Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101656/13/Weg/Ri

Linz, 05.08.1994

VwSen-101656/13/Weg/Ri Linz, am 5. August 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des P , vertreten durch Rechtsanwalt DDr. K, vom 15. November 1993 gegen die Fakten 2 - 16 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. Oktober 1993, VerkR96/9035/1992/Ga/Li und VerkR96/9035/1992+1/Ga/Li, nach der am 19. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wird wie folgt abgeändert, wobei das Faktum 1 nicht angefochten wurde und im folgenden von der selben ziffernmäßigen Bezeichnung der Verwaltungsübertretungen ausgegangen wird, wie im Straferkenntnis:

Der Berufungswerber lenkte am 23. April 1992 um ca. 21.40 Uhr den PKW auf der B147 von Friedburg kommend in Richtung Pischelsdorf und hat 1. ...... schon rechtskräftig....., 2. die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h zwischen Kilometer 13,31 und 13,48 um ca. 30 km/h überschritten, 3. die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zwischen Straßenkilometer 13,48 und 16,26 um ca. 20 km/h überschritten, 4. die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h zwischen Straßenkilometer 16,26 und 16,70 um ca. 30 km/h überschritten, 5. die im Ortsgebiet von Mattighofen zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Kilometer 16,70 um ca. 30 km/h überschritten, 8. die im Ortsgebiet von Mattighofen zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Unterlochnerstraße zwischen Kilometer 0,15 und 0,25 um ca. 30 km/h überschritten, 9. die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h zwischen Straßenkilometer 0,25 und 0,28 um ca. 40 km/h überschritten, 10. die im Ortsgebiet von Mattighofen zulässige Höchstgeschwindigkeit zwischen Straßenkilometer 0,28 und 1,10 um ca. 30 km/h überschritten, 11. die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit in Unterlochen I zwischen Straßenkilometer 1,95 und 2,05 um ca. 20 km/h überschritten, 12. zwischen Kilometer 2,35 und 2,5 im Ortsgebiet von Unterlochen II die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um ca. 20 km/h überschritten.

Der Berufungswerber hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

2.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, 3.) § 20 Abs.2 StVO 1960, 9.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, 4.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, 10.) § 20 Abs.2 StVO 1960, 5.) § 20 Abs.2 StVO 1960, 11.) § 20 Abs.2 StVO 1960, 8.) § 20 Abs.2 StVO 1960 und 12.) § 20 Abs.2 StVO 1960.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden folgende Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen und zwar jeweils in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und § 19 VStG verhängt:

2.) 1.000 S (24 Stunden) 9.) 1.200 S (24 Stunden) 3.) 600 S (12 Stunden) 10.) 1.000 S (24 Stunden) 4.) 1.000 S (24 Stunden) 11.) 600 S (12 Stunden) 5.) 700 S (12 Stunden) 12.) 600 S (12 Stunden) 8.) 1.000 S (24 Stunden) II. Der Berufung hinsichtlich der Fakten 6, 7, 13, 14, 15 und 16 wird Folge gegeben und diesbezüglich das Strafverfahren eingestellt.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz vermindert sich auf 770 S.

Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren fällt nicht an.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 19, § 24, § 44 Abs.1 Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber nachstehendes Straferkenntnis (wörtliche Wiedergabe) erlassen:

"Sie lenkten am 23.4.1992 gegen 21.40 Uhr den PKW auf der B147 von Friedburg kommend in Richtung Pischelsdorf; 1. Sie haben die im Ortsgebiet von Munderfing zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zwischen Str.-km 12,8 und 13,31 um ca. 50 km/h überschritten.

2. Sie haben die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h zwischen Str.-km 13,31 und 13,48 um ca. 40 km/h überschritten.

3. Sie haben die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zwischen Str.-km 13,48 und 16,26 um ca. 30 km/h überschritten.

4. Sie haben die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h zwischen Str.-km 16,26 und 16,7 um ca. 40 km/h überschritten.

5. Sie haben die im Ortsgebiet von Mattighofen zulässige Höchstgeschwindigkeit bei km 16,7 um ca. 50 km/h überschritten.

6. Sie haben die Änderung der Fahrtrichtung bei Kreuzung B147/Unterlochnerstraße nach links, bei Str.-km 17,7 nicht mit der hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtung angezeigt.

7. Sie haben den Wechsel des Fahrstreifens nach links (beim Überholen am Stadtplatz in Mattighofen) nicht mit der hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtung angezeigt.

8. Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf der Unterlochnerstraße, zwischen Str.-km 0,0 und 0,25 um ca. 40 km/h überschritten. Die Unterlochnerstraße weist durch bauliche Maßnahmen geschaffene Engstellen sowie im gesamten Verlauf im rechten Winkel einmündende Querstraßen auf. Weiters führt die Untelochnerstraße durch eine Wohnsiedlung; Gartenzäune und Hecken reichen bis an die Fahrbahn und ist die Fahrbahn durch einen einseitig - in Fahrtrichtung gesehen links - verlaufenden Rad- und Gehweg zusätzlich verengt. Sie haben daher durch Ihr Verhalten unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Vorschriften der StVO verstoßen.

9. Sie haben die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h zwischen Str.-km 0,25 und 0,28 um ca. 50 km/h überschritten.

10. Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zwischen Str.-km 0,25 und 1,1 um ca. 50 km/h überschritten. Beim gegenständlichen Bereich handelt es sich um ein dichtbesiedeltes Wohngebiet mit enger Fahrbahn und schlecht einsehbaren Kreuzungen an den Haus- und Grundstückseinfahrten. Sie haben daher durch Ihr Verhalten unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Vorschriften der StVO verstoßen.

11. Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in Unterlochen (I), zwischen Str.-km 1,85 und 2,05 um ca. 40 km/h überschritten.

12. Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in Unterlochen (II), zwischen Str.-km 2,35 und 2,5 um ca. 40 km/h überschritten.

13. Sie haben beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, daß Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre (bei Str.-km 4,6 sind Sie bei einer Geschwindigkeit von ca. 90 km/h dem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug fast unmittelbar aufgefahren).

14. Sie haben den Wechsel des Fahrstreifens nach links kurz nach Str.-km 4,6 nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen angezeigt.

15. Sie haben bei Str.-km 4,6 ein Fahrzeug überholt, obwohl Sie nicht einwandfrei erkennen konnten, ob Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr würden einordnen können (das übeholte Fahrzeug mußte abgebremst werden um Ihnen ein Einordnen zu ermöglichen).

16. Sie haben beim Überholen, bei Str.-km 4,6 nicht einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom überholten Fahrzeug eingehalten (ein seitlicher Abstand von 50 - 60 cm bei einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 20 Abs. 2 StVO 1960 2. § 52 a Zi. 10 a StVO 3. § 20 Abs. 2 StVO 4. § 52 a Zi. 10 a StVO 5. § 20 Abs. 2 StVO 6. § 11 Abs. 3 StVO 7. § 11 Abs. 3 StVO 8. § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs. 2 lit. c StVO 9. § 52 a Zi. 10 a StVO 1960 10. § 20 Abs. 2 iVm. § 99 Abs. 2 lit. c StVO 11. § 20 Abs.2 StVO 12. § 20 Abs.2 StVO 13. § 18 Abs. 1 StVO 14. § 11 Abs. 3 StVO 15. § 16 Abs.1 lit. c StVO 16. § 15 Abs. 4 StVO Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Gemäß Geldstrafe von 1. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 1. S 2.000,-2. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 2. S 1.500,-3. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 3. S 1.000,-4. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 4. S 1.500,-5. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 5. S 2.000,-6. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 6. S 200,-7. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 7. S 200,-8. § 99 Abs. 2 lit. c StVO 8. S 2.500,-9. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 9. S 2.000,-10. § 99 Abs. 2 lit. c StVO 10. S 3.000,- 11. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 11. S 1.500,-12. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 12. S 1.500,-13. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 13. S 500,-14. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 14. S 200,-15. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 15. S 2.000,-16. § 99 Abs. 3 lit. a StVO 16. S 500,-Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1. 72 Stunden 2. 56 Stunden 3. 48 Stunden 10. 4 Tagen 4. 56 Stunden 11. 56 Stunden 5. 72 Stunden 12. 56 Stunden 6. 12 Stunden 13. 24 Stunden 7. 12 Stunden 14. 12 Stunden 8. 84 Stunden 15. 72 Stunden 9. 72 Stunden 16. 24 Stunden Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

S 2.210,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 24.310,--." 2. Das Straferkenntnis gründet sich auf eine Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Mattighofen vom 13. Juni 1992 (!), wobei die angeführten Übertretungen von den Gendarmeriebeamten Bez.Insp. S und Rev.Insp.

L durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand von ca.

30 m (!) festgestellt worden seien. Die Gendarmeriebeamten lenkten ein Zivilpatrouillenfahrzeug und verwendeten bei dieser Nachfahrt das Blaulicht nicht. Bei der angeführten Fahrt habe der Berufungswerber sämtliche vor ihm fahrende Fahrzeuge auf der gesamten Strecke (die Rede ist von fünf Fahrzeugen) sofort überholt, sodaß die Verfolgung nur mit Mühe habe aufrecht erhalten werden können. Eine Anhaltung habe letztlich nicht durchgeführt werden können, wobei als Begründung in der Anzeige angeführt ist: "Um diesen Irrsinn (gemeint ist das unter Punkt 15 und 16 angeführte Überholmanöver) nicht nocheinmal zu produzieren, mußte die Verfolgung nun abgebrochen werden." Die im erstinstanzlichen Verfahren zeugenschaftlich vernommenen Meldungsleger wurden ersucht, zu den Einspruchsangaben des Beschuldigten auszusagen, insbesondere zum Überholvorgang bei Straßenkilometer 4,6 der Unterlochnerstraße nähere Ausführungen zu machen. Die zeugenschaftlichen Aussagen fielen dem dürftigen und unkonkreten Ersuchen entsprechend lapidar aus, wobei insbesondere hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen vor dem zuletzt angeführten Überholvorgang lediglich auf die Angaben in der Anzeige verwiesen wurde.

3. Der Berufungswerber bekämpft in seiner rechtzeitigen und zulässigen Berufung die Schuldsprüche zu den Fakten 2 bis einschließlich 16 des Straferkenntnisses. Er führt aus, daß die Fakten 1 bis einschließlich 5 und 8 bis einschließlich 12 als ein fortgesetztes Delikt zu betrachten seien und die Behörde zu Unrecht das Kumulationsprinzip angewendet habe.

Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tathandlung sei auf einer einheitlichen Fahrt in unmittelbarer zeitlicher Kontinuität erfolgt, ohne daß es zu einer Unterbrechung oder Verzögerung der Fahrt gekommen wäre. Es wird desweiteren in Kritik gezogen, daß es unverständlich sei, daß die Gendarmerie die fortgesetzte Tatkette zugelassen hat und nicht eingeschritten ist. Der Einwand, die Gendarmerie hätte das Blaulicht erst am Dach montieren müssen, sei nicht stichhältig. Ein Anhalten des verfolgten Fahrzeuges sei auch auf andere Weise möglich, insbesondere hätte die Gendarmerie durch Hupzeichen oder durch Betätigen der Lichthupe auf sich aufmerksam machen können. Die einschreitenden Gendarmeriebeamten hätten nicht das ihnen mögliche und zumutbare getan, um die Verwaltungsübertretungen zu beenden.

Dazu hätten sie die Pflicht gehabt.

Hinsichtlich der Strafvorwürfe gemäß Punkt 6, 7 und 14 wegen Verletzung der Bestimmungen des § 11 Abs. 3 StVO 1960 wird darauf hingewiesen, daß auch hier die rechtlichen Voraussetzungen für die Bestrafung fehlen, weil Zweck dieser Bestimmung sei, daß sich andere Straßenbenützer auf die Fahrtrichtungsänderung einstellen müßten. Diese Notwendigkeit sei nicht gegeben gewesen.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes gemäß Punkt 15 (§ 16 Abs.1 lit.c StVO 1960) liege ebenfalls keine Verwaltungsübertretung vor, zumal die bestehenden Sichtverhältnisse ein Überholen zugelassen hätten und auch die Fahrbahnbreite hiefür durchaus geeignet gewesen sei.

Im übrigen leide das Straferkenntnis an einer nicht ausreichenden Individualisierung und Konkretisierung der Taten. Die zum Strafvorwurf gemäß Punkt 13 zitierte OGH-Judikatur, wonach die Pflicht zur Einhaltung eines Sicherheitsabstandes auch im Falle eines beabsichtigten Überholmanövers bestehe, sei denkunmöglich, weil Zweck des Überholens sei, daß sich der Abstand zum Vorfahrzeug verringert. Letztlich wird auch der Schuldspruch zum Faktum 16 mit der Begründung bekämpft, daß beim Überholen ein ausreichender seitlicher Abstand, der größer als 50 cm bis 60 cm gewesen sei, eingehalten worden wäre.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch Beiziehung eines straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen und durch Durchführung eines Lokalaugenscheines anläßlich der am 19. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der weder ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Braunau erschienen ist, noch wenigstens einer der beiden Gendarmeriebeamten, die ordnungsgemäß als Zeugen geladen waren, jedoch am Tage der Verhandlung mitteilen ließen, daß sie (einerseits wegen Krankheit und andererseits wegen dienstlicher Unabkömmlichkeit) nicht erscheinen könnten.

Der Beschuldigte, ein selbstständig tätiger Tischlermeister, der im übrigen einen durchaus positiven Eindruck hinterließ und zumindest ein Teilgeständnis ablegte, vermittelte nicht das Bild eines Autorasers. Er ist - wie er ausführte - für eine Tochter sorgepflichtig und verdiente laut Steuerbescheid im Jahre 1993 insgesamt 50.000 S. Er konnte sich an den gegenständlichen Vorfall nur mehr dunkel erinnern. Er fuhr an diesem Tag von Neumarkt am Wallersee, wo er einen geschäftlichen Termin hatte, nach Hause. Es war schon dunkel, die Fahrbahn war trocken. Er gesteht ein, auf dieser Fahrt von Neumarkt nach Neukirchen möglicherweise etwas zu schnell gewesen zu sein. Extreme Eile hatte er nicht, er wollte nur nach einem arbeitsreichen Tag schnell nach Hause kommen. Er fuhr äußerst konzentriert, es herrschte so gut wie kein Verkehrsaufkommen. Er kann sich nicht vorstellen, daß ihm ein anderes Fahrzeug über 10 km in einem gleichbleibenden Abstand von 30 m gefolgt ist. Er vermeint, daß er ein derartig verfolgendes Fahrzeug hätte bemerken müssen, noch dazu, wo der Straßenverlauf gewechselt wurde.

Zu den einzelnen Tatbeständen befragt führte er aus, daß er sich an die Einzelheiten nicht erinnern könne, daß aber die Anzeige insgesamt sicherlich übertrieben sei. Der Grund für sein schlechtes Erinnerungsvermögen läge vor allem auch daran, weil er erst viele Monate später mit dieser Sache konfrontiert worden sei.

Zum indirekten Vorwurf, die Behörde habe ihn in dieser Sache so spät informiert, sodaß er aus diesem Grund in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt ist, wird ausgeführt, daß beispielsweise die späte Anzeigenerstattung (13. Juni 1992) tatsächlich verwunderlich ist. Auffällig ist desweiteren, daß der Berufungswerber zweimal aufgefordert wurde, Lenkerauskunft zu erteilen, wobei eimal als Tatort Friedburg und zum anderen als Tatorte Mattighofen und Munderfing angeführt sind. Beantwortet hat der Berufungswerber lediglich jene Anfrage, nach welcher er um 21.40 Uhr des 23. April 1992 in Friedburg das nach dem Kennzeichen bestimmte Kraftfahrzeug gelenkt haben soll. Dieser Tatort ist aber nicht verfahrensgegenständlich. Daß er zum selben Zeitpunkt auch in Mattighofen und in Munderfing gewesen sein soll, ergibt sich aus dem zweiten Lenkerauskunftsbegehren, welches nicht beantwortet wurde. Immerhin die Tätereigenschaft steht deshalb fest, weil der Berufungswerber die gegenständliche Fahrt eingesteht.

Bei der Durchsicht des Aktes ist ferner auffallend, daß auch Ar, die in der Anzeige als Auskunftsperson angeführt ist, nicht zeugenschaftlich vernommen wurde. Warum letztlich die Meldungsleger zu den einzelnen Tatvorwürfen (mit Ausnahme des Überholmanövers am Ende der Verfolgungsfahrt) nicht zeugenschaftlich befragt wurden, ist ebenfalls ein die Beurteilung der gegenständlichen Angelegenheit nicht erleichternder Umstand.

Die Beweisführung ist also schwierig, weil einerseits keine tauglichen zeugenschaftlichen Aussagen vorliegen, die allenfalls hätten verlesen werden können und andererseits (aus welchen Gründen immer) die Meldungsleger auch zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Hiezu kommt, daß die zeugenschaftlichen Aussagen der Meldungsleger im erstinstanzlichen Verfahren betreffend das Überholmanöver bei Kilometer 4,6 aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar waren. Erschwert wird letztlich die Beweisführung dadurch, daß auch der Berufungswerber selbst kein konkretes Erinnerungsvermögen mehr an die einzelnen ihm zum Vorwurf gemachten Verwaltungsübertretungen hatte. Die einzig mögliche Alternative, der materiellen Wahrheit näherzukommen, wäre die Vertagung der mündlichen Verhandlung gewesen. Dies wurde aber aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht in Betracht gezogen, zumal sowohl der technische Amtssachverständige als auch der Verhandlungsleiter zum Zeitpunkt der Verständigung über das Nichterscheinen der Zeugen schon auf dem Weg nach Mattighofen waren. Auch der Rechtsmittelwerber und der Anwalt haben sich auf diesen Termin eingestellt. Warum die belangte Behörde keinen Vertreter entsendet hat, wo doch ein Verhandlungsort gewählt wurde, der dem Sitz der Behörde naheliegt, ist - zumal es um eine Reihe schwerer Verfehlungen geht - nicht erklärlich.

Dem Berufungswerber können allerdings derartige Unzukömmlichkeiten nicht zum Nachteil gereichen, auch nicht, daß er sich an die einzelnen Übertretungen nicht mehr im Detail erinnern kann, zumal in einem derartigen Fall die erste Verfolgungshandlung noch zu einem Zeitpunkt hätte gesetzt werden sollen, zu welchem noch mehr Erinnerungsvermögen bestand.

Unter Berücksichtigung des Geständnisses des Berufungswerbers, daß er nämlich die Geschwindigkeitsbeschränkungen tatsächlich nicht beachtete, wenn auch nicht im vorgeworfenen Ausmaß und daß er bei der gegenständlichen Fahrt konzentriert fuhr, wird unter Einbeziehung der Sachverständigenmeinung nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Zum Faktum 1:

Diesbezüglich ist Rechtskraft eingetreten, weil dagegen nicht berufen wurde.

Zum Faktum 2:

Hier wird den Ausführungen des Beschuldigten insofern beigetreten, als eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h (statt 40 km/h) als ewiesen angenommen wird.

Zum Faktum 3:

Auch hier wird dem indirekten Geständnis des Berufungswerbers, wonach er über diese fast drei Kilometer lange Strecke 120 km/h (und nicht 130 km/h) gefahren ist, beigetreten, zumal es den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspricht, daß die Zivilpatrouille die gesamte Strecke in einem gleichbleibenden Abstand von 30 m nachfuhr. Dieser Abstand ist nach Ausführungen des Sachverständigen ein gerade noch zulässiger Sicherheitsabstand, der sich nach Meinung der erkennenden Behörde während dieser Nachfahrt durchaus auch vergrößert haben könnte, womit Unsicherheiten bei der Feststellung der Geschwindigkeit zwangsläufig verbunden sind.

Zum Faktum 4:

Auch hier wird - wie beim Faktum 2 - den Ausführungen des Beschuldigten insofern beigetreten, als als erwiesen angenommen wird, daß die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 30 km/h überschritten wurde.

Zum Faktum 5:

Bei Kilometer 16,7 beginnt das Ortsgebiet von Mattighofen. Es wurde dem Berufungswerber nicht zum Vorwurf gemacht, ab Kilometer 16,7 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, sondern exakt und punktuell bei Kilometer 16,7. Es wird von der erkennenden Behörde als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber zwar in das Ortsgebiet noch mit erhöhter Geschwindigkeit einfuhr und zwar mit 90 km/h, daß er aber dann sofort seine Geschwindigkeit auf das zulässige Ausmaß von 50 km/h drosselte. Er hat also lediglich in der Übergangsphase von der Freilandstraße zum Ortsgebiet die Geschwindigkeit um 30 km/h überschritten.

Zum Faktum 6:

Dem Berufungswerber wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht in Mitteilung gebracht, worin die Voraussetzungen für die Anzeigepflicht bestanden haben sollen, was aber nach der diesbezüglichen Judikatur (vgl.VwGH 17.10.1984, 82/03/0061) notwendig gewesen wäre. Es wurde ihm insbesondere nicht zum Vorwurf gemacht, daß sich etwa das nachfolgende Zivilpatrouillenfahrzeug auf die Fahrtrichtungsänderung einstellen hätte müssen.

Zum Faktum 7:

Hier wird dem Berufungswerber zum Vorwurf gemacht, den Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt zu haben. Von einem Wechsel des Fahrstreifens ist aber in der Anzeige (vgl. Punkt 6) nicht die Rede, sondern lediglich vom Überholen eines anderen PKWs, ohne zu blinken. Es ist denkmöglich, zu überholen, ohne den Fahrstreifen zu wechseln, etwa wenn eine ausreichende Fahrbahnbreite zur Verfügung steht, was im Zweifel für den Beschuldigten, aber diesbezüglich ohne genaue Kenntnis der örtlichen Situation, als erwiesen angenommen wird. Der Vorwurf der Erstbehörde in der ersten Verfolgungshandlung, aber auch im Straferkenntnis, geht also über die Anzeige hinaus, ohne daß diesbezüglich eine ausreichende Sachverhaltsermittlung erfolgte.

Zum Faktum 8:

Hier führt der technische Amtssachverständige aus, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung zwischen Kilometer 0,0 und 0,25 auf der Unterlochnerstraße im Ausmaß von 40 km/h technisch nicht möglich ist. Auf Grund des am Beginn der Unterlochnerstraße befindlichen "eckigen" Kreisverkehrs kann dort mit einer Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h eingefahren werden. Erst nach einer Fahrstrecke von ca.

150 m kann - technisch gesehen - die Geschwindigkeit von 90 km/h erreicht werden. Die ersten 150 m sind also durch die Beschleunigung geprägt. Der Sachverständige vermeint, daß zumindest auf den ersten 150 m - auch ein gleichbleibender Abstand von 30 m durch das Verfolgungsfahrzeug kaum denkbar ist. Es wird demnach als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber erst ab Kilometer 0,15 die im Ortsgebiet zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat, und zwar - den Ausführungen des Beschuldigten folgend - um ca.

30 km/h. Der Streckenabschnitt zwischen Kilometer 0,15 und 0,25 ist geprägt durch eine gut einsehbare Betriebsausfahrt (Gärtnerei sowie Firma B). Anschließend ist rechter Hand eine Hecke, die jedoch durch keinen Ausgang und auch durch keine Ausfahrt unterbrochen ist. Die Fahrbahnbreite beträgt in diesem Bereich ca. 5 m. Die Berufungsbehörde kann darin keine die Anwendung des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 nach sich ziehenden, besonders gefährlichen Verhältnisse erblicken.

Zum Faktum 9:

Es schließt eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h und zwar über eine Länge von 30 m - an. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung liegt zwischen Kilometer 0,25 und 0,28. Von der Berufungsbehörde wird die zum Faktum 9 als erwiesen angenommene Geschwindigkeit, nämlich 80 km/h angenommen, zumal es auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht als wahrscheinlich angesehen wird, daß hier die Geschwindigkeit plötzlich erhöht wird. Die Annahme der Berufungsbehörde deckt sich auch mit dem Teilgeständnis des Berufungswerbers.

Zum Faktum 10:

Hier ist eine Tatorteinschränkung vorzunehmen, weil schon unter Faktum 9 zwischen Kilometer 0,25 bis 0,28 eine Geschwindigkeitsüberschreitung als erwiesen angenommen wurde und sohin nicht neuerdings zum Vorwurf gemacht werden kann, zwischen Kilometer 0,25 und Kilometer 1,1 die Geschwindigkeit überschritten zu haben. Im Hinblick auf das Geständnis des Berufungswerbers wird als erwiesen angenommen, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung zwischen Kilometer 0,28 und 1,1 und zwar im Ausmaß von 30 km/h (statt 50 km/h) vorliegt. Die Fahrbahn ist dort ca. 5 m breit, rechts und links ist eine geschlossene Verbauung, rechts sind Einfamilienhäuser, links sind mehrgeschoßige Wohnbauten. Es sind in diesem Bereich auch rechtwinkelige Einfahrten, die sehr unübersichtlich sind (rechts Thujenhecken). Diese Ausfahrten, nämlich beispielsweise im Bereich der Kreuzung mit der Hansberg-Hammersiedlung und der gegenüberliegenden Ausfahrt (unbenannt), sind durch einen Verkehrsspiegel einsehbar gemacht. Dies trifft auch auf die Ausfahrt Dr.Kstraße zu. Dem Berufungswerber wird zugute gehalten, daß er konzentriert fuhr und daß er ev. ausfahrende Fahrzeuge an der Beleuchtung hätte feststellen können. Es folgt dann bis Kilometer 1,1 eine sich teilweise verengende und dann wieder breiter werdende Fahrbahn, die einen leicht kurvigen Verlauf nimmt. Auch in diesem Fall ist links und rechts eine Verbauung, jedoch nicht mehr so dicht wie vorhin, vorhanden. Bei Kilometer 1,0 schließlich überquert ein Schutzweg die Fahrbahn. Der Sachverständige führte aus, daß - falls der Berufungswerber tatsächlich 100 km/h gefahren sein sollte - dies die Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse rechtfertige. Es wird aber auch hier den Ausführungen des Beschuldigten beigetreten, das Straßenstück zwischen Kilometer 0,28 und 1,1 nicht mit 100 km/h sondern "nur" mit 80 km/h durchfahren zu haben und zwar in konzentrierter Form, sodaß besonders gefährliche Verhältnisse iSd § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 nicht als erwiesen angenommen werden.

Zum Faktum 11:

Es ist dies das Ortsgebiet von Unterlochen I, wo der Beschuldigte statt der dort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h 90 km/h gefahren sein soll. Dies ist aus technischer Sicht nicht möglich. Auch ein Nachfahren in gleichbleibendem Abstand erscheint aus technischer Sicht äußerst fraglich. Der Sachverständige vermeint, daß dort eine Maximalgeschwindigkeit von 70 km/h technisch möglich ist. Es wird im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber zwischen Kilometer 1,95 (nicht Kilometer 1,85) und Kilometer 2,05 die im Ortsgebiet höchstzulässige Geschwindigkeit um 20 km/h überschritten hat.

Zum Faktum 12:

Zwischen Kilometer 2,35 und Kilometer 2,5 befindet sich das Ortsgebiet von Unterlochen II. Auch hier wird den Ausführungen des technischen Amtssachverständigen beigetreten, daß in diesem Bereich eine gefahrene Geschwindigkeit von 90 km/h technisch nicht möglich ist. Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen und dem Teileingeständnis des Berufungswerbers wird hier eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 20 km/h als erwiesen angenommen.

Zum Faktum 13:

Der Sachverständige führt hiezu aus, daß die genaue metermäßige Bezifferung des notwendigen Sicherheitsabstandes deshalb nicht möglich ist, weil die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges nicht bekannt ist. Es kann nach Meinung des Sachverständigen nämlich nicht angenommen werden, daß das Hintereinanderfahren mit dem vorgeworfenen zu geringen Abstand bei Geschwindigkeiten von 90 km/h beider Fahrzeuge erfolgt ist. Nimmt man eine Geschwindigkeit von 40 km/h des vorausfahrenden Fahrzeuges an (das ist nach Meinung des Sachverständigen auf Grund der örtlichen Gegebenheiten eine realistische Schätzung), dann muß der Sicherheitsabstand zumindest 9 m sein. Nachdem im Akt nicht festgehalten ist, wie groß dieser Abstand tatsächlich war, ist für den Sachverständigen dieses Faktum nicht nachvollziehbar. Die Berufungsbehörde schließt sich diesen Ausführungen an.

Zum Faktum 14:

In der Anzeige und infolge des Verweises auf die Anzeige auch in den zeugenschaftlichen Vernehmungen vom 11. Jänner 1993 und 12. Jänner 1993 ist davon die Rede, daß der Beschuldigte den PKW überholte, ohne dies durch Blinken anzuzeigen. Ohne daß dies für die Berufungsbehörde nachvollziehbar wäre, hat die Erstbehörde jedoch in der ersten Verfolgungshandlung und schließlich auch im Straferkenntnis den Vorwurf erhoben, daß der Beschuldigte den Wechsel des Fahrstreifens nach links kurz nach Straßenkilometer 4,6 nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen angezeigt hat. Es deckt sich also der Inhalt der Anzeige bzw. der Zeugenaussage nicht mit dem tatsächlichen Schuldvorwurf, sodaß in Ermangelung der Anwesenheit der Gendarmeriebeamten bei der mündlichen Verhandlung dieses Sachverhaltselement nicht genau geklärt werden konnte und somit anzunehmen ist, daß in dubio pro reo - dieser Schuldvorwurf nicht gerechtfertigt ist. Im übrigen ist auch der Tatort offensichtlich nicht korrekt, weil der Fahrstreifenwechsel nach links begrifflich vor dem Überholmanöver (km 4,6) und nicht nach diesem gelegen sein mußte.

Zum Faktum 15:

Wenn man die in den Lichtbildern des Aktes vermerkten Überholstrecken als gegeben annimmt und die Fahrgeschwindigkeit des Beschuldigten 90 km/h betrug sowie die Geschwindigkeit des vorausfahrenden PKWs mit realistisch 40 km/h schätzt, so dauert nach den Berechnungen des Sachverständigen der Überholvorgang 3,2 Sekunden. In dieser Zeit legte der Beschuldigte eine Wegstrecke von 80 m zurück.

Das ergibt eine erforderliche Überholsichtweite von 160 m.

Die Erkennungsentfernung wurde anläßlich des Lokalaugenscheines mit 170 m ausgemessen. Da die Überholsichtweite unter der Erkennungsentfernung liegt, war nach Meinung des Sachverständigen der Überholvorgang dem § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 nicht widersprechend.

Zum Faktum 16:

Hier wird von der Exekutive eine Fahrbahnbreite von 4,6 m bis 4,8 m angegeben, tatsächlich beträgt jedoch diese durchgehend zumindest 5 m. Die Breite des überholten Fahrzeuges ist zwar nicht bekannt, wird aber mit 1,7 m angenommen. Das Fahrzeug des Beschuldigten hat ebenfalls eine Breite von 1,7 m. Wenn man nach dem Günstigkeitsprinzip einen seitlichen Abstand des voranfahrenden Fahrzeuges zum Fahrbahnrand von ca. 0,5 m annimmt, so verblieb zum Überholen noch unter Abzug der Fahrzeugbreite des Beschuldigten 1,1 m. Auf Grund des an den Asphalt angrenzenden und auch befahrbaren Bankettes kann es nach Meinung des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden, daß diese gesamten 1,1 m als Abstand eingehalten wurden. Ob dies tatsächlich so war, ließ sich in Ermangelung der Anwesenheit der Exekutivbeamten nicht eruieren. Nachdem sich diese aber bereits bei der Fahrbahnbreite geirrt haben, wird als erwiesen angenommen, daß der Seitenabstand beim Vorbeibewegen ca. 1 m betrug. Dieser Abstand ist nach Sachverständigenmeinung bei den angenommenen Verhältnissen jedenfalls als ausreichend anzusehen.

Obige Beweiswürdigung bzw. Ermittlung des Sachverhaltes erfolgte - um es zusammenzufassen - deshalb in dieser Form, weil 1. die Meldungsleger zu den einzelnen Fakten entweder überhaupt nicht zeugenschaftlich vernommen wurden und wenn, dann die Aussagen von der anläßlich des Lokalaugenscheines festgestellten Realität abweichen, 2. die zur Anzeige gebrachten Verwaltungsübertretungen zum Teil technisch nicht nachvollziehbar sind, sodaß 3. das Eingeständnis des Berufungswerbers sowie 4. die Meinung des technischen Amtssachverständigen den Ausschlag geben mußten.

Bemerkt wird noch, daß es schließlich in erster Linie das Teileingeständnis des Berufungswerbers war, welches zur Aufklärung und zur Ermittlung des Sachverhaltes führte, jedenfalls nicht das von der Erstbehörde durchgeführte ordentliche Verfahren. Dieses Teileingeständnis des Berufungswerbers, das die Sache erhellte, muß als Milderungsgrund gewertet werden.

Zur Nachfahrt ohne Blaulicht wird noch bemerkt, daß es nach Ansicht des Sachverständigen unter der Annahme eines funktionierenden Haftmechanismusses möglich gewesen sein müßte, das Blaulicht am Dach zu befestigen und zwar beispielsweise im Bereich des Stadtplatzes Mattighofen, wo die Geschwindigkeit von 50 km/h offensichtlich nicht überschritten wurde. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit derartiger Verfolgungsfahrten mit einem "Nicht-Einsatzfahrzeug" schließt sich die Berufungsbehörde im diesbezüglichen literarischen Streit zwischen Grundtner, der dies für zulässig hält, und Messiner bzw. Wiederin, die dies für unzulässig halten, ausdrücklich den zuletzt genannten Autoren an. Es steht sohin fest, daß auch der Lenker des Zivilpatrouillenfahrzeuges gegen die §§ 52 lit.a Z10a und 20 Abs.2 StVO 1960 verstoßen hat, auch wenn - so zumindest die Judikatur des VwGH - die auf diese Art gewonnenen Beweise verwertet werden können. Der Deutlichkeit halber wird hinzugefügt, daß es eines Rechtsstaates unwürdig ist, durch gesetzwidriges Handeln der Staatsorgane selbst Beweise zu sammeln. Offenbar war dies den Gendarmeriebeamten auch bewußt, weil sie selbst davon sprachen "diesen Irrsin nicht weiter zu produzieren (gemeint wohl: provozieren), sodaß die Verfolgung abgebrochen wurde." 5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Einwand des Berufungswerbers, daß die Kumulation der einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht zulässig sei, wird bemerkt, daß diese Rechtsauffassung wegen der Verschiedenheit der verletzten Gebote oder Verbote nicht zielführend ist. Diesbezüglich sind die Ausführungen der Erstbehörde, die auch die diesbezügliche VwGH-Judikatur zitierte, zutreffend.

Es wird hier - um unnötige Wiederholungen zu vermeiden - auf die im Straferkenntnis angeführten Rechtsnormen des § 20 Abs.2 StVO 1960 und § 52 Z10a StVO 1960 sowie auf die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verwiesen.

Es steht sohin fest, daß der Berufungswerber hinsichtlich der Fakten 2, 4 und 9 eine Verwaltungsübertretung nach § 52a Z10a StVO 1960 dadurch begangen hat, daß er auf der oben angeführten und als erwiesen angenommenen Straßenstrecke die Geschwindigkeiten im oben ausgeführten Ausmaß überschritten und somit eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begangen hat.

Selbiges trifft auf die in den Fakten 3, 5, 8, 10, 11 und 12 zum Vorwurf gemachten Geschwindigkeitsüberschreitungen zu, die nur im obig beschriebenen Ausmaß, zum Teil eingeschränkt auf eine andere Straßenstrecke, als Verwaltungsübertretung zu ahnden sind, wobei als Strafnorm in allen Fällen der § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 heranzuziehen ist.

Aus den schon oben dargelegten Gründen, kann der Vorwurf, gemäß Punkt 6, gemäß Punkt 7 und gemäß Punkt 14 des Straferkenntnisses, die Fahrtrichtungsänderung bzw den Fahrstreifenwechsel nicht angezeigt zu haben, nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit aufrecht erhalten werden.

Hinsichtlich der Fakten 13, 15 und 16 des Straferkenntnisses wird wegen der Unbestimmbarkeit des Sachverhaltes in dubio pro reo und somit in Anwendung des § 45 Abs.1 Z1 VStG die Einstellung verfügt.

In Befolgung der Strafzumessungsnorm, nämlich des § 19 VStG, mußten auch die einzelnen Strafsätze entsprechend vermindert werden, wobei der geringere Unrechtsgehalt zu bewerten war und außerdem das Teileingeständnis des Berufungswerbers, welches wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes mitwirkte, als Milderungsgrund anzusehen war.

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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