Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101663/8/Bi/Km

Linz, 26.05.1994

VwSen-101663/8/Bi/Km Linz, am 26. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau Dr. R F, vom 8. Dezember 1993 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Juni 1993, VerkR-15.457/1-1993/Kof, wegen Übertretung der 3.

Kraftfahrgesetz-Novelle, auf Grund des Ergebnisses der am 10. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Rechtsmittelwerberin hat einen Verfahrenskostenbeitrag von 40 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG 1991 iVm §§ 24 und 19 VStG 1991 und § 51 Abs.1 VStG 1950 iVm Art.129a Abs.1 Z1 B-VG, Art.III Abs.1 und Abs.5 lit.a 3. KFG-Novelle, BGBl.Nr. 352/76 idF BGBl.Nr. 458/90.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit dem oben angeführten Bescheid über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß Art.III Abs.1 und Abs.5 lit.a 3. KFG-Novelle eine Geldstrafe von 200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden verhängt, weil sie am 5. April 1991 um 13.31 Uhr als Lenkerin des PKW, Kennzeichen , auf der P Bundesstraße auf Höhe des km 19,0 in der Gemeinde U, wie bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt worden sei, den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe, obwohl der von ihr benützte Sitzplatz mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet gewesen sei und keine Ausnahmebestimmung in Betracht gekommen sei.

Gleichzeitig wurde ihr ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von 20 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.

Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 10. Mai 1994 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, bei der der Meldungsleger Rev.Insp. J zeugenschaftlich einvernommen wurde. Die Vertreter der Erstinstanz und des Landeshauptmannes von Oberösterreich haben sich entschuldigt, die Rechtsmittelwerberin ist unentschuldigt nicht erschienen.

3. Die Rechtsmittelwerberin macht geltend, der Verfassungs gerichtshof habe ihre Beschwerde mit Beschluß vom 27.

September 1993, GZ: B1284/93-3, zurückgewiesen, weil der Rechtsmittelzug nicht ausgeschöpft sei. Die Rechtsmittelbelehrung des Amtes der o.ö. Landesregierung, sei daher falsch gewesen. Der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes sei ihr am 26. November 1993 zugestellt worden, sodaß die Rechtsmittelfrist mit diesem Datum zu laufen begonnen habe.

Als Berufungsgründe mache sie unrichtige rechtliche Beurteilung, unrichtige Beweiswürdigung und Nichtigkeit des Verfahrens geltend. Das Amt der o.ö. Landesregierung habe eine Kompetenz in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zustehe, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Nunmehr hätten bereits zwei Instanzen, nämlich der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und das Amt der o.ö. Landesregierung, in der gleichen Rechtssache entschieden, wobei der Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 1993 aufgehoben worden sei. Da es sich in diesem Fall um eine Berufungsentscheidung gehandelt habe, sei die Verwaltungsstrafsache rechtskräftig abgeschlossen und ein weiterer Instanzenzug nicht mehr möglich. Im übrigen halte sie das in ihrer Berufung vom 7.

März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt erstattete Vorbringen in vollem Umfang aufrecht und beantrage, das Verwaltungsstrafverfahren nach Durchführung eines Beweisverfahrens ersatzlos aufzuheben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt sowie die zeugenschaftliche Befragung des Meldungslegers im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

4.1. In rechtlicher Hinsicht ist zunächst folgendes auszuführen:

Strafbarkeitsverjährung ist im gegenständlichen Fall noch nicht eingetreten.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG 1991 ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist; das war im gegenständlichen Fall der 5. April 1991.

Gemäß Abs.3 leg.cit. darf ein Straferkenntnis, wenn seit dem im Absatz zwei bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind, nicht mehr gefällt werden. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof ist nicht einzurechnen. Im gegenständlichen Fall geht aus dem Akteninhalt hervor, daß die Rechtsmittelwerberin gegen das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 22. April 1992 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingebracht hat, die bei diesem am 11. Juni 1992 einlangte. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. März 1993 langte beim unabhängigen Verwaltungssenat am 8. April 1993 ein, sodaß die Zeit vom 11. Juni 1992 bis 8. April 1993, ds insgesamt 301 Tage, in die Frist des § 31 Abs.3 VStG 1991 nicht einzurechnen ist. Die Strafbarkeitsverjährung tritt demnach nicht mit 5. April 1994 ein, sondern jedenfalls erst 301 Tage später, wobei weiters zu berücksichtigen ist, daß dem unabhängigen Verwaltungssenat unbekannt ist, wann die Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich beim Verfassungsgerichtshof eingelangt ist und wann dem Landeshauptmann von Oberösterreich der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes zugestellt wurde, da auch diese Frist in die Strafbarkeitsverjährungsfrist nicht einzurechnen ist.

Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung über den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich ergibt sich zweifellos aus dem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1993, B 1284/93-3 und den darin zitierten Gesetzesbestimmungen.

In chronologischer Reihenfolge wird festgehalten, daß die Rechtsmittelwerberin gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18. Februar 1992, VerkR96/1486/1991-Ja, Berufung erhoben hat, die mit dem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates von Oberösterreich vom 22. April 1992, VwSen-100471/2/Bi/Hm, abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. März 1993, B 737/92-13, aufgehoben, wobei dieser ausgeführt hat, daß aufgrund der Aufhebung der Bestimmung des § 51 Abs.1 VStG 1991 als verfassungswidrig, der gegenständliche Fall einem Anlaßfall gleichzuhalten und so vorzugehen sei, als ob die verfassungswidrig erkannte Norm bereits zur Zeit der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestandes, nämlich am 5. April 1991, nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1992, G 103-107..., wurde ausdrücklich festgelegt, daß frühere gesetzliche Bestimmungen wieder in Wirksamkeit treten, nämlich konkret § 51 Abs.1 VStG 1950, wonach dem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren das Recht der Berufung an die im Instanzenzug sachlich übergeordnete Behörde zusteht, im gegenständlichen Fall dem Landeshauptmann von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens (Art.10 Abs.1 Z9 B-VG 1920 idF 1929).

Inwieweit daher, wie von der Rechtsmittelwerberin behauptet, das Amt der o.ö. Landesregierung eine Kompetenz in Anspruch genommen haben könnte, die ihm nach dem Gesetz nicht zustehe, ist für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, abgesehen davon, daß es sich beim Bescheid VerkR-15.457/1-1993-Kof selbstverständlich nicht um einen solchen des Amtes der o.ö. Landesregierung (dieses ist nämlich nur der Geschäftsapparat für die o.ö.

Landesregierung und den Landeshauptmann von Oberösterreich als Behörden) handelt, sondern um einen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, G 103 - 107 ...., zwar die Bestimmung des § 51 Abs.1 VStG 1991 als verfassungswidrig aufgehoben, jedoch gehörte die Bestimmung des Art.129a Abs.1 Z1 B-VG idF BGBl.Nr.

685/1988, wonach die unabhängigen Verwaltungssenate in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher - wie hier nach § 51 Abs.1 VStG 1950 - in Betracht kommt, erkennen, nach wie vor der Rechtsordnung an, sodaß im gegenständlichen Fall ausnahmsweise nach dem Landeshauptmann von Oberösterreich eine dritte und letzte Instanz in Form des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich eingerichtet ist. Da bislang der Instanzenzug noch nicht erschöpft war, hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde der Rechtsmittelwerberin als nicht zulässig erkannt.

Deren Argument, in der Sache hätten bereits zwei Instanzen entschieden, eine davon in Form einer Berufungsentscheidung, die vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei, sodaß die Verwaltungsstrafsache nunmehr rechtskräftig abgeschlossen und ein weiterer Instanzenzug nicht mehr möglich sei, erweist sich in diesem Licht als sachlich unrichtig.

4.2. Zur Sache selbst ist auszuführen, daß bezogen auf das Berufungsvorbringen vom 7. März 1992, auf das die Rechtsmittelwerberin in ihrer nunmehrigen Berufung verweist, im angefochtenen Bescheid keinerlei Rechtswidrigkeit zu erblicken ist.

Der Meldungsleger hat im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Befragung glaubwürdig ausgesagt, der Vorfall und insbesondere die Rechtsmittelwerberin seien ihm noch gut in Erinnerung: zum einen deshalb, weil es nicht alltäglich sei, eine Juristin anzuhalten (die Daten wurden für die Anzeigeerstattung erfragt), und zum anderen, weil die Rechtsmittelwerberin ihm gegenüber ein äußerst forsches Verhalten an den Tag gelegt habe. Er hat weiters ausgesagt, daß die Anhaltung zwecks Lenker- und Fahrzeugkontrolle zunächst routinemäßig erfolgte, wobei ihm bereits beim Einfahren des PKW in die Ausbuchtung der Bundesstraße am Fuß des Unterweitersdorfer Berges aufgefallen sei, daß die Lenkerin keinen Gurt angelegt gehabt habe. Er hat ausdrücklich ausgeschlossen, daß die Rechtsmittelwerberin den Sicherheitsgurt beim Einfahren in die Ausbuchtung gelöst hat und er hat dezidiert ausgeführt, die Beanstandung sei sofort wegen des Gurtes erfolgt und nicht erst 10 Minuten nach Beginn der Anhaltung, wie von der Rechtsmittelwerberin behauptet.

Aufgrund der Tatsache, daß die Rechtsmittelwerberin bei einer ähnlichen Beanstandung einige Zeit vorher ihm gegenüber dieselbe Ausrede gebraucht habe - auch damals habe sie angeführt, sie komme gerade von der Tankstelle und habe sich eben noch nicht angegurtet -, entschloß sich der Meldungsleger, diesmal auf eine Ermahnung zu verzichten und teilte diese Erwägungen der Rechtsmittelwerberin mit. Laut seinen Angaben habe die Rechtsmittelwerberin das ihr angebotene Organmandat ebenso abgelehnt wie die Übergabe eines Zahlscheins und sie habe ausdrücklich verlangt, er möge sie zur Anzeige bringen.

Auf dieser Grundlage sei die Anzeigeerstattung erfolgt.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers mangels Widerspruch mit dem diesen betreffenden Akteninhalt, vor allem aber aufgrund der von ihm geschilderten Umstände, auf denen seine Erinnerung beruht, glaubwürdig und nachvollziehbar. Die Rechtsmittelwerberin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen (die Ladung wurde hinterlegt) und hat sich daher des ihr zustehenden Fragerechts begeben.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates entbehrt die von der Rechtsmittelwerberin aufgestellte Behauptung sie, sei schon mehr als 10 Minuten gestanden, als der Beamte erst festgestellt habe, daß sie nicht angegurtet sei, jeder Grundlage. Da sie die Übergabe eines bargeldlosen Organmandates abgelehnt und sofort eine Anzeigeerstattung verlangt hat, wurde ihr vom Meldungsleger logischerweise auch kein Erlagschein zur Einzahlung übergeben. In dem Umstand, daß die Anhaltung zunächst nicht wegen des nicht angelegten Gurtes, sondern zum Zweck einer routinemäßigen Lenker- und Fahrzeugkontrolle erfolgte (der Meldungsleger hat nachvollziehbar erklärt, daß aus der Entfernung, aus der einem bestimmten Lenker ein Anhaltezeichen gegeben werde, noch nicht erkennbar sei, ob dieser Lenker den Sicherheitsgurt verwende oder nicht), ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates keine Rechtswidrigkeit zu erkennen, sondern entspricht diese Vorgangsweise durchaus den gesetzlichen Bestimmungen.

Mit den grundsätzlichen Überlegungen zur Gurtenpflicht im Hinblick auf die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits ausführlich auseinandergesetzt (vergleiche Beschluß vom 28. September 1993, B1323/93-3 und die darin zitierte Vorjudikatur), sodaß dem Rechtsmittelvorbringen diesbezüglich nichts abzugewinnen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß die Rechtsmittelwerberin den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Auch hinsichtlich der Strafbemessung vermag der unabhängige Verwaltungssenat keinerlei Rechtswidrigkeit zu erkennen, zumal die konkrete Strafhöhe von der Rechtsmittelwerberin nicht bekämpft und auch keine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse behauptet wurde. Mildernd war die mittlerweile eingetretene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand.

Der Ausspruch einer Ermahnung war mangels geringfügigen Verschuldens (die Rechtsmittelwerberin hat sich aus grundsätzlichen Erwägungen - also vorsätzlich - nicht angegurtet) nicht zulässig.

Eine Herabsetzung der ohnehin niedrigen Strafe ist im Hinblick auf general- und spezialpräventive Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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