Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167763/13/Bi/Ka

Linz, 11.07.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau x, vom 19. April 2013 gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 19. April 2013, S-1574/ST/13, wegen Zurückweisung des Einspruchs gegen eine Strafverfügung in Angelegenheit von Übertretungen der StVO 1960, des FSG und des KFG 1967,  aufgrund des Ergebnisses der am 18. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nach Parteiengehör zu Recht erkannt:

 

     Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 49 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Einspruch der Beschuldigten vom 19. April 2013 gegen die zur gleichen Geschäftszahl ergangene Strafver­fügung der Erstinstanz vom 12. März 2013 wegen verspäteter Einbringung als unzulässig zurückgewiesen.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 18. Juni 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Zeugen x (W) durchgeführt. Die Bw war ebenso entschuldigt wie der Vertreter der Erstinstanz.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe keine Kenntnis über die Hinterlegung einer Strafverfügung erlangt, da sie keinen gelben Verständigungs­zettel erhalten habe. Die Postzustellung funktioniere seit der Schließung des Postamtes in x nicht zufriedenstellend.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die bisherigen schriftlichen Ausführungen der Bw und der Erstinstanz berücksichtigt wurden und der genannte Zeuge, Zusteller bei der Österreichischen Post AG, Zustellbasis Steyr, unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde. Anschließend wurde, wie mit der Bw am 18. Juni 2013 telefonisch vereinbart, Parteiengehör gewahrt. Die Bw übermittelte ein BMS-Berechnungs­blatt vom 8. Juli 2013 des Magistrat Steyr zu SH-442/12 und einen Ambulanzbericht des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Linz vom 20. Juni 2013.

 

Laut Verfahrensakt der Erstinstanz wurde von dieser aufgrund der Anzeige des Meldungslegers x, SPK Steyr, vom 19. Februar 2013 die Strafverfügung vom 12. März 2013, S-1574/ST/13-Ott, an die Bw mit der obigen Adresse gerichtet und am 15. März 2013 per Rsa-Brief abgesendet. Laut handschriftlichem Vermerk auf dem Rückschein erfolgte am 18. März 2013 ein erfolgloser Zustellversuch, wobei die Rubrik „Verständigung über die Hinter­legung in Abgabeeinrichtung eingelegt“ angekreuzt ist. Als Beginn der Hinter­legungsfrist wurde der 19. März 2013 und als Ort der Hinterlegung „x“ handschriftlich vermerkt. Die Briefsendung wurde mit dem Vermerk „nicht behoben“ am 9. April 2013 an die Erstinstanz retourniert.

 

Der Zusteller, der Zeuge W, bestätigte in der Berufungsverhandlung, dass bei der Post in Steyr wegen der Schließung zweier Postämter Personalnot bestehe, erkannte aber die handschriftlichen Vermerke auf dem Rsa-Rückschein der Strafverfügung als seine eigenen und bestätigte auch deren Richtigkeit. Er gab an, ihm sei die Bw persönlich bekannt; bei ihrer Adresse handle es sich um ein Mehrparteienhaus mit 6 Wohnungen. Die Bw habe sich beim Zustellversuch am 18. März 2013 auf sein Läuten bei der Haussprechanlage nicht gemeldet, weshalb er den Rückschein ausgefüllt und die Hinterlegungsanzeige in den im Vorhaus befindlichen Briefkasten eingelegt habe. Ihm sei bekannt, dass die Bw ihr Brieffach nicht jeden Tag aber doch regelmäßig leere. Da die Bw keinen Werbeverzicht angebracht habe, sei es möglich, dass die an sich auffällig gelbe Hinterlegungsanzeige unter Werbesendungen geraten und deshalb nicht als solche erkannt und der Rsa-Brief nicht abgeholt worden sei. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Straf­verfügung erlassen hat. Gemäß Abs.2 ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. Im aufgrund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Straf­verfügung. Gemäß Abs.3 ist, wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle … zu hinterlegen. Gemäß     § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustell­vorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Aussage des Zeugen W über seine Vorgehensweise glaubhaft. Die Bw hat keine Ortsabwesenheit behauptet oder belegt, daher war die Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 19. März 2013 rechtswirksam und der Rsa-Brief galt mit diesem Tag als zugestellt, auch wenn die Bw die Hinterlegungsanzeige – ebenfalls glaubhaft – nie gesehen hat. Dafür, dass sie gesundheitlich nicht in der Lage gewesen wäre, den Rsa-Brief von der Post abzuholen, spricht aus den von ihr vorgelegten Unterlagen nichts. Dass sie aufgrund von Werbesendungen die an sich auffällige Hinterlegungsanzeige übersehen und alles zusammen entsorgt hat, ist durchaus möglich. Allerdings ist die Bw selbst für eventuelle Versehen bei der Durchsicht ihres Briefkasteninhalts verantwortlich und es besteht auch die Möglichkeit, die Zustellung von Werbe­sendungen durch Anbringung entsprechender Aufkleber am Briefkasten zu verweigern.

 

Die Einspruchsfrist begann jedenfalls am 19. März 2013 und endete zwei Wochen später am 3. April 2013. Der an die Bw gerichtete Rsa-Brief wurde von der Post am 9. April 2013 mit dem Vermerk „nicht abgeholt“ an die Erstinstanz rück­übermittelt. Der Bw wurde am 19. April 2013 die bereits in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung bei der Erstinstanz persönlich überreicht, allerdings war der an diesem Tag laut Niederschrift sofort eingebrachte Einspruch  zweifelsohne verspätet und daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu bemerken ist, dass damit nicht nur der Schuldspruch, sondern auch die einzelnen Strafbeträge der Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen sind und damit eine Strafmilderung nicht mehr in Betracht kommt. Es steht der Bw frei, bei der Erstinstanz als Vollstreckungsbehörde die Bezahlung der Strafen in Teilbeträgen unter Bedachtnahme auf die nachgewiesenen finanziellen Verhältnisse zu beantragen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

versp. Einspruch – Hinterlegungsanzeige  nicht gefunden

 

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