Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253178/7/Py/Hu

Linz, 11.07.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Mai 2012, GZ: SV96-137-2010/La, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung mit Verkündung der Berufungsentscheidung am 10. Mai 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Mai 2012, GZ: SV96-137-2010/La, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 idgF drei Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 66 Stunden verhängt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 11. Juni 2012. Darin wird vorgebracht, dass im gegenständlichen Fall das Günstigkeitsprinzip zur Anwendung gelangen muss, da die Strafbarkeit des der Bw zur Last gelegten Tatbestandes nach Begehung der Tat zur Gänze weggefallen ist. Der angefochtene Bescheid verstößt gegen § 1 Abs.2 VStG sowie gegen Art. 7 EMRK und Art. 49 der Europäischen Grundrechte-Charta sowie gegen Art. 45 AEUV. Zudem muss für die Unterbrechung der Verjährung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG unverwechselbar feststehen, wann, wo und welchen Ausländer die Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat. Diesem Erfordernis entspricht die angefochtene Entscheidung nicht, sondern enthält der angefochtene Bescheid keinerlei Sachverhaltsfeststellungen. Die von der belangten Behörde herangezogenen Personenblätter wären gar nicht in der Lage, zur Abklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes einen adäquaten Beitrag zu leisten. Das schematische Ausfüllen eines Formulars, das die entscheidungswesentlichen Kriterien hinsichtlich selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit nicht einmal enthält, entspricht nicht den rechtlichen Anforderungen. Die gegenständlichen Prostituierten haben sich im Nachtclub aufgehalten, wurden jedoch nicht von dem von der Bw vertretenen Unternehmen beschäftigt, sondern übten ihre Tätigkeit als Selbstständige im Rahmen ihres Gewerbes im eigenen Namen und auf eigene Rechnung aus.

 

3. Mit Schreiben vom 12. Juni 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Mai 2013. An dieser nahm der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter der am Verfahren beteiligten Organpartei teil.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis stützt sich die belangte Behörde auf die Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 20. Juli 2010. In seinem Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2010/09/0069 bis 0070-9, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass alleine eine Tätigkeit als Prostituierte die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung nicht rechtfertigt, sofern nicht auch Merkmale hinsichtlich der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin vorliegen. Die Berufungswerberin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, ihre bisher getätigten Aussagen über die Abwicklungsmodalitäten und den Organisationsablauf im Unternehmen lagen nicht vor, weshalb es im Hinblick auf die gemäß § 31 Abs.3 VStG eintretende Strafbarkeitsverjährung dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr möglich war, innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Entscheidungsfrist die zur Erhebung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu tätigen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

 

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