Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150961/8/Re/AK/CG

Linz, 18.07.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, x, x, vertreten durch x, c/o x, x, x, vom 9. Mai 2012 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 24. April 2012, BZ-BauR-12109-2011 Scho, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

I. Anlässlich der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 1 Abs.2, 24, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG i.d.g.F.) i.V.m. § 66 Abs. 4 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) sowie § 20 Abs.3 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) in der Fassung BGBl I Nr. 99/2013;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG;

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister des Stadt Wels hat mit dem Straferkenntnis vom 24. April 2012 über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 30 Stunden verhängt, weil er am 7. Oktober 2011 gegen 10.39 Uhr das KFZ über 3,5 t, Internationales Kennzeichen x, x, im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels auf der A25, Mautabschnitt ÖBB Terminal Wels – Wels Nord, bis zu km 14.580 gelenkt hat, ohne das die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde. Dies wurde von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich unter der Deliktsnummer x festgestellt. (Es wurde festgestellt, dass der Nachweis für die Zuordnung zu jener Tarifgruppe, die der deklarierten Euro-Emissionsklasse entspricht, nicht erbracht wurde, wodurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde). Verletzt wurden dadurch §§ 6, 7 Abs.1, 8 Abs.1 und 2 und § 20 Abs.2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte, vertreten durch ein Organ seines dienstgebenden Unternehmens, Herrn x, mit E-Mail Nachricht vom 9. Mai 2012 innerhalb offener Frist Berufung eingebracht. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, es seien die für diesen Zeitraum erhaltenen Mautabrechnungen bezahlt worden. Als Beweis würden Einzelleistungsinformationen beigefügt. Die Maut für das Fahrzeug x sei ordnungsgemäß entrichtet worden. Wegen der Euroklassenumstellung sei sogar zu viel bezahlt worden. Die Hinterlegung an einer GO Vertriebsstelle sei durch den Berufungswerber an der Vertriebsstelle x erfolgt. Geeignete Nachweisdokumente seien per Fax an die Faxnummer 0043 (0) 50 108-10020 erfolgt, da auf der Faxnummer 0043 (0) 50 108-912 913 das Fax nicht durchging. Das Faxjournal sei beigefügt und belege dies eindeutig. Nicht zu verstehen sei, warum dies von der ASFINAG nicht anerkannt werde. Der Fahrer habe bei unklaren Piepstönen der GO-Box jedesmal eine Vertriebsstelle aufgesucht. Ein Fehler seitens des Unternehmens könne nicht erkannt werden. Das Fahrzeug sei am 27. September 2011 angemeldet worden und bereits am 28. September 2011 solle ein Mautvergehen begangen worden sein. Die Frist lt. Beleg lief bis zum 11.10.2011, die Unterlagen seien am 6.10.2011 gefaxt worden. Mit der ASFINAG sei auch noch Kontakt aufgenommen worden, jedoch habe man keine Rückantwort bekommen.

 

3. Das Magistrat der Stadt Wels hat diese Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG Abstand genommen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurden.

 

 

4. Erwägungen der Berufungsbehörde:

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde ergibt, dass das Verfahren mit einer Anzeige der ASFINAG vom 8. November 2011 in Bezug auf den Tattag 7. Oktober 2011, 10.39 Uhr und den Tatort A25, Abschnitt ÖBB-Terminal Wels - Wels Nord, bei km 14.580 benützt worden sei, dies mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit einem hzGG über 3,5 t, ohne dabei die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die Verwaltungsübertretung sei von der automatischen Kontrolleinrichtung des Mautsystems Österreich erkannt worden und unter der Deliktsnummer x registriert.

 

Die durchgeführte Lenkerauskunft ergab den nunmehrigen Berufungswerber als Lenker zur Tatzeit. Gleichzeitig wird von Seiten des zulassungsinnehabenden Unternehmens x, x, mitgeteilt, dass das neue EEV-Fahrzeug x am 27. September 2011 zugelassen und dies auch der ASFINAG gemeldet worden sei. Bei Fahrtantritt nach Österreich sei nach mehrmaligem Piepsen die Servicestation in x angefahren worden. Nach Rückmeldung durch den Lenker wurde vom Unternehmen erneut eine Meldung an die ASFINAG erstellt. Beim nächsten Fahrtantritt nach Österreich und neulichem mehrmaligen Piepsen wurde bei der Servicestation in Traun eine Nachzahlung getätigt und erfolgte neuerlich eine Meldung an die ASFINAG. Bei der Kontrolle sei dann zur Anzeige gebracht worden, dass Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei, was jedoch nicht im Verschulden des Unternehmens liege.

Nach Stellungnahme der ASFINAG zu diesem Vorbringen des Berufungswerbers und Wahrung des Parteiengehörs erging in der Folge das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 24.02.2012 mit dem oben bereits zitierten Spruchinhalt.

 

Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 99/2013 begehen Zulassungsbesitzer, die den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachholen und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursachen, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 4 leg.cit gelten Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 als an jenem Ort begangen, an dem die Benützung von Mautstrecken mit einem gemäß § 9 Abs. 6 vierter Satz vorläufig einer Tarifgruppe zugeordneten Fahrzeug durch automatische Überwachung oder durch dienstliche Wahrnehmung eines Mautaufsichtsorgans festgestellt wurde.

 

Diese neue im Bundesstraßen-Mautgesetz verankerte Strafbestimmung des § 20 Abs. 3 bezieht sich ausschließlich auf den Zulassungsbesitzer und das nicht fristgerechte Nachholen des Nachweises über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse. Gemäß § 33 Abs. 7 dieser Novelle zum Bundesstraßen-Mautgesetz, BGBl I Nr. 99/2013 tritt § 20 Abs. 3 bis 5 mit 01.07.2013 in Kraft, ist somit zum Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits anzuwenden.

Dem Vorblatt zu dieser Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 ist zu entnehmen, dass durch diese neue Strafbestimmung klargestellt wird, dass das Nachholen des bei der vorläufigen Zuordnung fehlenden Nachweises der Zuordnung eines Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe in die Verantwortung des Zulassungsbesitzers fällt, und es wird im Einklang mit der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. Nr. L187 vom 20.07.1999 S. 42, in der Fassung der Richtlinie 2006/103/EG, ABl. Nr. 363 vom 20.12.2006 S. 344, ein entsprechender Straftatbestand eingeführt, der Mautprellerei durch Unterlassen des gebotenen Nachweises zur Verwaltungsübertretung erklärt. Diese Ausführungen sind auch in den Erläuterungen zum allgemeinen Teil unter den Hauptgesichtspunkten des Entwurfes festgehalten.

 

Ob diese, mit 01.07.2013 somit in Kraft getretene Änderung der Strafbestimmung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 nun auch auf den gegenständlichen Fall anwendbar ist, richtet sich nach § 1 des Verwaltungsstrafrechts, betreffend die allgemeinen Voraussetzungen der Strafbarkeit. Demnach kann eine Tat nach § 1 Abs.1 VStG nur dann als Verwaltungsübertretung bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG 1991, BGBl Nr. 52/1991 in der Fassung BGBl I Nr. 33/2013 richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

Nachdem diese Änderung des § 1 Abs. 2 VStG, kundgemacht im Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr. 33/2013, im Grunde des § 66b Abs. 19 Z2 leg.cit bereits mit Ablauf des Monats der Kundmachung des Bundesgesetzes, somit mit 01.03.2013 in Kraft getreten ist, ist sie auch im gegenständlichen Verfahren bereits anzuwenden.

 

Dem im gegenständlichen Verfahren bestraften Lenker kommt somit zugute, dass das Bundesstraßen-Mautgesetz durch Einführung des neuen Verwaltungsstraftatbestandes dahingehend geändert wurde, in Hinkunft bei Mautprellerei durch Unterlassen des gebotenen Nachweises der EURO-Emissionsklasse den Zulassungsbesitzer laut Tatbestand heranzuziehen, und ist diese Bestimmung aufgrund der jüngsten Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz auch noch während der Durchführung des Berufungsverfahrens von der Berufungsbehörde anzuwenden.

 

Insgesamt war daher anlässlich der Berufung und insbesondere aufgrund der dargestellten neuen Rechtslage das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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