Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167959/4/Br/Ka

Linz, 20.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 20. Juni 2013, Zl. VerkR96-3812-2013, nach der am 20. August 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Das angefochtene Straferkenntnis wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 28 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013.

Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 iVm § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 140 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde,  "er habe die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 41 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Tatort: Gemeinde W., Autobahn, W. Nr. . bei km 10.600 in Fahrtrichtung L. Tatzeit: 20.01.2013, 15.09 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 52 lit. a Zif. 10 a StVO

Fahrzeug: Kennzeichen x“

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuldspruch wie folgt:

„Die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die Fotoaufnahme eines geeichten Radargerätes als erwiesen anzusehen.

 

Über Lenkeranfrage vom 22.04.2013 wurden Sie als Lenker zum Tatzeitpunkt bekannt gegeben. Gegen die daraufhin erlassene Strafverfügung brachten Sie einen Einspruch mit der Begründung ein, dass Sie nicht mitteilen könnten, wer zu diesem Zeitpunkt gefahren sei, da Sie sich beim Fahren mit einer Freundin abwechselten.

 

Mit 03.06.2013 wurde Ihnen der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und hatten Sie die Möglichkeit, sich zum ggst. Vorwurf zu äußern, andernfalls das Verfahren ohne Ihre weitere Anhörung durchgeführt werden würde.

 

In Ihrer Rechtfertigung vom 18.06.2013 konnten Sie jedoch gemäß § 5 Abs. 1 VStG. nicht glaubhaft machen, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es war daher bei erwiesenem Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Zuwiderhandlung spruchgemäß zu entscheiden und die zu verhängende Geldstrafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1991 festzusetzen.

 

Bezüglich des Strafausmaßes ist auszuführen:

 

Gemäß § 99 Abs. 2 d StVO ist für die gegenständliche Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von bis zu 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von bis zu sechs Wochen vorgesehen.

 

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjeniger Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs. 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- u. Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im konkreten Fall wurden bei der Strafbemessung das Ausmaß Ihres Verschuldens und das Nichtvorliegen von Vormerkungen bei der LPD Wien gewertet und somit die Erschwerungs- u. Milderungsgründe gegeneinander abgewogen, sowie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt und es konnte daher die Strafe reduziert werden.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint nunmehr aus den angeführten Gründen dem Erfordernis des § 19 VStG entsprechend.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

1.2. Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. In der dagegen fristgerecht per Email am 10.7.2013 an die Behörde erster Instanz übermittelte Berufung bringt der Berufungswerber zum Ausdruck, bereits  mehrfach mitgeteilt zu  haben, das Fahrzeug an besagtem Wochenende von Frau X geliehen gehabt zu haben, diese Geschwindigkeitsübertretung aber nicht begangen zu haben. Bei der  Lenkererhebung habe  Frau X dies auch  dementsprechend klargestellt (Hinweis auf unten).

Von daher fordere er erneut auf, das ihm vorgeworfene Verschulden (gemeint wohl die Lenkereigenschaft) entweder zu substanzieren oder aber den Vorwurf und somit auch das Bußgeld zurückzunehmen.

 

 

2.1. Mit diesen Ausführungen vermag der Berufungswerber jedoch keine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches aufzuzeigen!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung  einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß der bestreitenden Verantwortung in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte zwecks unmittelbarer Beweisaufnahme durch Anhörung des Berufungswerbers erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

Der Berufungsverhandlung blieb der Berufungswerber jedoch unentschuldigt fern. Die Behörde erster Instanz entschuldigte ihre Nichtteilnahme mit Schreiben vom 2.8.2013.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Verwaltungsaktes anlässlich der Berufungsverhandlung.

 

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Unbestritten bleibt von Anbeginn die Geschwindigkeitsmessung an dem den Berufungswerber laut Lenkerauskunft von Frau x zur Verfügung gestellt gewesenen Pkw.

Im Sinne des § 96 Abs.8 StVO ist eine mittels Radargerät festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nach der jeweils in Betracht kommenden Gesetzesstelle (§ 20 Abs. 2, § 52 lit. a Z. 10a StVO usw.) zu bestrafen (vgl. die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, so z.B. das Erkenntnis vom 3. Oktober 1984, Zl. 84/03/0020, u.v.a.). Das gegenteilige Vorbringen des Rechtsvertreters geht daher ins Leere (unter vielen VwGH 27.11.1992, 91/03/0111). 

Mit bloß lapidarem Bestreiten einer Lenkereigenschaft, ohne auch nur den Namen einer angeblich anderen in Betracht kommenden Person zu nennen, indiziert keine sachgerechte Mitwirkung am eigenen Verfahren. Diesbezüglich hilft auch nicht, wenn Frau X später erklärte, über die Person des Lenkers zum Zeitpunkt des Regelverstoßes nicht Bescheid zu wissen.

 

 

5. Rechtlich stellt der Unabhängige Verwaltungssenat fest:

In Vermeidung von Wiederholungen kann auf die umfassenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

Das Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG und VStG zu führen, somit ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl. VwGH 08.02.1995, Zl. 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft bloß zu bestreiten. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten erfordert es vielmehr, dem Tatvorwurf konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl. VwGH 28.09.1988, 88/02/0030 ua).

In lebensnaher Würdigung dieser Umstände gelangte daher auch die Berufungsbehörde zur Überzeugung, dass der letztlich zur Berufungsverhandlung nicht erschienene und auch für keine Vertretung sorgende Berufungswerber das betreffende Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt der fraglichen Fahrt – wie von Frau X im Zuge der Lenkerauskunft bekannt gegeben - selbst gelenkt hat.

Von einer vom Fahrzeughalter als Lenker benannten Person, die das – hier im überlassene - Fahrzeug nicht selbst gelenkt hätte, ist nämlich auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu erwarten, dass sie zumindest nachvollziehbare Aspekte darzulegen in der Lage ist die ihre Lenkerschaft (Fahrzeugführerschaft) zumindest fraglich erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.09.1996, 96/17/0320).

Wenn all das unterblieb bildet dies einen hinreichend schlüssigen Beweis dafür, dass offenbar nur er selbst als Lenker dieses  KFZ in Betracht kommt.

Jüngst hat der Verfassungsgerichtshof vom 22.9.2011, B1369/10, in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen, dass eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker nicht vorliege, wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung  nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schuss zieht,  er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen.

Gemäß § 45 Abs.2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das bloß globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).

Seiner Verantwortung damals nicht gefahren zu sein war alleine schon mit Blick auf die Lenkerauskunft nicht zu folgen, weil ein geliehenes Fahrzeug wohl kaum an Dritte zum Lenken überlassen werden dürfte (vgl. dazu die bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, Zweiter Halbband, 8. Auflage, auf Seite 678f angeführte, sowie obzit. Judikatur). Dies wäre gegebenen Falls wohl bereits im Zuge der Lenkererhebung zu Tage gekommen.

 

 

5. Zur Strafzumessung:

Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Berufungswerber gilt wohl laut Aktenlage als unbescholten, was einen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

 

5.1. Nach § 99 Abs.2d StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis zu 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Vor diesem Hintergrund könnte in der mit 140 Euro bemessen Geldstrafe selbst bei bescheidensten Einkommensverhältnissen ein Ermessensfehler nicht gesehen werden.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

 

 

II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend  in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

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