzeitpunkt am 25.04.2012 waren (u.a.) folgende Personen als Arbeitnehmer bei der Fa. X GmbH & Co KG beschäftigt:

·         X,

·         X,

·         X,

·         X und

·         X.

 

4.3.2. Die oben genannten Arbeitnehmer führten am 25.04.2012 in der auswärtigen Arbeitsstätte des X der X AG, X, X, Tätigkeiten (Entfernen von bleihältigen Anstrichen mit der Nadelpistole) durch, ohne vor Aufnahme der Tätigkeit auf die Einwirkung von Blei untersucht worden zu sein, obwohl sie mehr als eine Stunde pro Arbeitstag der Einwirkung von Blei ausgesetzt waren.

 

4.3.3. Ein Untersuchungstermin der genannten Arbeitnehmer auf die Einwirkung von Blei war von der Fa. X GmbH & Co KG vor dem 19.04.2012 vorgesehen, wurde aber vom Arzt des AMD, X, aus Termingründen verschoben. Die Untersuchung der Arbeitnehmer fand am 02.05.2012 statt.

 

4.3.4. Der unter 4.3.2. geschilderte Sachverhalt wurde am 25.04.2012 anlässlich einer in der auswärtigen Arbeitsstätte des X AG, X, X, durchgeführten Erhebung durch die Arbeitsinspektionsärztin Dr. X und den Arbeitsinspektor Ing. X festgestellt und in der Folge mit Schreiben vom 11.06.2012, Zl. 041-24/1-18/12, dem Bürgermeister der Stadt Wels angezeigt.

 

Bereits mit Schreiben vom 16.08.2011, Zl. 011-6/1-18A/11 sowie bei einer gemeinsamen Besprechung am 22.11.2011 hatte das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck die Fa. X GmbH & Co KG aufgefordert, den gesetzlichen Zustand herzustellen.

 

4.3.5. Mit Schreiben vom 04.07.2012, Zl. BZ-Pol-09031-2012, forderte der Bürgermeister der Stadt Wels den Berufungswerber zur Rechtfertigung hinsichtlich der folgenden, im Wesentlichen mit dem Spruch des Straferkenntnisses übereinstimmenden zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auf:

 

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma X GmbH, der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der X GmbH & Co KG (Arbeitgeberin), beide X, X, zu verantworten, dass am 25.04.2012 in der auswärtigen Arbeitsstätte des X AG, X, X, die Arbeitnehmer X, X, X, X und X nicht vor Aufnahme der Tätigkeit (Entfernen von bleihaltigen Anstrichen) auf die Einwirkung von Blei untersucht wurden, obwohl sie mehr als eine Stunde pro Arbeitstag der Einwirkung von Blei ausgesetzt sind und obwohl Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, bei denen die Gefahr einer Berufskrankheit besteht und bei denen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung im Hinblick auf die spezifische mit dieser Tätigkeit verbundene Gesundheitsgefährdung prophylaktische Bedeutung zukommt nur beschäftigt werden dürfen, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit eine solche Untersuchung durchgeführt wurde (Eignungsuntersuchung) und bei Fortdauer der Tätigkeit solche Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden (Folgeuntersuchungen) – dies gilt insbesondere bei Einwirkung von Blei, seinen Legierungen oder Verbindungen – und dadurch durch den Arbeitgeber die Verpflichtungen betreffend Eignungs- und Folgeuntersuchungen verletzt wurden.“

 

Mit E-Mail vom 09.07.2012 brachte der Berufungswerber eine Rechtfertigung zum o.g. Tatvorwurf ein. Darin führt der Berufungswerber wie folgt aus:

 

„[...]

Alle Arbeitnehmer wurden am 02.05.2012 untersucht und haben zwar am 19.04.2012 die Tätigkeit an der Baustelle aufgenommen, allerdings großteils nur Vorbereitungsarbeiten durchgeführt und waren der Einwirkung von gesundheitsgefährdendem Blei nur sehr kurzfristig und am Rande ausgesetzt Der bereits vereinbarte Untersuchungstermin vor dem 19.04.2012 mußte vom Arzt des AMD (Dr. X) aus Termingründen kurzfristig verschoben werden.

Zudem verweisen wir darauf, dass diese Arbeitnehmer auch 2011 auf derselben Baustelle beschäftigt waren und laufend sowie bei Baustellenende (31.08.2012) untersucht wurden. Seit dieser Untersuchung waren die Arbeitnehmer nicht mehr der Einwirkung von Blei ausgesetzt und damit praktisch vor Aufnahme der erneuten Tätigkeit bereits untersucht.

Die Arbeitnehmer wurden am 02.05.2012 entsprechend untersucht, seither werden laufend Untersuchungen wie vorgeschrieben durchgeführt und alle mit dem Arbeitsinspektorat abgestimmten Maßnahmen zur Vermeidung einer Belastung der Arbeitnehmer umgesetzt. [...]“

 

Der Berufungswerber verwies in dieser E-Mail ferner auf folgende, am 29.05.2012 dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck übermittelte E-Mail, in welcher der Berufungswerber sich wie folgt rechtfertigt: 

 

„[...]

1. Untersuchungen

Alle Arbeitnehmer wurden am 02.05.2012 untersucht und haben zwar am 16.04.2012 die Tätigkeit aufgenommen, allerdings waren sie dabei nur sehr kurzzeitig und am Rande den Einwirkungen von gesundheitsgefährdendem Blei ausgesetzt. Die Untersuchungen waren deswegen erst zu dem verspäteten Termin, weil unser Betriebsarzt aus Termingründen den bereits vereinbarten Untersuchungstermin verschieben musste. Bei der nächsten Untersuchung werden die Arbeiter auch auf Lärm untersucht.

 

2. Hautschutzplan

Wir haben unseren Betriebsarzt ersucht, einen Hautschutzplan zu erstellen und werden ihn nach Vorliegen termingerecht übermitteln.

 

3. Aufzeichnungen verwendete Stoffe

Die Unterlagen liegen auf der Baustelle auf und wurden vor Verwendungsbeginn auf der Baustelle zur Verfügung gestellt. Die Datenblätter wurden mit den Materialien geliefert. [...]“

 

Mit Schreiben vom 05.09.2012 übermittelte der Bürgermeister der Stadt Wels die Rechtfertigung des Berufungswerbers an das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck mit dem Ersuchen um Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 17.09.2012 übermittelte das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck eine Stellungnahme zur Rechtfertigung des Berufungswerbers an den Bürgermeister der Stadt Wels. Darin führt das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck im Wesentlichen aus, dass am Tag der Überprüfung festgestellt worden sei, dass die Arbeiter am Tag der Überprüfung nicht bloß Vorbereitungsarbeiten durchgeführt hätten. Die gegenständlichen Untersuchungen seien zwingend erforderlich gewesen, der Strafantrag bleibe vollinhaltlich aufrecht.

 

Mit Straferkenntnis vom 25.10.2012 entschied die belangte Behörde in der oben dargestellten Weise.

 

4.3.6. Der Beschuldigte ist nicht allgemein verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Es liegen mehrere Verwaltungsvorstrafen nach dem ASchG, AZG und ASVG vor (BZ-Pol-09055-2011, BZ-Pol-09053-2011, BZ-Pol-09033-2011, BZ-Pol-77066-2011, BZ-Pol-09063-2011, BZ-Pol-09035-2011, BZ-Pol-09061-2011). , VerkR96-3722-2012, VerkR96-6531-2011).

 

4.4. Der dargestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den Beweismitteln.

Aufgrund der eigenen dienstlichen Wahrnehmung der Organe des Arbeitsinspektorats und deren detaillierte Beobachtungen zur Tätigkeit der Arbeitnehmer (Entfernung von Bleianstrichen mit der Nadelpistole, vgl. Stellungnahme des Arbeitsinspektorats Vöcklabruck vom 17.09.2012, Zl. 041-24/4-18/12), wurde die Aussage des Berufungswerbers, es wären zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt lediglich „Vorbereitungsarbeiten“ durchgeführt worden, als Schutzbehauptung qualifiziert.

Hinsichtlich der kurzfristigen Absage des Untersuchungstermins durch Dr. X wird den Ausführungen des Berufungswerbers Glauben geschenkt; allerdings stellt der Grund der nicht erfolgten Untersuchung insofern im gegenständlichen Fall ein nicht entscheidungserhebliches Faktum dar.

 

Es kann daher der festgestellte Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 18 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl I Nr. 147/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290,00 Euro bis 14530,00 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in die Verpflichtungen betreffend Eignungs- und Folgeuntersuchungen, wiederkehrende Untersuchungen der Hörfähigkeit sowie sonstige besondere Untersuchungen verletzt.

 

Gemäß § 49 Abs. 1 ASchG dürfen Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, bei denen die Gefahr einer Berufskrankheit besteht, und bei denen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung im Hinblick auf die spezifische mit dieser Tätigkeit verbundene Gesundheitsgefährdung prophylaktische Bedeutung zukommt, nur beschäftigt werden, wenn

1.   vor Aufnahme der Tätigkeit eine solche Untersuchung durchgeführt wurde (Eignungsuntersuchung) und

2.   bei Fortdauer der Tätigkeit solche Untersuchungen in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden (Folgeuntersuchungen).

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz 2008 (VGÜ), BGBl II Nr. 27/1997 idF BGBl II Nr. 221/2010, dürfen Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen sie einer der nachstehenden Einwirkungen ausgesetzt sind, nur beschäftigt werden, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit Eignungsuntersuchungen durchgeführt wurden und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen Folgeuntersuchungen durchgeführt werden:

1.   Blei, seine Legierungen oder Verbindungen.

 

5.2. Aufgrund des ermittelten Sachverhalts steht zweifelsfrei fest, dass die im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Arbeitnehmer zum Tatzeitpunkt mehr als eine Stunde pro Arbeitstag der Einwirkung von Blei ausgesetzt waren, vor Aufnahme der Tätigkeit jedoch nicht auf die Einwirkung von Blei untersucht worden waren. Durch diese Vorgehensweise und Missachtung der speziellen Gefahren wurde der Verpflichtung des Arbeitgebers gemäß § 49 Abs. 1 Z 1 und 2 ASchG iVm § 2 Abs. 1 Z 1 VGÜ nicht entsprochen. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.3. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden (Abs. 2).

Die wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gem. § 9 Abs. 2 VStG bewirkt für nach der Bestellung gesetzte Delikte einen Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. VwGH 25.10.1994, 94/07/0027). Als Konsequenz daraus, dass ein verantwortlicher Beauftragter für den vorgeworfenen Tatzeitraum nicht bestellt war, ist gemäß § 9 Abs. 1 VStG im vorliegenden Fall für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Fa. X GmbH & Co KG verantwortlich, wer für die Gesellschaft zur Vertretung nach außen berufen ist, dh im vorliegenden Fall der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der haftenden X GmbH.

 

Es war daher die diesbezügliche Wortfolge im Spruch des Straferkenntnisses abzuändern. Diese Berichtigung des Spruches beeinträchtigt den Berufungswerber nicht in seinen Rechten. Insbesondere ist auch nicht Verfolgungsverjährung der Tatanlastung als handelsrechtlicher Geschäftsführer vorgelegen. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 04.07.2012 enthielt noch eine Tatanlastung als handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG. Es war daher der Oö. Verwaltungssenat berechtigt und verpflichtet, eine entsprechende Spruchkorrektur vorzunehmen.

 

5.4. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.05.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Vielmehr zeigte das Beweisverfahren eindeutig, dass trotz Absage des vorgesehenen Untersuchungstermins mit den gegenständlichen Arbeiten, bei denen die Arbeitnehmer durchwegs der Einwirkung von Blei ausgesetzt gewesen waren, begonnen worden war. Dies stellt ein sorgfaltswidriges Verhalten dar. Es war daher den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde zu folgen und vom Verschulden des Berufungswerbers, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

Im Gegensatz zu den Ausführungen des Arbeitsinspektorats Vöcklabruck in der Anzeige vom 11.06.2012, dem die belangte Behörde offensichtlich auch bezüglich der Strafhöhe folgte, geht der Oö. Verwaltungssenat mangels konkreter Anhaltspunkte im Akt sowie insbesondere in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend, dass der Berufungswerber die Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften ernstlich für möglich hielt und sich ex ante mit ihnen abfand, nicht von einer vorsätzlichen Tatbegehung, sondern – im Sinne des oben Ausgeführten – von bloßer Fahrlässigkeit aus.

Da vor Arbeitsbeginn am 19.4.2012 ein Untersuchungstermin vorgesehen war, können auch die vom Arbeitsinspektorat herangezogenen Ermahnungen im Jahr 2011 nicht einen Vorsatz nachweisen. Eine bewusste Missachtung der Bestimmung ist nicht zu erblicken.

 

5.5. Zum Strafrahmen ist auszuführen, dass zum Tatzeitpunkt bei erstmaliger Übertretung gemäß § 130 Abs. 1 ASchG ein Strafrahmen von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro vorgesehen war.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG in der seit 01.07.2013 gültigen Fassung BGBl I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Demnach ist nunmehr in der Strafbemessung nicht mehr der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, miteinzubeziehen (ErläutRV 2009 BlgNR 24. GP 18).

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Verletzung der den Arbeitnehmern dienenden Schutzvorschriften des ASchG mit einem besonderen Unrechtsgehalt behaftet ist und auch ein beträchtliches öffentliches Interesse an deren Einhaltung im Sinne eines allgemeinen Gesundheitsschutzes besteht.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, nämlich das hohe Gefährdungspotential für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer. Dies war im Rahmen der objektiven Strafbemessungsgründe zu berücksichtigen.

 

Die persönlichen Verhältnisse wurden von der belangten Behörde mangels Angaben durch den Berufungswerber in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 04.07.2012 geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.500,00 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen machte der Berufungswerber keine weiteren Angaben, weshalb diesbezüglich weiterhin von den Schätzungen der Erstbehörde auszugehen war.

Bei der Einschätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat es sich der Berufungswerber seiner unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben, sollten bei dieser Einschätzung zu seinem Nachteil Umstände unberücksichtigt geblieben sein, welche ohne seine Mitwirkung dem Oö. Verwaltungssenat nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 14.1.1981, Zl. 3033/80).

 

Ein Schuldausschließungsgrund konnte nicht gefunden werden. Der allgemeine Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam dem Berufungswerber nicht mehr zugute. Auch andere Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor. Zugute zu halten ist jedoch, dass grundsätzlich vor Arbeitsbeginn ein Untersuchungstermin vorgesehen war.

 

Unter Berücksichtigung des herabgesetzten Verschuldensmaßes (bloß fahrlässiges Handeln) sieht sich der Oö. Verwaltungssenat zusammenfassend veranlasst, die erstinstanzlich verhängten Geldstrafen der Höhe nach im ausgesprochenen Umfang herabzusetzen. Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

Die nunmehr festgesetzten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sind aber erforderlich, den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und waren auch im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat gerechtfertigt. Sie sind gerade aus spezialpräventiven Gründen auch gerechtfertigt, um zu bewirken, dass die Unternehmensorganisation hinkünftig so ausgerichtet wird, dass Arbeitnehmerschutzvorschriften beachtet und eingehalten werden.

Die nunmehr verhängten Strafen sind tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war nicht festzustellen und daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde auf Grundlage von § 64 Abs. 2 VStG auf 240 EUR (10% der verhängten Geldstrafen) zu reduzieren. Gemäß § 65 VStG war dem Berufungswerber darüberhinaus kein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben, weil der Berufung teilweise (hinsichtlich der Strafe) stattgegeben wurde.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

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