Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167961/2/MZ/WU

Linz, 09.08.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 2013, GZ: VerkR96-758-2013-STU, betreffend zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung zu Recht erkannt:

 

I.            Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt 3) des angefochtenen Bescheides behoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten in I. Instanz als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 12,- Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu II.: §§ 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 2013, GZ: VerkR96-758-2013-STU, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X Folgendes angelastet:

 

1) Sie haben die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren.

 

Tatort: Gemeinde Puchenau, Gemeindestraße Ortsgebiet, Golfplatzstraße nächst Haus Nr. X, Fahrtrichtung von Rohrbacher Straße kommend nach links in Richtung Gartenstadtstraße. Tatzeit: 16.02.2013, 11:20 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 9 Abs. 1 StVO

 

2) Sie haben das deutlich sichtbar aufgestellte Gebotszeichen "Vorgeschriebene
Fahrtrichtung" nicht beachtet und haben die Fahrt nicht im Sinne des Gebotszeichens "nach rechts" fortgesetzt.

 

Tatort: Gemeinde Puchenau, Gemeindestraße Ortsgebiet, Golfplatzstraße nächst Haus Nr. X, Fahrtrichtung von Rohrbacher Straße, kommend nach links in Richtung Gartenstadtstraße. Tatzeit: 16.02.2013, 11:20 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 52 lit. b Z. 15 StVO

 

3) Sie haben sich auf dem Fahrstreifen für Rechtsabbieger eingeordnet, die Fahrt jedoch nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile fortgesetzt.

 

Tatort: Gemeinde Puchenau, Gemeindestraße Ortsgebiet, Golfpfatzstraße nächst Haus Nr. X, Fahrtrichtung von Rohrbacher Straße, kommend nach links in Richtung Gartenstadtstraße. Tatzeit: 16.02.2013, 11:20 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 9 Abs. 6 StVO

 

Für die in Spruchpunkt 1) genannte Übertretung wurde über den Bw gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 80,- EUR (Ersatzfreiheitsstrafe 37 Stunden), für die in den Spruchpunkten 2) und 3) genannten Übertretungen je eine Geldstrafe in der Höhe von 60,- EUR (Ersatzfreiheitsstrafe je 26 Stunden), verhängt.

 

Das Straferkenntnis begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Auf Grund einer Anzeige der Polizeiinspektion X vom 17. Februar 2013 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung mit Strafverfügung vom 18. Februar 2013, VerkR96-758-2013, wegen der im Spruch näher angeführten Verwaltungsübertretungen nach der StVO über Sie eine Geldstrafe von insgesamt 200,00 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 89 Stunden verhängt.

 

Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2013 erhoben Sie, vertreten durch Frau X, Einspruch gegen die Strafverfügung und beantragten die Einleitung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. Mai 2013 wurde Ihnen die Möglichkeit geboten, sich zu den Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen zu rechtfertigen.

 

In Ihrer schriftlichen Rechtfertigung vom 11. Juni 2013 führten Sie dazu Folgendes aus: "Unser Mitglied gibt zu, dort entgegen der Fahrtrichtung gefahren zu sein. Bei der beanstandeten Stelle handelt es sich leider quasi um eine „Häufungsstelle" von Vergehen, da ein Einhalten der Normen einen deutlichen Umweg bedeuten würde. Er wird jedoch in Zukunft darauf Acht geben und den Umweg in Kauf nehmen.

Die Intention des Gesetzgebers ist in allen drei Übertretungen dieselbe, besonders in Übertretung 2 und 3. Diese beiden letztgenannten Übertretungen „schmelzen" daher zusammen in eine (Übertretung 3 enthält bereits 2). Auch die Sperrlinie leitet zur Einhaltung der Fahrtrichtung an.

Wir stellen daher den Antrag Übertretung 1 und 2 einzustellen. Hinsichtlich aller Übertretungen stellen wir in eventu den Antrag den Strafbetrag wegen Unbescholtenheit und geringem Verschulden auf ein Mindestmaß zu senken."

 

Darüber hat die Behörde wie folgt erwogen:

 

Es folgt die Zitierung einschlägiger Rechtsvorschriften. Im Anschluss setzt die belangte Behörde wie folgt fort:

 

Auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse steht für die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung bei freier Beweiswürdigung fest, dass Sie die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen haben, da Sie eine Sperrlinie überfahren, das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung" nicht beachtet haben und Sie sich auf dem Fahrstreifen für Rechtsabbieger eingeordnet, die Fahrt jedoch nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile fortgesetzt haben.

 

Die verfahrensgegenständlichen Bodenmarkierungen bzw. das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung" sind durch Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung entsprechend kundgemacht.

 

Ihren Rechtfertigungsangaben, wie oben zitiert, ist Folgendes entgegenzuhalten:

 

Die festgestellten Übertretungen stellen jede für sich Verstöße gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung dar und sind gemäß den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen mit der Verhängung von Geldstrafen zu ahnden.

Im gegenständlichen Fall liegen, wie im Spruch detailliert ausgeführt - drei Übertretungen vor und wurden diese entsprechend zur Anzeige gebracht. Der Umstand, dass diese drei Übertretungen innerhalb eines relativ kurzen Straßenabschnitts (Kreuzungsbereich) im Zuge eines Fahrmanövers gesetzt wurden, nimmt auf die Bemessung der Strafhöhe keinen Einfluss, doch sind diese sehr wohl jede für sich einzeln zu ahnden.

 

Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Strafhöhe lagen unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor, da das Verschulden, welches Sie zum Teil selbst einräumten, nicht als geringfügig eingestuft werden kann.

Die verhängten Geldstrafen befinden sich im untersten Bereich des gesetzlich vorgeschriebenen Strafrahmens (es sind Geldstrafen bis 726,00 Euro vorgesehen) und erscheinen dem Unrechtsgehalt der Tat als durchaus angemessen, Ihre Ausführungen im Einspruch waren nicht im Geringsten geeignet, eine Herabsetzung der Strafe ins Auge zu fassen. Vielmehr gelangt die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu der Überzeugung, dass die festgesetzten Geldstrafen notwendig sind, um Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gelangt daher zur Ansicht, dass die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung objektiv als erwiesen angesehen werden muss.

 

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 unter Berücksichtigung Ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten. Diese wurden von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Mai 2013 geschätzt, von Ihnen im laufenden Verfahren nicht korrigiert und daher in dieser Form der Strafbemessung ebenso zu Grunde gelegt wie der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens.

 

Erschwerende Umstände traten im Verfahren nicht zu Tage.

Mildernd war ihre verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist im § 64 VStG 1991 gesetzlich begründet.

 

2. Gegen die Spruchpunkte 2) und 3) des am 1. Juli 2013 zugestellten Straferkenntnisses erhob der Bw im Wege seiner Vertreterin mit E-Mail vom 12. Juli 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Sein Rechtsmittel begründend führt der Bw wie folgt aus:

 

Mir wird vorgeworfen, die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren, das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung" nicht beachtet sowie die Fahrt nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile fortgesetzt zu haben, in dem ich nach links abgebogen bin.

Ich räume ein, dass ich auf der Straßenstelle nach links abgebogen bin.

Dort ist eine Sperrlinie angebracht, die Fahrtrichtung ist mit einer Tafel sowie einer Bodenmarkierung angezeigt.

Alle drei Verkehrszeichen verfolgen denselben Schutzzweck.

Festzuhalten ist zudem, dass hier die Übertretung nach § 9 Abs 6 StVO, daher die Nichteinhaltung der angegebenen Fahrtrichtung des Richtungspfeils, die Übertretung nach § 52 lit. b Z 15 StVO jedenfalls konsumiert, da der Unwert der Übertretung bereits abgegolten wurde sowie der Schutzzweck der Norm dasselbe Ziel verfolgt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum hierfür mehrere Strafen verhängt wurden.

Konsumtion ist dann anzunehmen, wenn die wertabwägende Auslegung der formal erfüllten Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhaltes bereits für sich allein abgegolten ist (vgl VwGH 16.11.1988, ZI 88/02/0144 ua).

Dies ist hier jedenfalls gegeben.

Ich bin dort abgebogen, da ich ansonsten einen sehr langen Umweg in Kauf nehmen hätte müssen. Es war ein Fehler, den ich sicher nicht mehr wiederholen werde. Ich bin ansonsten ein sehr besonnener und rücksichtsvoller Autofahrer.

 

Zusammenfassend stelle ich den Antrag das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren in den Punkten 2 als auch 3 einzustellen.

In Eventu den Antrag vom Strafbetrag nach § 21 VStG abzusehen und stattdessen eine Ermahnung auszusprechen.

In Eventu den Antrag den Strafbetrag aufgrund von Unbescholtenheit auf ein Mindestmaß zu senken.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 22. Juli 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und im Verfahren ausschließlich Rechtsfragen zu beantworten sind.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in den Punkten 1. und 2. dargestelltem, unstrittigem Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Einleitend ist festzuhalten, dass sich das Rechtsmittel aufgrund des gestellten Berufungsantrages, „das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren in den Punkten 2 als auch 3 einzustellen“ nicht gegen die in Spruchpunkt 1) angelastete Übertretung (Überfahren der Sperrlinie) richtet; Spruchpunkt 1) ist daher in Rechtskraft erwachsen und in diesem Verfahren als solches nicht mehr zu prüfen.

 

Freilich ist jedoch zu hinterfragen, ob – wie vom Bw implizit vorgebracht – eine Bestrafung wie jene in den Spruchpunkten 2) und 3) gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstößt.

 

4.2. Der für Spruchpunkt 1) maßgebliche § 9 Abs 1 StVO 1960 normiert unter anderem, dass Sperrlinien nicht überfahren werden dürfen.

Der für Spruchpunkt 2) maßgebliche § 52 lit b Z 15 StVO 1960 regelt das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung" und lautet: „Dieses Zeichen zeigt an, dass Lenker von Fahrzeugen nur in der durch den Pfeil angegebenen Fahrtrichtung fahren dürfen. Der Pfeil kann der jeweiligen örtlichen Verkehrslage entsprechend, z. B. senkrecht, gebogen, geneigt oder mit mehr als einer Spitze ausgeführt sein. Ein nach unten geneigter Pfeil zeigt den zu benützenden Fahrstreifen an. Durch eine Zusatztafel oder durch weiße Aufschrift im blauen Feld unter dem Pfeil kann angezeigt werden, dass das Gebot nur für eine bestimmte Gruppe von Straßenbenützern gilt.“

 

Der für Spruchpunkt 3) maßgebliche § 9 Abs 6 StVO 1960 lautet schließlich: „Sind auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt Richtungspfeile angebracht, so haben die Lenker ihre Fahrzeuge je nach der beabsichtigten Weiterfahrt einzuordnen. Die Lenker von Fahrzeugen müssen jedoch auch dann im Sinne der Richtungspfeile weiterfahren, wenn sie sich nicht der beabsichtigten Weiterfahrt entsprechend eingeordnet haben. Radfahrer und Fahrzeuge des Kraftfahrlinienverkehrs können durch Hinweiszeichen von der Verpflichtung des Einordnens nach Richtungspfeilen befreit werden; sie haben sich entsprechend den Hinweiszeichen zu verhalten.“

 

4.3.1. Im konkreten Fall bietet sich an, zuvorderst das Verhältnis der Spruchpunkte 2) und 3) zueinander zu klären.

 

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass – unabhängig von der hier vorliegenden Kombination des Gebotszeichens „vorgeschriebene Fahrtrichtung“ und den diesem Gebot entsprechenden Richtungspfeilen – die Anwendbarkeit des § 9 Abs 6 StVO 1960 im ggst Verfahren schon grundsätzlich in Zweifel zu ziehen ist: Die Norm geht nämlich augenscheinlich davon aus, dass es dem Verkehrsteilnehmer möglich (besser: rechtlich gestattet) ist, seine Fahrt in verschiedene Richtungen fortzusetzen. Zum einen verwendet der Gesetzgeber den Plural („Richtungspfeile“). Zum anderen erschließt sich aus der gesamten Textierung, dass der Gesetzgeber offenbar eine Verkehrssituation vor Augen hatte, in der ein Verkehrsteilnehmer – ohne Normverstoß – sein Fahrzeug in verschiedene Richtungen lenken kann. Nur dann macht die Anordnung Sinn, dass die Lenker ihre Fahrzeuge je nach der beabsichtigten Weiterfahrt einzuordnen haben und auch dann im Sinne der Richtungspfeile weiterfahren müssen, wenn sie sich nicht der beabsichtigten Weiterfahrt entsprechend eingeordnet haben. Vermieden werden soll also etwa die Situation, dass ein Lenker sein Fahrzeug auf einer Linksabbiegespur einordnet, jedoch in Folge geradeaus weiterfährt. Im ggst Fall war dem Bw die Möglichkeit, sein Fahrzeug in verschiedene Fahrtrichtungen zu steuern, jedoch gar nicht eröffnet. Bereits aufgrund dieser Überlegungen erscheint daher die Bestrafung im Sinne des Spruchpunktes 3) fragwürdig.

 

Unabhängig von dieser Betrachtung schließt in concreto eine Bestrafung im Sinne des Spruchpunktes 2) jedoch aufgrund folgender Überlegungen jedenfalls eine Bestrafung wie in Spruchpunkt 3) erfolgt aus: Der Bw passierte erst das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung“ und traf im Anschluss auf entsprechende Bodenmarkierungen in Form von Richtungspfeilen. Da es im Zuge des Straßenverlaufs keine andere (rechtlich zulässige) Möglichkeit der Richtungswahl gab, ist davon auszugehen, dass die Richtungspfeile lediglich das Gebotszeichen nochmals verdeutlichen bzw in Erinnerung rufen sollten. Der Bw hatte (rechtlich zulässig) gar nicht die Möglichkeit, gegen das Gebot der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu verstoßen, ohne sich zugleich auch über die – in nur eine Richtung weisenden – Richtungspfeile hinwegzusetzen. Es ist daher nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich davon auszugehen, dass die normative Anordnung, in welcher Richtung ein Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug zu lenken hat, in concreto durch das angebrachte Gebotszeichen erfolgt ist, und den diese Anordnung lediglich wiederspiegelnden Richtungspfeilen keine eigene normative Wirkung zukam.

 

Spruchpunkt 3) war daher im Sinne des Berufungsvorbringens zu beheben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

4.3.2. Anderes gilt für das Verhältnis des in Rechtskraft erwachsenen Spruchpunktes 1) zum nach obigen Überlegungen verbliebenen Spruchpunkt 2):

 

Hätte der Verordnungsgeber lediglich erreichen wollen, dass sich die Verkehrsteilnehmer in die von ihm vorgegebene Fahrtrichtung bewegen, hätte es ausgereicht, das Gebotszeichen „vorgeschriebene Fahrtrichtung“ zum Einsatz zu bringen. Oder anders gewendet: Denkt man sich die vom Bw überfahrene Sperrlinie weg, hätte er sich schon allein aufgrund der vorgeschriebenen Fahrtrichtung anders verhalten zu gehabt und den Abbiegevorgang nicht vornehmen dürfen.

 

Die Verordnung der Sperrlinie hat daher einen anderen Regelungszweck als jener der vorgeschriebenen Fahrtrichtung, weshalb eine Konsumtion im Verhältnis von Spruchpunkt 1) zu Spruchpunkt 2) nicht gegeben ist und ein Verstoß gegen das Gebot des „ne bis in idem“ ausgeschlossen ist.

 

4.2.3. Gemäß § 5 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter bzw die Täterin nicht glaubhaft macht, dass ihn bzw sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Bw ist aufgrund dieser Judikatur jedenfalls fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Er hat im Verfahren kein Tatsachenvorbringen erstattet bzw keine Beweise beigebracht, welche gegen die gesetzliche Annahme sprechen würden. Vielmehr ist sogar aufgrund des Vorbringens des Bw im Verfahren, er hätte, hätte er von einem Normverstoß abgesehen, einen ihm zu langen Umweg in Kauf nehmen müssen, von vorsätzlichem Verhalten auszugehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich teilt daher auch auf der Verschuldensebene die Ansicht der belangten Behörde.

 

4.3.1. Abschließend bleibt die Höhe der verhängten Strafe zu überprüfen.

 

Verstöße gegen § 52 lit b Z 15 StVO 1960 sind gemäß § 99 Abs 3 lit a leg cit mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu ahnden.

 

4.3.2. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

4.3.3. Das von der belangten Behörde verhängte Strafausmaß entspricht lediglich 8,2 % des vorgesehenen Strafrahmens und berücksichtigt die bisherige Unbescholtenheit des Bw sowie dessen – von der Behörde geschätzten und im Verfahren unwidersprochen gebliebenen – Einkommens- und Vermögensverhältnissen. In diesem Zusammenhang ist auch nochmals darauf hinzuweisen, dass der Bw die Normverletzung bewusst begangen hat, um sich einen Umweg zu ersparen. Schon aus spezialpräventiver Sicht ist die von der belangten Behörde verhängte Strafe von 60,- EUR daher tat- und schuldangemessen und auch dazu geeignet, andere Verkehrsteilnehmer von einer derartigen Übertretung abzuhalten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich teilt vor diesem Hintergrund auch hinsichtlich der Strafhöhe die Ansicht der belangten Behörde betreffend Spruchpunkt 2). Angesichts der Höhe der Geldstrafe entspricht die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 26 Stunden der vom Gesetzgeber vorgegebenen Relation.

 

Ein Absehen von der Strafe im Sinne des § 45 Abs 1 Z 4 VStG war schon deshalb nicht möglich, als für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in keiner Weise ersichtlich ist, inwieweit die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes durch die Tat und das Verschulden des vorsätzlich handelnden Beschuldigten gering sein sollten.

 

4.4. Aufgrund des in vorigem Punkt erzielten Ergebnisses war gemäß § 64 Abs 2 VStG hinsichtlich Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides ein Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in der Höhe von
20 % der verhängten Strafe festzusetzen (Spruchpunkt II.).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum