Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420779/14/Gf/Rt VwSen-440155/2/Gf/Rt

Linz, 21.03.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Beschwerde des A wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Gmunden am 5. Dezember 2012 nach der am 12. März 2013 durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. In seiner am 15. Jänner 2013 zur Post gegebenen Beschwerde wird vom Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vorgebracht, dass er am 5. Dezember 2012 etwa um die Mittagszeit gegenüber einem Beamten der PVA telefonisch geäußert habe, dass er dann, wenn ihm eine bestimmte Leistung aus der Pensionsversicherung gepfändet würde, die für die Erhaltung seiner Liegenschaft zu leistenden Aufwendungen nicht mehr erbringen könne; vielmehr "bleibe einem Menschen keine andere Wahl, als sich das Leben zu nehmen".

 

Wenig später sei er von der Polizei dazu aufgefordert worden, seine Haustüre zu öffnen, was er jedoch verweigerte. Erst einige Stunden danach, etwa gegen 15:30 Uhr, habe er über erneute Aufforderung und nach einem Telefonat mit einem anderen Mitarbeiter der PVA seine Haustüre geöffnet. Sofort seine mehrere vermummte Personen hereingestürzt, hätten sich auf ihn geworfen und ihn gegen die Wand gedrängt. Dabei habe er sogleich einen stechenden Schmerz an der rechten Schulter und am Knie verspürt. Seither sei dieses Knie – er trage an beiden Kniegelenken jeweils eine Prothese – geschwollen und zudem schmerze es auch ständig. In der Folge sei er dann unsanft an einen Sessel geschnallt und dem Amtsarzt vorgeführt worden.

 

Da diese Vorgangsweise, insbesondere die Festnahme, nicht dem Gesetz entsprochen habe, wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Zwangsakte beantragt.

 

1.2. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Bezug habenden Akt zu Zl. Sich01-15-2013 vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Begründend wird dazu in rechtlicher Hinsicht vorgebracht, dass die einschreitenden Beamten die Selbstmorddrohung des Rechtsmittelwerbers sehr ernst hätten nehmen müssen. Insbesondere als sich jener trotz mehrfacher Aufforderung beharrlich geweigert habe, die Wohnungstüre zu öffnen, sondern vielmehr seine vorangegangene Selbstmorddrohung sogar noch mehrfach verstärkt habe, habe man sich schließlich dazu entschlossen, die Sondereinheit "Cobra" beizuziehen. Nach vorerst ergebnislosen Verhandlungen sei es gegen 15:30 Uhr endlich gelungen, den Beschwerdeführer unter einem Vorwand zum Öffnen der Haustüre zu bewegen. Unmittelbar darauf seien die "Cobra"-Beamten in die Wohnung eingedrungen und der Beschwerdeführer zwecks Vorführung zum Amtsarzt fest genommen worden, wobei auch ein mit 5. Dezember 2012 datiertes und als "Abschiedsbrief" tituliertes Schreiben vorgefunden worden sei. Zwecks Verhinderung einer Eigen- und Fremdgefährdung hätten ihm bei der Festnahme und während der anschließenden Überstellung zum Amtsarzt auch Handschellen angelegt werden müssen. Da er sich noch vor der ärztlichen Untersuchung wieder beruhigt gehabt habe, hätten ihm diese dann wieder abgenommen werden können.

 

Vor einem derartigen Hintergrund würden sich die auf § 46 i.V.m. § 50 Sicherheitspolizeigesetz gegründeten Zwangsakte somit nicht als rechtswidrig erweisen. 

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. Sich01-15-2013 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 12. März 2013, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und Mag. S als Vertreter der belangten Behörde sowie der Zeuge RI M L (Polizeiinspektion V) erschienen sind.

 

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Am 5. Dezember 2012 ging etwa gegen Mittag ein Anruf bei der Polizeiinspektion (PI) V ein, mit dem der Zeuge durch einen Mitarbeiter der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) davon informiert wurde, dass die Gefahr bestehe, dass sich der Beschwerdeführer das Leben nehmen wolle. Wenig später wurde von einem Rechtspfleger des Bezirksgerichtes Gmunden telefonisch die gleiche Befürchtung geäußert. Darauf hin begab sich der Zeuge, dem der labile und cholerische Gemütszustand des Rechtsmittelwerbers auf Grund früherer Vorfälle sowie deshalb, weil seine Schwiegermutter in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt und ihm der Beschwerdeführer daher auch privat bekannt ist, in Begleitung von zwei Kollegen zum Anwesen des Rechtsmittelwerbers.

 

Er klopfte zunächst an die Eingangstür, gab sich als Polizeibeamter zu erkennen und forderte den Beschwerdeführer auf, ihm Einlass zu gewähren, weil beim PI V zuvor auf seine Person bezogene Selbstmorddrohungen eingegangen seien. Der Rechtsmittelwerber weigerte sich jedoch, die Haustüre zu öffnen, worauf hin der Zeuge sein Begehren mehrmals – allerdings erfolglos – wiederholte.

 

Dann nahm der Zeuge einige Male telefonisch Kontakt mit dem Beschwerdeführer auf, wobei ihm dieser die Vorgeschichte mit der beabsichtigten Pensionspfändung schilderte und sein Leid mit anderen Polizeibeamten der PI V klagte. Allgemein äußerte der Rechtsmittelwerber mehrfach, dass er sich von allen Behörden ungerecht behandelt fühle. Mehrmals konkret wegen seiner Selbstmorddrohung angesprochen entgegnete er, dass sich der Zeuge deshalb keine Sorgen zu machen brauche: Denn "wenn die Haustür kracht", d.h., wenn er versuchen sollte, gewaltsam einzudringen, dann werde "es auch drinnen krachen", d.h., dann würde er sich direkt neben dem Zeugen erschießen. In diesem Zusammenhang gab der Beschwerdeführer auch an, dass er zwar keine Schusswaffe besitze, aber einen anderen Gegenstand – möglicherweise einen Schlachtschussapparat o.Ä. –, mit dem er seinen Selbstmord gleichermaßen effektiv ausführen könnte.

 

Angesichts der verfahrenen Situation rief der Zeuge seinen diensthabenden Vorgesetzten an und dieser verständigte die Einsatzgruppe "Cobra". Diese aus 10 bis 15 Personen bestehende Spezialeinheit war ca. eine Stunde später vor Ort, wobei zunächst ihr Verhandlungsteam mit dem Rechtsmittelwerber verbalen Kontakt aufnahm. Nachdem es den Unterhändlern gelungen war, den Beschwerdeführer dazu zu bewegen, endlich die Haustüre zu öffnen, erfolgte unmittelbar – und zwar gegen 15.30 Uhr – der Zugriff, und zwar derart, dass der Rechtsmittelwerber sofort zu Boden gebracht und ihm Handfesseln angelegt wurden. Dabei wurde er im Bereich seines Mundes, seiner Schulter und seines Kniegelenkes jeweils leicht verletzt. Als kurz darauf auch der Zeuge die Wohnung betrat, stand der Beschwerdeführer bereits wieder aufrecht und wurde von zwei Cobra-Beamten mit vor dem Körper geschlossenen Händen jeweils an einer Schulter und an einem Arm festgehalten. Er war zu diesem Zeitpunkt über das Eindringen der Beamten in seine Wohnung immer noch sehr aufgebracht, versuchte immer wieder, sich dem Griff der Beamten zu entwinden, schrie laut herum und fuhr die Polizisten mehrmals drohend an, ihn endlich "auszulassen", weil er "ja ohnehin freiwillig mitgehe". Auf dem Küchentisch hat der Zeuge dann noch ein im Akt einliegendes,  als "Abschiedsbrief" tituliertes und mit dem Vorfallstag datiertes Schreiben vorgefunden.

 

In der Folge wurde er mit angelegten Handschellen auf einen Transportsessel des Rettungsdienstes gesetzt, nach L verbracht und dort dem Amtsarzt vorgeführt. Erst auf der Fahrt zum Amtsarzt beruhigte er sich einigermaßen, sodass ihm im Rettungswagen auch die Handschellen abgenommen werden konnten.

 

Der Amtsarzt verfügte schließlich die Einweisung des Beschwerdeführers in die geschlossene Anstalt der Außenstelle des LKH X in V.

 

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die in sich widerspruchsfreie, in jeder Weise glaubwürdige und – soweit entscheidungswesentlich – auch mit dem Vorbringen des Rechtsmittelwerbers übereinstimmende Aussage des in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

 

2.1.3. Im Übrigen wird das h. Verhandlungsprotokoll zu einem integrierenden Bestandteil der Begründung dieser Entscheidung erklärt.

 

2.2. Gemäß § 67a AVG hatte der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende
Beschwerde durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG i.V.m. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

 

Gemäß § 46 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 53/2012 (im Folgenden: SPG) sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes u.a. dazu ermächtigt, Menschen, von denen sie aus besonderen Gründen annehmen, dass sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang damit ihr Leben ernstlich gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorzuführen, sofern dies notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen. Nach § 50 SPG kann diese Befugnis mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.

 

3.2. Im Zuge der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Zwangsmaßnahme ist entscheidend, ob die Exekutivorgane aus deren Blickwinkel vertretbar davon ausgehen konnten, dass die Voraussetzungen für die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt zum Zeitpunkt ihres Einschreitens tatsächlich vorlagen (vgl. z.B. VwGH vom 15. März 2012, 2012/01/0004).

 

In diesem Zusammenhang wird auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht in Abrede gestellt, dass er zunächst – nämlich etwa gegen Mittag des 5. Dezember 2012 – sowohl gegenüber einem Beamten der PVA als auch gegenüber einem Bediensteten des BG Gmunden in Telefongesprächen jeweils die Absicht geäußert hatte, Selbstmord begehen zu wollen, wodurch sich diese veranlasst sahen, umgehend die Polizei zu verständigen. Wenn der Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat eingewendet hat, diese Drohungen nicht ernst gemeint zu haben, so ist er allerdings darauf zu verweisen, dass es in diesem Zusammenhang nicht auf seine subjektive Sichtweise, sondern lediglich darauf ankommt, wie sich diese Äußerung objektiv besehen darstellte. Diesbezüglich hat das Verfahren jedoch keinerlei Hinweis darauf ergeben, dass es sich in Wahrheit bloß um eine floskelhafte bzw. leichtfertig dahingesagte Suizidankündigung gehandelt hätte.

 

Untermauert wurde die objektive Seriosität der Selbstmorddrohung in der Folge auch noch dadurch, dass der Beschwerdeführer die mehrfach an ihn gerichteten und mit dem Hinweis auf ein allfälliges zwangsweises Eindringen verbundenen Aufforderungen, seine Haustüre zu öffnen, jeweils sinngemäß damit quittierte, dass er sich "dann sofort erschießen" werde.

 

Schließlich kommt auch dem Umstand, dass die Beamten nach ihrem Eindringen in die Wohnung dort ein ausdrücklich als "Abschiedsbrief" tituliertes und mit dem Datum des Vorfallstages datiertes Schreiben vorfanden, entscheidendes Gewicht zu.

 

Unter derartigen Umständen konnte daher objektiv besehen kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Selbstmorddrohung des Beschwerdeführers mangels jeglicher gegenteiliger Anhaltspunkte durchaus ernst zu nehmen war.

 

3.3. Davon ausgehend erweist sich aber der auf § 46 Abs. 1 i.V.m. § 50 SPG gestützte Polizeieinsatz, der in einem gewaltsamen Eindringen in die Wohnung des Rechtsmittelwerbers, in dessen Festnahme und Fesselung mit Handschellen sowie schließlich in seiner zwangsweisen Vorführung zum Amtsarzt bestand, weder dem Grunde noch seiner Intensität nach als rechtswidrig.

 

Denn abgesehen davon, dass diese Vorgangsweise auch in § 16 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 16 Abs. 2 Z. 1 und i.V.m. §§ 19 ff und § 32 SPG sowie i.V.m. § 78 StGB bzw. i.V.m. § 95 StGB (Mitwirkung am Selbstmord durch Unterlassen bzw. Unterlassene Hilfeleistung; vgl. z.B. R. Moos, in: F. Höpfel – E. Ratz [Hrsg.], Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2002, RN 33 f zu § 78; zum Nichteinschreiten von Polizeiorganen als Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Untätigkeit vgl. zuletzt auch VwGH vom 24. März 2011, Zl. 2008/09/0075) ihre Deckung gefunden hätte, war den einschreitenden Organen die Neigung des Beschwerdeführers zur Androhung und Ausübung von Gewalt auch schon auf Grund früherer Vorfälle (insbesondere eine rechtskräftige gerichtliche Verurteilung wegen Körperverletzung) bekannt.

 

Der offenbar in seiner Persönlichkeitsstruktur begründete generelle Mangel an Selbstbeherrschung (den der Rechtsmittelwerber im Übrigen auch im Zuge der öffentlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat nachdrücklich unter Beweis stellte) ließ es daher im Lichte des § 29 i.V.m. § 32 Abs. 1 und 2 SPG auch nicht als unverhältnismäßig erscheinen, unter Bezugnahme auf § 5 Z. 1 der Sondereinheiten-Verordnung, BGBl.Nr. II 207/1998 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 287/2012, das Einsatzkommando Cobra zur Beendigung des gefährlichen Angriffes beizuziehen, wobei sich der von diesen Beamten vorgenommen Eingriff in die Personen- und Sachenrechte des Beschwerdeführers sowohl als zur Zielerreichung geeignet als auch als adäquat erweist: Denn zum einen bestand deren Aufgabe darin, einen Eingriff in eines der höchsten von der Rechtsordnung anerkannten Schutzgüter, nämlich das menschliche Leben, möglichst effektiv hintanzuhalten. Dies war aufgrund der situationsbedingt konkret vorherrschenden Umstände zunächst nicht anders als durch ein gewaltsames Eindringen in die Wohnung des Rechtsmittelwerbers möglich. Angesichts dessen, dass zu Beginn des Zugriffes nicht zweifelsfrei feststand, ob der Beschwerdeführer über eine Schusswaffe verfügt, war zwecks Eigensicherung der Beamten, aber auch zur Sicherung des Rechtsmittelwerbers dessen Zu-Boden-Bringen und Fesselung mit Handschellen wegen Gefahr in Verzug jedenfalls erforderlich (vgl. insbesondere auch Art. 5 und Art. 8 EMRK i.V.m. § 93 Abs. 1 der Strafprozessordnung, BGBl.Nr. 631/1975 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 27/2013, im Folgenden: StPO). Mit Blick auf die Höherrangigkeit des zu rettenden Schutzgutes – nämlich des bedrohten Lebens des Beschwerdeführers – ist auch offensichtlich, dass in einer solchen Situation ein Eingriff in vergleichsweise geringerwertige Rechtsgüter (wie das Eindringen in seine Wohnung, seine Festnahme und eine dabei allenfalls entstandene – leichte – Körperverletzung im Zuge des Anlegens von Handschellen) hingenommen werden muss.

 

Nachdem der Beschwerdeführer aber auch nach der grundsätzlichen Klärung der Lage durch das Einsatzkommando noch lange Zeit hindurch sehr aufgebracht war, immer wieder versuchte, sich dem Griff der Beamten zu entwinden, laut herumschrie und die Polizisten drohend anfuhr, verkörperte das Belassen der Handschellen bis zu dem Zeitpunkt, als er sich im Zuge der Überstellung zum Amtsarzt im Rettungswagen endlich beruhigt hatte, weder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK noch eine unverhältnismäßige Vorgangsweise i.S.d. §§ 5 und 93 StPO bzw. § 29 SPG.

 

3.4. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

 

4. Eine Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG war mangels darauf gerichteter Anträge der Verfahrensparteien nicht zu treffen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr.  G r ó f

 

VwSen-420779/14/Gf/Rt vom 21. März 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

MRK Art.3;

MRK Art5;

MRK Art8;

Sondereinheiten-Verordnung §5 Z1;

SPG 1991 §46 Abs1;

SPG 1991 §50;

StGB §2;

StGB §78;

StGB §95;

StPO 1975 §93

 

 

* Da im Zuge der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Zwangsmaßnahme entscheidend ist, ob die Exekutivorgane aus deren Blickwinkel vertretbar davon ausgehen konnten, dass die Voraussetzungen für die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt zum Zeitpunkt ihres Einschreitens tatsächlich vorlagen, kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Beschwerdeführers, sondern lediglich darauf an, ob dessen Selbstmorddrohungen objektiv besehen ernst zu nehmen waren; keine Bedenken dagegen, wenn der Rechtsmittelwerber diese am Vorfallstag mehreren Personen gegenüber unabhängig voneinander ausgesprochen hat und zudem ein ausdrücklich als "Abschiedsbrief" tituliertes und mit dem Datum des Vorfallstages datiertes Schreiben vorgefunden wurde;

 

* Gewaltsames Eindringen in die Wohnung, Festnahme und Fesselung mit Handschellen sowie zwangsweise Vorführung zum Amtsarzt im Hinblick auf ein Einschreiten gemäß §16 Abs1 Z1 iVm §16 Abs2 Z1 und iVm §§19 ff und §32 SPG 1991 sowie iVm §78 StGB bzw. iVm §95 StGB (Mitwirkung am Selbstmord durch Unterlassen bzw. Unterlassene Hilfeleistung; vgl. z.B. R. Moos, in: F. Höpfel – E. Ratz [Hrsg.], Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2002, RN 33 f zu §78; zum Nichteinschreiten von Polizeiorganen als Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Untätigkeit vgl. zuletzt auch VwGH vom 24. März 2011, Zl. 2008/09/0075) weder dem Grunde noch der Intensität nach rechtswidrig; Gleiches gilt für die Beiziehung des Einsatzkommandos "Cobra" zur Beendigung des gefährlichen Angriffes;

 

* Angesichts dessen, dass zu Beginn des Zugriffes nicht zweifelsfrei feststand, ob der Beschwerdeführer über eine Schusswaffe verfügt, war zwecks Eigensicherung der Beamten, aber auch zur Sicherung des Rechtsmittelwerbers dessen Zu-Boden-Bringen und Fesselung mit Handschellen wegen Gefahr in Verzug jedenfalls erforderlich (vgl. insbesondere auch Art5 und Art8 EMRK iVm §93 Abs1 StPO 1975, wobei mit Blick auf die Höherrangigkeit des zu rettenden Schutzgutes – nämlich des Lebens des Beschwerdeführers – offensichtlich ist, dass in einer solchen Situation ein Eingriff in vergleichsweise geringerwertige Rechtsgüter (wie das Eindringen in seine Wohnung, seine Festnahme und eine dabei allenfalls entstandene – leichte – Körperverletzung im Zuge des Anlegens von Handschellen) hingenommen werden muss.

 

 

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