Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401319/4/MZ/WU

Linz, 22.07.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des X, geboren am X, StA der Russischen Föderation, vertreten durch den X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 15. Juli 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs 1 und 83 Abs 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl I 2005/100, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I 2012/50) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II 2008/456.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 15. Juli 2013, GZ: Sich40-2961-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in Verbindung mit § 57 Abs 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und vollzogen. Der Bf befindet sich im Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich noch in Schubhaft.

Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen aus:

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus :

                                        

Sie reisten bereits am 03.02.2011 gemeinsam mit Ihrer Familie, X (AIS 11 01.111 bzw. 12 09.615), X (AIS 12 09.616) und X (AIS 12 09.617) illegal über unbekannt per LKW ins Bundesgebiet ein und stellten ebenso wie Ihre Familie beim BAA EAST-Ost Asylanträge in Österreich. Dieses Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des AGH vom 04.07.2012, zugestellt am 06.07.2012, rechtskräftig negativ gem. §§ 3,8 AsylG iVm einer Ausweisung in den Herkunftsstaat RUSSLAND gem. § 10 AsylG in II. Instanz abgeschlossen.

 

Mit Beschluss des Bezirksgericht Baden vom 21.03.2012, GZ 15 Fam 3/12 h-4 wurden Sie von Ihrer Ehegattin, X, geb. X, StA. v. Russland, einvernehmlich geschieden. In einem Vergleich des Bezirksgerichtes Baden vom 21.03.2012, GZ 15 FAM 3/12 h-3 wurde Ihnen das Gemeinsame Sorgerecht für Ihre Kinder, X und X zugesprochen. Weiters wurden sie zu Unterhaltsleistungen zu Handen der Mutter verpflichtet.

 

Nach der negativen Finalisierung Ihres ersten Asylverfahrens waren Sie noch bis 30.07.2012 im Zentralen Melderegister hauptwohnsitzlich in X X gemeldet. Danach tauchten Sie ohne die Angabe von Gründen Richtung Unbekannt in die Anonymität ab.

 

Am 10.09.2012 erschienen Sie bei der EAST-West und stellten einen neuerlichen Antrag auf Internationalen Schutz (Asyl) in Österreich (AIS 12 12.330). Im Zuge der Einbringung Ihres Asylantrages waren Sie nicht in der Lage ein gültiges Reise- oder Identitätsdokument in Vorlage zu bringen. Im Zug der ersten Asylantragstellung hatten Sie bereits einen russischen Führerschein und eine russische Heiratsurkunde in Vorlage gebracht.

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung zu Ihrem Folge-Asylantrag führten Sie am 10.09.2012 – im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache russisch – gegenüber Beamten der PI X EAST-West an, dass Sie keine Erkrankungen hätten die Sie an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in weiterer folge beeinträchtigen würden. Sie seien allerdings psychisch aus dem Gleichgewicht und hätten im ersten Verfahren bereits medizinische Befunde vorgelegt.

 

Kurz Nachdem die Scheidung ausgesprochen worden sei, sei Ihre Frau mit den Kindern ausgezogen. Sie hätten dann ein Schreiben erhalten, dass Sie bis 30.07.2012 Ihre Unterkunft verlassen müssten, was Sie auch getan hätten. Sie hätten sich seither bei Freunden in X oder X sowie auf öffentlichen Plätzen und Bahnhöfen aufgehalten. Einen festen Wohnsitz hätten Sie seither nicht mehr gehabt. Da Ihre Ex-Frau nun neuerlich um Asyl angesucht habe, hätten Sie ebenso einen neuen Asylantrag gestellt, da Sie Ihre Kinder sehen möchten. Neue Asylgründe hätten Sie keine vorzubringen. Sie hätten Österreich seit der letzen Asylantragstellung nicht verlassen. Befragt was Sie bei einer Rückkehr ins Herkunftsland RUSSLAND zu befürchten hätten sagten Sie aus, Sie müssten dort schlimmstenfalls eine Gefängnisstrafe antreten oder wären gezwungen mit den dortigen Behörden zusammenzuarbeiten.

 

Abgesehen von Ihrer Ex-Frau und Ihren beiden minderjährigen Söhnen, die sei niemand in Österreich aufhältig. Einen weiteren familiären Bezug zu Österreich oder zu einem anderen EU-Staat hätten Sie nicht. Auf die weiters an Sie gerichtete Frage, ob Sie über Barmittel oder andere Unterstützung verfügen führten Sie an, dass Sie bis auf einen Bargeldbetrag von € 140,-- völlig mittellos seien und auch von niemanden eine Unterstützung bekommen.

 

Eine aktuell durchgeführte Abfrage im Zentralen Melderegister ergab, dass Sie derzeit unsteten Aufenthaltes im Bundesgebiet sind und über keinerlei Wohnsitz verfügen.

 

Am 13.09.2012 wurden Sie im Asylverfahren ergänzend niederschriftlich befragt. Im Zuge dieser Befragung wurde Ihnen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Gleichgehend wurde Ihnen mitgeteilt, dass gem. § 10 AsylG ein Ausweisungsverfahren aus dem Bundesgebiet in den Herkunftsstaat RUSSLAND eingeleitet wurde.

 

Dieses zitierte Schreiben wurde Ihnen am 13.09.2012 in der Erstaufnahmestelle West, X nachweislich ausgefolgt.

 

Die BH Vöcklabruck, als örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde, wurde gleich gehend gemäß § 27 Abs. 7 AsylG. 2005 vom Bundesasylamt, EAST-West, in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG. eingeleitet worden ist.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – aufgrund der Tatsache, dass Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Zudem sind Sie mittellos.

 

Durch die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise

è    Abtauchen in die Anonymität, nachdem Ihr erstes Asylverfahren bereits rechtskräftig in II. Instanz abgeschlossen wurde und Sie über Ihre Verpflichtung zur Ausreise in Kenntnis gesetzt wurden.

è    Unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet in der völligen Anonymität.

è    Stellung eines Folge-Asylantrages aus der Anonymität heraus

 

ist es offensichtlich, dass Sie keinerlei Interesse an der freiwilligen Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat RUSSLAND haben. Sie machten bislang weder im Asylverfahren, noch vor den Fremdenbehörden Anstalten freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen und der Ausreiseverpflichtung hinsichtlich der Ausweisung nachzukommen und nach RUSSLAND zurückzukehren.

 

Nachdem aufgrund des geschilderten Sachverhaltes sowie infolge dessen, dass Ihnen auch das Bundesasylamt Ihre gehegte Hoffnung auf eine Legalisierung Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht erfüllen konnte und gegen Sie bereits ein Ausweisungsverfahren gemäß § 10 AsylG nach RUSSLAND eingeleitet worden ist, wovon Sie auch gem. § 29 AsylG nachweislich in Kenntnis gesetzt wurden, ist zu befürchten, dass Sie sich – ohne Sicherungsmaßnahme nach den Bestimmungen des FPG. – dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werden um eine Abschiebung von Österreich nach RUSSLAND mit Erfolg dauerhaft zu vereiteln oder diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu erschweren. Demzufolge sind die Sicherung des Abschiebungsverfahrens bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie die Sicherung der Außerlandesbringung (Abschiebung) von Österreich nach RUSSLAND unbedingt erforderlich.

 

Unter Zugrundelegung des bis an diese Stelle geschilderten Sachverhaltes verzichtete die bescheiderlassende Behörde unter Berücksichtigung Ihrer familiären Situation in Österreich und im Ergebnis einer Einzelfallprüfung auf die Verhängung der Schubhaft über Sie und ordnete stattdessen mit Bescheid vom 13.09.2012 ein Gelinderes Mittels an.

 

Es wurde Ihnen –als Anwendung des gelinderen Mittels- bescheidmäßig aufgetragen, dass Sie ab 13.09.2012 im Gasthaus X, X, Unterkunft zu nehmen bzw. sich an dieser Adresse zur Verfügung der Behörde zu halten haben.

 

Weiters wurde Ihnen aufgetragen, dass Sie sich jeden Tag, und zwar im Zeitraum von 08:00 bis 12:00 Uhr, bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle (Polizeiinspektion X) beginnend mit Freitag, den 14.09.2012, unter Vorweis des Bescheides über das Gelindere Mittel unaufgefordert zu melden haben.

 

Ihr zweiter Asylantrag vom 10.09.2012 wurde schließlich mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, AIS-Zl.: 12 12.330, vom 14.01.2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen. Mit gleichen Bescheid wurden Sie gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG. 2005 (neuerlich) aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in den Herkunftsstaat, die Russische Föderation, ausgewiesen.

 

Die von Ihnen gegen diesen zitierten Bescheid im zweiten Asyl- und Ausweisungsverfahren eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, GZ: D7 424.782-2/2013/5E, vom 17.06.2013 – rechtskräftig seit 13.07.2013 – in allen Spruchpunkten abgewiesen.

 

Unmittelbar nach rk. Finalisierung Ihres zweiten Asyl- und Ausweisungsverfahren, und zwar am 13.07.2013, um 08:05 Uhr, wurden Sie über behördlichen Auftrag der BH Vöcklabruck, von Beamten der PI X in der Ihnen im Rahmen der Anordnung des Gelinderen Mittels aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellten Unterkunft im GH X, nach § 74 Abs. 2 Ziffer 3 i.V.m. § 77 Abs. 5 i.V.m. § 39 Abs. 5 FPG. 2005 festgenommen und zur faktischen Umsetzung Ihrer für Montag, den 15.07.2013 terminisiert gewesenen behördlichen Abschiebung am Luftweg von Wien-Schwechat via dem Zielflughafen Moskau in Ihren Herkunftsstaat, die Russische Föderation, im Stande der Festnahme nach dem FPG. in das PAZ X überstellt.

Am 15.07.2013 wurden Sie von Beamten des PAZ X zum Antritt Ihrer behördlich geplanten unbegleiteten Außerlandesbringung (Abschiebung) vom PAZ X, zum Flughafen Wien-Schwechat, Terminal 240, überstellt.

 

In weiterer Folge wurden Sie am 15.07.2013, um 11:35 Uhr, von Beamten des SPK Schwechat vom Terminal 240 zur vorderen Stiege des Luftfahrzeuges der Aeroflot, Flug-Nr.: SU2351, eskortiert. Im unmittelbaren Anschluss um 11:45 Uhr wurden sie von den einschreitenden Polizeibeamten aufgefordert das Luftfahrzeug für die planmäßige Flugstrecke Wien – Moskau (planmäßiger Abflug um 12:05 Uhr) über die vordere Stiege zu besteigen. Sie äußerten daraufhin die Worte "Angst – Flugzeug nicht fliegen" leisteten der polizeilichen Anweisung nicht Folge und entzogen sich im gleichen Moment aus dem Stande der Festnahme und ergriffen zu Fuß die Flucht in Richtung C 39 des Flughafengeländes Wien-Schwechat. Die einschreitenden Beamten des SPK Schwechat nahmen unverzüglich Ihre Verfolgung auf und konnten Sie kurze Zeit später beim Finger Pier/West – C38, zwischen den Gepäckswagen, am Flughafengelände Wien-Schwechat, anhalten. 

 

Aufgrund Ihres Verhaltens musste schließlich Ihre geplant gewesene unbegleitete Abschiebung von Österreich in die Russische Föderation abgebrochen werden und Sie wurden von den einschreitenden Polizeibeamten im Stande der Festnahme n. d. FPG. 2005 in das Polizeiliche Anhaltezentrum X, zurückgeführt.

 

Durch diesen einzig in Ihrer Verantwortung liegenden Sachverhalt welcher schließlich zum Abbruch der Abschiebung führte, wurde die bescheiderlassende Behörde gezwungen, das für Sie angekaufte Flugticket Wien – Moskau zu stornieren. Ihre behördliche Außerlandesbringung von Österreich in die Russische Föderation, wird seitens der bescheiderlassenden Behörde nun in Begleitung von Polizeibeamten der Einsatzgruppe für Sonderdienste neu zu terminisieren sein.

 

Infolge dessen, dass Ihnen von Seiten der österr. Asylbehörden die von Ihnen durch Ihr vorgetragenes (neuerliches) Asylbegehren gehegte Hoffnung auf eine Legalisierung Ihres irregulären Aufenthaltes nicht erfüllt wurde und Sie (neuerlich) in Ihren Herkunftsstaat, die Russische Föderation, ausgewiesen wurden, gepaart mit der Ihnen nun unmittelbar drohenden behördlichen Außerlandesbringung von Österreich in die Russische Föderation laufen Sie Gefahr den Einsatz Ihrer finanziellen Mittel und Ihres persönlichen Engagements für Ihre irreguläre Migration von der Russischen Föderation nach Österreich als ertraglose Aufwendung abschreiben zu müssen. Dieser Umstand trägt ebenso zur Feststellung einer –in der Gesamtschau des individuell vorliegenden Sachverhaltes, Ihres Verhaltens und Ihrer Motivation- intensiven und akuten Sicherungsnotwendigkeit nach den Bestimmungen des FPG. bei.

 

Die Gesamtheit Ihrer Verhaltensweise lässt in schlüssiger und unmissverständlicher Form Ihre nachhaltige und kategorische Abneigung gegen eine Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat, die Russische Föderation, erkennen.

 

Die Sicherung der Durchsetzung der rk. Ausweisungsentscheidung (Abschiebung) ist somit unbedingt erforderlich.

Zu den von Ihnen im Rahmen Ihrer beiden Asylverfahren geäußerten familiären Bezugspunkte zu Österreich, konkret in der Form Ihrer beiden minderjährigen Kinder und deren Kindesmutter (Ihrer geschiedenen Gattin) wird seitens der bescheiderlassenden Behörde festgehalten, dass Sie dieser familiärere Bezug in Österreich nicht davor abgehalten hat nach rk. negativer Finalisierung Ihres ersten Asyl- und Ausweisungsverfahrens irregulären Aufenthaltes in der völligen Anonymität abzutauchen um dadurch, zumindest jedenfalls im Zeitraum zwischen 31.07.2012 und 10.09.2012, die Möglichkeit eines Zugriffes der österr. Fremdenpolizeibehörde auf Sie mit Erfolg zu vereiteln. Sie stellten dadurch Ihre hohe Flexibilität und Selbstorganisation in Ihrer Lebensführung unter Beweis. Weiters wird festgehalten, dass die von Ihrer Ex-Gattin und Ihren beiden mj. Kinder eingebrachten Asylfolgeanträge –analog zu Ihnen- ebenfalls bereits in II. Instanz rk. als unzulässig zurückgewiesen worden sind und eine rechtskräftige Ausweisung gegen Ihre Ex-Gattin und gegen Ihre beiden mj. Kinder in die Russische Föderation vorliegt. Der gegenwärtige Aufenthalt Ihrer Ex-Gattin und Ihrer beiden mj. Kinder im Gastland Österreich ist demzufolge –ebenso wie Ihr Aufenthalt- irregulär.

 

Selbst bei der Anordnung eines Gelinderen Mittels unter Anwendung von verschärften Auflagen, z.B.: die behördliche Anordnung zur Unterkunftsaufnahme in einem von der Behörde bestimmten Wohnobjekt unter gleich gehender Anordnung einer periodisch kurz gehaltenen Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle, wäre der von Ihnen in einem äußert hohen Maß bereits unter Beweis gestellten Selbstorganisation in der völligen Anonymität in Österreich kein effektiver Einhalt geboten und demzufolge könne somit das von der Behörde zu verfolgende Ziel, nämlich die Sicherung der Außerlandesbringung – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - auch nicht adäquat erreicht werden.

 

Die Möglichkeit einer im Rahmen des Gelinderen Mittels allfällig darüber hinausgehenden zusätzlich anwendbaren Auflage, nämlich eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen, scheidet in Ihrem Fall nunmehr ebenfalls aus, nachdem Sie durch Ihren Versuch sich aus dem Stande der Festnahme am Flughafengelände Wien-Schwechat durch Flucht aus der pol. Gewahrsamnahme zu entziehen um dadurch den Vollzug der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung von Österreich in die Russische Föderation letztmöglich noch zu vereiteln unter Beweis gestellt haben, dass Sie selbst Ihrem persönlichen Gepäck, welches zu diesem Zeitpunkt bereits im Luftfahrzeug eingecheckt war, nicht jene Bedeutung beimessen, welches Sie davon abhalten könnte dieses nicht zurückzulassen sondern davon Abstand nehmen Ihr persönliches Ziel –konkret: einen Zugriff der österr. Behörden auf Sie und damit verbunden Ihre behördliche Außerlandesbringung zu verhindern um sich einen weiteren Verbleib im Bundesgebiet, wenngleich auch irregulär und unstet zu sichern- zu realisieren.

 

Die Anordnung der Schubhaft über Sie ist – nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung – verhältnismäßig, denn Ihrem Recht als Fremder auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das –in diesem Fall überwiegende– Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

 

In diesem Einzelfall ist eine Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme dass der Sicherung zugrunde liegende Endziel –nämlich die behördliche Außerlandesbringung aus Österreich in Ihren Herkunftsstaat, die Russische Föderation– mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und eine konkrete und akute Sicherungsnotwendigkeit  - welcher in der gegenständlich individuell vorliegenden Sachverhaltskonstellation ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

1.2. Gegen den dem Bf am 15. Juli 2013 um 16:10 Uhr persönlich ausgefolgten Schubhaftbescheid sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung per Telefax am Donnerstag den 18. Juli 2013, 14:58 Uhr, Schubhaftbeschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Die Beschwerde begründend führt der Bf wie folgt aus:

 

1) Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen Flüchtling aus der Russischen Föderation.

 

Der Beschwerdeführer wurde aus dem ihm zugewiesenen Quartier im Zuge des gelinderen Mittels am 13.07.2013 in X festgenommen.

 

2) Die Schubhaftverhängung ist im Fall des Beschwerdeführers nicht notwendig, da er seit Verhängung des gelinderen Mittels am 13.09.2012 sämtlichen behördlichen Anweisungen Folge leistete und sich pflichtgemäß regelmäßig bei der Polizei meldete. Die spekulative Annahme der BH Vöcklabruck, der Beschwerdeführer könnte sich in der Anonymität verbergen, ist ohne Grundlage im bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers.

 

3) Der Schubhaftbescheid besteht fast ausschließlich aus Textbausteinen, eine nachvollziehbare, konkrete Erklärung für die eigentliche Notwendigkeit der Schubhaft und den Sicherungsbedarf im Fall des Beschwerdeführers fehlt daher.

 

Die Notwendigkeit der Schubhaft im Fall des Beschwerdeführers wird im Wesentlichen mit fehlenden finanziellen Mitteln, seiner Obdachlosigkeit und der rechtskräftigen Ausweisung begründet.

 

Aus dem Umstand eines abgeschlossenen Asylverfahrens oder fehlender Ausreisewilligkeit kann nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH und des EuGH (siehe C-61/H PPU, El Dridi) die Verhängung von Schubhaft nicht gerechtfertigt werden. Schubhaft hat den alleinigen gesetzlichen Zweck, die unmittelbare Abschiebung zu sichern, im gegenständlichen Fall hat die Behörde eine unmittelbar bevorstehende Abschiebung gar nicht behauptet.

 

4) Auch die Begründung der Behörde, dass der Beschwerdeführer sich über einen Zeitraum von circa zwei Monaten im Jahr 2012 ohne behördliche Meldung war, kann seine Schubhaft nicht rechtfertigen, da dies durch den Umstand der Scheidung von seiner Gattin begründet ist, da er kurzfristig seinen bisherigen Wohnsitz verlassen musste.

 

5) Rechtswidrig ist die Schubhaft und die geplante Abschiebung außerdem aus dem Blickpunkt der Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Beschwerdeführers, da er wenngleich er mit der Mutter seiner Kinder nicht mehr verheiratet ist, dennoch weiterhin die gemeinsame Obsorge für die Kinder besitzt, und er daher nicht von diesen getrennt werden dürfte. Der bloße Verweis, für die Ex-Gattin und die Kinder des Beschwerdeführer lägen ebenfalls rechtskräftige Ausweisungen vor, steht dem nicht entgegen, zumal eine Abschiebung für diese scheinbar derzeit nicht vorgesehen ist.

 

Ich stelle daher den ANTRAG

a) die Anordnung der verhängten Schubhaft,

b) die Festnahme,

c)    die weitere Anhaltung in Schubhaft

d)   und die für 26.07.2013 geplante Abschiebung für rechtswidrig zu erklären,

e)   eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, sowie

f)    der belangten Behörde den Ersatz der Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang aufzuerlegen

 

2.1.1. Mit E-Mail vom 19. Juli 2013 übermittelte die belangte Behörde in Kopie den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

2.1.2. In einer Gegenschrift vom 19. Juli 2013 führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

Eingangs wird sowie im Besonderen auf den im Schubhaftbescheid vom 15.07.2013 umfassend dokumentierten Sachverhalt sowie auf den Inhalt des in Vorlage gebrachten Verwaltungsaktes verwiesen.

Zur, durch die rechtsfreundliche Vertretung des Herrn X, eingebrachten Schubhaftbeschwerde erlaubt sich die BH Vöcklabruck als belangte Behörde zu entgegnen, dass der konkret in diesem Einzelfall vorliegende Sachverhalt von Seiten der belangten Behörde einer Einzelfallprüfung – auch im Hinblick auf eine allfällige Anordnung eines Gelinderen Mittels anstelle der Schubhaft - unterzogen worden ist.

Wie bereits im Sachverhalt des Schubhaftbescheides angeführt befand sich Herr X von 13.09.2012 bis 13.07.2013 im Stande des Gelinderen Mittels zur Verfügung der BH Vöcklabruck. Unmittelbar nach rechtskräftiger Finalisierung des Folgeasylverfahrens durch Zustellung des AGH Erkenntnisses wurde der Bf in seiner durch das Gelindere Mittel angeordneten Unterkunft nach den Bestimmungen des FPG festgenommen und im Stande der Festnahme ins PAZ X überstellt. Seine unbegleitete behördliche Überstellung von Wien nach RUSSLAND (Moskau) war für den 15.07.2013 anberaumt und der Bf wurde nach Durchlaufen des Abschiebeprozedere (Flugtauglichkeitsuntersuchung, Rechtsberatung n.d. FPG) am 15.07.2013 im Stande der Festnahme auf den Flughafen Wien/Schwechat transferiert. Unmittelbar vor Betreten des Flugzeuges – sein Gepäck befand sich bereits an Bord - verweigerte er jedoch mit den Worten "Angst – Flugzeug nicht fliegen" das Einsteigen und trat einen Fluchtversuch über das Rollfeld des Flughafens Wien/Schwechat an. Er konnte jedoch kurze Zeit später durch die Beamten des SPK Schwechat, welche die Verfolgung aufnahmen, gestellt werden.

Durch das von Ihm gesetzte Verhalten machte er die Durchführung der unbegleiteten Überstellung unmöglich. Der Flug musste daher durch die BH Vöcklabruck storniert werden und der BF wurde im Stande der Festnahme in das PAZ X rücktransferiert. Eine Inschubhaftnahme war durch die Behörde bis zu diesem Zeitpunkt nicht beabsichtigt, da der BF jedoch seine unbegleitete Überstellung vereitelte und somit ein neuer Abschiebungstermin für eine Begleitete Abschiebung anberaumt werden musste und der BF durch sein Verhalten am Flughafen eindrucksvoll seinen Ausreiseunwillen und die Nicht-Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden unter Beweis gestellt hatte musste eine neuerliche Sachverhaltsbeurteilung durch die belangte Behörde erfolgen.

Im Ergebnis dieser neuerlichen individuellen Sachverhaltsbeurteilung gelangte die belangte Behörde zu dem Schluss, dass in der Gesamtschau keine gangbare Alternative als die unverzügliche Inschubhaftnahme des BF gegeben ist. Es wurde daher seitens der BH Vöcklabruck am 15.07.2013 die Schubhaft gem. § 76 Abs. 1 FPG angeordnet.

Unverzüglich nach der Anordnung der Schubhaft wurde bereits mit der Organisation der erforderlich gewordene begleiteten Überstellung des BF nach RUSSLAND begonnen. Die Flugtickets für den BF und die 3 Begleitbeamten des Einsatzkommandos für Sonderdienste wurde für den 26.07.2013 gebucht und den russischen Behörden im Wege des BMI zur Ankündigung übermittelt. Eine Flugbuchung für einen früheren Zeitpunkt war aufgrund der 10-tägigen Ankündigungsfrist bei den russischen Behörden und die Erfordernis der Ausstellung von Visa für die Begleitbeamten nicht möglich.

Gegensätzlich zur Schubhaftbeschwerde – in der das vom BF am Flughafen gesetzte Verweigerungsverhalten mit keinem Wort erwähnt wird – stand zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft zwar der konkrete Termin für die zu organisierende begleitete Überstellung noch nicht fest, sehr wohl aber, dass diese in kürzester Zeit stattfinden würde.

Der Schubhaftbescheid wurde vom BF am 15.07.2013 um 16:10 Uhr nachweislich entgegengenommen. Der rechtsfreundliche Vertreter des BF erhielt diesen um 17:34 Uhr per FAX. Der neue Abschiebetermin wurde nachdem alle Vorraussetzungen eingeholt waren am 15.07.2013 um 17:25 Uhr nachweislich dem BF und dem rechtsfreundlichen Vertreter per Fax um 18:46 mit Verständigung gem. § 58 Abs. 2 FPG zur Kenntnis gebracht.

Die begleitete Überstellung steht sohin für den 26.07.2013, Abflug in Wien/Schwechat 12:05 Uhr fest und wurde sowohl der BF als auch dessen Vertretung davon nachweislich und unverzüglich in Kenntnis gesetzt.

Auf telefonische Nachfrage der BH Vöcklabruck bei der für die Ex-Frau und die Kinder des BF örtlich zuständigen BH Baden wurde die Auskunft erteilt, dass nachdem deren Folgeasylverfahren ebenfalls bereits in II. Instanz rechtskräftig negativ abgeschlossen ist das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits eingeleitet wird und somit davon auszugehen ist, dass die Familie des BF – die seinen einzigen Bezugspunkt in Österreich darstellt – in kürzester Zeit ebenfalls nach RUSSLAND überstellt werden wird.

Betreffend des Familienbezuges erging seitens der BH Vöcklabruck eine Anfrage zur Zustimmung zur geplanten fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahme an die LPD , welche der Durchführung der für 26.07.2013 anberaumten Überstellung des BF Zustimmte (siehe Zustimmung im Fremdenakt)

Da alle Vorraussetzung für die Überstellung des BF vorliegen und er zudem von seinem Abschiebetermin und der Tatsache, dass diese aufgrund seines Verhaltens nunmehr begleitete erfolgen wird in Kenntnis ist, ist in höchstem Maße davon auszugehen, dass der BF – auf Freiem Fuß belassen - alles daran setzen wird sich der unmittelbar bevorstehenden Außerlandesbringung nach RUSSLAND zu Entziehen und in Österreich in die Anonymität abzutauchen und somit die bereits anberaumte Überstellung neuerlich zu Vereiteln.

Eine Verpflichtung zur Unterkunftnahme bzw. eine Meldeverpflichtung bei der örtlichen Polizeidienststelle im Rahmen eines Gelinderen Mittels gem. § 77 FPG konnte aufgrund der feststehenden höchsten Sicherungsnotwendigkeit nicht die Anwendung finden. Die Einbehaltung einer finanziellen Sicherheitsleistung – wie ebenfalls als Anwendung des Gelinderen Mittels gem. § 77 FPG vorgesehen – schied aufgrund der Tatsache, dass der BF anlässlich seiner Vereitelung eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass er das Zurücklassen seiner Effekten (Gepäck befand sich bereits im Flugzeug) willentlich in Kauf nehmen würde um sich der Behörde entziehen und abermals in die Anonymität abzutauchen.

Da der BF bereits von seinem neuen Abschiebetermin in Kenntnis ist kann von einer unverhältnismäßig langen Dauer der Anhaltung in Schubhaft ebenso keine Rede sein.

Seitens der BH Vöcklabruck ist daher beabsichtigt, den BF in Folge der Vorliegenden Rechtskraft der bereits zweiten Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG in den Herkunftsstaat RUSSLAND in II. Instanz in seinen Herkunftsstaat abzuschieben.

Seitens der BH Vöcklabruck wird gebeten die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, konnte – trotz diesbezüglichen Antrags – von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 Z 1 FPG abgesehen werden.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – vom Bf nicht bestrittenen – unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 83 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100, in der geltenden Fassung, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 leg cit richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde seit 15. Juli 2013 in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist. Da die Anhaltung in Schubhaft bis dato noch andauert, ist binnen einer Woche (§ 83 Abs 2 Z 2 FPG) im Sinne des § 83 Abs 4 FPG auch festzustellen, ob die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

3.2.1. Gemäß § 76 Abs 1 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs 2 Z 1 FPG.

 

 

Gemäß § 77 Abs 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der mittellose Bf, dessen Folgeasylverfahren mit 13. Juli 2013 rechtskräftig negativ abgeschlossen und der gemäß § 10 Abs 1 Z 1 des Asylgesetzes 2005 in die Russische Föderation ausgewiesen wurde (siehe das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17. Juni 2013, GZ: D7 424.782-2/2013/5E), fraglos nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist. In diesem Sinn war die belangte Behörde auch grundsätzlich angehalten, die ggst Schubhaft auf § 76 Abs 1 FPG zu stützen.

 

Vor diesem Hintergrund wählte die belangte Behörde auch zurecht als Ziel der Schubhaft die Abschiebung.

 

3.2.3.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs 1 (wie auch Abs 2) FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten lassen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs 1 FPG entziehen wird. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.2.3.2. Eingangs ist festzuhalten, dass der im Februar 2011 illegal ins Bundesgebiet eingereiste und – soweit aus dem Akt ersichtlich – seit seiner Einreise stets mittellose Bf nach dem für ihn negativen Abschluss seines ersten Asylverfahrens im Juli 2012 für mehrere Wochen in die Anonymität untergetaucht war (siehe diesbezüglich den im Akt befindlichen Auszug aus dem Melderegister, wonach der [sich in diesem Zeitraum in der Bundesbetreuung befindliche] Bf von 18. März 2011 bis zum 30. Juli 2012 in X gemeldet war). Am 10. September 2012 erfolgte dann die Stellung eines Folgeasylantrages.

 

Beim heutigen behördlichen Kenntnisstand legt schon das mehrwöchige „Verschwinden von der Bildfläche“ des Bf den Schluss nahe, dass dieser, mit seiner rechtskräftigen Ausweisung aus dem Bundesgebiet konfrontiert, zunächst einmal seinen Aufenthalt im Inland zu sichern versuchte, indem er sich dem behördlichen Zugriff entzog. Erst als er in der Stellung eines Folgeasylantrages die Möglichkeit sah, seinen Verbleib im Bundesgebiet vorerst weiter abzusichern, dürfte der Bf sich wieder den Behörden zur Verfügung gestellt haben. Wenn der Bf in der Beschwerdeschrift geltend macht, er habe aufgrund der Scheidung von seiner Gattin kurzfristig die Wohnung verlassen müssen, so ist ihm zu entgegnen, dass die Scheidung bereits am 21. März 2012 erfolgte und er sohin nicht gehindert war, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Zudem hätte ihn zweifellos auch ein kurzfristiger Auszug aus der vormals ehelichen Wohnung nicht daran gehindert, die gesetzlich vorgeschriebene polizeiliche Meldung zu veranlassen. Schließlich liegt der Schluss nahe, dass die Aufgabe des Wohnsitzes auch in der Beendigung der Bundesbetreuung begründet ist (siehe das diesbezügliche Schreiben des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. Juli 2012, GZ: IVW2-K-A-14893/002-2012).

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 13. September 2012, GZ: Sich40-2961-2012, wurde dem Bf in Folge seiner neuerlichen Asylantragstellung aufgetragen, im Gasthof X in X Unterkunft zu nehmen und sich dort der Behörde zur Verfügung zu halten. Darüber hinaus erhielt der Bf den Auftrag, sich täglich bei der nächsten Sicherheitsdienststelle zu melden. Diesen Vorgaben kam der – sich nun wiederum in der Grundversorgung befindliche – Bf über mehrere Monate hinweg auch nach. Aufgrund seines (vorerst) kooperativen Verhaltens wurde von der belangten Behörde in Folge auch eine unbegleitete Abschiebung am 15. Juli 2013 vorgesehen.

 

Im Rahmen dieser versuchten Abschiebung hat der Bf in Folge jedoch mehr als deutlich zu erkennen gegeben, dass er nicht weiter mit den Fremdenbehörden zu kooperieren gedenke und keinesfalls bereit ist, in die Russische Föderation zurückkehren. Es dürfte ihm im Zuge des Abschiebevorganges klar geworden sein, dass die Weigerung, das Flugzeug zu besteigen, seine letzte Möglichkeit darstellt, in Österreich zu verbleiben. Da ihm auch klar gewesen sein dürfte, dass er sein Ziel lediglich durch die Vereitelung der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung nur sehr kurzfristig erreichen wird können, unternahm der Bf auch sofort den Versuch, sich durch Flucht dem weiteren behördlichen Zugriff zu entziehen (siehe den diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 15. Juli 2013, GZ: E1/87561/2013-SPK).

 

Von der belangten Behörde wurde der Fluchtversuch des Bf als das tragende Argument für die Verhängung der Schubhaft herangezogen. Wenn dieser in der Beschwerdeschrift dieses Sachverhaltselement totschweigt und vorbringt, die belangte Behörde stütze seine Anhaltung unter Zuhilfenahme von Textbausteinen im Wesentlichen auf seine fehlenden finanziellen Mittel, seine Obdachlosigkeit sowie seine rechtskräftige Ausweisung, so ist ihm zu entgegnen, dass sich derartige Ausführungen nicht im angefochtenen Bescheid finden und die genannten Punkte lediglich im Zuge einer Gesamtschau bei der behördlichen Entscheidung Eingang gefunden haben. Auch dass die belangte Behörde bei der Begründung ihres Bescheides lediglich Textbausteine verwendet, also die ggst Angelegenheit keiner konkreten Prüfung unterzogen hätte, kann der Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich teilt daher die Auffassung der belangten Behörde, dass der Bf, wie er sowohl nach Beendigung des ersten Asylverfahrens sowie auch des zweiten Asylverfahrens unter Beweis gestellt hat, nicht beabsichtigt, der rechtskräftigen Ausweisung Folge zu leisten und das Bundesgebiet zu verlassen.

 

3.2.3.3. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass der kurz zuvor einen Fluchtversuch unternommen habende Bf, auf freiem Fuß belassen, wiederum versuchen wird, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen.

 

3.3. Die Verhängung der Schubhaft war zum in Rede stehenden Zeitpunkt auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit stand das dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherung seiner Außerlandesschaffung entgegen.

 

3.4. Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können; dies unter anderem auch, weil der mittellose Bf im Gebiet der belangten Behörde den Aufenthalt nicht legal bestreiten könnte, um den Anordnungen entsprechen zu können.

 

Zudem bewies der Bf schon in jüngster Vergangenheit, dass er nicht bereit ist, behördlichen Anordnungen zu entsprechen.

 

3.5. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass bereits im Verfahren vor dem BAA das in diesem Verfahren gemachte Vorbringen, die in gemeinsamer Obsorge befindlichen Kinder sehen zu wollen, von der hiezu zuständigen Behörde einer entsprechenden Prüfung unterzogen wurde und dennoch – mit ausführlicher Begründung – die Zurückweisung des vom Bf gestellten Antrages bzw dessen Ausweisung erfolgte (siehe den Bescheid des BAA vom 14. Jänner 2013, AZ: 12 12.330 sowie das Erkenntnis des AsylGH vom 17. Juni 2013, Zl. D7 424782-2/2013/5E). Bereits vor diesem Hintergrund vermag das nunmehrige Vorbringen des Bf nicht zum gewünschten Erfolg zu verhelfen.

 

3.6.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.     zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.6.2. Die belangte Behörde nahm unmittelbar nach der Inhaftierung des Bf alle Maßnahmen vor, um den Bf im Wege einer begleitenden Abschiebung am 26. Juli 2013 außer Landes zu verbringen.

 

Der Bf wird gegenwärtig seit 7 Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch beträchtliche Zeit andauern werde, zumal die für eine Außerlandesbringung des Bf notwendigen Maßnahmen durch die belangte Behörde bereits für die fehlgeschlagene Abschiebung am 15. Juli 2013 getroffen wurden bzw für die nunmehrige für den 26. Juli 2013 geplante Abschiebung konsequent verfolgt werden.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung des Bf in die Russische Föderation, ist zum Entscheidungszeitpunkt vermutlich absolut zeitnah erreichbar. Umstände, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung des Bf sprechen würden, sind aktuell keine bekannt.

 

3.7. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs 1, Abs 3 und Abs 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

 

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