Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167291/20/Bi/Ka

Linz, 15.07.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 10. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 17. September 2012, VerkR96-25728-2011/Fe/Pos, wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 20. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt Parteiengehör zu Recht erkannt:

 

I. Im Punkt 1) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

     Im Punkt 2) wird der Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 50 Euro und die Ersatzfreiheits­strafe auf 18 Stunden herabgesetzt wird. 

 

II. Im Punkt 1) fallen keine Verfahrenskostenbeiträge an.

     Im Punkt 2) ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz auf 5 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 102 Abs.4 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 2) §§ 20 Abs.1 iVm 52 lit.a Z 11a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 50 Euro ( 24 Stunden EFS) und 2) 70 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er

1) am 4. Juli 2011, 04:20 Uhr, in Kematen/Kr. x, als Lenker des Fahrzeuges x mit diesem mehr Lärm verursacht habe, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb unvermeidbar gewesen wäre, da er zur Nachtzeit unnötigerweise nicht zu hoher Motordrehzahl die Siedlung durchfahren habe, und

2) am 27. Mai 2011, 05:30 Uhr, im OG Neuhofen/Kr., x, die durch Zonenbeschränkung in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstge­schwin­dig­keit von 30 km/h um 23 km/h überschritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz   bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 12 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 20. Juni 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Zeugen x (S) und x (K) sowie des kfztechnischen Amtssachverständigen x durchgeführt. Beide Parteien waren entschuldigt – die Berufungsentscheidung erging nach Wahrung des Parteiengehörs und Stellungnahme des Bw vom 12. Juli 2013.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe damals 2 Jobs gehabt und sich bemüht, dies gut zu machen. Die Anzeigen halte er für Übertreibungen. Dadurch habe er beide Jobs verloren und niemand entschädige ihn dafür. Seine finanzielle Lage habe sich nicht gebessert. Dass ein Auto Lärmverursache, wenn man ein bisschen Gas gebe, sei logisch und nicht strafbar, sofern es technisch überprüft worden sei, was er immer gemacht habe. Das Fahrzeug, einen Peugeot 205, gebe es im Übrigen nicht mehr. Dass er „vollgas“ gefahren sei, könne  man schnell einmal sagen, aber das sei ein Gerücht. Wenn er um 3.00 Uhr Früh Zeitungen ausgefahren habe, seien auch keine Kinder herumgelaufen. Er sei ein aufmerksamer Fahrer und habe schon lange keinen Unfall mehr gehabt. Es tue ihm leid, dass er für Aufregung gesorgt habe, er habe aber seinen Job erledigen müssen. Die Zeitungen habe er bis 6.00 Uhr auszufahren gehabt, sonst habe es Beschwerden und Abzüge bei der Abrechnung gegeben. Er habe sich um schnelle und gewissenhafte Erledigung bemüht, egal ob ihm „Spinner“ einen Vogel gedeutet oder beim Fenster rausgebrüllt hätten. Er denke, er habe genug gebüßt und eine Strafe sei unnötig. Selbst wenn er in der 30er-Zone um 23 km/h zu schnell gewesen sei, könne das sein, aber um 40.20 Uhr seien die Straßen tot und leer, daher interessiere das niemanden – im Übrigen streite er dies ab und fordere dazu Beweise.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die schriftlichen Ausführungen beider Parteien berücksichtigt, die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheits­pflicht des § 289 StGB einvernommen, die von diesen angefertigten Videos eingesehen wurden und ein kfztechnisches SV-Gutachten eingeholt wurde. Da sich der Bw aus beruflichen Gründen für die Verhandlung entschuldigt hat, wurden ihm beide Videos auf DVD samt einer Verhandlungsschrift mit der Einladung zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme übermittelt. Laut Mail von 12. Juli 2013 konnte er die Videos mangels entsprechender Software nicht ansehen, hat aber auf den Fotos sein damaliges Fahrzeug erkannt.

 

Zum Tatvorwurf im Punkt 1), dem Vorwurf der Lärmverursachung in der x in Kematen  an der Krems durch zu hohe Motordreh­zahl, hat der Privatanzeiger S zeugen­schaftlich ausgesagt, der Zeitungsausträger sei extra laut durch die Siedlung und an seinem Haus vorbeigefahren und er habe ihn schon einmal ersucht, das leiser zu machen. Er habe ein Mail an die Polizei in Neuhofen geschickt und der Bw sei beanstandet worden, worauf einige Wochen Ruhe gewesen sei. Das sei eine gerade Straße ohne Steigung, er sei immer um ca 4.30 Uhr bis 5.00 Uhr gekommen und man habe ihn in der Siedlung schon gehört. Er selbst habe gar keine Zeitung abonniert, sondern sein Nachbar. Das sei richtig, dass es in der Siedlung sehr still sei zu dieser Zeit, aber die anderen Zeitungsausträger höre man nicht, nur diesen einen habe man schon kommen gehört. Er habe nicht eingesehen, warum er geweckt werde und dann nicht mehr einschlafen könne. Aus dem Video sei ersichtlich, dass der Bw um 4.20 Uhr sogar mit Zwischengas an seinem Haus vorbeigefahren sei. Er habe das Privatanzeige-Mail am 27. Juni 2011 an die Polizei geschickt; das Video müsse jedenfalls vor diesem Tag gemacht worden sein, aber sicher nicht am 4. Juli 2011.

 

Der SV hat anhand des Videomaterials ausgeführt, der Eindruck einer Lautstärke sei subjektiv und es bestehe keine Möglichkeit, diesen ohne Messtechnik zu objektivieren. Es sei normal, dass sich die Lautstärke eines Fahrzeuges während eines Beschleunigungsvorgangs verändere durch die Erhöhung des Drehzahl­bereichs. Für einen Pkw werde die Lautstärke laut Typenschein in der Weise definiert, dass man mit einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit in einem bestimmten Drehzahlbereich und in einem Abstand von 7,5 m die Lautstärke mit einem geeichten Lautstärkengerät messen müsse. Die Lautstärke nehme mit dem Quadrat der Entfernung ab, dh bei größerer Nähe als 7,5 m verdopple sie sich auch, und der für das Fahrzeug festgelegte Wert gelte auch nur unter bestimmten Prämissen, nämlich einem bestimmten Gang, einer bestimmten Geschwindigkeit und in einem bestimmten Abstand. Wenn diese Voraus­setzungen verändert würden, müsse sich eine andere Lautstärke ergeben und subjektiv ein anderer Eindruck der Lautstärke, die in Bezug auf das ursprüngliche Geräusch höher oder niedriger liegen könne. Daraus sei aber nicht der Schluss zulässig, dass die wahrgenommene Lautstärke in unzulässiger Weise erhöht sei.

 

In rechtlicher Hinsicht war daher mangels Messung der tatsächlichen Laut­stärke mit einem entsprechenden technischen Gerät eine tatsächliche Lautstärke nicht objektivierbar. Außerdem hat sich durch die Zeugenaussage der Tag der Übertretung laut Anzeige geändert und war wegen bereits eingetretener Verfolgungs­verjährung mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

 

Zum Tatvorwurf im Punkt 2), der überhöhten Geschwindigkeit in der 30 km/h-Zone in der x in Neuhofen an der Krems, hat der Privatanzeiger K in der Verhandlung zeugenschaftlich ausgeführt, er habe den Bw öfter gegen 5.30 Uhr durch die Siedlung „rasen“ gesehen habe. Er habe dann mitbekommen, dass die Polizei den Zeitungsausträger beanstanden habe wollen, nur hätten sie dabei kein Glück gehabt. Er habe am 27. Mai 2011 um 5.30 ein Video aufgenommen von Pkw, „nur für sich selbst“, aber als die Polizei am 31. Mai 2011 in seiner Nähe gewesen sei, hätte er den Beamten gesprächsweise davon erzählt. Der Beamte habe sich das Video, schon mit seiner Zustimmung, heruntergeladen. Er selbst habe aber dazu nichts unterschrieben und sei auch keine Niederschrift gemacht worden. Er habe das Video von seinem Fenster im oberen Stock aufgenommen, das Auto des Zeitungsausträgers sei ein älteres und etwas lauter gewesen.

 

Der SV hat dieses Video anhand des in der Natur ausgemessenen Abstands der darauf ersichtlichen Kanaldeckel sowie Echtzeitmessung der Fahrzeit zwischen den Kanaldeckeln mittels Stoppuhr ausgewertet und – völlig nachvollziehbar – eine Geschwindigkeit von jedenfalls 60 km/h errechnet, dh im Ergebnis den Tatvorwurf in technischer Hinsicht gestützt.

Der Bw hat in seiner Stellungnahme vom 12. Juli 2013 dazu ausgeführt, die Geschwindigkeitsfeststellung mache ihn skeptisch, er sei sicher nicht  so schnell gefahren. Die ganze Anzeige scheine ihm etwas übertrieben, der Zeuge sei ihm von unliebsamen Vorfällen und Belästigungen bekannt – der liebe alte Mann habe ihn ganz böse beschimpft. Er habe nur seinen Job gemacht, er habe sich aber auch verändert und sei inzwischen umgezogen. Er werde auch nie wieder Zeitungen ausfahren, das habe sich ohnehin als finanzieller Flop erwiesen und nur Ärger gebracht. Er sei kein Raser, beim Zeitungausfahren seien ihm sehr viele liebe aber auch boshafte Menschen begegnet und manche hätten nur ihre Aggressionen an ihm ablassen wollen und ein Opfer gesucht. Er entschuldige sich für die verlorene Zeit und den Papierkram und bedanke sich für die Aufmerksam­keit und Mühe. Er beantrage Verfahrenseinstellung, da nichts passiert sei.

 

In rechtlicher Hinsicht ist dazu seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates festzuhalten, dass die Geschwindigkeitsfeststellung durch den SV schlüssig und nachvollziehbar ist und die im Schuldspruch vorgeworfene Geschwindigkeit zugunsten des Bw gewählt wurde, dh die vorgeworfenen 53 km/h sind ohne jeden Zweifel objektivierbar. Damit hat der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs. 1lit. StVO bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.    

 

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung die lange Verfahrensdauer als mildernd und zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend gewertet, außerdem ein Nettomonatseinkommen von 900 Euro, das Nichtbestehen von Vermögen und die Sorgepflicht für ein Kind berücksichtigt. 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht der Eindruck, dass zur Übertretungszeit die Beanstandung des Bw in der dortigen Siedlung offenbar zu einer Art „Morgensport“ geworden war, wobei aber trotzdem um diese Zeit dort kein Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr bestanden hat, sodass eine weitere Strafherabsetzung, auch unter Bedachtnahme auf die wiederum lange Dauer des Berufungsverfahrens sowie den Umstand, dass der Bw tatsächlich seine Arbeit als Zeitungsausfahrer verloren hat und von dort weggezogen ist, gerechtfertigt war.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis dazu bemessen wurde.   

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

 

 

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