Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360167/5/MB/WU

Linz, 23.08.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Brandstetter; Beisitzer: Dr. Gróf) über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 2. April 2013, GZ: Pol96-15-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 2. April 2013, GZ: Pol96-15-2012, wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

„Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma X mit Sitz in X in der Zeit vom 01.02.2012 bis 02.02.2012 in X „X“ verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 Glückspielgesetz zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich gemacht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs.2 daran beteiligt, indem Sie mit anschließend angeführten Geräten Ausspielungen anboten, obwohl für diese keine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erteilt wurde und diese auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen waren.

 

Nr.

Gehäusebezeichnung

Serien-Nr

Aufstellungsdatumt

KennnummerFA Versiegelungsnummern

1

X.

X

01.02.2012

15752 - 15759

2

X

X

01.02.2012

15760 - 15767

3

X

X

01.02.2012

15768 - 15774

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 52 Abs 1 Ziffer 1 Glücksspielgesetz - GSpG , i d.g.F. i.V.m. § 9 VStG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von            falls diese            Freiheitsstrafe von            Gemäß

uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe

von

6.000,00 Euro 96 Stunden --- § 52 Abs 1 GSpG

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

600 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

         Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

6.600,00 Euro.

 

Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, so ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahl(Erlag)schein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei der Behörde einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag - ohne vorhergehende Mahnung - zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

 

Begründung:

 

Am 05. April 2012 erhielt die Bezirkshauptmannschaft Perg vom Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr unter deren Geschäftszeichen 051/41016/15/2012 eine Anzeige, worin Ihnen vorgeworfen wird, eine Übertretung gemäß § 52 Abs.1 Z 1 GSpG 1989 begangen zu haben, weil Sie verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs.4 GSpG (Veranstalter) veranstaltet hätten. Es wird in dieser Eingabe folgendes dargestellt:

 

"Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 02.02.2012, um 14:43 Uhr, im Lokal mit der Bezeichnung X, in X, Betreiber X, wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden.

Die Geräte wurden zur Identifikation von den Organen der öffentlichen Aufsicht im Zuge der Kontrolle am 02.02.2012 mit fortlaufender Nummerieung versehen.

 

Gerät Nr. FA1

Gehäusebezeichnung: X Seriennummer: 9071105001190

Aufstellungsdatum: 01.02.2012

Beschlagnahmter Betrag in Euro: 100,-

 

Gerät Nr. FA 2

Gehäusebezeichnung: X Seriennummer: 9071206002124

Aufstellungsdatum: 01.02.2012

Beschlagnahmter Betrag in Euro: 0,-

 

GerätNr.FA3

Gehäusebezeichnung: X Seriennummer: 9070605000222

Aufstellungsdatum: 01.02.2012

Beschlagnahmter Betrag in Euro: 35,-

 

Mit diesen Geräten, mit welchen zumindest seit dem Aufstellungsdatum wiederholt Glückspiele in Form von anderen Spielen/Walzenspielen durchgeführt wurden und mit denen aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in veschiedener Höhe deshalb in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministerum für Finazen vorlag, noch die mit deisen Geräten durchführbaren Ausspielungen nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommene noch von einer landesrechtlichen Bewilligung gedeckt waren.

 

Dieser Sachverhalt wurde im Zuge der Kontrolle von den Organen der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommen und durch folgende Beweise bestätigt:

Durchgeführte Testspiele, niederschrifltich festgehaltene Aussagen, Protokoll über die vorläufige Beschlagnahme, Bildanhang.

Die Funktionstauglichkeit der Geräte wurde festgestellt durch: Beobachtete/durchgeführte Testspiele.

 

Gerät Nr. FA1

 

Angebotene Spiele: X Card (Poker)

Bezeichnung des beobachteten/durchgeführten Testspieles: X Card-andere Spiele

dabei festgestellter Mindesteinsatz: 0,20 Euro

dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn: 20,00 Euro + 14 SG

dabei festgestellter Maximaleinsatz: 0,50 Euro

dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn: 20,00 Euro + 398 SG

 

Gerät Nr. FA 2

 

Angebotene Spiele: Tutti Frutti

Bezeichnung des beobachteten/durchgeführten Testspieles: Tutti Frutti - andere Spiele

dabei festgestellter Mindesteinsatz: 0,20 Euro

dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn: 20,00 Euro + 3 SG

dabei festgestellter Maximaleinsatz: 0,50 Euro

dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn: 20,00 Euro + 248 SG

 

Gerät Nr. FA 3

 

Angebotene Spiele: High Five II

Bezeichnung des beobachteten/durchgeführten Testspieles:

High Five II - Walzenspiel mit vorgeschaltetem Würfelspiel

dabei festgestellter Mindesteinsatz: 0,20 Euro

dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn: 20,00 Euro + 1 SG

dabei festgestellter Maximaleinsatz: 0,50 Euro

dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn: 20,00 Euro + 73 SG

 

Bei den durchgeführtenTestspielen konnten folgende Spielabläufe generalisierend festgesetellt werden:

 

Virtuelle Walzenspiele

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spieles und Aufrufen zur Durchführung kann ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet ist. Das Spiel wird mit der Starttaste ausgelöst Damit wird zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst Dabei werden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entsteht Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste. Ab einem gewählten Spieleinsatz von 50 Cent kann durch fortgesetzte Bedienung dieser Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum programmbedingt höchst möglichen Einsatz gesteigert werden. Wird der Einsatz über den Betrag von 50 Cent hinaus erhöht, werden mit jeder Tastenbetätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Feldern in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfeldes am Bildschirm "Augen" bis zu einer bestimmten Höchstanzahl eingeblendet Nach der "Augendarstellung" bewirkt die weitere Tastenbedienung das Einblenden eines oder mehrerer Symbole. Damit wird dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt

Wurde ein solcher Art verschlüsselter Einsatz von mehr als 50 Cent vorgewählt, muss die Start-Taste so lange wiederholt hintereinander betätigt werden, bis der vorgewählte Einsatzbetrag in mehreren Teileinsatzbeträgen vollständig vom Spielguthaben abgezogen worden ist, um das Spiel sodann auszulösen.

Bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatic-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird. Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages werden auch sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht

Der Spielerfolg steht nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest.

 

Auf diese "vorgeschalteten Würfelspiele" kann nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden soll. Dieses "Würfelspiel" kann auch nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Ein Spiel im Sinne eines "Würfelspiels" kann auch deshalb nicht vorliegen, weil bei einem Spiel der Spielerfolg entweder vorwiegend oder ausschließlich von der Geschicklichkeit der Spieler oder aber vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhängt. Beim "vorgeschalteten Würfelspiel" hingegen fehlt einerseits jede Geschicklichkeitskomponente, andererseits trifft der gewünschte und erwartete Spielerfoig, nämlich der Walzenumlauf, nicht zufällig ein, sondern mit weitaus überwiegender Regelmäßigkeit nach vollständigem Abzug des verschlüsselt vorgewählten Spieleinsatzes.

Das "vorgeschaltete Würfelspiel" stellt also nicht ein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar.

 

Tathandlung und rechtliche Folgerungen

 

Elektronische Geräte:

 

Die durchgeführten Spiele waren deshalb Glücksspiele im Sinne des§ 1 Abs. 1 des GSpG, weil den Spielern keine Möglichkeiten geboten wurden, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen.

 

Herr X hat daher als Unternehmer im Rahmen seiner Firma X zu den oben angeführten Geräten verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet Herr X - als Unternehmer im Rahmen seiner Firma X - hat dadurch, dass sie seit zumindest 01.02.2012 bis zum 02.02.2012 die gegenständlichen Glücksspiel/e veranstaltet, hat, selbständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glückspielen entfaltet und daher als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG gehandelt.

 

Unter Veranstalten iS von § 52 Abs. 1 Ziff. 1 ist der Umstand zu verstehen, dass typischer Weise ein Gerätebesitzer/-eigentümer (im konkreten Fall die Beschuldigte - als Unternehmerin im Rahmen ihrer Firma X auf eigenen Namen und Risiko Ausspielungen durch Spieler an einem Gerät durchführen lässt.

 

Beweis: vorgefundene Unterlagen in Form von Anzeigen der BH Perg, dienstliche Wahrnehmung, Bildanhang.

 

Um eine Ausspielung handelt es sich bei den mit den betreffenden Geräten durchführbaren Glücksspielen deshalb, weil alle gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GSpG erfüllt sind: Veranstalten durch einen Unternehmer (siehe dazu oben), Erbringen eines Einsatzes durch Spieler, Inaussichtstellen von Gewinnen. "

 

In der Folge wurden Sie nach dieser Anzeigelegung von der Bezirkshauptmannschaft Perg am 16. Juli 2012 aufgefordert, sich zu diesem in der Anzeige des Finanzamtes gemachten Vorwurf der Übertretung des Glücksspielgesetzes zu rechtfertigen. Dieser Rechtfertigung war des weiteren eine Schätzung Ihrer Einkommens-, Vermögengs- und Familienverhältnisse angeschlossen. In dieser Schätzung wurden Sie eingeladen Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Behörde bekannt zu geben. Für den Fall der Nichbekanntgabe wird von einem Monatseinkommen von ca. 2.500,- Euro ausgegangen.

 

Als nächstes langte in diesem Verfahren diese Rechtfertigung ein. Diese wurde von Ihrer Rechtsvertretung Herrn RA X eingreicht. Inhaltlich wird darin ausgeführt, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hätten. Es wird darin jedenfalls - aus Gründen der besonderen advokatorischen Vorsicht - bis zum Vorliegen entsprechender Ermittlungsergebnisse die Anwendbarkeit des von der Behörde herangezogenen Gesetzes bestritten. Es könne auch nicht beurteilt werden, ob der Meldungsleger überhaupt solche Wahrnehmungen gemacht hat, welche eine durch Sie angeblich begangene Verwaltungsübertretung objektivieren.

Des weiteren beantragen Sie in dieser Eingabe den Meldungsleger als Zeuge zu vernehmen. Dabei führen Sie verschiedenste Fragestellungen an. Darüber hinaus wird von Ihnen geschildert, dass die verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals weder Glücksspielautomaten noch elektronische Lotterien seien. Auf diesen Geräten kann kein wie immer geartetes Glücksspiel stattfinden. Diese Geräte stehen auch mit keinem Spielanbieter in Zusammenhang, das heißt es kann über die vorhandene Internetleitung kein Kontakt mit einem Glücksspielanbieter aufgenommen werden. Die verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals dienen lediglich dazu, Aufträge verschiedener Art an die Firma X weiter zu geben. Die Durchführung der Aufträge kann über das Eingabeterminal beobachtet werden. Die Firma X ist ein Dienstleistungsunternehmen, das neben anderen Serviceleistungen auch Glücksspiele durchführt - klar gestellt wird, dass die Firma X kein Glücksspielanbieter ist, sondern vielmehr Spieler ist. Es scheidet schon aus diesem Grunde jede Involvierung der Firma X in ein Verwaltungsstrafverfahren von vorne herein aus, weil die Firma X wie bereits oben dargestellt wurde - keine Glücksspiele anbietet. Die Firma X führt auch nur dort Glücksspiele durch, wo eben dieses Glücksspiel gesetzlich erlaubt ist und die Glücksspielautomaten im Einzelnen behördlich genehmigt sind. Im gegenständlichen Fall sind die Glücksspielautomaten in X, unter der Adresse X, aufgestellt und behördlich genehmigt.

Schließlich wird auch ausgeführt, dass hiesige Behörde für das Verfahren unzuständig sei. Es wird auch die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt. Schließlich wird der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 21 Abs. 1a VStG. begehrt.

Eine spätere Eingabe Ihrer Rechtsvertretung beantragt abschließend, dieses Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des EuGH über den Vorabentscheidungsantrag des UVS von Oberösterreich auszusetzen. Es wird auch auf eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates, VwSen360038/2/Gf/ERt vom 21.08.2012 verwiesen in der eine Berufung auf Einstellung stattgegeben und das Straferkenntnis aufgehoben wurde. Dabei wurde begründend ausgeführt, dass der UVS Oberösterreich starke Bedenken an der Verfassungskonformität des Glücksspieles in der derzeit geltenden Fassung hegt. Aus diesem Grund wurde am 10.08.2012 ebenfalls durch den UVS Oberösterreich ein Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH unter anderen zu den Zahlen VwSen-140121/2/Gf/Rt und andere gestellt.

 

Diese Stellungnahmen wurden schließlich im Rahmen des Parteiengehörs dem Anzeigeleger zur Stellungnahme übermittelt. Der Anzeigeleger wiederum führt in seinen Ausführungen im Wesentlichen an, dass es unbestritten sei, dass bei der Kontrolle die bereits angeführten Geräte betriebsbereit und voll funktionsfähig aufgestellt waren. Bei der Kontrolle erfolgte auch eine Bespielung dieser Geräte. Dabei wurde festgestellt, dass für einen bestimmten Einsatzbetrag ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Diesbezüglich wird auf die übermittelten Unterlagen (besonders Formular GSP 26 und Fotodokumentationen sowie die Anzeige verwiesen.) Für diese Geräte lag weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz vor. Auch eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes war nicht gegeben.

Wenn der Unabhängige Verwaltungssenat von der Annahme ausgeht, Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 GSpG unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes und die Regelung des OÖGSpAG beruhe nicht auf Art. 10. Abs. 1 Z 4-VG, sondern auf Art. 15 Abs. 1 B-VG so ist dies unzutreffend.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG ist Monopolwesen in Gesetzgebung und Vollziehung ausschließlich Bundessache und fällt unter dieses Monopolwesen auch das Glücksspielmonopol des Bundes /vgl. Stejcek/Bresich, GSpG, 2. Aufl., Rz. 1ff zu § 3 GSpG).

Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtssprechung (vgl. VfSIg. 1208/1929;2500/1953; 7567/1075; 7985/1977) davon aus, dass sich eine bundesgesetzliche Regelung des Glücksspielmonopols auf Art. 10 Abs. 1 Z 4-VG zu stützen vermag. Auf den Kompetenztatbestand "Monopolwesen" in Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG können gesetzliche Regelungen nicht nur von Monopolen im engeren Sinn des Wortes, sondern auch jener Monopole gestützt werden, die sich aus Regalien entwickelt haben (vgl. VfSIg. 12165/1989). Die diesbezügliche Regelung im Glückspielgesetz findet sich im § 3, der zufolge das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, soweit in diesem Bundesgeetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten ist (Glücksspielmonopol).

Alle Glücksspiele bzw. Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG fallen unter das Glücksspielmonopol des Bundes, außer es liegt eine dem § 4 GSpG entsprechende Ausnahme aus dem Glücksspielmonopol vor.

In § 4 Abs. 2 GSpG werden als Ausnahme aus dem Glücksspielmonopol insbesondere die Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 GSpG ausgeführt. Die Regelungen des § 5 GSpG präzisieren dabei insoweit die Ausnahme indem sie Mindestanforderungen beschreiben.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSIg. 7567/1975 us. ausgesprochen, dass verfassungsrechtlich kein Hindernis besteht, dass von dem hierzu zuständigen Gesetzsgeber (Landesgesetzgeber) eine Tätigkeit (einen Lebenssachverhalt) einer Regelung unterzogen wird, wenn der Bundesgesetzgeber eine Tätigkeit ausdrücklich von ihrer Unterstellung unter das Monopol ausnimmt.

Der Bundesgesetzgeber hat durch die Regelung des § 4 GSpG von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen und erweist sich diese Vorgehensweise im Hinblick auf die eben zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes als zulässig. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zur alten Rechtslage ergangenen Erkenntnis vom 28.03.2000, 99/05/0114, ausgesprochen, dass der Landesgesetzgeber die von ihm für erforderlich erachteten Regelungen zur Abwehr der Gefahren des Glücksspiels nur insoweit § 4 Abs. 2 GSpG für die vom Monopol erfassten Glücksspiele eine Ausnahme vorsieht, treffen kann. Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Abschließend beantragt die Abgabenbehörde neuerlich die Bestrafung der Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Nach dieser Stellungnahme des Anzeigelegers wurden Sie von der Behörde vom Ergebnis dieser Beweisaufnahme verständigt. Der Einladung zur abschließenden Stellungnahme folgten Sie bzw. Ihr Rechtsanwalt und es wurde darin nochmals der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des EuGH über den Vorabentscheidungsantrag des UVS Oberösterreich wiederholt. Weitere, noch nicht bekannte Rechtfertigungsangaben speziell zur Stellungnahme des Anzeigelegers waren nicht enthalten.

 

Folgende rechtliche Situation ist nun zu beachten:

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Ziffer 1 Glückspielgesetz - GSpG begeht derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Nach § 52 Abs. 1 Ziffer 6 GSpG begeht ebenso eine Verwaltungsübertretung, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG insbesondere durch Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glückspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links fördert oder ermöglicht.

Gemäß § 2 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele (vgl. § 1 Abs. 1 GSpG: Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine Vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glückspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Der Unternehmerbegriff wird im 2. Satz noch wie folgt erweitert: Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durch-führung von Glückspielen mit Vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z. 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glückspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei Einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glückspiels nur beteiligt sind.

 

Eine Ausspielung mit Glückspielautomaten wiederum liegt gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 GSpG dann vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glückspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glückspielgesetz nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht im Sinne des § 4 Glückspielgesetz vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

 

Glücksspiele unterliegen entsprechend den Bestimmungen des § 4 Abs.2 leg.cit dann nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes, wenn sie

nicht in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs.1 und

a)  bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge oder

b)  nur einmalig zur Veräußerung eines körperlichen Vermögensgegenstandes durchge­führt werden.

 

Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 unterliegen nicht dem Glücksspiel des Bundes.

Gemäß § 5 GSpG sind Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten Ausspielungen nach § 2 Abs.3 an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber sowie Begleitmaßnahmen der Spielsuchtvorbeugung, der Geldwäschevorbeugung und der Aufsicht. Solche Landesausspielungen bedürfen einer gesonderten Bewilligung.

Gemäß § 12 a Abs. 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Ent­scheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbei geführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

Elektronische Lotterien bzw. über Internet betriebene Terminals (Video, Lotterieterminals - VLT werden im § 12a GSpG näher geregelt. Sie unterliegen dem Glückspielmonopol und der Kon­zessionspflicht nach § 14 GSpG und sind nicht von der Ausnahme nach § 4 Abs. 2 GSpG für Landesausspielungen mit Glückspielautomaten erfasst. Für Ausspielungen mit solchen zentralseitig vernetzten Video-Lotterieterminals an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebs-stätten ist überdies nach § 12a Abs. 2 GSpG eine Standortbewilligung des Bundesministers für Finanzen /BMF erforderlich.

 

Werden nun im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10,- Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich gemäß § 52 Abs. 2 GSpG nicht mehr um geringe Beträge und tritt eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück, welche vom Gericht zu ahnden ist. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbs-gesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Dazu hat die Bezirkshauptmannschaft folgendes erwogen:

 

Die im Spurch bezeichneten Spielgeräte F1 bis F3 waren am Kontrolltag im Lokal X in X, X betriebsbereit aufgestellt. Als Mindesteinsatz bzw. Maximaleinsatz für den Start eines Spieles auf diesen Spielgeräten wurden € 0,20 bis € 0,50 festgestellt.

Im Zuge der Erhebungen wurde des weiteren festgestellt, dass die X Eigentümer dieser Geräte ist. Der genannten Firma ist daher im Sinne des § 52 Abs.1 Z1 Glücksspielgesetz das widerrechtliche veranstalten der vorgeworfenen Glücksspielevorzuwerfen.

Des weiteren wurden Sie als handeslrechtlicher Geschäftsführer der vorher bezeichneten Eigentümerfirma festgestellt. Dies ist im Handelsregisterauszug vom 18.7.2012 so festgehalten. Als solcher sind Sie verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher dieser juristischen Person.

 

Dieser erst einleitende Sachverhalt wird auch in keiner Weise von Ihnen geleugnet und ist auch ausreichend vom Anzeigeleger dargestellt und somit bewiesen. Der vorgeworfene Aufstellzeitpunkt wird ebensowenig geleugnet. Demnach ist wiederholt zumindest seit dem Aufstellungsdatum in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.

 

Im Wesentlichen bestritten wird im ggstl Verfahren von Ihnen jedoch, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals um Glücksspielautomaten oder elektronischer Lotterie handle. Auf diesen Geräten könne kein wie immer geartetes Glücksspiel stattfinden. Die gegenständlichen Eingabeterminals dienen lediglich dazu, Aufträge verschiedener Art an die Firma X weiter zu geben.

Darüber hinaus sei Ihrer Eingabe zufolge die Bezirkshauptmannschaft Perg unzuständige Behörde für dieses Strafverfahren, da nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur ein Spiel dort stattfände, wo ein Spielautomat örtlich aufgestellt ist, wo dieser in Betrieb genommen werden kann, wo dieser mit Geld versorgt wird.. Keines dieser Kriterien wäre jedoch im Wirkungsbereich dieser Behörde da der Spielautomat in Graz aufgestellt sei.

In Ihrer letzten Eingabe bringen Sie schließlich generell starke Bedenken zur Verfassungskonformität des Glücksspielgesetzes vor und stellen einen Antrag, dieses Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über den Vorabentscheidungsantrag des UVS Oberösterreich abzuwarten.

 

Diesen Rechtfertigungsangaben muss aber entgegen gehalten werden, dass vom Anzeigeleger eindeutig klar dargestellt werden konnte und ist dies auch mit entsprechenden Fotodokumentationen und Spielbeschreibungen nachgewiesen, dass mit diesen Geräten verbotene Ausspielungen angeboten wurden. Die Entscheidung über das Spielergebnis war ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig. Bei der Bespielung dieser Geräte anlässlich der dargestellten Kontrolle wurde festgestellt, dass für einen bestimmten Einsatzbetrag ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Die virtuellen Walzenspiele konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschimrtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Die Einsatzsteigerung erfolgt wiederum durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste. Die Auslösung des Spiels erfolgt im Wege der Automatic-Start-Taste oder durch fortgesetzte Bedienung der Spieleinsatztaste. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird. Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages werden auch sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht. Der Spielerfolg steht nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Glücksspiele sind sie insofern, weil den Spielern keine Möglichkeit geboten wurde, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen und die Start-Taset betätigen. Nachdem dem geschilderten Einsatz auch die bereits einleitend der Begründung angeführten Gewinnaussichten gegenüber standen liegt eindeutig Glücksspiel im Sinne der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes vor.

 

Da Sie - wie unbestritten ist - Eigentümer dieser Geräte sind haben Sie somit als Unternehmer auf eigenen Namen und Risiko Ausspielungen durch Spieler an einem Gerät durchführen lassen und somit die vorgeworfenen verbotenen Ausspielungen veranstaltet und sind daher als solcher verwaltungsstrafrechtlicht zur Verantwortung zu ziehen. Es wurde von Ihnen selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus Glücksspielen durchgeführt und liegt deshalb Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs.2 Satz 1 GSpG vor.

Eine Konzession oder Bewilligung für dieses Glücksspiel liegt jedoch nicht vor.

 

Zur Frage der Zuständigkeit hinsichtlich des Vergehens nach dem Glückspielgesetz nach § 168 StGB darf auf einen Entscheid des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.08.2012 verwiesen werden. Neben den bereits bekannten Argumentationen, dass ein Strafverfahren bei der Bezirksverwaltungsbehörde auszusetzen sei, solange nicht geklärt ist ob Gerichtszuständigkeit gegeben ist, führt der VwGH bei der Zuständigkeitsabgrenzung folgendes an: "Da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung des Einsatzes von mehr als Euro 10,-- in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber den gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz Euro 10,-- überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsbehörden."

Laut VwGH ist daher zu differenzieren, welche Spiele mit welchen Einsätzen gespielt wurden.

Sind auf einem Glückspielautomaten sowohl Spiele mit Einsätzen über Euro 10,-- als auch jene darunter möglich, so ist die Zuständigkeit der Gerichte nicht hinsichtlich sämtlicher mit dem Automaten durchgeführter Spiele gegeben, sondern nur für jene über Euro 10,-. Für Spiele mit Einsätzen unter Euro 10,-- verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden. Im konkreten Fall war hier wie vorher bereits ausgeführt kein Einsatz für das Spiel von mehr als 10,- Euro gegeben, sodass eindeutig keine Gerichtszuständigkeit sondern jene der Verwaltungsbehörde vorliegt.

 

Hinsichtlich des Vorwurfes der unzuständigen Verwaltungsstrafbehörde wird ebenso auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Dieser stellte in einer gleichgelagerten Fallkonstellation mit Erkenntnis vom 14.12.2011, 2011/17/0155 fest, dass bei einem derartigen Geschehensablauf (wie in einem vorigen Absatz geschildert) jedenfalss die Bestandteile des Spieles am Ort der aufgestellten Geräte stattfinden. Dass der Spieler lediglich über eine Internetverbindung das von ihm gesteuerte, an einem anderen Ort entsprechend seinen Tasteneingaben durchgeführte Spiel in engerem Sinn, nämlich die Positionierung der virtuellen Walzen, beobachtet, ändert nichts an dem Umstand, dass durch diesen Geschehensablauf eine Ausspielung in dem im Spurch genannten Lokal stattfand. Deshalb ist auch diese Behörde für dieses Verfahren zuständig.

 

Zu den im Verfahren abschließend vorgebrachten unions- und verfassungsrechtlichen Bedenken wird angemerkt, dass diese bereits in anderen ähnlich argumentierten höchstgerichtlichen Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof als nicht ausreichend angesehen wurden, um sich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Auch nach jüngerer Judikatur des EuGH hindert weder die immer wieder vorgebrachte EuGH-Rechtsentscheidung "Engelmann", noch "Dickinger und  Omer" die Anwendbarkeit der österreichischen  Glücksspielbestimmungen.

Schließlich führt auch der Oberösterreichische Verwaltungssenat in verschiedensten Berufungsentscheidungen oftmals an, dass von der Schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Rede sein kann.

 

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass im gegenständlichen Fall Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG vorgenommen wurden. Es waren Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig war und welche

1. ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, angeboten oder zugänglich gemacht hat und

2. bei denen Spieler oder andere eine Vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer von Spielern oder von anderen eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wurde (Gewinn).

Für diese Ausspielungen lag keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz vor.

 

Des weiteren handelt es sich bei ggstl. Ausspielungen auch nicht um Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten, da die dafür erforderliche gesonderte Bewilligung des Landes nicht vorgelegen ist, was wiederum bedeutet, dass eine ordnungspolitische Mindestanforderung nicht eingehalten wurde. Allein schon aus diesem Grund liegt keinesfalls eine Landesausspielung vor. Im übrigen kann in diesem Punkt ergänzend auch auf die bereits in der Stellungnahme des Finanzamtes angeführten Ausführungen verwiesen werden, welchen sich die Strafbehörde uneingeschränkt anschließt.

 

Eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol im Sinne des § 4 GSpG besteht ebensowenig und wurde im Verfahren auch nicht geltend gemacht.

 

Sie haben somit den im Spruch angeführten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen, die geeignet wären, Ihr gesetzwidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

 

Die verhängte Strafe entspricht dem Ausmaß des Verschuldens. Grundlage für diese Bewertung bot auf Grund Ihrer fehlenden Angaben die Einkommensschätzung der Bezirkshauptmannschaft Perg. Mildernde Umstände lagen nicht vor.

Erschwerende wurde der Einsatz dreier solcher Geräte gewertet.

 

Die Vorschreibung der Kosten des Strafverfahrens ist in den im Spruch zitierten Gesetzesstellen begründet.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei.

Die Bw beantragt der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu werden die Anträge gestellt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Ermittlungsverfahren zu ergänzen bzw. eine günstigere Strafe zu verhängen. Darüber hinaus werden in eventu die Anträge gestellt, von der Verhängung einer Strafe abzusehen bzw. von der außerordentlichen Strafmilderung Gebrauch zu machen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 16. April 2013 die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 29. April 2013 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

2.2. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme der in Rede stehenden Geräte mit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 23.11.2012, VwSen-301236/4/WEI/BZ/Ba und VwSen-301241/4/WEI/BZ/Ba, als rechtmäßig bestätigt wurde.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1.1. und 1.2. dargestellten Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 2.2.2012 im Lokal "X" in X, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden – wie sich zuletzt auch aus der hinsichtlich der in Rede stehenden Geräte erfolgten Beschlagnahmeentscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 23.11.2012, VwSen-301236/4/WEI/BZ/Ba, und VwSen-301241/4/WEI/BZ/Ba, ergibt (vgl. insbes. die darin bezogenen Beweismittel: die Anzeigen vom 5. April 2012; Mindesteinsatz von 0,20 Euro bis 0,50 Euro – in Aussicht gestellter Gewinn von 20,00 Euro + ein oder mehrere SG [Super Games]) – von zumindest 1. Februar 2012 bis zur Beschlagnahme am 2. Februar 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich – erneut nicht zuletzt auch aufgrund der in der zitierten Beschlagnahmeentscheidung bestätigten Feststellungen – für den Oö. Verwaltungssenat unter Bezugnahme auf die durch Testspiele erhobenen und im Akt ausführlich dokumentierten Ermittlungen der einschreitenden Abgabenbehörde, deren Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Die Spiele (virtuelle Walzenspiele) konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder einen Verlust des Einsatzes.

 

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 76/2011 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd. § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der renommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des "geringen Betrages" des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des VwGH entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26ff) Folgendes aus:

„Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ("wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ..."-§ 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSIg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,-ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365) und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ("essential elements") aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 ZI) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine "Glücksspielveranstaltung" (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungs-regelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.“

4.3.1. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem jüngsten Erkenntnis hierzu an (vgl VwGH vom 23. Juli 2013, 2012/17/0249-5).

4.4. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl. Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlendem Vorsatz, Verjährung, Einstellung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl. so ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielautomaten Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, bereits eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

4.5.1. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181). Dies deshalb, weil vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs 2 GSpG und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen dem gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Glücksspielstrafrecht (VfSlg 15.199), sowie der nicht vorhandenen Statuierung des Vorranges der gerichtlichen Bestrafung (vgl. K. Stöger in Raschauer/Wessely, § 30 Rz 6 mwN) Zweifel betreffend der Annahme und Reichweite einer Scheinkonkurrenz vorhanden waren. Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.

4.5.2. Zum Aussetzungszeitpunkt war § 22 VStG idF BGBl I 33/2013 nicht in Geltung. Mit 1. März 2013 trat die angesprochene Bestimmung in Kraft (siehe zur Funktionsweise als ausdrückliche Subsidiarität weiter unter Pkt. 4.4.). Durch die Normierung der allgemeinen, ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich für die vom Oö. Verwaltungssenat ausgesprochenen Aussetzung die Konsequenz, dass unabhängig davon, ob bzw. wie eine strafgerichtliche oder staatsanwaltliche Reaktion erfolgt, die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9 Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw. §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, welche einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (s VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9 Rz 30; „...Abgrenzungsregelung...“) und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPEMRK in Einklang bringt (siehe VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, ebenso VfGH vom 26. Juni 2013, B 63/2013-7), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Verwaltungssenat durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die vormalig bestehenden Zweifel nach § 30 Abs 2 VStG bringt. Dies umso mehr, als dem Grunde nach erkannt werden muss, dass im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) keine Zweifel darüber bestehen können, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. „... nur dann ... strafbar ...“)

4.6. Die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat ergibt Folgendes:

4.6.1. Am 5. November 2011 wurde in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf Sachverhalte betreffend Geräte, die mit "Automatic-Start-Tasten" ausgestattet sind, ausdrücklich bestätigt.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9 abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs.2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glückspielautomat geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bei entsprechendem Tatvorsatz eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

 

Durch den Verwaltungsakt ist eindeutig belegt, dass sämtliche gegenständliche Geräte mit "Automatik-Start-Tasten" bzw. "Automatik-Start-Funktionen" ausgestattet sind (siehe Fotodokumentation der Finanzpolizei: Gerät-FA-Nr. 1: S. 5 oberes Bild unter dem Schriftzug „MG“; Gerät-FA-Nr. 2: S. 14 oberes Bild, unter dem Schriftzug „Game Over“, S. 21 rechts neben dem Schriftzug „2nd Deal“; Gerät-FA-Nr. 3: S. 9 u. 19 jew. oberes Bild, Bildschirm und S. 16 beide Bilder, links neben dem Schriftzug „0,2“, S. 24 unteres Bild, unter dem Schriftzug „Game Over“). Dies belegt – wie bereits im Anzeigeschreiben vom 29. April 2013 dargelegt – die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der – in Zusammenschau der Serienspieljudikatur des OGH mit der aktuellen Entscheidung des VfGH zweifelsfrei erkennbaren – Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch die Ausführungen zur finanzbehördlichen Anzeige betreffend die Funktionsweise der „Automatic-Start-Taste“ bestärkt, wonach bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst wird.

 

4.6.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung sämtlicher Geräte mit "Automatic-Start-Tasten" und der beschriebenen Funktionsweise dieser Tasten werden nach Auffassung der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des VfGH – somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des OGH weiterhin einschlägig.

 

Auch in der Entscheidung des OGH vom 20.3.2013, 6Ob118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – betreffend den gegenständlichen Geräten vergleichbare Gerätschaften – wie folgt beschrieben: "Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte durch den Geräteeigentümer stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgerätes, bei dem Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Eine der jüngeren Rechtsprechung des VwGH entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber zufolge der Entscheidung des VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

4.7. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung und nicht zuletzt auch im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm. § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

5. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

 

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