Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401316/5/AL/HK

Linz, 17.07.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des X alias X alias X alias X, geb. X alias X, StA von Nigeria, derzeit angehalten im Polizeilichen Anhaltezentrum Wien – Hernalser Gürtel, vertreten durch die Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Anhaltung in Schubhaft seit 3. Juli 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II 456.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 3.7.2013, Z Sich40-2517-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Grundlage des § 76 Abs. 2a Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs 1 AVG

"zur Sicherung

-      des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG)

-      der Abschiebung (§ 46 FPG)"

die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum - PAZ Salzburg (Überstellung in das PAZ Wien Hernalser Gürtel am 5.7.2013) vollzogen.

 

Die Begründung des in Rede stehenden Schubhaftbescheides lautet wie folgt:

 

"Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie wurden am 14.06.2013 bei der EAST-Ost vorstellig und stellten einen Antrag auf Internationalen Schutz in Österreich (Asyl). Sie gaben dabei die Identität X, geb. X, StA. v. Nigeria an. Im Zuge Ihrer Asylantragstellung (AIS 13 07.999) waren Sie weder im Stande sich mit einem Nationalreisepass auszuweisen, noch konnten Sie den Besitz eines für den Schengenraum gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels nachweisen. Ebenso waren Sie auch nicht im Stande ein anderweitiges staatlich ausgestelltes Dokument, welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, in Vorlage zu bringen.

 

Ihre niederschriftlichen Erstbefragung zu Ihrem Asylantrag wird nachstehend wortwörtlich wiedergegeben werden.

 

 

Ihre wesentlichen Aussagen dieser Erstbefragung kurz Zusammengefasst, führen Sie aus, Sie seien im Jahr 2010 schlepperunterstützt von NIGERIA mit dem LKW illegal in die TÜRKEI gereist. Von dort seien Sie illegal über einen Fluss nach GRIECHENLAND eingereist und von der Polizei aufgegriffen worden. Sie hätten dort eine 'Pink Card' (Anm. vergleichbar mit der Verfahrenskarte gem. § 50 AsylG in Österreich) erhalten. Am 23.03.2013 seien Sie mit dem Autobus und zu Fuß von Athen aus über MAZEDONIEN nach SERBIEN und weiter nach UNGARN gereist. Dort seien Sie von der Polizei aufgegriffen worden und hätten einen Asylantrag gestellt. Sie seien ca. 1,5 Monate in einem Camp aufhältig gewesen, es habe Ihnen in UNGARN jedoch nicht gefallen weshalb Sie am 13.06.2013 illegal und schlepperunterstützt über Budapest nach Wien ausgereist seien. Von dort hätten Sie sich nach X durchgefragt, wo Sie mit der Bahn hinführen um dort Ihren Asylantrag zu stellen. Sie hätten in GREICHENLAND und UNGARN einen Asylantrag gestellt. In GRIECHENLAND hätten Sie die 'Pink Card' erhalten. Über den Ausgang des Verfahrens in UNGARN wüssten Sie nichts. Sie würden weder nach UNGARN noch nach GRIECHENLAND zurückwollen, da es sehr schwierig wäre in diesen Ländern zu überleben. Die Kosten Ihrer Reise hätten ~ € 3000,-- betragen.

Sie hätten keinerlei Barmittel und würden auch keine anderweitige Unterstützung erhalten. Familienangehörige in Österreich oder einem anderen EU-Land hätten Sie nicht.

 

Im Anschluss wurden Sie in der EAST-Ost vorläufig untergebracht. Dzt. befinden Sie sich in der EAST-West. Über einen anderweitigen Wohnsitz im Bundesgebiet, außer jenem der Ihnen durch die Behörde zugewiesen wurde, verfügen Sie nicht.

 

Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen wurde mittels Abgleich Ihrer Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht, dass – ehe Sie illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind – bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Ihrer Person vorliegt:

 

15.11.2010: Asylantragstellung X (Griechenland)

23.04.2013: Asylantragstellung X (Ungarn)

 

Weder anlässlich der Einbringung Ihres Asylantrages noch während Ihres weiteren Gastaufenthaltes in Österreich waren Sie bislang im Stande ein Nationalreisedokument oder ein anderweitiges Identitätsdokument den österreichischen Behörden in Vorlage zu bringen.

===> Ihre tatsächliche Identität ist demzufolge nicht gesichert!

 

Dem seitens der österr. Asylbehörde zu Ihrem Asylantrag am 18.06.2013 eingeleiteten Wiederaufnahmeersuchen an UNGARN wurde mit Schreiben der ungarischen Behörde für Migration vom 28.06.2013 zugestimmt. Der EU-Staat UNGARN erklärte sich gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens für Ihre Übernahme sowie für die Durchführung der Prüfung Ihres Asylbegehrens zuständig. Zudem wurde seitens der ungarischen Behörden mitgeteilt, dass Sie anlässlich Ihrer dortigen Asylantragstellung folgende Identitätsangaben tätigten:

X, geb. X, StA. v. Nigeria

 

Am 02.07.2013 wurden Sie im Rahmen des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West neuerlich befragt. Die wesentlichen Teile dieser Einvernahme gestalten sich wie folgt:

 

 

Ihr Asylantrag vom 14.06.2013 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West vom 03.07.2013, AZ: 13 07.999, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gleich gehend wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrages UNGARN zuständig ist. Ferner wurden Sie mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG. 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG. 2005 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach UNGARN zulässig ist.

 

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG. 2005 kommt einer Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Dieser zitierte Bescheid wurde Ihnen am 03.07.2013 in der Erstaufnahmestelle West in X persönlich ausgefolgt.

 

Am 03.07.2013, um 12:10 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden ist – wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen i. A.-EAST in der Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, 4880 St. Georgen i. A., im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem in Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach UNGARN ausgewiesen wurden – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Weiters sind Sie – abgesehen eines gegenwärtig in Ihrem Besitz stehenden Bargeldbetrages in der Höhe von Euro 10,-- – mittellos.

 

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG. hat die Behörde – im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG. – kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) ein Sicherungsbedarf bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach UNGARN ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich Ihr Asylverfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren (bei Ausweisungen in einen EU-Staat ===> verkürzte Rechtsmittelfrist ===> 1 Woche!) von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise und Ihrer Aussagen im Asylverfahren lassen in schlüssiger und nachvollziehbarer Form Ihre offensichtliche und kategorische Abneigung gegen den EU-Staat UNGARN erkennen. Es ist offensichtlich, dass Sie den EU-Staat UNGARN als vollkommen ungeeignet halten um ein (neuerliches) Asylbegehren einzubringen, dieses im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens prüfen zu lassen und um sich zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten.

 

Sie nehmen für Ihre Vorhaben, nämlich Ihr Reiseziel bzw. zumindest Reisezwischenziel (Österreich) zu erreichen mehrere illegale Grenzübertritte innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf, welche sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat NIGERIA rechtfertigen lässt.

 

Nicht nur alleine Ihr Verhalten in Österreich (illegale, schlepperunterstützte Weiterreise innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU, von einander erheblich abweichende Identitätsangaben anlässlich Ihrer Asylantragstellungen in Österreich und UNGARN, Asylantragstellung in mehreren Mitgliedstaaten ohne den Ausgang der Verfahren abzuwarten, mangelnde Bereitschaft freiwillig nach UNGARN zurückzukehren) zeigt auf, dass Sie keinesfalls gewillt sind, sich der Abschiebung nach UNGARN zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Obwohl Sie, wie Sie selbst angeben, die Möglichkeit im ungarischen Asylverfahren hätten, eine Beschwerde gegen die bereits in I. Instanz getroffene negative Entscheidung der dortigen Behörden einzulegen, nehmen Sie von dieser Option keinen Gebrauch, entziehen sich den dortigen Behörden und führen unverhohlen aus, dies getan zu haben, um einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung nach NIGERIA zu entgehen. Bereits zu Beginn Ihrer Befragung vor dem BAA am 02.07.2013 gaben Sie an, alle Ihre Angaben aus der Erstbefragung entsprächen der Wahrheit. Im krassen Widerspruch dazu stehen jene Identitätsdaten die Sie vor den ungarischen Behörden anlässlich Ihres dortigen Asylbegehrens angegeben haben. Im dortigen Asylverfahren machten Sie folgende Identitätsangaben: X, geb. X, StA. v. Nigeria. Auch zum Ende der Befragung vor dem BAA ließen Sie die Möglichkeit ungenutzt, auf direktes Befragen wichtige Informationen bekannt zu geben. Vielmehr führten Sie nochmals aus, nicht gelogen zu haben. Ihre Religion würde es Ihnen verbieten falsche Angaben zu machen.

 

Ihre Falschangaben sind jedoch durch die Übernahmeerklärung der ungarischen Behörden zweifelsfrei belegt. Offensichtlich versuchen Sie durch bewusste Falschangaben die Sachverhaltsfeststellung gezielt zu erschweren, eine Rücküberstellung in den für Sie zuständigen Dublinstaat UNGARN damit zu verzögern und sich so einen zumindest für wenige Tage längeren Aufenthalt im von Ihnen gegenwärtig gewählten Zielland Österreich zu erschleichen.

 

Auch der Umgang mit den ungarischen Behörden weist in diese Richtung. Anstelle sich zur Verfügung der Behörden zu halten und die rechtsstaatliche Entscheidung über den von Ihnen in UNGARN eingebrachten Asylantrag abzuwarten, oder aber legal UNGARN zu verlassen, haben Sie es vorgezogen zuerst in die Illegalität in UNGARN unterzutauchen und illegal und schlepperunterstützt nach Österreich auszureisen. Mit der Asylantragstellung in Österreich wollten Sie Ihren Aufenthalt in Österreich zumindest temporär legalisieren, eine Abschiebung/Zurückschiebung nach UNGARN hintanhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime damit unterlaufen.

 

Zu Ihrer augenscheinlich vehementen Rückkehrunwilligkeit in den für Sie Zuständigen EU-Staat UNGARN kommt noch hinzu, dass Sie Ihr dortiges Asylbegehren unter von Ihrer in Österreich angegebenen Identität abweichenden Personalien gestellt haben. Sie legten zudem bisher weder im Asyl- noch im Fremdenpolizeilichen Verfahren ein Reise- oder sonstiges Identitätsdokument vor. Obwohl Ihnen die Möglichkeit der Beschwerdeeinbringung im in UNGARN bemühten Asylverfahren offen gestanden wäre, zogen Sie dies nicht in Betracht, ließen die dortige Rechtsmittelfrist ungenutzt verstreichen, tauchten noch vor deren Ablauf in die Anonymität unter und begaben sich neuerlich illegal über eine innereuropäische Grenze nach Österreich. Ob Österreich, im Hinblick auf Ihr Wissen über die durch das BAA in erster Instanz ebenfalls negative Entscheidung über Ihr hiesiges Asylbegehren, Ihr tatsächliches Zielland ist und Sie einen längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet anstreben ist daher in höchstem Maße anzuzweifeln. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Sie sich, analog zu Ihrem in UNGARN an den Tag gelegten Verhalten, neuerlich auf den Weg machen, erneut illegal Grenzen innerhalb der Europäischen Union überschreiten und sich ein weiteres Zielland für die Stellung Ihres Asylbegehrens aussuchen.

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist dem von Ihnen praktizierten 'Asylantragstourismus' mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Bei der Bewertung der Wahl Ihrer Mittel zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles (Aufenthalt in Österreich bzw. in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet und unter tunlichster Vermeidung eines weiteren Aufenthaltes im EU-Land UNGARN) ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass Sie sich – auf freien Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werden um eine Außerlandesbringung von Österreich nach UNGARN mit Erfolg zur Gänze zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu erschweren und zu verzögern.

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 ist von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; Konkret stehen der Schubhaft besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 umfasst der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände liegen in Ihrem Fall jedoch offenkundig nicht vor, da Sie volljährig sind, keine (nachgewiesenen) familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen haben und maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht wurden bzw. solche aus der Aktenlage nicht hervorgehen.

 

Die Anordnung einer Verpflichtung zur Unterkunft bzw. einer Meldeverpflichtung bei einer Polizeiinspektion gem. § 77 Abs. 3 Z 1 + 2 FPG wäre für die Sicherung Ihrer Außerlandesbringung nicht ausreichend, da Sie bereits in der Vergangenheit eindrucksvoll Ihre Ungebundenheit und Mobilität innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU unter Beweis gestellt haben. Zudem sind Sie zuletzt im für Sie nach der Dublinverordnung zuständigen Mitgliedsstaat UNGARN in die Anonymität abgetaucht und haben sich so den dortigen Behörden entzogen um damit einer drohenden Abschiebung zu entgehen. Eine Anordnung zur Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung gem. § 77 Abs. 3 Z 3 FPG konnte mangels ausreichen vorhandener Barmittel ebenfalls nicht in Erwägung gezogen werden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kommt nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung des vorliegenden Sachverhaltes zum Ergebnis, dass die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung von Österreich nach UNGARN verhältnismäßig ist, denn Ihrem Recht als Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das in diesem Fall überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des für die Republik Österreich von nachhaltiger Wichtigkeit bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

1.2. Gegen diesen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Eingabe vom 11. Juli 2013 (eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat per E-Mail am selben Tag) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte unter Kostenersatz die Aufhebung des Schubhaftbescheides und Rechtswidrigerklärung der Anhaltung in Schubhaft sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.

 

Der Bf bringt im Wesentlichen vor, dass der Bf unmittelbar nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet von sich aus den Kontakt mit den österreichischen Behörden gesucht und am 14.6.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Zweck der Einreise in das Bundesgebiet sei die Asylantragstellung gewesen. Der Bf habe den österreichischen Behörden gegenüber wahrheitsgemäße Angaben über seine Identität und seine Reisebewegung, insbesondere auch über seinen Aufenthalt in Griechenland und Ungarn und die dort gestellten Asylanträge gemacht. Auch habe er der österreichischen Asylbehörde den ungarischen Asylbescheid vorgelegt.

 

Die Schubhaft sei im konkreten Fall insofern rechtswidrig, als sie zum einen nicht verhältnismäßig im Sinne einer ultima ratio sei. Die Erstbehörde hätte unter Zugrundelegung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Unabhängigen Verwaltungssenates eine sorgfältige Prüfung der Angemessenheit und Erforderlichkeit der Schubhaft vornehmen müssen; so ergäben sich keinerlei Umstände, die den vorliegenden Dublin-Fall in einem besonderen Licht erscheinen ließen. Insbesondere habe sich der Bf aus eigener Initiative an die österreichischen Behörden gewandt und auch sonst in Österreich kein Verhalten gesetzt, das darauf schließen ließe, dass er sich dem Verfahren oder einer Abschiebung entziehen würde. Österreich sei das erste sichere Land, in dem der Bf die Chance auf ein faires Asylverfahren habe. Hinsichtlich Griechenland habe der EGMR gravierende systemische Mängel im Asylverfahren festgestellt und in Ungarn herrschten katastrophale Zustände in den Betreuungseinrichtungen, ohne dass die ungarischen Sicherheitskräfte eingreifen würden. Der Bf habe in Ungarn und Griechenland keine Chance auf ein faires Asylverfahren. Hingegen habe der Bf Vertrauen in die österreichischen Behörden, dass sie seinen Antrag auf internationalen Schutz fair prüfen würden, weshalb er sich auch freiwillig und aus eigener Initiative an die österreichischen Behörden gewandt habe.

 

Der Vorwurf der Erstbehörde, dass der Bf falsche Angaben zu seiner Identität gemacht habe, sei unzutreffend. Der Bf habe auch in Ungarn angeführt, dass er X (X) heiße, nigerianischer Staatsbürger sei und am X geboren worden sei. Wenn die ungarischen Behörden anführten, der Bf werde in Ungarn als X, geb. X geführt, so sei es hier hinsichtlich des Geburtsdatums möglicherweise zu einem Tippfehler oder einer Verwechslung gekommen, da aus dem ungarischen Asylbescheid klar hervorgehe, dass der Bf dort auch mit den in Österreich angeführten Identitätsdaten aufscheine. Abgesehen von dem in Österreich protokollierten Doppelnamen X sowie einer abweichenden Schreibweise von "X" (i statt y) seien die Identitätsdaten gleich und habe der Bf offensichtlich gleichbleibende Angaben zu seiner Identität und Herkunft vor den österreichischen und ungarischen Behörden gemacht.

 

Ein Sicherungsbedarf in Form der erfolgten Freiheitsentziehung sei daher keineswegs zu erkennen gewesen.

 

Im Übrigen habe die Erstbehörde auch nicht ausreichend geprüft und begründet, weshalb im Falle des Bf nicht mit gelinderen Mitteln das Auslangen gefunden werden könnte. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates habe die Erstbehörde das Prinzip des klaren Vorrangs von gelinderen Mitteln missachtet.  

 

Gesamtheitlich betrachtet sei die Schubhaftverhängung und –aufrechterhaltung somit mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb beantragt werde, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung unter Kostenersatz für rechtswidrig zu erklären.

 

2.1. Mit E-Mail vom 12.7.2013 übermittelte die belangte Behörde eine Kopie des Verwaltungsaktes und verfasste eine Gegenschrift. In dieser führte die belangte Behörde im Wesentlichen wortwörtlich Folgendes aus:

 

" Zum Sachverhalt wird seitens der BH Vöcklabruck wie folgt Stellung bezogen:

Eingangs wird sowie im Besonderen auf den im Schubhaftbescheid vom 03.07.2013 umfassend dokumentierten Sachverhalt sowie auf den Inhalt des in Vorlage gebrachten Verwaltungsaktes verwiesen.

Zur, durch die rechtsfreundliche Vertretung des Herrn X, eingebrachten Schubhaftbeschwerde erlaubt sich die BH Vöcklabruck als belangte Behörde zu entgegnen, dass der konkret in diesem Einzelfall vorliegende Sachverhalt von Seiten der belangten Behörde einer Einzelfallprüfung – auch im Hinblick auf eine allfällige Anordnung eines Gelinderen Mittels anstelle der Schubhaft - unterzogen worden ist.

Der BF gab, wie auch im ggst. Schubhaftbescheid angeführt sowohl in der Erstbefragung als auch im Parteiengehör vor dem BAA an, er habe keinerlei Dokumente. Auch Unterlagen zu seinen bisher in GRIECHENLAND und UNGARN angestrebten Asylverfahren konnte er nicht vorweisen. In der Erstbefragung gab er zudem an, er wisse nichts über den Verfahrensausgang in UNGARN. Im Parteiengehör vor dem BAA führte er aus, er habe eine negative Entscheidung in I. Instanz erhalten, habe jedoch nicht gewusst wie man dagegen Beschwerde erheben könne und habe daher, während noch offener Rechtsmittelfrist, das Land verlassen.

Gegensätzlich dazu legt der Bf nun im Schubhaftbeschwerdeverfahren einen Bescheid der ungarischen Behörden vor und versucht dadurch seine Glaubwürdigkeit zu untermauern. Auf den Inhalt dieses Schriftstückes kann zwar – mangels vorhandener ungarisch Kenntnisse – in der Kürze der Zeit nicht eingegangen werden. Der Stand des ungarischen Verfahrens zum Zeitpunkt des Abtauchens des Bf lässt sich jedoch auch aus der im Akt befindlichen Zustimmungserklärung der ungarischen Behörden im Dublinverfahren ablesen. UNGARN stimmte gem. Article 16 (1) c) der Dublin Verordnung der Übernahme des Bf zu und führte weiters aus, er habe am 27.04.2013 einen Asylantrag in UNGARN gestellt, habe am 27.05.2013 einen ablehnenden Bescheid in I. Instanz erhalten und diesbezüglich eine Beschwerde eingelegt.

Diese Angaben stehen ebenso wie die Abweichenden Identitätsangaben, auf die bereits im Schubhaftbescheid eingegangen wurde, im krassen Gegensatz zu seinen Angaben über das ungarische Asylverfahren vor den österreichischen Behörden.

Bei der Beilage zur Schubhaftbeschwerde handelt es sich offensichtlich um besagten erstinstanzlichen Bescheid der ungarischen Behörden. Dieser wird vom Bf lediglich deshalb in Vorlage gebracht, weil er Versucht, damit zu untermauern, dass er bzgl. seiner Identität keine von den in UNGARN gemachten Angaben abweichenden Daten angegeben habe.

Dazu ist auszuführen, dass anlässlich seiner Asylantragstellung in Österreich die Identität X, geb. X, StA. v. Nigeria angeführt hat. Dem Schreiben der ungarischen Behörden (erstmalig vorgelegt im Zuge ggst. Schubhaftbeschwerde) ist zu entnehmen dass er dort mit X, geb. X, StA. v. Nigeria angeführt wird. Der belangten Behörde liegt zudem auch die Zustimmung UNGARNS zur Dublinrückübernahme vor wo die Identität des Bf mit X, geb. X, StA. v. Nigeria angeführt wird.

Dem Bf währe es ein leichtes gewesen, die befragenden Beamten bei der Erstbefragung bzw. im Parteiengehör vor dem BAA auf diese Abweichungen hinzuweisen und so seine Angaben zu korrigieren. Wurde er sogar gezielt durch den Beamten des BAA befragt, ob seien Angaben aus der Erstbefragung der Wahrheit entsprechen und Ihm somit die Möglichkeit der Korrektur angeboten. Gegensätzlich dazu beteuerte er abermals stets die Wahrheit gesagt zu haben und blieb diese Möglichkeit von Ihm ungenutzt.

Der BF zeigt somit offensichtlich nicht das geringste Interesse am Ausgang des Asylverfahrens in UNGARN und damit auch nicht das geringste Interesse an einer Rückkehr in den für Ihn zweifellos Zuständigen Dublinstaat hat.

Obwohl das BAA eine umfassende Prüfung der Angaben des Bf zu den von Ihm behaupteten Missständen durchgeführt hat und diese aufgrund aktueller Länderfeststellungen zu UNGARN entkräften konnte, versucht der AW sich durch diese Behauptungen und das gleichgehend mit der ggst. Schubhaftbeschwerde angestoßene Beschwerdeverfahren beim AGH vor der offensichtlichen und von Ihm nicht widerlegbaren Zuständigkeit UNGARNS und der für Ihn damit zusammenhängenden unmittelbar bevorstehenden Überstellung dorthin zu entziehen.

Es ist daher in höchstem Maße davon auszugehen, dass der BF – auf Freiem Fuß belassen – sich nach Zustellung des Bescheides des BAA und damit verbunden der Durchsetzbarkeit der Ausweisungsentscheidung alles daran gesetzt hätte sich der Ihm dadurch drohenden, unmittelbaren Gefahr der in Kürze bevorstehenden Außerlandesbringung nach UNGARN zu Entziehen und in Österreich in die Anonymität abzutauchen. Schon alleine das Abtauchen in die Anonymität und der damit verbundene unrechtmäßige Aufenthalt stellt eine Verwaltungsübertretung dar. Zudem gab der BF zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens an, er sei mittellos (auch zum Zeitpunkt der Festnahme zur Verhängung der Schubhaft verfügte er über nahezu keine Barmittel), weswegen er auch Unterstützung im Rahmen der Grundversorgung bekam. Aus der Anonymität würde er keinen Zugang zu den finanziellen Zuwendungen der GVS haben, alleine deshalb muss im erhöhten Maß davon ausgegangen werden, dass er sich die finanziellen Mittel für seinen Lebensunterhalt auf anderem als legalem Weg beschaffen werde.

Der BF zeigte keinerlei Interesse nach der – von Ihm in Österreich stets verschwiegenen – Einbringung einer Beschwerde gegen die in I. Instanz negative Entscheidung der ungarischen Asylbehörde den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens in UNGARN zur Verfügung der dortigen Behörden abzuwarten.

In einer vergleichbaren Situation befindet er sich derzeit in Österreich. Spätestens nach der Zustellung des negativen Bescheides des Bundesasylamtes musste ihm bewusst sein, dass seine Asylantragstellung in Österreich und damit der Versuch ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen mit einer in Kürze bevorstehenden Überstellung nach UNGARN enden werde. Da der BF stets und wiederholt zum Ausdruck brachte, keinerlei Interesse an dem von Ihm in UNGARN gestellten Asylantrag zu haben und auch nicht nach UNGARN zurückkehren zu wollen muss von einer erhöhten Gefahr des Abtauchens ausgegangen werden und wurde daher von der BH Vöcklabruck zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2a Z 1 angeordnet.

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG hat die Fremdenpolizeibehörde im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG hat. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

Eine Verpflichtung zur Unterkunftnahme bzw. eine Meldeverpflichtung bei der örtlichen Polizeidienststelle im Rahmen eines Gelinderen Mittels gem. § 77 FPG konnte aufgrund der feststehenden höchsten Sicherungsnotwendigkeit nicht die Anwendung finden. Die Einbehaltung einer finanziellen Sicherheitsleistung – wie ebenfalls als Anwendung des Gelinderen Mittels gem. § 77 FPG vorgesehen – schied mangels vorhandener Barmittel ebenso aus.

Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 76 Abs. 2a FPG lagen zweifellos vor: Der Asylantrag des Obgenannten wurde mit Bescheid des BAA-EAST-West vom 03.07.2013 gem. § 5 Abs. 1 AsylG verbunden mit einer Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG zurückgewiesen. Von der Anordnung eines Gelinderen Mittels war daher aufgrund der Tatsache dass, der BF sich zu jedem Zeitpunkt negativ über den für Ihn zuständigen Dublinstaat UNGARN äußerte und zudem noch während des dort anhängigen Asylverfahrens aus der Verfügbarkeit für die dortigen Behörden abtauchte und erneut illegal eine inneuropäische Grenze überschritt, Abstand zu nehmen. Die vom Bf gemachten widersprüchlichen Angaben hinsichtlich seiner Identität, ohne Vorbringung verwertbarer Identitätsbelege unterstreichen dies zusätzlich. Ein konkreter und vor allem akuter Sicherungsbedarf war und ist daher gegeben und war daher die Festnahme und Verbringung in die Schubhaft anzuordnen.

Der Bf hat gleichgehend mit der ggst. Schubhaftbeschwerde eine Beschwerde im Asylverfahren eingebracht. Diese wird dem AGH durch das BAA umgehend vorgelegt werden. Aufgrund des feststehenden Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass der Bf mit Eintreten der Durchführbarkeit/Rechtskraft der Ausweisungsentscheidung binnen kürzester Zeit nach UNGARN überstellt werden kann. Von einer unverhältnismäßig langen Dauer der Anhaltung in Schubhaft kann daher keine Rede sein.

Seitens der BH Vöcklabruck ist daher beabsichtigt, den BF unmittelbar nach Eintreten der Durchführbarkeit/Rechtskraft der bereits in I. Instanz vorliegenden Ausweisung gem. § 10 AsylG gem. den Bestimmungen des Dubliner Abkommens nach UNGARN abzuschieben.

Abschließend wird seitens der belangten Behörde, wie bereits im bekämpften Schubhaftbescheid geltend gemacht, auf die für die Republik Österreich nachhaltige Wichtigkeit einer Einhaltung des bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens (Dublin II-Verordnung) – darunter insbesondere Artikel 19 Abs. 4 i.V.m. den ausführenden Erläuterungen K 34 – hingewiesen.

Seitens der BH Vöcklabruck wird gebeten die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig ab- bzw. allenfalls mangels eines rechtsgültigen Vollmachtsverhältnisses kostenpflichtig zurückzuweisen."

 

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Punkte auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Bf, Nigerianischer Staatsbürger, 2010 seinen Heimatstaat verlassen und auf illegalem Wege über die Türkei nach Griechenland reiste, wo er ein Asylverfahren führte. Im März 2013 verließ er schließlich Griechenland, um erneut auf illegalem Weg nach Ungarn weiterzureisen und dort erneut einen Asylantrag stellte. Das Asylverfahren in Ungarn wurde für den Bf in erster Instanz negativ entschieden, woraufhin er bereits im Juni 2013 erneut auf illegalem Wege nach Österreich weiterreiste und am 14.6.2013 aus eigener Initiative heraus bei der EAST Ost einen Asylantrag stellte.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.7.2013, Z 1307.999 – EAST-WEST, dem Bf zugestellt am 3.7.2013 unter umgehend darauf folgender fremdenpolizeilicher Inschubhaftnahme, wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 1 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen. Dieser Bescheid ist so wie die Ausweisung auch nach Angaben des BAA-EAST West somit durchsetzbar (vgl. dazu auch die fremdenpolizeiliche Information vom 5.7.2013).

Gegen diesen asylrechtlichen Bescheid wurde seitens des Bf Beschwerde beim Asylgerichtshof erhoben. Aufschiebende Wirkung wurde dieser Beschwerde bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht zuerkannt.

 

Im verfahrensgegenständlichen Fall liegt somit eine durchsetzbare asylrechtliche Ausweisungsentscheidung des Bf nach Ungarn vor. Da der Oö. Verwaltungssenat ebenso wie die Schubhaftbehörde nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung "an eine rechtskräftige bzw. durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme [im Asylverfahren] gebunden" ist (VwGH 20.12.2007, 2004/21/0319; vgl. auch VwGH 6.9.2012, AW 2010/21/0203), die asylrechtliche Entscheidung darüber hinaus durchaus denkmöglich und keineswegs offenkundig verfehlt ist und der Asylgerichtshof bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung der asylrechtlichen Beschwerde des Bf keine aufschiebende Wirkung zugesprochen hat, war der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Schubhaftverfahren an die durchsetzbare Ausweisungsentscheidung der Asylbehörde gebunden und war ihm eine zusätzliche diesbezügliche Prüfung verwehrt.

So konstatierte auch der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 31.8.2006, 2004/21/0138 ausdrücklich, dass die Schubhaftbehörde nur gehalten ist zu prüfen, ob die für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare asylrechtliche Entscheidung aufrecht ist; "trifft dies zu, so ist sie an dessen Bestehen gebunden und hat davon auszugehen. Das gilt [auch] für den unabhängigen Verwaltungssenat bei der Beurteilung einer Schubhaftbeschwerde".

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

 

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 3.7.2013, Z Sich40-2517-2013, seit 3.7.2013 bis dato im Polizeianhaltezentrum Salzburg (Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel am 5.7.2013) in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat gem. § 83 Abs. 1 FPG zur Entscheidung berufen ist. Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 4a FPG.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 leg.cit. genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Ein gelinderes Mittel ist gem. Abs. 3 leg.cit. insbesondere die Anordnung

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

 

3.4.1. Gem. § 76 Abs. 2a Z 1 FPG hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde ua. über einen Asylwerber zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung Schubhaft anzuordnen, wenn gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.

 

Aus fremdenrechtlicher Sicht durfte die belangte Behörde nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates die am 3.7.2013 verhängte Schubhaft dem Grunde nach auf § 76 Abs. 2a Z 1 FPG stützen.

 

3.4.2. Vorweg ist somit festzuhalten, dass der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG erfüllt ist: Der Asylantrag des Bf wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.7.2013, Z 1307.999-EAST-WEST, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und der Bf nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach Ungarn ausgewiesen.

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu; einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundene Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird, was im gegenständlichen Fall im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht der Fall war.

Gemäß Abs. 4 leg.cit. ist die Ausweisung durchsetzbar, wenn einer Beschwerde gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt.

Da gegen den Bf als Asylwerber somit eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG somit grundsätzlich erfüllt.

 

3.4.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg.cit. grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten fünf Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Auch muss schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach zwar dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen; die Möglichkeit der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG bleibt aber auch diesbezüglich zu prüfen.

 

3.4.4. Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde entgegen der Behauptung in der Beschwerde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist.

Der Bf, der im Juni 2013 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und am 14.6.2013 einen Asylantrag stellte, ist mittellos, verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz und ist in Österreich weder sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert; dies geht nicht zuletzt auch aus seiner asylrechtlichen Erstbefragung vom 15.6.2013 hervor (vgl. Z E1/21089/2013-woehre7 im Verwaltungsakt), wo der Bf auf Frage angibt, keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten in Österreich (oder einem anderen EU-Staat) zu haben; diesbezüglich ist im bisherigen Verfahren auch nichts anderes hervorgekommen und wird vom Bf selbst nichts Gegenteiliges vorgebracht.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung (VwGH 20.12.2007, 2007/21/0261) ausführt, kann sich eine Schubhaftnahme auch bei Vorliegen potentieller "Dublin-Fälle" nur dann als gerechtfertigt erweisen, "wenn weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden 'Dublin-Fall' in einem besonderen Licht erscheinen und von daher in einem erhöhten Grad ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen".

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes genügen im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG zwar "weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs" (VwGH 26.8.2010, 2010/21/0234). Dabei betont das Höchstgericht aber, dass solche Hinweise neben dem Vorliegen des Schubhaftgrundes auch im Fall des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG immer erforderlich sind; einem Automatismus dergestalt, dass aus der Verwirklichung des Schubhafttatbestandes des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG ohne Weiteres ein die Schubhaft rechtfertigendes Sicherungsbedürfnis folge, muss am Boden des Gesetzes eine Absage erteilt werden.

 

Besonders ist in diesem Zusammenhang – wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Schubhaftbescheid – zu würdigen, dass der Bf offensichtlich keinesfalls dazu bereit ist, nach Ungarn zurückzukehren. Wenn auch eine fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein – wie auch in der Beschwerdeschrift dargelegt – nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen kann, so ergibt sich im Rahmen einer Gesamtschau des konkreten Einzelfalles doch eindeutig, dass – der belangten Behörde folgend – im vorliegenden Fall von einem erheblichen Sicherungsbedarf auszugehen war und weiterhin ist. Denn anders als im verfahrensgegenständlichen Fall hatte der in der zitierten, in der Beschwerdeschrift vorgebrachten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (VwGH 26.8.2010, 2010/21/0234) betroffene Beschwerdeführer keinen Asylantrag in dem für ihn zuständigen Dublin-Staat Polen gestellt, sondern ist ohne Antragstellung über Polen nach Österreich weitergereist.

Im vorliegenden Fall tauchte der Bf aber während eines noch nicht abgeschlossenen Asylverfahrens in Ungarn unter, um in einem weiteren Mitgliedstaat erneut einen Asylantrag zu stellen.

 

Zwar rechtfertigt der Umstand, dass der Bf bereits in Griechenland und Ungarn die Gewährung von Asyl beantragt hat, unter Berücksichtigung dieser höchstgerichtlichen Judikatur isoliert betrachtet für sich noch nicht den Schluss, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde.

Allerdings hat der Bf sein Asylverfahren in Ungarn nicht zu Ende geführt, sondern ist nach dortiger erstinstanzlich negativer Entscheidung und ihm damit drohender Rückkehr in seinen Heimatstaat umgehend nach Österreich weitergereist, um hier erneut sein Glück in einem Asylverfahren zu versuchen. Ob der Bf die Republik Österreich dabei als einen für ein Asylverfahren qualifizierteren Mitgliedstaat hält, ist in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz, obliegt es doch nicht der diesbezüglich subjektiven Einschätzung des Asylwerbers, welcher Staat der für ihn Bestgeeignete scheint. Andernfalls wäre damit dem als "Asyltourismus" bezeichneten Phänomen Tür und Tor geöffnet.

Im Übrigen führt der Bf in seiner Beschwerde selbst aus, dass er – anders als in Griechenland und Ungarn – Vertrauen in die österreichischen Behörden habe, dass sie seinen Antrag auf internationalen Schutz fair prüfen würden, weshalb er sich auch freiwillig und aus eigener Initiative an die österreichischen Behörden gewandt habe. Da dieses Vertrauen des Bf aufgrund der zwischenzeitlich vorliegenden negativen Asylentscheidung des BAA (vom 3.7.2013) allerdings definitiv erschüttert wurde, ist schon deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass der Bf nunmehr erneut in die Anonymität abtaucht.

 

Hinsichtlich der in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken bezüglich der (von der Asylbehörde in durchaus denkmöglicher Auffassung angenommenen) Zulässigkeit einer Ausweisung nach Ungarn ist aber – wie bereits unter Punkt 2.3. dargelegt – der Oö. Verwaltungssenat an die Entscheidung der Asylbehörde gebunden und ist diese Frage einer (weiteren) Prüfung durch das erkennende Mitglied nicht zugänglich.

 

Durch das vom Bf an den Tag gelegte Verhaltensmuster, bei negativer Asylentscheidung in einen nächsten – ihm besser erscheinenden – Mitgliedstaat weiterzureisen um dort erneut sein asylrechtliches Glück zu versuchen, hat der Bf aber unzweifelhaft gezeigt, dass er im Fall einer – aufgrund der negativen erstinstanzlichen Asylentscheidung in verdichteter Form – drohenden Rückführung nach Nigeria in die Anonymität untertaucht, um sich dem Zugriff der zuständigen Asylbehörden zu entziehen, und nicht davor zurückschreckt, durch illegale Grenzübertritte Asylverfahren in anderen Mitgliedstaaten anzustrengen.

 

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Bf im ungarischen Asylverfahren ein Rechtsmittel gegen die negative Asylentscheidung eingelegt hat <– wie seitens der ungarischen Behörden dargelegt (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen in der im Akt einliegenden ungarischen "Transfer Acceptance" vom 27.6.2013) –> oder – wie vom Bf demgegenüber in seiner Eingabe behauptet – von seiner Beschwerdemöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Denn unabhängig davon hat der Bf sein von ihm selbst in einem Mitgliedstaat angestrengtes Asylverfahren nicht abgewartet und sich nicht zur Verfügung der ungarischen Behörden gehalten sondern ist vielmehr aus eigenen Stücken heraus in einen anderen Mitgliedstaat weitergereist, um dort aufs Neue Asyl zu begehren. Im Übrigen war dem Bf auch sehrj wohl die Möglichkeit einer Beschwerde gegen die negative asylrechtliche Entscheidung der ungarischen Behörden bewusst(vgl. dazu die Angaben des Bf im Rahmen seiner asylrechtlichen Befragung vom 2.7.2013: „[M]an hat ihn [gemeint: einen Brief der ungarischen Behörde] mir erklärt und dass man meinen Asylantrag zurückweisen wird und ich eine Beschwerde einlegen könnte.“

 

Dieses Vorverhalten des Bf lässt den vorliegenden "Dublin-Fall" daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung in einem besonderen Licht erscheinen und von daher – nicht zuletzt auch in Anbetracht der aufgrund der vorliegenden durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung unmittelbar drohenden Außerlandesbringung – in einem erhöhten Grad ein Untertauchen des Bf befürchten. Diesen besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls stehen dabei keinerlei Anhaltspunkte gegenüber, die den Schluss rechtfertigten, es sei anzunehmen, dass der Bf sich auf freiem Fuß belassen den österreichischen Fremdenbehörden zur Verfügung halten und der asylrechtlichen Erledigung seines Asylverfahrens – mit aus derzeitiger Sicht voraussichtlich für ihn negativem Ausgang – harren würde.

 

Selbst unter der Annahme, dass der Bf tatsächlich – wie in der Beschwerde nachdrücklich dargelegt – stets wahrheitsgemäß und mit richtiger Identität den staatlichen Behörden gegenüber aufgetreten ist, ändert dies nichts an der Einschätzung, dass der Bf auf freiem Fuß belassen umgehend untertauchte um erneut aus der Anonymität heraus in einen weiteren Mitgliedstaat weiterzureisen.

 

Wenn der Bf auch selbständig bei der österreichischen Fremdenbehörde zwecks Asylantragstellung vorstellig geworden ist, so tat er dies doch nur mit der primären Intention, in staatlicher Versorgung sein Glück in einem weiteren Asylverfahren zu versuchen. Da der Bf als junger und gesunder Mann auch keine bemerkenswerten sozialen oder familiären Berührungspunkte zu Österreich hat, und in seiner Lebensgestaltung – wie er durch sein bisheriges Verhalten bereits eindrücklich bewiesen hat – ausgesprochen flexibel ist, ist daher davon auszugehen, dass er, auf freiem Fuße belassen, sich erneut dem Zugriff staatlicher Behörden entziehen würde um in der Anonymität erneut in einen weiteren Mitgliedstaat weiterzureisen und dort neuerlich ein Asylverfahren anzustrengen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich daher nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates um einen klassischen Fall von Asyltourismus: Dabei ist es für den Bf grundsätzlich nicht von Belang, in welchem EU-Mitgliedstaat ihm schließlich Asyl gewährt wird. Dies wird im Übrigen auch durch die vorliegende Beschwerde bekräftigt, führt der Bf in dieser doch selbst aus, dass er im Unterschied zu Ungarn in Österreich Vertrauen zu den Behörden habe und sich hier eine faire Prüfung seines Asylantrages erwarte.

 

Aufgrund seines geschilderten bisherigen Verhaltens hat der Bf eindrücklich unter Beweis gestellt, dass er die Rechtsordnungen der EU sowie Österreichs nicht entsprechend respektiert und behördlichen Anordnungen grundsätzlich keine Folge leistet; auch vor illegalen Grenzübertritten scheut der Bf dabei nicht zurück.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf auf freiem Fuß belassen ab dem Zeitpunkt, in dem ihm das Scheitern seines Planes, ein (neuerliches) Asylverfahren in Österreich zu führen, durch Zustellung der erstbehördlichen negativen Asylentscheidung am 3.7.2013 bewusst wurde, binnen Kürze in die Anonymität untergetaucht wäre, um in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen und in einem weiteren EU-Mitgliedstaat erneut sein (asylrechtliches) Glück zu versuchen. Aus dem Verhalten des Bf ist unzweifelhaft abzuleiten, dass er keinesfalls gewillt ist, sich den Rechtsvorschriften des jeweiligen Gastlandes unterzuordnen.

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Bf trotz des Wissens um seine allenfalls in naher Zukunft drohende Überstellung nach Ungarn sich zur ständigen Verfügung der Behörden halten würde.

 

Es war daher zu jedem Zeitpunkt des Schubhaftverfahrens von der unmittelbar drohenden Gefahr des Untertauchens des Bf auszugehen.

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher dargelegter Besonderheiten des konkreten Einzelfalles war und ist daher auch nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates ein erheblicher Sicherungsbedarf seit Verhängung der Schubhaft am 3.7.2013 bis dato jedenfalls zu bejahen.

 

3.5. Damit scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise im konkreten Fall grundsätzlich aus. Eine tägliche Meldepflicht etwa würde den Zweck der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen untertaucht um mit hoher Wahrscheinlichkeit in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen, nicht gewährleisten können.

Die Annahme, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen dem Zugriff der Behörden keineswegs zur Verfügung halten würde, ist durch das bisherige Verhalten des Bf – wie bereits dargelegt – ausreichend dokumentiert.

 

Sowohl die belangte Behörde als auch das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hatte bzw. hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung daher keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann. Vielmehr ist aufgrund des Vorverhaltens des Bf davon auszugehen, dass er sich aufgrund der vorliegenden durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung und der damit verbundenen unmittelbar drohenden Außerlandesbringung erneut – nach dem gleichen Verhaltensmuster wie in Ungarn – in die Anonymität absetzte.

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft und die weitere Anhaltung ist demnach zweifellos auch weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war und ist der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit – entgegen den Ausführungen des Bf in seiner Beschwerde – notwendig.

 

Auch ergibt sich aus der durchsetzbaren asylrechtlichen Ausweisungsentscheidung unter Bezugnahme auf die aktenmäßig ersichtliche positive Zustimmungserklärung der ungarischen Behörden, dass mit einer baldigen Abschiebung des Bf nach Ungarn zu rechnen ist.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls weiterhin nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf in Österreich auch seinen eigenen Angaben zufolge keine besonders ins Treffen zu führenden familiären oder sozialen Bezugspunkte hat.

Eine besondere soziale Integration des Bf in Österreich ist im Übrigen schon allein aufgrund seines äußerst kurzen Aufenthaltes in Österreich von vornherein ausgeschlossen.

 

3.7. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg.cit. darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Da, wie bereits erwähnt, insbesondere aufgrund der vorliegenden durchsetzbaren asylrechtlichen Ausweisungsentscheidung unter Bezugnahme auf die Zustimmungserklärung der ungarischen Behörden nach wie vor mit einer raschen Abschiebung nach Ungarn zu rechnen ist, und sich der Bf erst seit 3.7.2013 in Schubhaft befindet, ergeben sich auch im Entscheidungszeitpunkt hinsichtlich § 80 FPG keine Probleme.

Das Ziel der Schubhaft, die Sicherung der Abschiebung des Bf nach Ungarn, ist daher zum Entscheidungszeitpunkt allein der Aktenlage zufolge durchaus zeitnah erreichbar.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Umstand, dass die belangte Behörde als Zweck der Schubhaft im angefochtenen Bescheid zusätzlich zur zutreffenden Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) irrtümlicher Weise auch die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) nennt, der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Schubhaftbescheides nicht schadet.

 

3.8. Derzeit sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden. Daher war die Beschwerde vom 11.7.2013 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 37,70 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr. L u k a s

 

 

 

 

 

 

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