Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101633/17/Weg/Ri

Linz, 01.08.1994

VwSen-101633/17/Weg/Ri Linz, am 1. August 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Dr. N vom 20. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13. Oktober 1993, VerkR96/6929/1992, nach der am 19. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird a b g e w i e s e n und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten vor der ersten Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 100 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, wobei der Spruch dieses Straferkenntnisses wie folgt lautete:

"Sie haben am 22.02.1992, um ca. 05.00 Uhr, den PKW mit dem amtl. Kennzeichen auf der B1 aus Richtung Timelkam kommend in Richtung Attnang-Puchheim gelenkt. Kurz vor Strkm. 246,620 mußten Sie Ihren PKW verreißen, da Wild die Fahrbahn querte, kamen auf der mit Schneematsch bedeckten Straße ins Schleudern und stießen in der Folge gegen eine Schneestange und einen Bregrenzungspflock, die dadurch beschädigt wurden. Obwohl Ihr Verhalten am Unfallort mit der Beschädigung der Straßenleiteinrichtungen in ursächlichem Zusammenhang stand, haben Sie es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen oder die geschädigte Straßenmeisterei vom Schaden zu unterrichten." Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 50 S in Vorschreibung gebracht.

2. Festzuhalten ist, daß der Berufungswerber den Verkehrsunfall selbst gemeldet hat, wenn auch nicht unmittelbar nach diesem sondern erst am nächsten Tag um 13.10 Uhr. So hat er immerhin durch eigenes Handeln an der Aufklärung des Sachverhaltes mitgewirkt. Zu prüfen war die Frage, ob diese Meldung des Verkehrsunfalles ohne unnötigen Aufschub erfolgte bzw. ob er der Verständigungspflicht deshalb verspätet nachkam, weil er den Unfall nicht bemerkte und ihn aufgrund objektiver Umstände auch nicht hätte bemerken müssen. Es steht fest, daß bei diesem Verkehrsunfall ein Leitpflock aus Plastik aus der Verankerung gerissen und eine Schneestange gebrochen wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Gr.Insp. W und des Rev.Insp. R, beide vom Gendarmeriepostenkommando Vöcklabruck, als Zeugen, durch Vernehmung des Beschuldigten selbst sowie durch Beiziehung eines straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen anläßlich der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 1994.

Demnach steht fest, daß der Berufungswerber am 22. Februar 1992 um ca. 5.00 Uhr von der mit Schnee bedeckten Fahrbahn deshalb abkam, weil zwei Rehe die Fahrbahn querten, worauf das Fahrzeug des Beschuldigten in Schleuderbewegungen geriet und letztlich im rechten Winkel von der Fahrbahn gänzlich abgekommen wäre, wenn nicht ein Schneewall knapp außerhalb der Fahrbahn dieses Abkommen verhindert hätte. Durch die Kollision mit dem Schneewall (möglicherweise auch mit Schnee bedeckter Erdwall) kam es zu Beschädigungen des PKWs an der Frontseite, wobei Teile des beschädigten Fahrzeuges noch am nächsten Tag aufgefunden werden konnten. Nach eigenen Angaben hat der Beschuldigte die bei diesem Abkommen von der Fahrbahn verursachte Beschädigung des Leitpflockes und der Schneestange nicht bemerkt. Nach seiner Meinung mußten diese Verkehrsleiteinrichtungen unter seinem PKW gelegen sein. Der Beschuldigte konnte nach zweimaligem "Hin- und Herschaukeln" sein Fahrzeug wieder auf die Fahrbahn zurückbringen. Am nächsten Tag, als die ursprünglich als unbedeutend eingestufte Beschädigung seines eigenen PKWs sich doch als bedeutender herausstellte, fuhr der Berufungswerber nachdem er vorher die Unfallstelle in Augenschein genommen hatte - zum Gendarmeriepostenkommando Vöcklabruck, um eine Unfallanzeige, die er für die Kaskoversicherung benötigte, zu erstatten. Dabei war von einem Wildunfall die Rede, nicht jedoch von der Beschädigung der Verkehrsleiteinrichtungen.

Die Gendarmeriebeamten fuhren an den angegebenen Unfallort und sahen dort die beschädigten Verkehrsleiteinrichtungen sowie abgebrochene Teile des beschädigten PKWs liegen.

Es konnte nicht restlos geklärt werden, mit welchem Teil des PKWs die Kollision mit Schneestange und Leitpflock erfolgte.

Auf Grund der eigenen Aussagen des Beschuldigten jedoch ist der Anprall nicht frontal erfolgt.

Der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige wurde im Rahmen der Verhandlung befragt, ob der Beschuldigte die Beschädigung der Verkehrsleiteinrichtungen hätte bemerken müssen, worauf dieser gutächtlich ausführte:

"Da, wie heute angegeben, die Schneestange abgebrochen war und der daneben befestigte Begrenzungspflock eine Beschädigung aufwies, läßt dies auf einen heftigen Anstoß zumindest an die Schneestange mit der linken Seite des PKWs schließen, zumal diese zu Bruch ging. Bei diesem Anstoß wurde ein Geräusch erzeugt, welches in einem wesentlich anderen Frequenzbreich liegt als das des üblichen Motorbzw. Umgebungslärmes. Durch die Resonanzkasteneigenschaft der PKW-Karosserien werden solche Anstoßgeräusche im Wageninneren als gut hörbar empfunden. Abschließend wird festgestellt, daß vom Beschuldigten bei gehöriger Aufmerksamkeit dieses Anstoßgeräusch wahrnehmbar war." Auf die Zusatzfrage des Berufungswerbers, ob dieses Anstoßgeräusch an die Verkehrsleiteinrichtungen auch dann deutlich wahrnehmbar sein mußte, wenn gleichzeitig eine Kollision mit dem Erdwall erfolgte, antwortet der Sachverständige, daß selbst bei gleichzeitiger Kollision der Frontseite des Fahrzeuges mit dem Erdwall das Anstoßgeräusch als hörbar und unterscheidbar eingestuft werden muß.

Zur Frage des Beschuldigten, ob das Herausreißen des Leitpflockes aus der Verankerung eine korrespondierende Beschädigung beim PKW hervorrufen muß, führt der Sachverständige aus, daß dies auf Grund der Materialbeschaffenheit des Leitpflockes nicht unbedingt der Fall sein muß.

Über weiteres Befragen seitens des Berufungswerbers, ob das Anstoßgeräusch auch dann wahrnehmbar sein mußte, wenn die Beschädigung der Schneestange durch die Kollision mit der Regenrinne des PKWs (dort befand sich eine kleine Eindellung) entstanden ist, antwortet der Sachverständige, daß sich die Beantwortung deshalb erübrigt, weil auf Grund der geschilderten Beschädigungen am PKW die leichte Eindellung der Regenrinne nicht der korrespondierende Schaden für die gebrochene Schneestange sein kann. Die gutächtliche Äußerung ist schlüssig. Auch die Erfahrungen des täglichen Lebens sprechen für ein "Bemerkenmüssen" zumindest des Schneestangenbruches. Daran ändert auch die Vermutung des Berufungswerbers, die beschädigten Verkehrsleiteinrichtungen seien unter dem verunfallten PKW gelegen, nichts. Es hätte dann die Verpflichtung bestanden, diesbezüglich Nachschau zu halten bzw. hätte der Beschuldigte diese beim Verlassen der Unfallstelle (zweimaliges Hin- und Herschaukeln) bei entsprechender Aufmerksamkeit ohnehin wahrnehmen müssen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs ....

beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung und der Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Das positive Tatbildmerkmal, nämlich die Beschädigung von Verkehrsleiteinrichtungen, hat der Berufungswerber zweifelsohne verwirklicht. Eine Strafbarkeit für ein derartiges Verhalten liegt dann nicht vor, wenn als negatives Tatbestandsmerkmal die Verständigung ohne unnötigen Aufschub unter Bekanntgabe der Identität hinzutritt.

Das Beweisverfahren - insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen - hat ergeben, daß der Berufungswerber die Beschädigung der Verkehrsleiteinrichtungen zumindest hätte bemerken müssen. Daran knüpft (und dies würde strafbefreiend wirken) die Meldepflicht, wobei die Meldung ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen hätte. Daß von einer Meldung ohne unnötigen Aufschub nicht die Rede sein kann, wenn zwischen dieser und dem Unfall mehr als 30 Stunden liegen, bedarf keiner besonderen Begründung.

Auch wenn dem Beschuldigten ein geringfügiges Verschulden zuzuerkennen ist und die Verwaltungsübertretung ohne Folgen blieb, also die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen, kann von dieser Rechtswohltat kein Gebrauch gemacht werden, da dies § 100 Abs.5 StVO 1960 nicht zuläßt.

Auch die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes iSd § 20 VStG kam nicht in Betracht, weil von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht die Rede sein kann, insbesondere die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit dem Berufungswerber nicht zugute kommt, zumal - bezogen auf den Tilgungszeitraum - eine rechtskräftige Übertretung der StVO 1960 vorliegt.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum