Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-253139/22/Py/Hu

Linz, 09.07.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 26. April 2012, GZ: BZ-Pol-77025-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Mai 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 3., 4., 6. sowie 9. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge "und somit ein angemessenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB als bedungen gilt. Das angemessene Entgelt entspricht zumindest Euro 7,52/Stunde (unterste Stufe im Kollektivvertrag für Arbeitnehmer im Reinigungsgewerbe)." entfällt.

 

II.    Der Kostenbeitrag der Berufungswerberin zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 1.320 Euro. Die Berufungswerberin hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 2.640 Euro, das sind 20 % der zu Faktum 1., 2., 5., 7., 8., und 10. verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 


Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 (Faktum 3.,4.,6. und 9.) und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 26. April 2012, GZ: BZ-Pol-77025-2012, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.1 und Abs.1a iVm § 111 ASVG zehn  Geldstrafen in Höhe von je 2.200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 148 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 2.200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaberin (Gewerbe: Vermietung von Toilettenanlagen; Gewerbestandort: x) welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Sie haben als Dienstgeber Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, am x folgende Arbeitnehmer als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer (Reinigung der WC-Anlagen und Kassiertätigkeit für die WC-Benutzung) zur Sozialversicherung gemeldet:

 

   1.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug ab 28.09.2011; lt. Niederschrift am 28.09.2011 von 10 Uhr bis zumindest Zeitpunkt der Kontrolle; von 29.09.2011 auf 30.09.2011 von 08 Uhr bis 01 Uhr Entgelt: € 70/täglich netto.

   2.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug von 24.06.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift von 24.09.2011 auf 25.09.2011 von 08 Uhr bis 02 Uhr; von 25.09.2011 auf 26.09.2011 von 08 Uhr bis 01 Uhr und von 11 Uhr bis 24 Uhr; am 27.09.2011 von 08 Uhr bis 24 Uhr, am 28.09.2011 von 09 Uhr bis zum Zeitpunkt der Kontrolle (28.09.2011, 21 Uhr), Entgelt: € 3/Stunde

   3.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug von 24.06.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift seit 24.09.2011 bis zumindest 28.09.2011 täglich vier Stunden; Entgelt: € 3,16 netto/Stunde.

   4.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug von 24.06.2011 bis 30.09.2011, lt. Niederschrift vom 24.09.2011 bis 30.09.2011 täglich vier bis sechs Stunden, Entgelt: € 260 netto/monatlich.

   5.        x, geb. x lt. Versicherungsdatenauszug von 24.06.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift von 24.09.2011 auf 25.09.2011 von 08 Uhr bis 02 Uhr, von 25.09.2011 auf 26.09.2011 von 08 Uhr bis 01 Uhr und von 11 Uhr bis 24 Uhr; am 27.09.2011 von 08 Uhr bis 24 Uhr; am 28.09.2011 von 09 Uhr bis zumindest Zeitpunkt der Kontrolle (21 Uhr). Entgelt: € 3/Stunde.

   6.        x, geb. x lt. Versicherungsdatenauszug von 22.09 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift von 24.09.2011 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 28.09.2011, 21 Uhr jeweils 6 Std/täglich; Entgelt: € 3 netto/Stunde.

   7.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug von 26.08.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift von 24.09.2011 bis 27.09.2011 von 08 Uhr bis 02 Uhr morgens und am 28.09.2011 von 08 Uhr bis zum Zeitpunkt der Kontrolle (21 Uhr), Entgelt: € 370 netto/monatlich plus Unterkunft, Verpflegung und Zigaretten.

   8.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug von 23.09.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift von 24.09.2011 bis 27.09.2011 jeweils von 08 Uhr bis 24 Uhr; am 28.09.2011 von 08.30 Uhr bis zumindest Zeitpunkt der Kontrolle (21 Uhr), Entgelt: € 3,50 netto/Stunde.

   9.        x, geb. x, lt. Versicherungsdatenauszug von 23.09.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift von 24.09.2011 bis 27.09.2011 von 20 Uhr bis 23 Uhr; am 28.09.2011 von 20 Uhr bis zumindest Zeitpunkt der Kontrolle (21 Uhr), Entgelt: € 4 netto/Stunde.

10.        x, geb. x; lt. Versicherungsdatenauszug 22.09.2011 bis 30.09.2011; lt. Niederschrift am 24.09.2011 und 25.09.2011 von 07.30 Uhr bis 00:10 Uhr; am 26.10.09.2011 von 07.30 Uhr bis 00:15 Uhr; am 27.09.2011 von 07.30 Uhr bis 00.30 Uhr; am 28.09.2011 von 08.30 Uhr bis zumindest Zeitpunkt der Kontrolle (21 Uhr), Entgelt: € 3,50 netto/Stunde.

 

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt. Das angemessene Entgelt entspricht zumindest € 7,52/Stunde (unterste Stufe im Kollektivvertrag für Arbeitnehmer im Reinigungsgewerbe).

 

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren dem Arbeitgeber organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG.

 

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine korrekte Meldung als vollversicherte Arbeitnehmer, bei der Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstr. 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht erstattet. Es liegt eine Falschmeldung der Arbeitnehmer als geringfügig Beschäftigte vor.

 

Es wurde somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretungen aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes, nämlich den Angaben in der Anzeige des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg samt Beilagen, als erwiesen anzusehen ist.

 

Zur Strafhöhe wird angeführt, dass – auch unter Berücksichtigung der inzwischen über den Betrieb erfolgten Konkurseröffnung – die verhängten Strafen im Hinblick auf die hohe Anzahl der falsch gemeldeten Arbeitnehmer als angemessen anzusehen sind und nur unwesentlich über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststrafe liegen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw eingebrachte Berufung vom 9. Mai 2012. Darin bringt diese vor, dass sie aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung bei der Wirtschaftskammer Oö. unter der Fachgruppe Abfall- und Abwasserwirtschaft, Berufsgruppe Bereitstellung, Wartung und Entsorgung von Mobil-WC-Anlagen, zugeordnet ist. Für diese Berufsgruppe existiere kein Arbeiterkollektivvertrag und damit auch kein bei der Entgeltgestaltung zu beachtendes kollektivvertragliches Mindestentgelt. Die Heranziehung eines vorgesehenen Mindestlohns ist daher nicht nachvollziehbar. Auch ist die Berücksichtigung des Kollektivvertrages für Arbeiter im Reinigungsgewerbe im Wege des § 1152 ABGB nicht maßgeblich, da dieser nur dann zur Anwendung kommt, wenn im Vertrag kein Entgelt bestimmt und auch Unentgeltlichkeit nicht vereinbart ist. Im vorliegenden Fall wurde jedoch mit allen im angefochtenen Bescheid angeführten Personen eine ausdrückliche Entgeltvereinbarung in Höhe eines Stundenlohns von 3,60 Euro zuzüglich Kost und Quartier getroffen.

 

Ungeachtet dessen ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde der Meinung ist, als angemessenes Entgelt sei bei der vorliegenden WC-Aufsicht der Kollektivvertragslohn für Arbeiter im Reinigungsgewerbe heranzuziehen. Vielmehr würden Reinigungsarbeiten an den WC-Anlagen nur in zeitlich untergeordnetem Umfang vorzunehmen sein und handle es sich bei den angeführten Personen überdies um die Schwägerin der Bw sowie um Freunde der Familie, die zur Bw in einem besonderen Naheverhältnis stehen. Vor diesem Hintergrund und unter Bedachtnahme der Branchengegebenheiten handle es sich daher auch nicht um ein unangemessenes Entgelt und könne auch von Lohnwucher nicht die Rede sein.

 

Abschließend bringt die Bw vor, dass ihr bislang nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, zu den Strafvorwürfen eine Stellungnahme abzugeben und wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Mai 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Mai 2013, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit der Verhandlung zu VwSen-253140 betreffend das Berufungsverfahren des Herrn x abgehalten wurde (§ 51e Abs.7 VStG). An dieser haben die beiden Berufungswerber sowie ein Vertreter des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg als am Verfahren beteiligte Organpartei teilgenommen. Als Zeuge wurde ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligtes Organ der Finanzpolizei einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw betrieb in der Zeit vom 24. September bis 29. September 2011 an fünf Standorten am x beim x, mobile WC-Anlagen, in denen Personal zur Einhebung des Benützungsentgeltes sowie zur fallweisen Reinigung eingesetzt wurde. Die insgesamt 12 Einzeltoilettenanlagen waren in der Regel – abhängig vom jeweiligen Standort – während der Marktöffnungszeiten von 9.00 Uhr bis 24.00 Uhr, teilweise von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr bzw. von 9.00 Uhr bis 3.00 Uhr, geöffnet. Insgesamt wurden für die Betreuung der WC-Anlagen 14 Personen einschließlich der Bw eingesetzt, die sich regelmäßig abwechselten. Teilweise handelte es sich dabei um Freunde und Familienangehörige der Bw. Mit diesen vereinbarte die Bw eine Entlohnung von 3,60 Euro pro Stunde sowie die Zurverfügungstellung von Kost, Logis und Zigaretten während der Dauer des Jahrmarktes. Abgerechnet wurde anhand von Stundenaufzeichnungen. Dem Personal stand am x ein Schlafcontainer für die Aufbewahrung ihrer persönlichen Sachen zur Verfügung. Die Quartiere, in denen die Dienstnehmer untergebracht waren, lagen außerhalb des x. Das Personal verblieb – auch wenn es nicht unmittelbar zum Arbeitseinsatz eingeteilt war - während der Dauer der Öffnungszeiten des x am Freizeitparkgelände, dessen Vergnügungseinrichtungen zudem kostenlos benutzt werden konnten.

 

Anlässlich einer Kontrolle nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz durch Beamte der Finanzpolizei am 28. September 2011 wurde aufgrund der von den Dienstnehmern

1.   x, geb. x,

2.   x, geb. x,

3.   x, geb. x,

4.   x, geb. x,

5.   x, geb. x sowie

6.   x, geb. x

angeführten Beschäftigungszeiten sowie Entgelthöhen festgestellt, dass deren Arbeitsverdienst über der täglichen bzw. monatlichen Geringfügigkeitsgrenze lag, obwohl sie von der Bw vor Arbeitsbeginn als geringfügig beschäftigte Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet wurden.

 

Hinsichtlich der Dienstnehmer x, x, x sowie x konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass die Höhe des Entgelts über der Geringfügigkeitsgrenze lag.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 7. Mai 2013.

 

Zunächst ist anzuführen, dass die belangte Behörde der Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses jeweils jene Tatzeiträume und Arbeitsverdienste zur Last legte, wie sie von den befragten Dienstnehmern anlässlich der Kontrolle ausgesagt wurden. Dass diese Angaben nicht der Wahrheit entsprachen, konnte die Bw im Verfahren nicht nachvollziehbar darlegen. Zwar bestritt sie zunächst in der mündlichen Berufungsverhandlung die Richtigkeit dieser Feststellungen, räumte jedoch im Laufe der Verhandlung ein, dass von den Dienstnehmern bei der Kontrolle grundsätzlich wahrheitsgemäße Angaben gemacht wurden (vgl. Tonbandprotokoll Seite 6, Schlussäußerung der Bw). Insgesamt vermochte die Bw die erkennende Kammer mit ihren Aussagen in der Berufungsverhandlung nicht zu überzeugen. So gab die Bw an, sie habe bei der Kontrolle Arbeitsaufzeichnungen vorgelegt, was vom unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen x ausdrücklich bestritten wurde. Trotz Zusage in der Verhandlung legte die Bw auch nachträglich keinerlei Nachweise bzw. Aufzeichnungen über die Einsatzzeiten und Auszahlungsbeträge der Dienstnehmer vor. Auch gab die Bw in der mündlichen Verhandlung an, dass sie bislang noch nicht rechtskräftig wegen Übertretung nach dem ASVG belangt wurde, wohingegen aus dem eingeholten Strafregisterauszug hervorgeht, dass über die Bw bereits im September 2010 sowie im August 2010 – somit kurz vor dem gegenständlichen Tatzeitpunkt – Bestrafungen wegen Übertretung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht rechtskräftig verhängt wurden. Der Entscheidung werden daher jene Einsatzzeiten und Entlohnungen zugrunde gelegt, wie sie von den Dienstnehmern bei ihrer Befragung angegeben wurden und wie sie von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wiedergegeben wurden. 

 

Außer Streit gestellt wurde, dass ein Kollektivvertrag für das Aufsichts- und Reinigungspersonal mobiler Toilettenanlagen ebenso wie ein verordneter Mindestlohntarif für diese Beschäftigtengruppe nicht vorliegt. Grundsätzlich wurde auch den Ausführungen der Bw Glauben geschenkt, dass es sich bei deren Tätigkeit des WC-Personals im überwiegenden Ausmaß nicht um Reinigungsarbeiten, sondern um Aufsichts- sowie Kassiertätigkeiten handelte.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl.I.Nr. 111/2010 gilt als geringfügig ein Beschäftigungsverhältnis, wenn es

1.   für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,72 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 374,02 Euro gebührt oder

2.   für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 374,02 Euro gebührt.

Keine geringfügige Beschäftigung liegt hingegen vor, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Z2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil

-      infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder

-      die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Kalendermonats begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde.

 

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z1 ASVG sind in der Kranken-. Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2. Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge für pflichtversicherte Dienstnehmer ist der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst und zwar bis zur Höchstbeitragsgrundlage. Arbeitsverdienst ist bei pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt. Darunter sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält, sofern es sich um beitragsfreie Bezugsteile handelt. Maßgebend für die Beitragsberechnung ist der Anspruch auf das Entgelt. Zahlt der Dienstgeber weniger als er zB. nach dem Kollektivvertrag oder nach dem Einzelvertrag dem Dienstnehmer schuldet, so ist der Beitrag dennoch vom Anspruch und nicht vom tatsächlich gezahlten Entgelt zu berechnen (vgl. Grillberger, Pfeil "Österreichisches Sozialrecht" 9 , Verlag Österreich, S. 30).

 

Die belangte Behörde führt im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus, dass als angemessenes Entgelt im Sinn des § 1152 ABGB im vorliegenden Fall 7,52 Euro pro Stunde als unterste Stufe im Kollektivvertrag für Arbeitnehmer im Reinigungsgewerbe heranzuziehen ist und gelangt damit zur Auffassung, dass alle im Spruch der Erstbehörde angeführten Dienstnehmer in einem über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Beschäftigungsausmaß von der Bw eingesetzt wurden. Dass es sich bei den gegenständlichen Tätigkeiten des Toilettenpersonals um Tätigkeiten handelte, die überwiegend dem Reinigungsbereich zuzurechnen sind, konnte im Verfahren jedoch nicht festgestellt werden. Vielmehr führte die Bw nachvollziehbar aus, dass ein überwiegender Teil der Arbeitszeit mit Beaufsichtigungs- bzw. Kassiertätigkeiten verbracht wurde und die Dienstnehmer jedenfalls weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit der Reinigung der WC-Räumlichkeiten beschäftigt waren. Für deren Tätigkeit ist daher für die Berechnung des sozialversicherungsrechtlich relevanten Arbeitsverdienstes (Anspruchslohn) nicht die Anwendung des Kollektivvertrages für das Reinigungsgewerbe maßgeblich. Da auch eine behördliche Festsetzung des Entgeltes in Form eines verordneten Mindestlohntarifes nicht vorliegt, ist das zwischen dem Dienstgeber und den Dienstnehmern vereinbarte Entgelt für die Berechnung, ob ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht, heranzuziehen. Folgt man den diesbezüglich Angaben der Dienstnehmer anlässlich ihrer Befragungen im Rahmen der Kontrolle durch die Finanzpolizei über ihre Einsatzzeiten und das mit ihnen vereinbarte Entgelt, geht hervor, dass hinsichtlich der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Fakten 1., 2., 5., 7., 8. und 10., nämlich der Beschäftigung der Dienstnehmer x, x, x, x, x und x das in § 5 Abs.2 ASVG festgelegte Entgelt überschritten wurde und daher diese Beschäftigungsverhältnisse nicht als geringfügig anzusehen sind.

 

Indem diese Dienstnehmer vor Beschäftigungsbeginn als geringfügig beschäftigte Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet wurden, ihr Beschäftigungsverhältnis jedoch die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG überstieg, liegt eine falsche Meldung dieser Dienstnehmer beim zuständigen Sozialversicherungsträger vor.

 

Der objektive Tatbestand hinsichtlich der der Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Hinsichtlich der Fakten 3., 4., 6. sowie 7., nämlich des Tatvorwurfes einer Falschmeldung zur Sozialversicherung als geringfügig Beschäftigte hinsichtlich der Dienstnehmer x, x, x sowie x wäre jedoch das Vorliegen einer Falschmeldung nur unter der Voraussetzung zutreffend, dass für diese tatsächlich ein Anspruchslohn in Höhe der untersten Stufe im Kollektivvertrag für Arbeitnehmer im Reinigungsgewerbe vorliegt. Da ein Entgeltanspruch jedoch in dieser Höhe nicht zum Tragen kommt, liegt hinsichtlich dieser Dienstnehmer ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vor, da die in § 5 Abs.2 ASVG festgelegten Entgeltgrenzen nicht überschritten wurden. Der objektive Tatbestand hinsichtlich der unter Fakten 3., 4., 6. sowie 9. im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Dienstnehmer ist daher nicht erfüllt  und war daher hinsichtlich dieser Fakten das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegen die Bw geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

6. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich die Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zum Vorbringen der Bw in der Berufungsverhandlung, dass das tatsächliche Ausmaß des Arbeitseinsatzes der Dienstnehmer zunächst noch nicht feststand und diesbezüglich noch eine Abrechnung hätte erfolgen können, ist auszuführen, dass durch die mit 1. Jänner 2008 in Kraft getretene Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl.I.Nr. 31/2007 nunmehr ausnahmslos festgelegt wurde, dass bereits vor der Aufnahme der Beschäftigung die Anmeldung zur Pflichtversicherung in der Sozialversicherung zu erfolgen hat. Die Bw wäre verpflichtet gewesen, sich über die gesetzlichen Voraussetzungen, die bei der Ausübung ihres Gewerbes zum Tragen kommen, ausreichend zu informieren. Die hinsichtlich der nunmehr verbleibenden Fakten vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sind der Bw daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur verhängten Strafhöhe ist auszuführen, dass die Beschuldigte bereits im Jahr 2010 sowie im Juli und im Oktober 2011 rechtskräftig wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ASVG bestraft wurde, weshalb der erhöhte Strafsatz des § 111 Abs.2 ASVG zur Anwendung gelangt. Die von der belangten Behörde verhängten gesetzlichen Mindeststrafen erscheinen daher angemessen und erforderlich, um der Bw die Unrechtmäßigkeit ihres Handels deutlich vor Augen zu führen und sie künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Ein Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe kann nicht festgestellt werden, weshalb ein Vorgehen nach § 20 VStG ausscheidet und ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes sowie die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden der Bw nicht als gering anzusehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

8. Gemäß § 66 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen zum Strafverfahren hinsichtlich der nunmehr eingestellten Verwaltungsübertretungen. Hinsichtlich der übrigen Fakten hat die Bw gemäß § 64 Abs.2 VStG einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verbleibenden Geldstrafen zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum