Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253459/5/Py/Hu

Linz, 10.07.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. Mai 2013, GZ: SV96-125-2011/Gr, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. Mai 2013, GZ: SV96-125-2011/Gr, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 iVm § 111 Abs.1 Z1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zwei Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als verantwortlicher Beauftragter und somit Außenvertretungsbefugter der x mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeberin

1.   Herrn x, geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt als Arbeiter zumindest am 16.2.2011 von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (16.2.2011, 9:00 Uhr) und

2.   Herrn x, geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (1.000,-- € pro Monat) als Fahrer im Ausmaß von 35 bis 40 Stunden pro Woche zumindest am 16.2.2011 und lt. Angaben von Herrn x seit zwei Monaten, ohne vor Arbeitsantritt

eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 bei einer Kontrolle am 16.2.2011 um 9:15 Uhr in 1210 Wien, Trauzlgasse, indem die oa. Personen in einem LKW mit dem Kennzeichen: x bei der Ausübung ihrer Tätigkeit betreten wurden und angaben, für das oa. Unternehmen tätig zu sein, festgestellt.

Die oa. Dienstnehmer waren nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen. Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass aufgrund der Angaben der Lenker im Zuge der Kontrolle von einem Beschäftigungsverhältnis zur Firma x auszugehen ist. Dem Bw werde die Übertretung als verantwortlicher Beauftragter der x zur Last gelegt, die entsprechenden Unterlagen über die Bestellung seien der Erstbehörde vom handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens, Herrn x, übermittelt worden.

 

Abschließend führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung in Erwägung gezogenen Gründe aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 22. Mai 2013, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Werkvertragsverhältnis gehandelt habe und weder einer persönliche noch wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den angeführten Herren und der Firma x vorgelegen sei.

 

3. Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte daher entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. § 31e Abs.2 Z1 VStG). Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse teilte dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 12. Juni 2013 mit, dass für den Dienstgeber x, mit Beitragskontonummer x ein Bevollmächtigter gemäß § 35 Abs.3 ASVG nicht namhaft gemacht wurde. Ebenso teilte die Oö. Gebietskrankenkassa dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit E-Mail vom 7. Juni 2013 mit, dass auch bei dieser keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorliegt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Im angefochtenen Bescheid wird dem Bw eine Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht als verantwortlicher Beauftragter der Firma x mit Sitz in x, zur Last gelegt.

 

Eine Bestellurkunde, mit der der zur Vertretung nach außen Berufene die Erfüllung der ihm nach §§ 33 und 34 ASVG obliegenden Pflichten auf den Bw als Bevollmächtigten übertragen hat, ist weder bei der für die betreffende Dienststelle zuständigen Niederösterreichischen Gebietskrankenkassa, noch bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkassa, eingelangt. Im Verfahren wurde lediglich eine Urkunde vorgelegt, mit der der Bw ab 1.1.2009 als verantwortlicher Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG, § 23 ArbIG und § 28a Abs.3 AuslBG für die x der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung als zuständige Abgabenbehörde iSd § 28a Abs.3 AuslBG für die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bekanntgegeben wurde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie den eingeholten Informationen beim zuständigen Sozialversicherungsträger.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 35 Abs.3 ASVG kann der Dienstgeber die Erfüllung der ihm nach §§ 33 und 34 obliegenden Pflichten auf Bevollmächtigte übertragen. Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten sind unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt zu geben.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde liegt eine Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlich Beauftragten für die Einhaltung der in §§ 33 und 34 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz dem Dienstgeber übertragenen Pflichten nicht vor. So nimmt bereits die im Verfahren vorgelegte Bestellurkunde hinsichtlich des sachlichen Geltungsbereiches der dem Bw übertragenen Verantwortung nicht auf die sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten Bezug und liegt zudem eine entsprechende Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht vor. Hat aber ein Dienstgeber den in § 35 Abs.3 ASVG vorgezeichneten Weg der Übertragung der Meldepflichten auf Bevollmächtigte nicht bestritten, so bleibt er selbst gemäß §§ 33 und 34 iVm 111 ASVG verantwortlich und zur Erstattung der erforderlichen Meldepflichten verpflichtet (vgl. VwGH v. 3. Oktober 2002, Zl. 2002/08/0227).

 

Da somit die Verantwortung für die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten nicht auf den Bw übertragen wurde, ist ihm die gegenständliche Übertretung nicht zuzurechnen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 66 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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