Linz, 14.08.2013
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Gróf; Beisitzerin: Dr. Lukas) über die Berufung des A, geb. XX, vertreten durch Dr. F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 30. Jänner 2012, GZ.: 2‑11/S wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: § 66 Abs 1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels (nunmehr Landespolizeidirektion Oberösterreich; im Folgenden: belangte Behörde) vom 30. Jänner 2012, GZ.: 2‑11/S, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt
"Sie haben, wie [am] 27.11.2010 um 16.35 Uhr durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels festgestellt wurde, in W, Lokal 'Cafe', als Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz) Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz veranstaltet, weil Sie 2 Glücksspielgeräte betrieben haben, wobei die Spieler nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen konnten und den Spielern keine Möglichkeit geboten wurde Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen oder Zahlen zu nehmen sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten nur durch Betätigen der Start-Taste, wodurch bei den dadurch ausgelösten virtuellen Walzenspielen die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert wurden, auf das Spiel Einfluss nehmen, weshalb die mit den Glücksspielgeräten durchgeführten Spiele als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz zu werten waren.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG iVm. § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von EURO falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
€ 3.000 8 Tagen § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
· € 300,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);
· als Ersatz der Barauslagen für
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 3.300,00.
Begründung:
Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.
1.2. Gegen dieses am 01. Februar 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 07. Februar 2012 zur Post gegebene rechtzeitige Berufung.
Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei.
Der Bw beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu werden die Anträge gestellt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Ermittlungsverfahren zu ergänzen bzw eine günstigere Strafe zu verhängen.
1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 10. Februar 2012 die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.
2.1. Mit Schreiben vom 17. Februar 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat die belangte Behörde wie folgt um notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens ersucht:
"Sehr geehrte Damen und Herren!
In den Berufungsverfahren gegen das Straferkenntnis nach dem Glücksspielgesetz betreffend A, vertreten durch RA Prof. Dr. F, vom 06. Februar 2012, zu Zl. 2-11/S, sind – nicht zuletzt im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB VwGH vom 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) – Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich folgender Sachverhaltsfrage notwendig:
Welche konkreten Einsätze wurden zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt 'am 27. November 2010 um 16.35 Uhr' für welche/s konkrete/n Spiel/e an den in Rede stehenden Geräten tatsächlich geleistet?
Die Bundespolizeidirektion Wels wird daher ersucht, die notwendigen Erhebungen (gegebenenfalls unter Beiziehung der Anzeige legenden Abgabenbehörde) durchzuführen und dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse unter Vorlage entsprechend umfassender Beweise (insbesondere: umfassende und vollständige Gerätebuchhaltung bzw. digitale Buchhaltungsunterlagen [iSd Newsletters Glücksspielkontrollen des Bundesministeriums für Finanzen, GSp-Newsletter 02/2011]) innerhalb von vier Wochen zu übermitteln."
2.2. Am 23. März 2012 wurde dem Oö. Verwaltungssenat eine Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen-Wels zum Ergänzungsersuchen des Oö. Verwaltungssenates vom 17. Februar 2012 übermittelt, in welchem ua mitgeteilt wurde, dass aus Sicht des Finanzamtes diesbezügliche Ermittlungen aufgrund der vorliegenden Unterlagen und der gegenständlichen Berufung schlichtweg nicht erforderlich seien. Die belangte Behörde hat hingegen bezüglich des Ermittlungsauftrages keine Reaktion gezeigt.
2.3. Mit Schreiben vom 16. Juli 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.
Im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung lag dem Oö. Verwaltungssenat trotz Urgenzschreiben vom 12. November 2012 bzw 28. Februar 2013 keinerlei Information betreffend den Stand des gegenständlichen Verfahrens von Seiten der Staatsanwaltschaft vor.
3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
3.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG - in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung [BGBl I Nr 73/2010]) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.
Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".
4.2. Gemäß § 31 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr 33/20113 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 [VStG]) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
4.2.1. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht zu prüfen. Dabei muss sich die Verfolgungshandlung auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente beziehen. Diese ist schon im Ladungsbescheid oder in der Aufforderung zur Rechtfertigung ausreichend zu konkretisieren. Unterlaufen bei der ersten Verfolgungshandlung Fehler, so ist eine Sanierung ua dann möglich, wenn dem Beschuldigten noch innerhalb der Verjährungsfrist der Sachverhalt konkret vorgehalten wird.
Eine Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch aufzunehmenden Tatbestandselemente näher konkretisieren und individualisieren (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1459 f, Anm 1 zu § 32 VStG mwN).
Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1521 Anm 2 zu § 44a VStG).
4.2.2. Nach Ausweis der Aktenlage hat die belangte Behörde den Bw mit Schreiben vom 28. Februar 2011 wie folgt zur Rechtfertigung aufgefordert:
"Aufforderung zur Rechtfertigung
Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:
Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)
Sie haben, wie [am] 27.11.2010 um 16.35 Uhr durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels festgestellt wurde, in W, Lokal 'Cafe', als Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz) Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz veranstaltet, weil Sie 2 Glücksspielgeräte betrieben haben, wobei die Spieler nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen konnten und den Spielern keine Möglichkeit geboten wurde Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen oder Zahlen zu nehmen sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten nur durch Betätigen der Start-Taste, wodurch bei den dadurch ausgelösten virtuellen Walzenspielen die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert wurden, auf das Spiel Einfluss nehmen, weshalb die mit den Automaten durchgeführten Spiele als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz zu werten waren.
Verwaltungsübertretung nach §
§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG iVm. § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG
Sie [k]önnen sich nach Ihrer Wahl entweder anlässlich der Vernehmung bei uns
am Zeit Stiege/Stock/Zimmer Nr.
binnen 2 Wochen ab Montag bis Freitag jeweils 2. Stock, Zi. 220
Zustellung dieses Schreibens zwischen 08.00 und 12.00 Uhr
oder schriftlich bis zu diesem Zeitpunkt rechtfertigen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt geben. Zur Vernehmung können Sie einen Rechtsbeistand Ihrer Wahl beiziehen."
In der Aufforderung zur Rechtfertigung wird dem Bw daher lediglich vorgehalten, er habe als Unternehmer an einem näher beschriebenen Tatort Ausspielungen iSd § 2 Abs 1 Glücksspielgesetz veranstaltet, weil er "2 Glücksspielgeräte" betrieben habe. Dabei wurden weder die Geräte durch eine Bezeichnung, Seriennummer, den darauf angebotenen Spielen, möglichen Einsatzhöhen oder dazu in Aussicht gestellte Gewinnen konkretisiert, noch der Tatzeitraum näher umschrieben.
Somit hat die belangte Behörde keinesfalls in unverwechselbarer – und damit iSd § 44a Z 1 VStG ausreichend konkretisierter – Weise die Eingriffsgegenstände und den Tatzeitraum individualisiert.
Zum einen reicht der Vorwurf, dass durch den Betrieb von 2 Glücksspielapparaten Ausspielungen veranstaltet worden seien, an denen sich der Bw unternehmerisch beteiligt hätte, nicht aus, um den Bw in die Lage zu versetzten, auf den Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, da die Geräte, bezüglich derer er allfällige Beweise anbieten hätte können, nicht bezeichnet waren.
Zum anderen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch der Zeitpunkt der Begehung der Tat anzuführen; falls es sich um ein fortgesetztes Delikt handelt, ist der Anfang und das Ende des Zeitraumes in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (vgl VwGH 06.11.1995, 95/04/0122). Durch die fehlende Tatzeitangabe ist der Bw daher nicht davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Der konkrete – und damit iSd § 44a VStG unverwechselbare – Vorwurf einer bestimmten strafbaren Handlung kann der Aufforderung zur Rechtfertigung demnach keinesfalls entnommen werden, weshalb ihr die Eignung zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist nicht zugesprochen werden kann.
4.2.3. Auch der im Spruch des am 1. Februar 2012 zugestellten Bescheids enthaltene Tatvorwurf unterscheidet sich hinsichtlich der Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale nicht von der Aufforderung zur Rechtfertigung. Weder im Spruch des bekämpften Bescheids noch in der Begründung werden die "2 Glücksspielapparate" näher bezeichnet, geschweige denn unverwechselbar konkretisiert. Zwar wurden in der Begründung des Bescheides die Zeugenaussagen der Organe der Finanzpolizei wiedergegeben. Eine nähere Konkretisierung der Glücksspielapparate ist jedoch auch diesen Aussagen nicht zu entnehmen, da lediglich von "Glücksspielgeräten, denen im Verwaltungsakt die Nr 1 und 2 zugewiesen worden seien", die Rede war.
Wenn schon eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung im Verwaltungsstrafrecht nicht ausreicht, um der Vorschrift des § 44a VStG zu entsprechen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsstrafverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG), kann eine bloß im Verwaltungsakt vorgenommene Konkretisierung der Glücksspielgeräte, mit welchen eine Verwaltungsübertretung vorgeworfen wird, keinesfalls diesen Anforderungen genügen.
Zudem wird auch im Bescheidspruch mit keinem Wort erwähnt, welcher konkrete Tatzeitraum dem Bw vorgeworfen wird.
Somit wurde dem Bw weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch im bekämpften Bescheid, der zudem erst am 1. Februar 2012 und somit außerhalb der durch § 31 Abs 1 VStG geregelten Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr zugestellt wurde, eine hinreichend konkretisierte und individualisierte strafbare Handlung vorgeworfen.
Auch eine weitere Verfolgung des Bw ist unzulässig, zumal gegen ihn binnen der Verjährungsfrist von der belangten Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.
Der Bescheid war daher bereits aus diesem Grund aufzuheben.
4.3. Darüber hinaus ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.
Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).
4.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht einen weiteren wesentlichen Spruchmangel zum einen darin, dass durch den Spruch die Identität der Tat nicht feststeht, zumal die Anlastung der strafbaren Handlung (Veranstaltung von Ausspielungen als Unternehmer durch den Betrieb von "2 Glücksspielapparaten") nicht in § 44a VStG entsprechender Weise konkretisiert wurde. Wie bereits unter 4.2. ausgeführt, ist damit die iSd § 44a Z 1 VStG gebotene Unverwechselbarkeit des Tatvorwurfs in keiner Weise gegeben. Durch den nicht weiter konkretisierten Vorwurf, mit "2 Glücksspielapparaten" gegen das Glücksspielgesetz verstoßen zu haben, kann der Bw keinesfalls in die Lage versetzt werden, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten.
4.3.2. Abgesehen von der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung hat – nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs – die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.03.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.05.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.02.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.09.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 08.02.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 03.09.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.03.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).
4.4. Da sowohl der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. Februar 2011 als auch dem angefochtenen Straferkenntnis vom 30. Jänner 2012 kein konkreter, unverwechselbarer Tatvorwurf gegen den Bw erhoben wurde, kann dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt keine taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden. Abgesehen davon, dass sich keine Angaben zum Aufstellungszeitpunkt der Glücksspielapparate finden, hätte die Tatzeit dem Bw längstens bis zum Kontrolltag am 27.11.2010 angelastet werden können, sodass die in § 31 Abs 1 VStG vorgesehene einjährige Verfolgungsverjährungsfrist mittlerweile jedenfalls abgelaufen ist und die aufgezeigten wesentlichen Spruchmängel im Berufungsverfahren keinesfalls mehr korrigierbar waren.
5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher im Hinblick auf wesentliche Feststellungsmängel und mangels einer ausreichend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.
Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. Weiß