Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253315/10/Kü/Ai

Linz, 08.07.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau X, vertreten durch X Rechtsanwälte Dr. X, Dr. X, Mag. X, Dr. X, Dr. X, Dr. X, MMag. X, X, X vom 9. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28. September 2012, SV96-74-2011 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2013, zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28. September 2012, SV96-74-2011 wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm mit § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie, Frau X, haben es als Beschäftigerin und als Eigentümerin der Liegenschaft X, Grundbuch X zu verantworten, dass am 25.5.2011, gegen 15.51 Uhr der kroatische und somit ausländische Staatsbürger, X, geb. X, beschäftigt wurde, obwohl für diese Beschäftigung keine der alternativen Voraussetzungen Beschäftigungsbewilligung, Zulassung als Schlüsselkraft, Entsendebewilligung, Anzeigebestätigung, für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein, Rot-Weiß-Rot-Karte plus, Aufenthaltstitel  "Daueraufenthalt-EG", Niederlassungsnachweis des Ausländer­beschäftigungs­gesetzes (AuslBG) vorlag.

 

Die Kontrolle des Finanzamtes Grieskirchen Wels auf Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und ASVG wurde am 25.5.2011 am Grundstück X, Grundbuch X durchgeführt.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung mit der beantragt wird, dass Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass Herr X, als auch X nie bei ihr beschäftigt gewesen seien. Herr X, sei der Bruder ihres Mannes, habe ihnen bei Arbeiten geholfen und habe für diese Hilfe keine Entlohnung bekommen. Diese kurzfristige Bruderhilfe im eigenen Haushalt könne man nicht als Arbeitsbeschäftigungsverhältnis bezeichnen und sei auch nicht als solches anzumelden. Er sei bei ihnen ganz legal auf Besuch gewesen, somit sei ein Verstoß gegen AuslBG und ASVG nicht gegeben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung an welcher die Bw und ihr Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben und der Ehegatte der Bw sowie Herr X als Zeugen einvernommen wurden.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Die Bw bewohnt zusammen mit ihren Ehegatten das Objekt X in X. In diesem Haus sind insgesamt 12 zusätzliche Zimmer vorhanden, die von der Bw zu Wohnzwecken an verschiedene Personen vermietet werden. Vor dem Haus befinden sich 6 Parkplätze, die von den Bewohnern benutzt werden können. Im Mai 2011 beabsichtigte die Bw diese 6 Parkplätze neu zu asphaltieren. Mit den Vorbereitungs- sowie Asphaltierungsarbeiten wurde ein Unternehmen beauftragt. Um Errichtungskosten für die Parkplätze zu sparen, wurde zwischen der beauftragten Firma und der Bw bzw. ihrem Ehegatten vereinbart, dass das für den Unterbau benötigte Schottermaterial nur angeliefert wird und den Einbau der Ehegatte der Bw selbst durchführt. Um diese Arbeiten ausführen zu können, hat sich der Ehegatte der Bw am 25. Mai 2011 einen Minibagger ausgeborgt und hat an diesem Tag damit begonnen den angelieferten Schotter auf den Parkplätzen zu verteilen.

 

Zu dieser Zeit war auch der Bruder des Ehegatten der Bw, Herr X, zu Besuch in X. X ist in Kroatien beschäftigt und ab und zu auf Besuch in Österreich. Im Mai 2011 war er insgesamt 5 Tage zu Besuch bei der Bw.

 

Nachdem X gesehen hat, dass sein Bruder mit dem Minibagger Schotter verteilt, hat er von sich aus zur Schaufel gegriffen und diesem dabei geholfen den Schotter in den Randbereichen zu verteilen. Er hat dies freiwillig gemacht und dafür auch kein Entgelt erhalten. Festzuhalten ist, dass der Ehegatte der Bw auch alleine im Stande gewesen wäre diese Arbeiten auszuführen. Herr X hat insgesamt 3-4 Stunden bei den Arbeiten mitgeholfen.

 

Am Nachmittag ist auch der deutsche Staatsangehörige X, der im Haus der Bw ein Zimmer gemietet hat, beim Parkplatz erschienen und hat im Freien eine Zigarette geraucht. Auch Herr X hat dann von sich aus eine Schaufel genommen und ca. 1 Stunde bei den Schotterplanierungsarbeiten freiwillig mitgeholfen. Er hat für seine Hilfe keine Gegenleistung erhalten. Herr X war zu diesem Zeitpunkt bei der Go-Kart Bahn in X beschäftigt. Die Miete für sein Zimmer im Haus der Bw wurde von seinem Dienstgeber im Vorhinein bezahlt.

 

Am 25.5.2011 nachmittags wurde von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels beim Parkplatz eine Kontrolle durchgeführt und wurden dabei die Herrn X und X bei deren Hilfstätigkeiten gesehen. Im Zuge der Kontrolle wurde die Bw über die Arbeitsleistungen der beiden befragt und gab diese an, dass Herr X der Bruder ihres Ehemannes sei, der zu Besuch ist und freiwillig seine Hilfe angeboten hat. Ebenso gab die Bw gegenüber den Kontrollorganen an, dass Herr X ein Mieter in ihrem Haus sei und freiwillig geholfen habe.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen der Bw in der mündlichen Verhandlung, die dem Grunde nach mit ihren Angaben im Zuge der Kontrolle einwandfrei übereinstimmen. Zudem werden die Aussagen der Bw von den in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen in glaubwürdiger Weise bestätigt, sodass insgesamt beim Unabhängigen Verwaltungssenat keine Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen bestehen. Vielmehr steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat fest, dass sowohl Herr X als auch Herr X von sich aus freiwillig und unentgeltlich bei den Planierungsarbeiten bei den Parkplätzen vor dem Haus der Bw mitgeholfen haben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Dem Einwand der Bw, wonach gegenständlich nur eine kurzfristige, freiwillige Hilfeleistung eines nahen Verwandten und jedenfalls kein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kommt Berechtigung zu. Bei Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein dem Reglement des AuslBG unterliegender Gefälligkeitsdienst des Ausländer(s) anzunehmen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. etwa VwGH vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0153, uva). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auch auf Grund spezifischer Bindungen zwischen den Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammen­hang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen. Bei der Beurteilung der Frage, ob im jeweils konkreten Fall ein derartiger Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, erforderlichen Umständen um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne Weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist daher in diesen Fällen hauptsächlich Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. VwGH vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0089).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zum Schluss, dass die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien des Gefälligkeitsdienstes gegenständlich erfüllt sind. Die spezifische Bindung besteht unzweifelhaft, da es sich bei Herrn X um den Bruder des Ehegatten der Bw handelt, der auf Besuch in Österreich gewesen ist. Der Ehegatte der Bw wäre in der Lage gewesen die Arbeiten auch alleine durchzuführen und hätte keine Hilfe nötig gehabt. Trotzdem hat Herr X von sich aus eine Schaufel genommen und war seinem Bruder bei den Tätigkeiten freiwillig behilflich und hat sich so erkenntlich für die Gastfreundschaft gezeigt. Das Motiv der Arbeitsleistung ist daher geprägt durch die familiäre Bindung. Fest steht zudem, dass nicht vereinbart gewesen ist, dass Herr X irgendeine Gegenleistung für seine Hilfeleistung erhält. Die von X ausgeführten einfachen Handgriffe stellen nach Art, Umfang und Dauer jedenfalls keine Tätigkeit dar, die geeignet wäre den Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG zu erfüllen. Insgesamt ist die Tätigkeit von Herrn X als Gefälligkeitsdienst zu werten, weshalb der Bw die Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht vorgeworfen werden kann und deswegen ihrer Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis aufzuheben war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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