Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168014/2/Bi/Ka

Linz, 02.09.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 2. August 2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Ried im Innkreis vom 16. Juli 2013, VerkR96-5684-2013, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 12 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 60 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 22. März 2013 als Auskunfts­person für Lenkererhebungen aufgefordert worden sei, binnen 2 Wochen ab Zustellung des Schreibens der anfragenden Behörde bekannt­zugeben, wer den Pkw x am 22. Oktober 2012 um 15.55 Uhr in der Gemeinde Ried/Innkreis, Salzburger Straße gegenüber Nr.24, gelenkt habe, und er diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt habe.    

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht unter Hinweis auf zitierte Judikate des Verwaltungsgerichts­hofes im Wesentlichen geltend, er sei unter Vorlage eines behördlichen Formulars zur Erteilung einer Lenkerauskunft aufgefordert worden. Im Formular seien 4 Antwortmöglichkeiten enthalten gewesen, nämlich sich selbst als Lenker 1. eines Pkw und 2. eines Anhängers bekanntzugeben, 3. eine bestimmte Person als Lenker bekanntzugeben und als 4. Möglichkeit „Sonstige Mitteilungen“.

Dem Erfordernis der unmissverständlichen Deutlichkeit des Verlangens nach Lenkerauskunft sei die Behörde nicht nachgekommen, zumal das Formular nicht erkennen habe lassen, dass die Möglichkeit „sonstige Mitteilungen“ nicht gleicher­maßen gewählt werden könne wie die anderen Antwortmöglichkeiten. Er habe davon ausgehen dürfen, dass die vom ihm gewählte 4. Möglichkeit grund­sätzlich als gleichwertig zulässig sei, weil ansonsten die gesamte Lenkeranfrage missverständlich gewesen wäre, wodurch überhaupt keine Pflicht zur Auskunfts­erteilung bestanden hätte und er eine derartige Übertretung nicht begehen hätte können. Das Formular habe den Eindruck erweckt, diese Antwortmöglichkeit könne angekreuzt werden, um dem Auskunftsverlangen zu entsprechen. Er habe dieses fristgerecht in der von der Behörde vorgesehenen Art und Weise beantwortet und er habe auch keine falsche Antwort erteilt oder die Auskunfts­erteilung abgelehnt. Er habe auch Auskunft erteilen wollen und habe das auch bekanntgegeben. Da er aber nicht Zulassungsbesitzer des Pkw sei, habe er zuerst mit der Halterin Rücksprache halten und Nachforschungen über die Aufzeichnungen anstellen wollen. Daher habe er um Fristerstreckung ersucht. Mittlerweile sei klar, dass er selbst der Lenker gewesen sei, was er auch mitgeteilt hätte, wenn er nicht schon wegen Nichterteilung der Auskunft bestraft worden wäre. Der Fristerstreckungsantrag sei zulässig, weil nach der Rechtsprechung des VwGH auch im Fall einer mündlichen Anfrage eine Fristeinräumung erfolgen dürfe.

Damit sei das Verfahren im Zweifel einzustellen, jedenfalls aber eine Ermahnung zu erteilen, weil ihn kein Verschulden treffe und die Intensität des Rechtsgutes höchstens gering sein könne – dies wird förmlich beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die Geschwindigkeit des Pkw x am 22. Oktober 2012 um 15.55 Uhr in Ried/Innkreis, Salzburger Straße gegenüber Nr.24, mit dem Messgerät PoliScan Speed mit 66 km/h im Ortsgebiet gemessen wurde.

Frau x, hat im Rahmen der an sie gerichteten Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Zulassungs­besitzerin dieses Pkw als Auskunftsperson den Bw bekanntgegeben, der sie im gegen sie von der Erstinstanz eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren wegen der Geschwindigkeits­überschreitung anwaltlich vertreten hat.   

 

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 22. März 2013, VerkR96-15931-2012, wurde der Bw als von der Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges, Frau x, namhaft gemachte Person gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, der Erstinstanz binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekannt­zugeben, wer den Pkw x am 22. Oktober 2012, 15.55 Uhr, in Ried im Innkreis, Salzburger Straße gegenüber Nr.24, gelenkt hat. Das Schreiben enthielt den Hinweis, das beiliegende Antwortschreiben – das vom Bw erwähnte Formular – könne verwendet werden, die vollständige wörtliche Anführung des   § 103 Abs.2 KFG 1967 und den Hinweis, dass eine ungenaue oder unvollständige Auskunft bzw deren Verweigerung als Nichterteilung gelte und als Verwaltungs­übertretung strafbar sei.

 

Im beigelegten Formular „Lenkerauskunft zu VerkR96-15931-2012 – x (Zulassungsbesitzer: x)“ war angeführt:

„Zur vorseitigen Anfrage erteile ich als vom Zulassungsbesitzer namhaft gemachte Person bzw Benützerin gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nachfolgende Auskunft:

° Das Kraftfahrzeug habe ich gelenkt

° Den Anhänger habe ich verwendet

°Das Kraftfahrzeug bzw der Anhänger wurde auf dieser Fahrt von folgender Person gelenkt bzw verwendet: (Raum für Daten zu Name, Geburtsdatum, Beruf und Adresse) 

° Sonstige Mitteilungen:“

 

Das Schreiben wurde von der Erstinstanz an den Bw – nicht als Rechtsvertreter der Zulassungsbesitzerin sondern als Privatperson an die von der Zulassungs­besitzerin genannte Privatadresse – abgesendet am 25. März 2013, die Reaktion darauf erfolgte mit Fax am 9. April 2013, also innerhalb der zweiwöchigen Frist.

Der Bw verwendete das Formular, kreuzte allerdings an „° Sonstige Mitteilungen“ und vermerkte: „Ich ersuche um Fristerstreckung um 2 Wochen, sodass ich die angefragten Informationen eruieren/recherchieren kann.“ Unterzeichnet war das mit 9. April 2013 datierte Schreiben mit dem Stempel „Rechtsanwalt x…“ und der Adresse der Anwaltskanzlei und Unterschrift.

 

Daraufhin wurde das Verfahren gegen die Zulassungsbesitzerin mit Akten­vermerk vom 12. April 2013 gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG wegen Nichterweis­barkeit der Tat eingestellt und erging die Strafverfügung vom 16. April 2013 an den Bw als Privatperson und – nach Einspruch, Parteiengehör hinsichtlich beider Lenker­auskünfte und Rechtfertigung – das nunmehr angefochtene Straf­erkenntnis.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Die vom Bw zitierte Judikatur des VwGH betrifft insofern keinen gleichgelagerten Fall, als im Antwortformular zB die Antwortmöglichkeit „Ich kann die geforderte Auskunft nicht erteilen“ explizit als offenbar legale Möglichkeit angeführt war, die aber vom VwGH – nachvollziehbar – als missverständlich und damit rechtswidrig angesehen wurde (E 16.12.1998, 98/03/0249). Ebenso war die Ankündigung, im Fall einer Nichterteilung der verlangten Auskunft selbst als Lenker angesehen zu werden, als Antwortmöglichkeit anzusehen und damit rechtswidrig (E 25.1.2008, 2007/02/0136). Das E 19.12.1997, 96/02/0569, betraf Differenzen hinsichtlich einer unrichtigen Anfrage zu einem „gelenkten Kraftfahrzeug“ anstelle eines „verwendeten Anhängers“.

 

Dass eine nicht dem Gesetz entsprechende Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 eine verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Auskunftsverpflichtung des Zulassungsbesitzers nicht auslösen kann (vgl ua VwGH 14.5.1987, 87/02/0052), steht außer Frage.

Im ggst Fall entsprach aber die an den Bw als die von der Zulassungsbesitzerin bekanntgegebene Auskunftsperson gerichtete Aufforderung dem Gesetz – die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 war vollständig zitiert und ergab sich daraus unmissverständlich, dass diese Auskunftsperson „die Auskunftspflicht trifft“, wobei hier auch keine Abweichung zur mit zwei Wochen gesetzlich bestimmten Frist enthalten war, sodass die Auskunft binnen zwei Wochen ab Zustellung des Aufforderungsschreibens zu erteilen war; das Schreiben des Bw vom 9. April 2013 wurde auch innerhalb der Frist abgesandt, enthielt aber nicht die geforderte Lenkerauskunft.

Im Übrigen hat der VwGH die Frage nach dem Ort des Lenkens als bloße – zulässige – Information angesehen (vgl E 12.12.2001, 2000/03/0235).

 

Zur Formulierung des Antwortschreibens – „beiliegendes Antwortschreiben kann verwendet werden“ – ist zu sagen, dass der Begriff „sonstige Mitteilungen“ schon vom Verständnis her keine Antwortmöglichkeit auf die entsprechende konkret formulierte Frage nach dem Lenker darstellen konnte, sondern nur eine Möglichkeit bzw Raum für zusätzliche Bemerkungen der Auskunftsperson an die Behörde bot. Schon das Wort „sonstige“ – in der Bedeutung von „andere“ bzw „zusätzliche“ – schließt die Qualifikation als Antwort­möglichkeit auf die gestellte Frage gänzlich aus, weil damit eine Gleichlagerung mit den Antwortmöglich­keiten

° Das Kraftfahrzeug habe ich selbst gelenkt

° Den Anhänger habe ich selbst verwendet 

° Das Kraftfahrzeug bzw der Anhänger wurde von … gelenkt/verwendet

schon begrifflich nicht besteht und auch nicht beabsichtigt ist.

 

Der Bw ist Rechtsanwalt in Österreich, dh von ihm muss erwartet werden (können), dass er die deutsche Sprache in ihren Besonderheiten versteht.

Ein „Ersuchen“ um Fristerstreckung ist nur ein antwortbedürftiger Antrag und muss auch nicht bedeuten, dass dem Ersuchen – soweit solches überhaupt im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 rechtlich zulässig wäre – auch entsprochen wird, was den Bw aber zwangsläufig unter Zeitdruck versetzen hätte müssen, weil er ja binnen zwei Wochen die Lenkerauskunft schuldete und keinesfalls ohne jegliche Antwort der anfragenden Behörde eigenmächtig voraussetzen konnte, dass ihm eine längere Frist eingeräumt worden wäre.

Abgesehen davon ist nicht erkennbar, wozu ein Antrag auf Fristerstreckung – der keine Bekanntgabe im Sinne einer Wissenserklärung darstellt – erforderlich sein hätte sollen, wenn der Bw selbst die Zulassungsbesitzerin im sie betreffenden Verwaltungsstrafverfahren anwaltlich vertreten hat, dh mit dem Fall bestens vertraut war, und sie ihren Rechts­vertreter als Privatperson als Auskunftsperson benannt hat, der noch dazu (mit Nebenwohnsitz) an der gleichen Adresse gemeldet ist.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ging es dem Bw ausschließlich darum, gerade keine Auskunft zu erteilen, obwohl ihm seine Verpflichtung zur tatsächlichen Lenkerauskunft (vgl VwGH 28.1.2000, 98/02/0256; 14.7.2000, 2000/02/0065: „Das Gesetz eröffnet dem vom Zulassungsbesitzer benannten Auskunftspflichtigen nicht die Möglichkeit, seiner­seits wieder einen weiteren Auskunftspflichtigen anzugeben. Vielmehr ist er verpflichtet, den tatsächlichen Lenker oder denjenigen, der das Fahrzeug abgestellt hat, der Behörde bekannt zu geben“) bewusst sein hätte müssen, dh um eine vorsätzliche Nichterteilung der geforderten Lenkerauskunft.

 

Zusammenfassend war somit ohne jeden Zweifel davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da von einer Glaubhaft­machung mangelnden Verschuldens gemäß § 5 Abs.1 VStG nicht die Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Eur0 Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Der Bw ist unbescholten, was seitens der Erstinstanz zutreffend als Milderungs­grund gewertet wurde, erschwerend war nichts. Zugrundgelegt wurde – vom Bw unbestritten – ein Nettomonatseinkommen von jedenfalls 1.300 Euro beim Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht sowohl der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes als auch der Intensität seiner Beein­trächtigung durch die Tat. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 45 Abs.1 VStG sind – auch im Hinblick auf den 2. Satz dieser Bestimmung – nicht gegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger