Linz, 25.07.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf aus Anlass der Beschwerde des I, vertreten durch den M, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck vom 3. Juli 2013 bis zum 24. Juli 2013 im Polizeianhaltezentrum W zu Recht:
II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in einer Höhe von insgesamt 57,40 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Rechtsgrundlage:
§ 83 FPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 3. Juli 2013, Zl. Sich40-2568-2013, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 76 Abs. 2a Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 22/2013 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) S bzw. W vollzogen.
Begründend wurde – soweit diesem Bescheid eigenständige Feststellungen der Fremdenpolizeibehörde zu entnehmen sind – ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 20. Juni 2013 in der Erstaufnahmestelle W einen Asylantrag gestellt habe. Im Zuge der Befragung habe sich ergeben, dass er sich ohne gültige Reisedokumente und Identitätsnachweis im Bundesgebiet aufhalte und zuvor bereits in Griechenland und in der Schweiz einen Asylantrag gestellt habe. In der Folge habe sich daher auch die Schweiz dazu bereit erklärt, den Beschwerdeführer gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Dublin-II-VO zur Durchführung des Asylverfahrens zu übernehmen. Davon ausgehend sei sein in Österreich gestellter Asylantrag sohin mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Juli 2013, Zl. 1308491-EAST-West, als unzulässig zurückgewiesen und seine Ausweisung in die Schweiz verfügt worden. Da seine tatsächliche Identität und Herkunft noch nicht zweifelsfrei feststehe, er mehrfach sowohl seine fehlende Bereitschaft zur Akzeptanz einreiserechtlicher Vorschriften als auch seine Unwilligkeit zur freiwilligen Ausreise demonstriert habe und er zudem weder über einen polizeilich gemeldeten Wohnsitz noch über die zur Bestreitung seines Aufenthalts erforderlichen finanziellen Mittel verfüge, liege daher insgesamt besehen ein erhöhter Sicherungsbedarf vor. Da in der Person des Rechtsmittelwerbers gelegene besondere, gegen eine Schubhaftverhängung sprechende Umstände im vorliegenden Fall nicht erkennbar gewesen seien, sei sohin die Anordnung bloß gelinderer Mittel – wie einer täglichen Meldepflicht – nicht in Betracht zu ziehen gewesen, zumal er dadurch nicht gehindert sei, sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde faktisch durch Untertauchen zu entziehen; auch die Einhebung einer angemessenen finanziellen Sicherheit sei mangels entsprechender Barmittel nicht in Betracht gekommen.
1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft seit dem 3. Juli 2013 hat der Rechtsmittelwerber durch seinen damaligen Rechtsvertreter 10. Juli 2013 per Telefax eine auf § 82 FPG gestützte Beschwerde eingebracht.
Darin wird zunächst eingewendet, dass sich aus Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-VO ergebe, dass ein Fremder grundsätzlich nicht zwangsweise abgeschoben werden, sondern sich selbständig in den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat begeben soll. Außerdem könne eine Abschiebung auch derart durchgeführt werden, dass sich der Fremde auf dem ihm bekannt gegebenen Flughafen einfindet, ohne zuvor in Schubhaft angehalten worden zu sein. Weiters sei zu berücksichtigen, dass der Rechtsmittelwerber aus eigenem bei der Fremdenpolizeibehörde vorgesprochen und dort einen Asylantrag gestellt habe; davon ausgehend hätte er weiterhin in der Grundversorgung belassen werden müssen, sodass sich die Schubhaftanordnung als unverhältnismäßig erweise.
Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft beantragt.
1.3. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat am 11. Juli 2013 den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Ergänzend wurde in dieser neuerlich darauf hingewiesen, dass sich das Asylverfahren bereits in einer finalen Phase befinde und die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Schweiz unmittelbar bevorstehe.
1.4. Mit dem dem damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers um 12:02 Uhr dieses Tages per e-mail zugestellten Erkenntnis vom 12. Juli 2013, Zl. VwSen-401314/4/Gf/Rt, hat der Oö. Verwaltungssenat diese Beschwerde abgewiesen und festgestellt, dass die für Aufrechterhaltung der Schubhaft maßgeblichen Gründe zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung weiterhin vorliegen.
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3. Oktober 2012, G 140/11 u.a.,
durch die Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann.
1.5. Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2013 hat der Rechtsmittelwerber neuerlich eine Beschwerde gegen seine Anhaltung in Schubhaft seit dem 3. Juli 2013 eingebracht.
Darin wird begründend vorgebracht, dass mangels jeglicher Fluchtgefahr anstelle einer Schubhaftverhängung auch gelindere Mittel zur Sicherung des Verfahrens hingereicht hätten. Angesichts dessen, dass die Inschubhaftnahme bereits vor dem Abschluss des Asylverfahrens erfolgte, dränge sich der Eindruck auf, dass dieser in Wahrheit der Charakter einer Strafmaßnahme zukomme.
Daher wurde beantragt, die Festnahme und die Schubhaftanordnung sowie seine weitere Anhaltung als rechtswidrig zu erklären (über seinen darüber hinaus gestellten Antrag, auch die Rechtswidrigkeit seiner für den 24. Juli 2013 geplanten Abschiebung festzustellen, wurde mit dem h. Beschluss vom 23. Juli 2013, Zl. VwSen-420806, bereits eine gesonderte Entscheidung getroffen).
1.6. Die belangte Behörde hat am 24. Juli 2013 den Bezug habenden Akt zu Zl. Sich40-2568-2013 vorgelegt.
1.7. Mit weiterem Schreiben vom 24. Juli 2013 hat der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag auf dem Luftweg nach Genf abgeschoben wurde.
2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zl. Sich40-2568-2013; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Vorbringen der Parteien der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer nach § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG ohnehin nur für ausnahmsweise Sonderkonstellationen gedachten öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
2.2. Im vorliegenden Fall wird der Rechtsmittelwerber auf Grund eines auf § 76 FPG gestützten Bescheides einer Behörde, die ihren Sitz im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat, angehalten; nach § 83 Abs. 1 FPG ist damit die örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde gegeben.
2.3. Dieser hatte, weil hier auch die übrigen Prozessvoraussetzungen des § 67c Abs. 1 und 2 AVG vorliegen, gemäß § 83 Abs. 2 FPG i.V.m. § 67a AVG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.
3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 Z. 3 FPG hat ein Fremder das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung anzurufen, wenn gegen ihn die Schubhaft verhängt wurde.
3.2. Soweit die gegenständliche Beschwerde vom 23. Juli 2013 auch die Phase der Anhaltung des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2013 bis zu der um 12:02 Uhr erfolgten Zustellung des h. Erkenntnisses vom 12. Juli 2013, VwSen-401314/4/Gf/Rt, erfasst, erweist sich diese jedoch als unzulässig; dies deshalb, weil über diesen Zeitraum seitens des Oö. Verwaltungssenates bereits rechtskräftig abgesprochen wurde und insoweit entschiedene Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.
In diesem Umfang war daher die vorliegende Beschwerde zurückzuweisen.
3.3. Aus dem von der belangten Behörde übermittelten Akt resultiert, dass sich seit diesem Zeitpunkt (12. Juli 2013, 12:02 Uhr) auf der Ebene des Sachverhalts keine entscheidungserheblichen Änderungen ergeben haben; derartiges wird im Übrigen auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht vorgebracht – sein nunmehriger Rechtsvertreter dürfte die gegenständliche Beschwerde vielmehr in Unkenntnis dessen, dass zuvor bereits durch den früheren Rechtsfreund des Beschwerdeführers ein gleichgerichteter Rechtsbehelf eingebracht worden war, erhoben haben.
Davon abgesehen kann aber mangels geänderter faktischer Verhältnisse für den nach dem 12. Juli 2013, 12:02 Uhr, liegenden Zeitraum zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des h. Erkenntnisses vom selben Tag, Zl. VwSen-401314, verwiesen werden (siehe ausführlich oben, 1.4.), die hiermit vollinhaltlich auch zur Begründung des vorliegenden Bescheides erhoben wird.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Dr. G r ó f