Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240953/2/Gf/Rt

Linz, 08.07.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung der M, vertreten durch RA Dr. P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 19. Juni 2013, Zl. SanRB96-2013, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch Untersuchungsgebühren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG; § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 19. Juni 2013, Zl. SanRB96-2013, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geld­strafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 5 Euro; Untersuchungsgebühren: 79 Euro) verhängt, weil sie es als verantwortliche Beauftragte einer GmbH&CoKG zu vertreten habe, dass von dieser am 7. Februar 2013 in einem Geschäftslokal in A falsch gekennzeichnete Ware durch Bereithalten zum Verkauf in Verkehr gebracht worden sei. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 4 Abs. 1 Z. 7a der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 165/2008 (im Folgenden: LMKV), i.V.m. § 6 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 39/2013 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb sie nach § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG zu bestrafen gewesen sei. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das der Beschwerdeführerin angelastete Tatverhalten auf Grund der Wahrnehmungen des Lebensmittelaufsichtsorganes und entsprechender Feststellungen der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Linz als erwiesen anzusehen sei und ein Verschulden insbesondere darin liege, dass die zentral erstellten Etiketten von der Rechtsmittelwerberin nicht schon zuvor auf deren Richtigkeit überprüft, sondern erst nach entsprechender Beanstandung eine Rücksprache mit der Unternehmensleitung erfolgt sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; ihre mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 1.200 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden. 

1.2. Gegen dieses ihr am 20. Juni 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Juni 2013 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung. 

Darin wird zunächst eingewendet, dass die belangte Behörde keine Feststellungen dahin getroffen habe, ob das beanstandete Produkt tatsächlich zur freien Entnahme in den Regal bereit gehalten worden sei; tatsächlich sei dieses nämlich lediglich im Wege der Bedienung durch Mitarbeiter der Filiale an die Kunden abgegeben worden. Außerdem sei der Inhalt der Etiketten nicht von der Beschwerdeführerin, sondern seitens der Unternehmensleitung erstellt worden, wobei die Etiketten von den Filialmitarbeitern nur ausgedruckt, nicht aber auch inhaltlich umgestaltet werden könnten: Die Dateneingabe erfolge ausschließlich seitens der Unternehmenszentrale, wobei für diesen Bereich auch eigens ein verantwortlicher Beauftragter i.S.d. § 9 VStG bestellt worden sei. Daher könne ihr insoweit jedenfalls keine persönliche Haftung bzw. kein persönliches Verschulden angelastet werden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe oder bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Eferding zu Zl. SanRB96-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 LMSVG und i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 7a Satz LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der verpackte Waren in Verkehr bringt, ohne die bei ihrer Herstellung verwendete Menge einer Zutat anzugeben.

 

3.2. Aus der systematischen Konzeption der Z. 7a des § 4 Abs. 1 LMKV geht zweifelsfrei hervor, dass diese Ordnungsvorschrift zunächst in lit. a drei Fälle – und zwar alternativ (arg.: „oder“) – unterscheidet, in denen die bei der Herstellung des Lebensmittels verwendeten Zutaten anzugeben sind. Daraus folgt zum einen, dass ein essentieller Bestandteil des Spruches des Straferkenntnisses i.S.d. § 44a Z. 1 VStG darin besteht, zu konkretisieren, unter welche dieser Alternativen der dem Beschuldigten angelastete Sachverhalt zu subsumieren ist; zum anderen ergibt sich daraus e contrario, dass eine Angabe von Zutaten ex lege überhaupt nicht gefordert ist, wenn in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine dieser drei Alternativen erfüllt ist – auch dies ist im Sinne eines „negativen Tatbestandsmerkmals“ im Spruch des Straferkenntnisses klarzustellen. Gleiches gilt auch hinsichtlich der in § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. b und lit. c LMKV angeführten, als negative Tatbestandelemente anzusehenden Ausnahmeregelungen.

 

Erst wenn daher anhand entsprechend konkret-fallbezogener Sachverhaltselemente feststeht, dass überhaupt eine Verpflichtung zur Angabe der Zutaten besteht, stellt sich davon ausgehend die weitere Frage, ob in concreto Fall der Anteil der Zutat in Prozent anzugeben war – wie dies § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. d LMKV im Sinne einer generellen Regelung zu fordern scheint – oder ob nicht eine Ausnahmesituation i.S.d. § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. d sublit. i bis sublit. iv LMKV (die wiederum als negative Tatbestandsmerkmale anzusehen sind) vorlag.

 

3.3. In Verkennung dieser Zusammenhänge hat das Institut für Lebensmittelsicherheit Linz in seinem Gutachten vom 15. März 2013, Zl. 13016356, lediglich apodiktisch festgestellt (vgl. S. 5):

 

Die vorliegende Probe ‚Thunfischsalat‘ unterliegt als verpacktes Lebensmittel der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 72/1993 i.d.g.F.

 

Folgendes gemäß § 4 Abs. 1 vorgeschriebene Kennzeichnungselement entspricht nicht den dort genannten Anforderungen:

 

Ziffer 7a (Menge einer Zutat oder Zutatenklasse)

ist mangelhaft:

Die mengenmäßige Angabe der Zutat ‚Thunfisch‘ ist als Prozentsatz anzugeben. Die Angabe ‚g‘ ist nicht ausreichend.

 

Abgesehen davon, dass jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob bzw. inwieweit die Substanz „Thunfisch“ im gegebenen Zusammenhang überhaupt als eine „Zutat“ i.S.d. Art. 6 der Richtlinie 2000/13/EG anzusehen ist, fehlt, kann aber auch dem angefochtenen Bescheid keinerlei Begründung dafür entnommen, welche der in § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. a LMKV genannten Alternativen dafür herangezogen wurde, eine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe dieses Stoffes als Zutat auf der Verpackung zu begründen. Davon ausgehend fehlt naturgemäß auch die notwendige Prüfung – und die sich daran anschließende Konkretisierung im Spruch des Straferkenntnisses – dahin, ob hier die Ausnahmetatbestände des § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. b und lit. c LMKV einerseits bzw. des § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. d sublit. i bis sublit. iv LMKV andererseits vorlagen.

 

3.4. Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Ergebnis sohin den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG nicht gerecht wird, war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG sohin schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren – weil die Beschwerdeführerin eine derartige Tat, wie sie ihr mit dem bekämpften Bescheid angelastet wurde, jedenfalls nicht begangen hat – nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4.1. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

4.2. Mangels Strafausspruch entfällt nach § 71 Abs. 3 LMSVG auch die Vorschreibung von Untersuchungsgebühren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

 

VwSen-240953/2/Gf/Rt vom 8. Juli 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

32000L0013 Etikettierungs-RL Art6;

LMKV 1993 §4 Abs1 Z7a;

VStG §44a Z1

 

 

* Aus der systematischen Konzeption des § 4 Abs. 1 Z 7a LMKV geht zweifelsfrei hervor, dass diese Ordnungsvorschrift zunächst in ihrer lit. a drei Fälle – und zwar alternativ (arg.: „oder“) – unterscheidet, in denen die bei der Herstellung des Lebensmittels verwendeten Zutaten anzugeben sind. Daraus folgt zum einen, dass ein essentieller Bestandteil des Spruches des Straferkenntnisses iSd § 44a Z 1 VStG darin besteht, zu konkretisieren, unter welche dieser Alternativen der dem Beschuldigten angelastete Sachverhalt zu subsumieren ist; zum anderen ergibt sich daraus e contrario, dass eine Angabe von Zutaten ex lege überhaupt nicht gefordert ist, wenn in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine dieser drei Alternativen vorliegt – und auch dies ist im Sinne eines „negativen Tatbestandsmerkmals“ spruchmäßig entsprechend klarzustellen; Letzteres gilt schließlich auch hinsichtlich der in § 4 Abs. 1 Z 7a lit. b und lit. c LMKV angeführten Ausnahmeregelungen.

 

* Erst wenn daher anhand entsprechend konkret-fallbezogener Sachverhaltselemente feststeht, dass überhaupt eine Verpflichtung zur Angabe der Zutaten besteht, stellt sich davon ausgehend die weitere Frage, ob in concreto Fall der Anteil der Zutat in Prozent anzugeben war – wie dies § 4 Abs. 1 Z 7a lit. d LMKV im Sinne einer generellen Regelung zu fordern scheint – oder ob nicht eine Ausnahmesituation iSd § 4 Abs. 1 Z 7a lit. d sublit. i bis sublit. iv LMKV (die jeweils wiederum als negative Tatbestandsmerkmale anzusehen sind) vorlag.

 

* Abgesehen davon, dass im angefochtenen Straferkenntnis jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob bzw. inwieweit die Substanz „Thunfisch“ im gegebenen Zusammenhang überhaupt als eine „Zutat“ iSd Art. 6 der Richtlinie 2000/13/EG anzusehen ist, fehlt, kann diesem aber auch keinerlei Begründung dafür entnommen, welche der in § 4 Abs. 1 Z 7a lit. a LMKV genannten Alternativen dafür herangezogen wurde, eine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe dieses Stoffes als Zutat auf der Verpackung zu begründen. Davon ausgehend fehlt naturgemäß auch die notwendige Prüfung – und die sich daran anschließende Konkretisierung im Spruch des Straferkenntnisses – dahin, ob hier die Ausnahmetatbestände des § 4 Abs. 1 Z 7a lit. b und lit. c LMKV einerseits bzw. des § 4 Abs. 1 Z 7a lit. d sublit. i bis sublit. iv LMKV andererseits vorlagen.

 

 

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