Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240959/2/Gf/Rt

Linz, 16.07.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des D gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. Mai 2013, Zl. 4813/2013, wegen zwei Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe auf 100 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in dessen Spruch die Gliederungsbezeichnungen „a)“ und „b)“ entfallen und es im Zuge der als verletzt angeführten Verwaltungsvorschriften anstelle von „§§ 5 Abs. 1 Z. 2“ nunmehr „§§ 5 Abs. 1 Z. 1“ zu heißen hat.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 10 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. Mai 2013, Zl. 4813/2013, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geld­strafen in einer Höhe von jeweils 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils 5 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 20 Euro; Untersuchungskosten:  259,12 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 479,12 Euro) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH am 9. Jänner 2013 Lebensmittel, bei denen eine bestimmungsgemäße Verwendung nicht mehr gewährleistet gewesen sei, in deren Lokal in L zur Abgabe an Gäste bereit gehalten und dadurch in Verkehr gebracht habe. Dadurch habe er jeweils eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 2 (gemeint wohl: Z. 1) i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers sowie dessen Reue und Einsichtigkeit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 2.000 Euro; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden. 

1.2. Gegen dieses ihm am 31. Mai 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. Juni 2013 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Berufung. 

Darin wird eingewendet, dass das Ergebnis der Laboranalyse für den Beschwerdeführer schockierend und unerklärlich sei, da in der Küche seines Lokales stets sauber und ordentlich mit Lebensmitteln umgegangen werde. Außerdem sei unmittelbar darauf auf Fertigprodukte umgestellt und besonderes Augenmerk auf den Umgang mit rohem Fleisch gelegt worden.

Da die verhängte Strafe jedenfalls eine merkliche wirtschaftliche Einbuße bedeuten würde, wird – erschließbar – eine Herabsetzung der Höhe der Geldstrafen oder bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 4813/2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden. 

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier den Betrag von 2.000 Euro übersteigende (Einzel-)Geldstrafen nicht verhängt wurden – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG i.V.m. § 5 Abs. 1 Z. 1 und i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 3 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr nicht geeignet sind, in Verkehr bringt.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde einerseits im Wege eines Gutachtens des Institutes für Lebensmittelsicherheit in Linz vom 21. Jänner 2013, Zl. 13004010, festgestellt, dass die vom Lebensmittelaufsichtsorgan im Lokal des Rechtsmittelwerbers gezogene Probe (Burgerlaibchen) einen leicht unreinen, säuerlichen Geruch und einen sehr hohen Gehalt an mesophilen aeroben Keimen aufwies, wodurch eine bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht mehr gegeben war (vgl. S. 4 dieses Gutachtens).

 

Andererseits ergibt sich aus dem Gutachten des Institutes für Lebensmittelsicherheit in Linz vom 22. Jänner 2013, Zl. 13004011, dass auch eine weitere Probe (rohe, zerkleinerte Fleischstücke) Geruchs- und Geschmacksfehler sowie eine hohe Kontamination mit mesophilen aeroben Keimen aufwies, wodurch deren bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht mehr gegeben war (vgl. S. 4 dieses Gutachtens).

 

Indem der Rechtsmittelwerber diesen Feststellungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, diese vielmehr von ihm gar nicht in Abrede gestellt werden, ist die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens sohin als erwiesen anzusehen.

 

3.3. Allerdings ist zu beachten, dass unter dem Aspekt des in Art. 4 des 7.ZPMRK verfassungsmäßig gewährleisteten Rechtes auf Schutz vor einer Doppelbestrafung und ‑verfolgung ein auf dem sog. „Kumulationsprinzip“ fußendes Strafrechtssystem – wie etwa jenes des VStG (vgl. dessen § 22) – zwar weder nach der neueren Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl. z.B. EGMR vom 11. Dezember 2012, 3653/05, im Anschluss an EGMR vom 10. Februar 2009, 14939/03 [Fall „Zolotukhin“]) noch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zuletzt VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013, Pkt. III.2. m.w.N.) grundsätzlich ausgeschlossen ist; die Verfassungsbestimmung des Art. 4 des 7.ZPMRK hindert die Vollzugsbehörden jedoch daran, „eine Tat, also ein[en] Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person“ in mehrere strafbare Handlungen zu zerlegen, „obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente („essential elements“) aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst“ (vgl. VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013, Pkt. III.3.3.). Davon ausgehend ist es also auf der Ebene des Gesetzesvollzuges nunmehr generell geboten, die allgemeine Subsidiaritätsklausel des § 22 VStG dahin verfassungskonform auszulegen, dass eine kumulative Verfolgung und Bestrafung – und zwar unabhängig davon, ob bereits ein abgeschlossenes Verfahren („final decision“) vorliegt oder nicht – stets schon dann und insoweit ausgeschlossen ist, als ein und derselbe Sachverhalt („identical or substantially the same facts“) zugleich den Unrechtsgehalt von zwei hinsichtlich ihrer wesentlichen Elemente („essential elements“) identischen Deliktstatbestände erfüllt, wobei zugleich eine sachlich nicht gerechtfertigte Zerlegung eines objektiv einheitlichen Lebenssachverhaltes in einzelne (gleichsam jeweils per se „tatbestandsgerechte“) Teilbereiche unzulässig ist.

 

3.4. Mit Blick auf den gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer sowohl in Spruchpunkt a) als auch in Spruchpunkt b), der sich jeweils auf den Tatzeitpunkt „09.01.2013“ bezieht, angelastet, in zwei (verschiedenen) Fällen Lebensmittel in Verkehr gebracht zu haben, deren bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht mehr gewährleistet war. Mit Blick auf den Unrechtsgehalt bzw. den Schutzzweck, dem § 5 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 2 LMSVG dient, handelt es sich dabei jedoch objektiv besehen um einen einheitlichen, nicht weiter zerlegbaren Lebenssachverhalt, sodass deshalb unter Zugrundelegung einer verfassungskonformen, dem materiellen Gehalt der Garantie des Art. 4 des 7.ZPMRK verpflichteten Interpretation des § 22 VStG lediglich eine einzige Bestrafung des Rechtsmittelwerbers hätte erfolgen dürfen. In deren Zuge hätte der Umstand, dass der Beschwerdeführer in zweifacher Weise gegen § 5 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 2 LMSVG verstoßen hat, zwar im Zuge der Strafbemessung gemäß § 19 VStG als erschwerend berücksichtigt werden können; der Ausspruch von zwei Einzelgeldstrafen erweist sich jedoch als rechtswidrig.

 

Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung des Umstandes, dass im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren zudem das Verbot der reformatio in peius (vgl. § 51 Abs. 6 VStG) zum Tragen kommt, kann vom Oö. Verwaltungssenat schon von vornherein keine Addition der im angefochtenen Bescheid verhängten Einzelgeldstrafen vorgenommen, sondern im äußersten Fall bloß eine Geldstrafe in jener Höhe, wie diese der höchsten von der belangten Behörde ausgesprochenen Einzelgeldstrafe entspricht, festgesetzt werden.

 

3.5.  Davon ausgehend, dass dem Rechtsmittelwerber zumindest ein fahrlässiges und damit schuldhaftes Verhalten anzulasten ist, weil er es verabsäumt hat, die in seinem Lokal verwendeten Produkte zuvor auf deren Genusstauglichkeit zu kontrollieren, findet es der Oö. Verwaltungssenat sohin als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, eine (Gesamt-)Geldstrafe in Höhe von 100 Euro festzusetzen.

 

3.6. Insoweit war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass in dessen Spruch die Gliederungsbezeichnungen „a)“ und „b“ zu entfallen haben und es im Zuge der als verletzt angeführten Verwaltungsvorschriften anstelle von „§§ 5 Abs. 1 Z. 2“ nunmehr „§§ 5 Abs. 1 Z. 1“ zu heißen hat.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 10 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Der insgesamt zu zahlende Betrag (Strafe, Verfahrenskosten und Untersuchungsgebühren) beläuft sich nunmehr auf 369,12 Euro; auf die Möglichkeit der Beantragung einer Ratenzahlung (§ 54b Abs. 3 VStG) wird hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f



 

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