Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360074/9/MB/WU

Linz, 13.08.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Brandstetter; Beisitzer: Dr. Gróf) über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Wels-Land vom 22. November 2012, GZ.: Pol96-35-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 22. November 2012, GZ: Pol96-35-2011, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

„Sie haben es als ständiger Vertreter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma X, X, nach § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), zu verantworten, dass von dieser Firma im Lokal „X", X, über den Zeitraum von etwa 2 Jahren bis zur Beschlagnahme am 31. Jänner 2011, mit unten angeführten elektronischen Glücksspielgeräten zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz veranstaltet wurden:

1. Gerät mit Gehäusebezeichnung „KAJOT", SN X, Finanzamt-Kontrollnummer 2,

2. Gerät mit Gehäusebezeichnung „KAJOT", SN X, Finanzamt-Kontrollnummer 3,

3. Gerät mit Gehäusebezeichnung „KAJOT", SN X, Finanzamt-Kontrollnummer 4.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt;

§ 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild i.V.m. § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich, ist, Ersatz- Gemäß.

freiheitsstrafe gemäß § 16 VStG

je 1.050,00 Euro zu 1.-3. von je 2 Tagen zu 1.-3.,

somit gesamt somit gesamt

3.150,00 Euro 6 Tage § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu 1.-3.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

315,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Strafe

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher: 3.465,00 Euro

 

Zahlungsfrist

Wird keine Berufung erhoben, so ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahlschein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei der Behörde einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag - ohne vorhergehende Mahnung - zwangsweise eingetrieben und im Fall . seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

 

Begründung

Sachverhalt

Sie sind ständiger Vertreter der Firma X mit Sitz in X und der österreichischen Zweigniederlassung in X.

 

Bei einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 31.1.2011 stellten die Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels als Organe der öffentlichen Aufsicht fest, dass diese Firma die drei spruchgegenständlichen elektronischen Glücksspielgeräte im öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals „X", X, betriebsbereit aufgestellt hatte.

 

Die Kontrollorgane führten dokumentiert umfangreiche Testspiele durch. Auf allen drei Geräten wurden Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen angeboten. Diese Spiele konnten nur nach Leistung eines Einsatzes von mindestens 0,20 Euro aufgerufen werden. Dabei wurde laut Gewinnplan für das Erreichen bestimmter Symbolkombinationen ein Gewinn in Höhe des Vielfachen des Einsatzes in Aussicht gestellt. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen. Bei dem dadurch ausgelösten virtuellen Walzenspiel wurden für die Dauer einer Sekunde die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder ihre Lage verändert. Wenn die neue Symbolkombination einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprach, war ein Gewinn eingetreten, andernfalls ist der Einsatz verloren gewesen.

 

Die erforderliche Konzession des Bundesministers für Finanzen lag nicht vor. Die Geräte waren auch nicht nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

 

Die Glücksspiele wurden auf Gefahr und Risiko der Firma X durchgeführt, um daraus selbstständig nachhaltig Einnahmen zu erzielen. In ihre wirtschaftlichen Sphäre fiel die monatliche Abrechnung der Spielergebnisse in Verbindung mit der Auszahlung der Gewinne und der Einnahme der Spieler-Verluste. Die Geräte wurden seit etwa 2 Jahren bis zum Tag der Kontrolle und Beschlagnahme gegen eine monatliche Platzmiete von 1.000 Euro zu den Öffnungszeiten des Lokals betrieben.

 

Beweiswürdigung

Als Beweise wurden verwertet: Niederschrift des Finanzamtes Grieskirchen Wels (Team KIAB) über die Befragung des Tankstellen-Pächters X; Anzeige mit Bilddokumentation des Finanzamtes Grieskirchen Wels (Team KIAB); Abrechnungsbeleg über Platzmietezahlung der X.; Firmenbuch Auszug; Vernehmung des Zeugen X (FinPol) vom 27. Juni 2012; durch Rechtsvertretung eingebrachte Stellungnahmen vom 26.7.2011, vom 7.9.2011 und vom 9.7.2012.

 

In den Stellungnahmen des Beschuldigten vom 7.9.2011 und vom 9.7.2012 wurde vorgebracht, dass dem Zeugen X bei der Befragung durch die Organe des Finanzamtes Grieskirchen verwirrende Fang"-Fraqen gestellt worden seien, weil dabei die Geräte als „Automat" bezeichnet worden seien, obwohl es sich nach Meinung des Beschuldigten um Eingabeterminals handle. Dagegen führte der Zeuge X an, dass er bei der Befragung des Herrn X einfache Fragen gestellt hätte, die von Herrn X auch einwandfrei verstanden und beantwortet wurden. Herr X hätte die Bezeichnung „Automat" auf die gegenständlichen Eingriffsgegenstände bezogen. Am Gehalt seiner Aussagen mache die Bezeichnung der Gegenstände keinen Unterschied. Dagegen wandte der Beschuldigte bei seiner Stellungnahme vom 9.7.2012 ein, dass sich der Gehalt der Aussagen des Herrn X sehr wohl geändert hätte, wenn in der Befragung von Terminals und nicht von Automaten die Rede gewesen wäre. Somit wären die durch Suggestivfragen zustande gekommenen Antworten nicht zu verwerten.

 

Die Behörde hat erwogen, dass die an Herrn X gestellten Fragen, die für die rechtliche Beurteilung maßgeblich waren, nämlich:

• „Wie lange stehen die Automaten schon in diesem Lokal?",

• „Wer hat den Automaten geliefert, wer hat die Aufstellung vermittelt?", und

• „Wer ist Betreiber der Automaten, also auf wessen Rechnung gehen Gewinn und Verlust durch den Betrieb dieser Geräte?

es nicht erkennbar sei, dass sich der Gehalt der Antworten durch Austausch des Wortes „Automaten" durch das Wort „Terminal" verändert hätte. Aus den Antworten geht eindeutig hervor, dass Herr X die angesprochenen „Automaten" auf die gegenständlichen Glücksspielgeräte bezieht.

 

Rechtliche Beurteilung

Ein Glücksspiel ist gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Nach § 2 Abs. 2 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

§ 2 Abs. 1 GSpG definiert Ausspielungen als Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine Vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Wenn die Ausspielungen nicht vom Glücksspielmonopol; des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind und auch keine eine Konzession oder Bewilligung dafür erteilt wurde, handelt es sich gemäß § 2 Abs. 4 GSpG um verbotene Ausspielungen.

Gemäß § 52 Abs: 1 Z 1 GSpG begeht :eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet.

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden mit den 3 spruchgegenständlichen Geräten über den Zeitraum von etwa 2 Jahren bis zur Beschlagnahme durch die Organe der öffentlichen Aufsicht am 31.1.2011 elektronische Spiele angeboten.

 

Die Kontrollorgane führten dokumentiert folgende Testspiele durch:

           am Gerät mit der FA-Kontrollnummer 2: das virtuelle Walzenspiel „Ring of Fire", mit einem Einsatz von 0,50 Euro und einem in Aussicht gestellten Gewinn von 20 Euro;

• am Gerät mit der FA-Kontrollnummer 3: das virtuelle Walzenspiel „Fruit Machine 27", mit einem Einsatz von 0,50 Euro und einem in Aussicht gesteiften Gewinn von 20 Euro;

• am Gerät mit der FA-Kontrollnummer 4: das virtuelle Walzenspiel „Ring of Fire XL", mit einem Einsatz von 0,50 Euro und einem in Aussicht gestellten Gewinn von 20 Euro.

 

Bei diesen virtuellen Walzenspielen wurde dem Spieler keinerlei Möglichkeit geboten, bewusst Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen oder Zahlen zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab. Der Spieler konnte nur nach Leistung eines Einsatzes einen Gewinnplan auswählen, der in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen unterschiedlich hohe Gewinne in Aussicht stellte und anschließend die Start-Taste betätigen. Bei dem dadurch ausgelösten virtuellen Walzenlauf wurden für die Dauer einer Sekunde die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert. Die neue Symbolkombination konnte nun einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprechen, womit ein Gewinn eingetreten wäre, oder eben nicht, womit der Verlust des Einsatzes verbunden gewesen wäre. Somit handelte es sich bei jedem dieser Spiele um ein Glücksspiel im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG.

 

In der rechtsfreundlich eingebrachten Stellungnahme des Beschuldigten vom 26.7.2011 wurde behauptet, dass das Spielergebnis nahezu ausschließlich von der Geschicklichkeit des Spielers abhängig sei.

Dem gegenüber hält es die Behörde aufgrund der Testspiel-Dokumentation der Finanzpolizei für zweifelsfrei erwiesen, dass bei den durchgeführten Spielen das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhängt und es für den Spieler keine Möglichkeit gibt, mit seiner Geschicklichkeit Einfluss auf Gewinn oder Verlust zu nehmen.

 

Die Glücksspielgeräte wurden von der Firma X über den Zeitraum von etwa 2 Jahren betrieben, um selbstständig nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung der Glücksspiele zu erzielen. Somit hat diese Firma als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG gehandelt.

 

Nachdem die Glücksspiele nur nach Leistung eines Einsatzes aufrufbar waren und dafür im Gegenzug laut Gewinnplan ein Gewinn in der Höhe des Vielfachen des Einsatzes in Aussicht gestellt wurde, handelte es sich dabei um von einem Unternehmer veranstaltete Ausspielungen gemäß §2 Abs. 1 GSpG.

 

Die auf den Geräten durchgeführten Ausspielungen waren weder durch eine Konzession nach dem GSpG gedeckt, noch gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Somit lagen verbotene Ausspielungen im Sinne des § 3 Abs. 4 GSpG vor.

 

Die verbotenen Ausspielungen wurden von der Firma X auf eigene Gefahr und auf eigenes Risiko veranstaltet. Die Teilnahme wurde über die obgenannten Glücksspielgeräte im angeführten Lokal in Wels, somit vom Inland aus ermöglicht. Der Firma X kam der hauptsächliche wirtschaftliche Nutzen zu (Einbehalten der in den Geräten verbliebenen, von den Spielern verlorenen Einsätze) und sie trug das wirtschaftliche Risiko (Auszahlung von Gewinnen, Zahlen der Platzmiete).

In der Rechtfertigung des Beschuldigten vom 26.7.2011 wurde eingewendet, dass das Glücksspiel via Internetleitung von einem in der Steiermark (X) aufgestellten legalen Automaten aus übertragen werde.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 23.02.2012 (Zahl 2012/17/0033) für einen vergleichbaren Fall ausgeführt, dass die Ausspielung dort stattfindet, wo sich das Terminal, welches vom Spieler bedient wird, befindet. Es ist für das Vorliegen eines Verdachtes auf einen fortgesetzten Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes nicht ausschlaggebend, ob das vorliegende Gerät nach der Begrifflichkeit des GSpG ein Glücksspielautomat oder ein Video-Lotterie-Terminal oder aber keines der beiden ist, da eine Zulässigkeit der Ausspielung sich nur aus den §§ 4 und 5 GSpG ergeben könnte. Es liegt jedenfalls ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vor, gleichgültig ob man das Gerät zusätzlich als Video-Lotterie-Terminal im Sinn des § 12a GSpG ansehen kann oder nicht.

 

Handelt es sich bei dem vorliegenden Gerät um ein solches, für welches nicht explizit durch das GSpG eine Ausnahme vorgesehen ist, ergibt sich daraus jedenfalls, dass das Betreiben eines solchen Gerätes ohne Konzession nach dem GSpG unzulässig ist. Demnach vermag dieser Einwand das Vorliegen einer zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielung nicht zu widerlegen.

 

Durch die Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen zur Teilnahme vom Inland aus wurde somit von der Firma X eine Verwaltungsübertretung begangen, die gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG von der Behörde mit bis zu 22.000 Euro zu bestrafen ist.

 

Als ständiger Vertreter der X ist X das zur Vertretung nach außen berufene Organ und somit gemäß § 9 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich. Das Straferkenntnis ist deshalb an Sie zu richten.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 GSpG ist für das Strafverfahren in erster Instanz die Bezirksverwaltungs-behörde zuständig. Die Bundespolizeidirektion Linz hat als Bezirksverwaltungsbehörde des Tatortes aufgrund des zum Tatzeitpunkt bestehenden Hauptwohnsitzes des Täters in der Gemeinde X im Bezirk Wels-Land das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 29 a VStG am 16. März 2011 an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land abgetreten.

 

Bei der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG wurde gemäß unserem Schreiben vom 19.7.2011 von einem Nettoeinkommen in der Höhe von 2.000 Euro ausgegangen, sowie dass Sie kein Vermögen und keine Sorgepflichten haben. Sie haben dazu im Verfahren keine anderslautende Äußerung getätigt. Weiters war für die Strafbemessung zu berücksichtigen, dass die Übertretung mit 3 Geräten begangen wurde. Als straferschwerend war der Umstand zu werten, dass die verbotenen Ausspielungen über den langen Zeitraum von etwa 2 Jahren durchgeführt wurden. Als strafmildernd war der Umstand zu werten, dass noch keine einschlägigen rechtskräftigen Bestrafungen gegen Sie vorliegen. Das Strafausmaß wird je Glücksspielgerät mit 1.050 Euro, somit gesamt mit 3.150 Euro festgelegt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 Prozent der Strafe zu zahlen, das sind 315 Euro. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher 3.465 Euro.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich eine Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen. Gemäß § 16 Abs. 2 leg cit darf, wenn keine Freiheitsstrafe vorgesehen ist, die Ersatzfreiheitsstrafe nicht länger als 2 Wochen betragen. Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe waren die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht zu berücksichtigen. Angesichts der Tatumstände wird eine Ersatzfreiheitsstrafe je Glücksspielgerät im Ausmaß von je 2 Tagen, somit gesamt von 6 Tagen verhängt.

 

In der Stellungnahme des Beschuldigten vom 26.7.2011 wird vorgebracht, dass der Grad des Verschuldens gering sei, weil die Gesetzeslage nicht eindeutig wäre und die Art der Begehung auf keinen gefestigten Täterwillen schließen ließe.

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Das Glücksspielgesetz verbietet und sanktioniert eindeutig die Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen. Wie der Verwaltungsgerichtshof (2011/17/0238) ausgesprochen hat, ist gerade in Fällen, in denen die Möglichkeiten der Rechtsordnung im Wirtschaftsleben bis aufs Äußerste ausgenützt werden sollen, eine besondere Sorgfalt bei der Einholung von Auskünften über die Zulässigkeit einer beabsichtigten Tätigkeit an den Tag zu legen. Aufgrund Ihrer Tätigkeit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ eines Unternehmens in der Spielapparate-Branche gehört es zu Ihren grundlegenden Aufgaben, sich über die Zulässigkeit der Ausübung von Glücksspielaktivitäten zu informieren, was z.B. über die Öffentliche zugängliche Informationen des Finanzministeriums (www.bmf.gv.at) sehr einfach möglich ist. Die Veranstaltung der verbotenen Ausspielung erfolgte daher zumindest fahrlässig.

Die hier vorliegende Art der Begehung in Form von Aufstellen von Glücksspielgeräten in einem öffentlich zugänglichen Lokal ist eine geradezu typische Handlungsweise, die das Glücksspielgesetz hintan halten möchte. Somit ist auch darin kein Hinweis für ein geringgradiges Verschulden zu erkennen.

 

Die verhängte Strafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen.“

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei.

Der Bw beantragt der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu werden die Anträge gestellt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Ermittlungsverfahren zu ergänzen bzw. eine günstigere Strafe zu verhängen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 7. Dezember 2012 die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

2.2. Mit Schreiben zur Zahl 2 St 122/10a-1, welches am 12. Februar 2013 beim Oö. Verwaltungssenat einlangte, wurde dem Oö. Verwaltungssenat als Antwort auf die Nachfrage vom 28. Jänner 2013 mitgeteilt, dass das Verfahren betreffend die verfahrensgegenständliche Sache noch nicht abgeschlossen ist.

2.3. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme der in Rede stehenden Geräte mit Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 19.7.2012, VwSen-740092/2/MB/Wu als rechtmäßig bestätigt wurde.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1.1 und 1.2. dargestellten Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzustellen:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 31. Jänner 2011 um ca. 10.14 Uhr im Tankstellenshop der X-Tankstelle in X, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge nach Durchführung eines Probespieles vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden – wie sich zuletzt auch aus der hinsichtlich der in Rede stehenden Geräte erfolgten Beschlagnahmeentscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 19.7.2012, VwSen-740092/2/MB/Wu, ergibt (vgl. insbes. die darin bezogenen Beweismittel:  

die Ausführungen im Aktenvermerk des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele an den Geräten sowie die Niederschrift mit Herrn X – hier wird angegeben, dass in den Kassen jeweils nur 5, 10 oder 20 Euroscheine aufzufinden sind und idR kleine Gewinne, aber auch schon 300, 400 oder 600 Euro ausbezahlt wurden – und die Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme worin u.a. die Rede davon ist, dass den Organen Geld zur Durchführung der Probespiele zur Verfügung gestellt wurde) – etwa 2 Jahre lang  bis zur Beschlagnahme am 31. Jänner 2011 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich – erneut nicht zuletzt auch aufgrund der in der zitierten Beschlagnahmeentscheidung bestätigten Feststellungen – für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die durch Testspiele erhobenen und im Akt ausführlich dokumentierten Ermittlungen  der einschreitenden Abgabenbehörde, deren Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden auf jeden der beschlagnahmten Geräte Gewinne in Aussicht gestellt. Die Spiele (virtuelle Walzenspiele) konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der „Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergaben nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Der Spieler hat keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler ist es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt somit bei allen jeweils durchgeführten Spielen auf sämtlichen beschlagnahmten Geräten somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 76/2011 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd. § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzter Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der renommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des "geringen Betrages" des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des VwGH entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26ff) Folgendes aus:

 

„Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ("wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ..."-§ 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSIg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,-ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365) und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ("essential elements") aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 ZI) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine "Glücksspielveranstaltung" (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

 3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungs-regelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.“

4.3.1. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249-5 ausdrücklich an.

4.4. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl. Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlendem Vorsatz, Verjährung, Einstellung gem  oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl. so ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielautomaten Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, bereits eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

4.5.1. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181). Dies deshalb, weil vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs 2 GSpG und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen dem gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Glücksspielstrafrecht (VfSlg 15.199), sowie der nicht vorhandenen Statuierung des Vorranges der gerichtlichen Bestrafung (vgl. K. Stöger in Raschauer/Wessely, § 30 Rz 6 mwN) Zweifel betreffend der Annahme und Reichweite einer Scheinkonkurrenz vorhanden waren. Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.

4.5.2. Zum Aussetzungszeitpunkt war § 22 VStG idF BGBl I 33/2013 nicht in Geltung. Mit 1. März 2013 trat die angesprochene Bestimmung in Kraft (siehe zur Funktionsweise als ausdrückliche Subsidiarität weiter unter Pkt. 4.4.). Durch die Normierung der allgemeinen, ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich für die vom Oö. Verwaltungssenat ausgesprochenen Aussetzung die Konsequenz, dass unabhängig davon, ob bzw. wie eine strafgerichtliche oder staatsanwaltliche Reaktion erfolgt, die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9 Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw. §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, welche einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (s VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9 Rz 30; „...Abgrenzungsregelung...“) und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPEMRK in Einklang bringt (siehe VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, ebenso VfGH vom 26. Juni 2013, B 63/2013-7), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Verwaltungssenat durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die vormalig bestehenden Zweifel nach § 30 Abs 2 VStG bringt. Dies umso mehr, als dem Grunde nach erkannt werden muss, dass im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) keine Zweifel darüber bestehen können, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. „... nur dann ... strafbar ...“)

4.6. Die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat ergibt Folgendes:

4.6.1. Am 5. November 2011 wurde in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf Sachverhalte betreffend Geräte, die mit "Automatic-Start-Tasten" ausgestattet sind, ausdrücklich bestätigt.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9 abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs.2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glückspielautomat geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

 

Durch den Verwaltungsakt ist eindeutig belegt, dass sämtliche gegenständlichen Geräte mit "Automatik-Start-Tasten" bzw. "Automatik-Start-Funktionen" ausgestattet sind. Dies indiziert – wie bereits im Anzeigeschreiben vom 20. Dezember 2012 dargelegt – die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der – in Zusammenschau der Serienspieljudikatur des OGH mit der aktuellen Entscheidung des VfGH zweifelsfrei erkennbaren – Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch die Ausführungen zur finanzbehördlichen Anzeige betreffend die Funktionsweise der „Automatic-Start-Taste“ bestärkt, wonach bei Auslösung eines Spiels im Wege der  "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe sehr rasch und kontinuierlich hintereinander“ durchführen zu lassen. „Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.“

 

4.6.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung sämtlicher Geräte mit "Automatic-Start-Tasten" (siehe: Gerät FA-Nr. 2 Bedienapparatur, Taste am äußerst linken Bedienfeld; Gerät FA-Nr. 3 Bildschirm, rechte Seite unter der Anzeige „Game-over“, Gerät FA-Nr. 4 Bildschirm rechte Seite unter der Anezeige „M.G.“) und der beschriebenen Funktionsweise dieser Tasten werden nach Auffassung der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des VfGH – somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des OGH weiterhin einschlägig.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte durch den Geräteeigentümer stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgerätes, bei dem Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Eine der jüngeren Rechtsprechung des VwGH entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber zufolge der Entscheidung des VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

4.6. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung und nicht zuletzt auch im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm. § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

5. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

 

 

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