Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360072/2/WEI/VS/Ba

Linz, 14.08.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der D K, A, L, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, K, I, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 29. November 2012, Zl. S-9.389/12/S, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.        Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels (vormals Bundespolizeidirektion Wels; im Folgenden: belangte Behörde), wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben am 10.3.2012 um 10.25 Uhr – 11.30 Uhr in W, R [i]m Lokal 'S C' Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten und während einer Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels) auf Befragen nicht umfassend Auskunft erteilt, weil Sie zu den gestellten Fragen über den Betrieb der Glücksspielgerät[e] meistens die Antwort 'Weiß ich nicht!' erteilten, obwohl Sie gemäß § 50 Abs. 4 GSpG gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht zur umfassenden Auskunft verpflichtet gewesen wären."

 

Als verletzte Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde "§ 50 Abs. 4 GSpG" an, verhängte über die Bwin eine Geldstrafe in Höhe von 250,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 125 Stunden) gem § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG und verpflichtete sie zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der Geldstrafe.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt wie folgt aus:

 

"Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 17.4.2012 des Finanzamtes Grieskirchen - Wels, sowie auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

 

Demnach haben Sie am 10.3.2012 von 10.25 Uhr bis 11.30 Uhr in W, R, [i]m Lokal 'S C' Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten und während einer Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels) auf Befragen nicht umfassend Auskunft erteilt, weil Sie zu den gestellten Fragen über den Betrieb der Glücksspielgerät meistens die Antwort 'Weiß ich nicht!' erteilten, obwohl Sie gemäß § 50 Abs. 4 GSpG gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht zur umfassenden Auskunft verpflichtet gewesen wären.

 

Wegen der Verwaltungsübertretung nach § 50 Abs. 4 StVO [gemeint: GSpG] wurde von der Bundespolizeidirektion Wels mit Strafverfügung vom 8.6.2012 gemäß § 52 Abs. 1 Zl. 5 StVO [gemeint: GSpG] über Sie eine Geldstrafe in der Höhe von 250,00 € und im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 125 Stunden verhängt.

 

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie durch ihren Rechtsvertreter binnen offener Frist Einspruch, den Sie im Wesentlichen damit begründeten, dass Sie als Angestellte des Lokalbetreibers keine Person wären, die Glücksspieleinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes bereithalten würde.

 

Das Finanzamt Grieskirchen - Wels hat mit Schreiben vom 9.11.2012 zu dieser Rechtfertigung folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Zur Person D K, geb. X:

Bei Frau K D handelt es sich um eine Arbeiterin der F GmbH. Frau K D war zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels die einzige Arbeitskraft im Lokal 'S C'.

 

Zu Punkt 1. der Berufung wird ausgeführt:

Gem § 50 Abs. 4 GSpG sind Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten neben der Gestattung von Probespielen, der Gewährung von Aufzeichnungen auch zur Auskunftsleistung verpflichtet. Während 'Veranstalter' und 'Anbieter' jenen Personenkreis beschreibt, der auch als Strafadressat gem § 52 Abs. 1 Z 1 in Frage kommt (erster Tatbestand 'veranstalten' und dritter Tatbestand 'anbieten') umschreibt der Begriff 'Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten' einen wesentlich weiteren und vom möglichen Täterkreis unterschiedenen Personenkreis.

Für die Verpflichtung des § 50 Abs. 4 GSpG ist lediglich das bloße Bereithalten - auch in Form der weisungsunterworfenen Mitarbeiterin des Glücksspielunternehmens - gefordert. In diesem Wortsinn sind daher jene Personen, die vor Ort ein Lokal im Auftrag des jeweiligen Unternehmers 'betreiben' und damit dessen Stellvertreterschaft übernehmen, als Bereithalter zu betrachten, auch wenn sie selbst nicht prima vista als Täter in Frage kommen, denn auch diese Position erfordert ein Mindestmaß an Verantwortlichkeit für den Spielbetrieb.

Somit sind jedenfalls der Wirt, der Niederlassungsleiter, der Geschäftsstellenleiter aber auch die für den Glücksspielbereich verantwortlichen und zuständigen Angestellten auskunftspflichtig iSd § 50 Abs. 4 GSpG. Ausschlaggebendes Kriterium stellt daher regelmäßig die Verantwortlichkeit des Dienstnehmers für den Spielbereich dar.

Frau K D war für die Einlassung potentieller Spieler verantwortlich. Ein Einlass war nur nach bewusster Entriegelung der Eingangstür durch Frau K möglich. Weiter hatte Frau K zu wesentlichen Bedienungselementen für das Ein- und Ausschalten der Geräte Zugang und war im Lokal selbst als einzig anwesende Person des Lokalbetreibers Ansprechperson für die Spieler und Spielerinnen und auch für Auszahlungen zuständig. Dass es keine Auszahlungen geben soll, widerspricht der Aussage eines am Tag der Kontrolle anwesenden Spielers. Insofern Frau K also angibt dass keine Auszahlungen stattfinden, entspricht diese Aussage augenscheinlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten,

 

Frau K D ist somit jedenfalls als eine unter § 50 Abs. 4 GSpG fallende auskunftspflichtige Person einzureihen.

 

§ 50 Abs. 4 erweitert den Personenkreis bewusst, um eine rasche und umfassende Kontrolle zu ermöglichen, auch wenn - wie im Regelfall gegeben - der Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft nicht persönlich vor Ort anwesend ist. Insofern ist somit sowohl die Auskunftspflicht aber auch die Verpflichtung zur Ermöglichung von Probespielen durch Herausgabe von Geld gegen Bestätigung und die Gewährung von Einsicht in die Aufzeichnungen jedenfalls durch den lokal anwesenden Vertreter des Unternehmens zu gewährleisten.

 

Zu Punkt 2 der Berufung wird ausgeführt:

Festgehalten wird, dass die Anzeige wegen einer Übertretung gem. § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG 1989 idgF iVm § 50 Abs. 4 GSpG 1989 idgF nicht wegen Nichtwissens erstattet wurde, sondern wegen mangelnder Mitwirkung im Sinne des § 50 Abs. 4 GSpG 1989 idgF.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass gem. § 50 Abs. 4 GSpG von Personen die zur Auskunft verpflichtet sind im Sinne dieser Bestimmung, den kontrollierenden Organen auch umfassende Überprüfungen zu ermöglichen sind und auch Einblick in die geführten Aufzeichnungen und Spielbeschreibungen zu gewähren ist.

 

Dazu gehört auch, dass bei eingeschalteten Glücksspielautomaten, welche ein Passwort für die Bespielung verlangen, eben dieses Passwort den kontrollierenden Organen bekannt zu geben ist.

Dazu kommt, dass von Frau K kein Einblick in die Aufzeichnungen der Gerätebuchhaltung ermöglicht werden konnte, da Sie laut Ihrer niederschriftlich festgehaltenen Aussage keinen Zugang zur Buchhaltung habe bzw. keine dafür eventuell notwendigen Geräteschlüssel ausgehändigt erhalten hätte.

Im Besonderen darf auf die Widersprüchlichkeit in Bezug auf tatsächliche Auszahlungen von Gewinnen hingewiesen werden, wo Frau K angibt, dass es solche, entgegen einer Aussage eines Spielers am Tag der Kontrolle, nicht gibt."

 

1.3. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichne, jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen gehöre, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar seien.

 

Die gesetzliche Verpflichtung nach § 50 Abs 4 GSpG bestehe lediglich darin, umfassend Auskünfte zu erteilen, die Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG knüpfe an die Nichterteilung der Auskünfte, nicht etwa an das Bereithalten des Apparats an. Es bestünden insoweit keine Bedenken, auch Personen, die keinen Einfluss auf die Entscheidung betreffend das Aufstellen des Apparats hätten, in die Auskunftspflicht und damit in den Straftatbestand nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG einzubeziehen.

 

Da das GSpG keine Spezialnorm gem § 5 Abs 1 VStG kenne, genüge für die Strafbarkeit bereits die fahrlässige Begehung. Die monotone Behauptung der Bwin, keine "Person [zu sein], die Glücksspieleinrichtungen bereit hält", reiche weder für die Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens, noch könne sie als bestimmte Tatsache gewertet werden, dass sich der angezeigte Vorfall nicht ereignet hätte.

 

Abschließend führt die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, dass der Bwin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute komme, die verhängte Strafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und den angenommenen persönlichen Verhältnissen (1.000 Euro Nettoeinkommen bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgfaltspflichten) entspreche.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Händen ihres Rechtsvertreters am 3. Dezember 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung, welche am 5. Dezember 2012 per Fax übermittelt wurde.

 

Darin wird vorgebracht, dass es keine Bestimmung gebe, wonach eine Kellnerin über gestellte Fragen Antworten wissen müsse. Es stelle keine Verletzung der Auskunftspflicht dar, wenn eine in einem Lokal beschäftigte Kellnerin keine Antwort auf die ihr gestellten Fragen wüsste.

 

Die Bwin beantragt daher, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben. Auch beantragt die Bwin die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der sämtliche bei der Kontrolle anwesenden Beamten als Zeugen zu laden seien.

 

2.2. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien).

 

In der mit der Bwin aufgenommenen Niederschrift vom 10. März 2012 sowie in der gegen die Bwin wegen § 52 Abs 1 Z 5 GSpG erstatteten Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen-Wels vom 17. April 2012 wird zum Sachverhalt festgehalten, dass die Bwin als einzig anwesende Arbeitskraft am 10. März 2012 um 10:06 Uhr im kontrollierten Lokal mit der Bezeichnung "S C" angetroffen worden sei. Bei Kontrollbeginn seien sämtliche Geräte eingeschaltet und betriebsbereit (ausgenommen jene drei Spieltische, welche sich im Nebenraum befanden und jene versiegelten Geräte von der Kontrolle vom 08. März 2012) gewesen.

 

Die niederschriftliche einvernommene Bwin gab an, dass der Chef des Lokales Herr A S, Fa F GmbH, sei. Am Kontrolltag habe sie um ca 08:00 Uhr zu arbeiten begonnen, wobei die Geräte alle eingeschaltet gewesen seien. Sie sei geringfügig beschäftigt und arbeite nur am Samstag. Ansonsten studiere sie an der Kunstuniversität in Linz. Veranstalter der Geräte sei ihr Chef, der ihr auch die Automaten gezeigt habe. Wenn einer nicht funktioniere, müsse sie diesen außer Betrieb nehmen und einen Zettel aufkleben. Gewinne würden keine ausbezahlt werden, der Gast könne am Gerät bis 0,-- Euro weiterspielen. Zum Vorhalt, dass am Kontrolltag ein Spieler € 100,-- Gewinnauszahlung von der Bwin gefordert habe, machte die Bwin keine Angaben. Der Bwin seien laut ihren Angaben drei Fernbedienungen (Polizeinotruf, Türöffner sowie eine dritte, deren Zweck unklar sei) übergeben worden. Sie verfüge über keinen Schlüssel zur Geldlade und habe auch keinen Zugang zur Buchhaltung. Die Spielgeräte seien immer eingeschaltet und der Chef entleere die Gerätekassen. Die Reinigung bei den Geräten und am Stellplatz würde die Bwin durchführen. Das Passwort für die vier Geräte "Internetshop" kenne sie nicht. Die Spieler könnten auf diesen Geräten Spiele durchführen, so wie auch bei den anderen Geräten.

 

Die übrigen Fragen, seit wann die Geräte im Lokal stehen würden, wer die Geräte geliefert bzw die Aufstellung vermittelt hätte, wer Eigentümer der Geräte sei, welche Spiele auf den Geräten durchgeführt werden könnten, ob die Spiele selbständig auf dem Geräte ablaufen würden oder der Spielverlauf von einem anderen Ort aus gesteuert werde, wie hoch der jeweilige Spieleinsatz gewählt werden könne und wer die Wartung und den Service der Geräte mache, beantwortete die Bwin hingegen mit einem "Weiß ich nicht".

 

3.2. Dazu wird in freier Beweiswürdigung folgendes festgehalten:

 

Aufgrund der Durchsicht der Akten gilt es für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates als erwiesen, dass die Bwin die Antworten tatsächlich nicht wusste. Es ist durchaus plausibel, dass eine geringfügig Beschäftigte, welche nur samstags im Lokal arbeitet, nicht weiß, seit wann die Geräte im Lokal stehen oder wer die Geräte geliefert bzw die Aufstellung vermittelt hätte. Zudem ist es nicht ungewöhnlich, dass sich eine geringfügig Beschäftigte nicht im Detail mit dem genauen Spielablauf auseinandergesetzt hat und auch zum Spieleinsatz keine konkreten Angaben machen kann. Gerade wenn und weil die Bwin nur samstags im Lokal arbeitet, ist ihrer Aussage Glauben zu schenken, dass sie nicht wisse, wann die Gerätekassen das letzte Mal entleert worden seien.

 

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird zudem auf das Schreiben des Finanzamtes Grieskirchen–Wels verwiesen, welches als Stellungnahme zur Rechtfertigung der Bwin erging. Darin wird zur mangelnden Mitwirkung insbesondere auf die Widersprüchlichkeiten in Bezug auf tatsächliche Auszahlungen von Gewinnen hingewiesen, wo die Bwin entgegen einer Aussage eines Spielers am Tag der Kontrolle angegeben hätte, dass es solche nicht gäbe. Im erstbehördlichen Akt finden sich aber keinerlei Anhaltspunkte für die Befragung eines Spielers. Es werden daher unbewiesene Behauptungen aufgestellt, welche sich durch kein aktenkundiges Tatsachensubstrat untermauern lassen.

 

3.3. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 73/2010 (in der Folge: GSpG) sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig. Nach § 27 VStG ist im vorliegenden Fall auch die örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates als gegeben anzunehmen.

 

4.2. Gemäß § 50 Abs 4 GSpG (idF BGBl I 73/2010) sind die Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG und die im § 50 Abs 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG (idF BGBl I 73/2010) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG (idF BGBl I Nr. 33/2013) beträgt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen ein Jahr.

 

4.3. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf den Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung korreliert jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 786).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet zumindest die Mitwirkungs- und Duldungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen – deren Verhalten der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist – der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 31 VStG (arg.: keine behördliche Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mN Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B‑VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe. Denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Strafverfahren wegen verbotenen Glücksspiels wäre eine strafbeschwerte Mitwirkungspflicht an einer zum Zwecke der Strafverfolgung durchgeführten Glücksspielkontrolle unverhältnismäßig und dem Kerngehalt der Garantie eines fairen Verfahrens widersprechend (vgl dazu eingehend mN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] 456 ff Rz 123).

 

Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen), klar und deutlich, dass Gegenstand der finanzpolizeilichen Amtshandlung die Aufklärung des Verdachts strafbarer Handlungen mit Glücksspielgeräten und Eingriffsgegenständen war. So fanden die Kontrollorgane nach der Anzeige des Finanzamts vom 17. April 2012 sowie nach der mit der Bwin aufgenommenen Niederschrift beim Eintreffen im Lokal sämtliche Geräte eingeschaltet und betriebsbereit (ausgenommen jene drei Spieltische, welche sich im Nebenraum befanden und jene versiegelten Geräte von der Kontrolle vom 08. März 2012) vor.

 

Auch die von der Finanzpolizei am Kontrolltag mit der Bwin aufgenommene Niederschrift mit ihren gezielten Fragen zu den Spielgeräten über Einsätze und Gewinnauszahlungen und betreffend Schlüssel zum Betrieb der Geräte diente offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (= Strafverfolgung). Schon zu Beginn der Kontrolle lag offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gem § 50 Abs 4 GSpG. Mangels einer Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten war auch keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich.

 

Die Bestrafung der Bwin erfolgte damit schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

 

4.4. Die belangte Behörde hat der Bwin im Wesentlichen angelastet, dass sie entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 50 Abs 4 GSpG nicht umfassend Auskunft erteilt habe, "weil [s]ie zu den gestellten Fragen über den Betrieb der Glückspielgerät[e] meistens die Antwort 'Weiß ich nicht!'" erteilt hätte.

 

Mit dieser Anlastung verkennt die belangte Behörde in einem entscheidungsrelevanten Punkt die Rechtslage. Denn wie die Berufung insofern mit Recht ausführt, gibt es keine Bestimmung, wonach eine Auskunftsperson über gestellte Fragen Antworten wissen müsste. § 52 Abs 1 Z 5 GSpG pönalisiert lediglich den Verstoß gegen die Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GspG. Einen derartigen Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht durch die Nichterteilung umfassender Auskünfte kann der Bwin aufgrund der Beantwortung aller 21 Fragen im Zuge ihrer Einvernahme nicht vorgeworfen werden. Die Bwin wusste auf sechs Fragen keine Antwort, sodass sie dies dem Leiter der Amtshandlung mitteilte. Die Nichterteilung von Auskünften mangels Wissens ist vom Gesetz nicht mit Strafe bedroht. Auch insofern ist daher der Spruch der belangten Behörde verfehlt und mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

4.5.1. Weiters ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

Lediglich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird auf ein Schreiben des Finanzamtes Grieskirchen-Wels verwiesen, welches zur Rechtfertigung der Bwin gegen die Strafverfügung Stellung nimmt. In dem Schreiben wird ausdrücklich festgehalten, dass die Anzeige nicht wegen Nichtwissens erstattet worden sei, sondern wegen mangelnder Mitwirkung durch die Nichtbekanntgabe des Passwortes für die Bespielung der Glücksspielautomaten sowie der Nichtgewährung eines Einblickes in die Aufzeichnungen der Gerätebuchhaltung. Im Besonderen werde auf die Widersprüchlichkeiten in Bezug auf tatsächliche Auszahlungen von Gewinnen hingewiesen, wo die Bwin entgegen der Aussage eines Spielers angegeben habe, dass es solche nicht gebe.

 

Im Spruch des bekämpften Erkenntnisses wird der Bwin aber nur die Nichterteilung umfassender Auskünfte durch die häufige Antwort "Weiß ich nicht" vorgeworfen. Die lediglich in der Begründung des Straferkenntnisses der Bwin zur Last gelegten Tatvorwürfe genügen dabei im Lichte der oben ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben nicht. Auch wäre der Vorwurf der Verweigerung des Einblicks in die Aufzeichnungen der Gerätebuchhaltung nicht geeignet gewesen, die umfassende Auskunftsverweigerung darzulegen. Vielmehr wurde erst mit der Novelle BGBl I Nr. 112/2012 in § 50 Abs 4 GSpG zusätzlich zur Verpflichtung, umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren, die Verpflichtung zu Einblicken in die "Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen" festgeschrieben. Die Gewährung von Einblicken in elektronische Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen kann dem Bundesgesetzgeber zufolge nicht auch als Verweigerung der Erteilung umfassender Auskünfte qualifiziert werden, weshalb solche Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen selbst – wie etwa in den Geräten selbst enthaltene Gerätebuchhaltungen – daher zum Tatzeitpunkt (noch) nicht von der Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG erfasst gewesen sind. Auch aus diesem Grund ist ein derartiger Tatvorwurf jedenfalls unzulässig.

 

4.5.2. Zudem verpflichtet die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung verschiedene Adressaten, nämlich Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, unmittelbar zur Mitwirkung. Zu diesen Varianten unmittelbarer Täterschaft kann jeweils eine Beteiligungssituation hinzutreten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person der Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist zu bedenken, dass – wie es im gegenständlichen Fall gegeben ist – eine juristische Person als Veranstalter bzw Anbieter in Frage kommt und wiederum ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang haftet das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zurechnen lassen.

 

Da nun die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue Aus- und Anführung zur Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

4.5.3. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Tatbegehungsformen hätte die belangte Behörde eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vornehmen müssen. Ihre Ausführungen decken sich stattdessen weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut im § 50 Abs 4 GSpG und reichen für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht hin. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

4.5.4. Im konkreten Fall wird der Bwin im Spruch des Straferkenntnisses die Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG als unmittelbare Täterin angelastet, die im "Lokal 'S C' Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten" habe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/17/0114, unter der im § 50 Abs 4 GSpG genannten "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält," auch jemanden verstanden, der de facto für die Bereithaltung sorgt und ausdrücklich keine rechtlich-organisatorische Beziehung dieser Person zur Glücksspieleinrichtung vorausgesetzt. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG treffe nicht nur den Betreiber des Glücksspielapparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein werde, sondern auch diejenigen Personen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Dabei habe sich die Abgrenzung, welche Angestellten von der Auskunftspflicht erfasst sind, nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehöre jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind.

 

Aus diesen Aussagen des zitierten Judikats ist weiter denknotwendig abzuleiten, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs begrifflich das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" vom Aufgabenbereich eines Mitarbeiters und seinen betriebsinternen Befugnissen abhängt und eine Korrelation zu der damit verbundenen Mitwirkungspflicht besteht. Denn die Pflicht, "umfassend Auskünfte zu erteilen", muss im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten einer Person je nach ihren Aufgaben und Befugnissen angenommen werden, widrigenfalls man dem Gesetzgeber unterstellen würde, dass er in unsachlicher Weise Mitwirkungspflichten vorgesehen hätte, deren Erfüllung manchen Personen von ihrer betriebsinternen Verwendung her schon tatsächlich gar nicht möglich wäre. Der Umfang der Mitwirkungspflichten darf nicht als absolute Größe gesehen werden. Vielmehr muss er differenziert nach den Aufgaben und Befugnissen des jeweiligen Mitarbeiters eines Veranstalters oder Anbieters interpretiert werden. Die Pflicht, umfassend Auskünfte zu erteilen, kann demnach je nach den faktischen Aufgaben und Befugnissen eines Angestellten eine verschiedene sein. Gehören etwa zum Aufgabenbereich einer Person überhaupt nur untergeordnete oder nicht einschlägige Tätigkeiten wie beispielsweise Reinigungsarbeiten, bloßes Lichteinschalten oder das Ausschenken von Getränken, dann liegt allein darin noch kein Sorgen für die Verfügbarkeit einer Glücksspieleinrichtung, weshalb ein "Bereithalten" begrifflich ausscheidet und keine Auskunftspflicht besteht.

 

Aus der dargestellten Rechtslage im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs folgt weiter, dass zur Mitwirkungspflicht des § 50 Abs 4 GSpG im Fall von "Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten," deren Aufgabenbereich und Befugnisse im Betrieb des Veranstalters oder Anbieters als für die Subsumtion relevante Umstände anzusehen und festzustellen sind. Die diesbezügliche betriebsinterne Funktion des Mitarbeiters, dem die Auskunfts- bzw Mitwirkungspflicht zugeordnet wird, betrifft daher ein wesentliches Element des Tatbestandes und bedarf gemäß § 44a Z 1 VStG entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles einer Konkretisierung und Individualisierung im Spruch.

 

Die belangte Behörde spricht im Spruch nur davon, dass die Bwin "Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten" habe. Es fehlen jedoch konkrete, auf den Einzelfall bezogene Angaben in Bezug auf den für die Subsumtion relevanten Aufgabenbereich der Bwin als Dienstnehmerin der F GmbH, aus dem das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" und damit die Auskunftspflicht im Grunde des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichthofs erst abgeleitet werden kann. In der Begründung des Straferkenntnisses wird zwar die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen-Wels angeführt, in der die Bwin als Verantwortliche für den Spielbereich angesehen wird. Sie sei für die „Einlassung potentieller Spieler“ verantwortlich gewesen, da ein Einlass nur nach bewusster Entriegelung der Eingangstür durch die Bwin möglich sei. Weiters hätte sie zu wesentlichen Bedienungselementen für das Ein- und Ausschalten der Geräte Zugang und sei im Lokal selbst als einzig anwesende Person des Lokalbetreibers Ansprechperson für die Spieler und Spielerinnen und auch für Auszahlungen zuständig gewesen. Zum Einen umschreiben derartige eher untergeordnete und nur manipulative Aufgaben noch keine betriebsinterne Funktion, die eindeutig auf ein „Bereithalten“ schließen ließe, und zum anderen ersetzt die bloße Wiedergabe der Stellungnahme des Finanzamtes keine eigenständigen Feststellungen in der Bescheidbegründung und entspricht auch nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG hinsichtlich der Konkretisierung des Spruchs im Lichte der unter Punkt 4.5.1. ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben.

 

4.6. Die belangte Behörde hat daher im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses keinen die Umstände des Einzelfalles konkretisierenden Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheint. Mangels einer geeigneten behördlichen Verfolgungshandlung ist insofern nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs 1 VStG auch die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat war es außerdem als Berufungsbehörde, die gemäß dem § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

 

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf wesentliche Spruchmängel mangels einer erwiesenen und zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bwin gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Weiß

 

 

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