Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360210/8/AL/Ba

Linz, 09.08.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Astrid Lukas über die Berufung des P B, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F W, S, W, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18. April 2013, GZ.: S-2478/ST/12, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18. April 2013, GZ.: S-2478/ST/12, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben als Geschäftsinhaber und Lokalbetreiber die unternehmerische Beteiligung an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG, an denen die Spieler vom Inland aus teilnehmen konnten, als Unternehmer gem. § 2 Abs. 2 GSpG zu verantworten, weil Sie im Rahmen Ihrer Einzelfirma die nachstehend angeführten Glückspielgeräte mit dem Vorsatz unternehmerisch zugänglich gemacht haben, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glückspielen zu erzielen, indem Sie aufgrund einer Vereinbarung mit der 'P'-GesmbH bzw. dem Beteiligen K A, diese in Ihrem Lokal im Rahmen Ihres Unternehmens aufgestellt haben.

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung wurde bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der Öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 29.03.2012 um 13.30 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung 'C P', in S, H, dessen Betreiber Sie sind festgestellt.

Es wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden:

 

1. Apparat: Kajot Auftragsterminal, Seriennummer 9080107002186

2. Apparat: Kajot Auftragsterminal, Seriennummer 9080107000047

 

Mit diesen Geräten wurden wiederholt Glücksspiele in Form von Walzenspielen durchgeführt und wurde mit diesen aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in verschiedener Höhe deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen, weil weder die dafür erforderlich Konzession des Bundesministers für Finanzen vorlag, noch die mit diesen Geräten durchführbaren Ausspielungen nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen noch von einer landesrechtlichen Bewilligung gedeckt war.

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 50 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 3 iVm §§ 2 Abs. 1 u. 4 GSpG (BGBl. Nr. 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2012)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in falls diese uneinbringlich ist,     Freiheitsstrafe von Gemäß §

Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 2.000,-- 4 Tage 52 Abs. 1 Zi. 1

3. Tatbild GSpG

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,-- Euro   als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

• _      Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

2.200,- Euro

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Organe des Finanzamtes Braunau Ried Schärding , der vorgelegten Anzeigen vom 03.04.2012 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

 

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Mit Schreiben vom 20.3.2013 wurden Sie gem. § 40 und § 42 VStG aufgefordert sich zum gegenständlichen Tatvorwurf zu rechtfertigen.

 

Im darauffolgenden Schriftsatz Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung bringen Sie (zusammengefaßt) im Wesentlichen vor, dass der Meldungsleger noch als Zeuge zu einem von Ihnen aufgestellten Fragenkomplex einvernommen müsste, da aufgrund der bisherigen Ergebnisse ein Straftatbestand nicht feststehe.

Die verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals wären keine Glückspielautomaten sondern würden diese lediglich Aufträge an Glückspielautomaten in Graz, welche dort behördliche genehmigt wären, weiterleiten. Es handle sich somit um reine Eingabe- und Auslesestationen. Diesbezüglich beantragten Sie die Beiziehung eines Sachverständigen. Im Übrigen würden im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Vorgangsweise gem. § 21 Abs. 1 a VStG 1991 vorliegen.

 

Die erkennende Behörde kommt zu folgenden Erwägungen:

 

 

Bei der von der Finanzpolizei am 29.3.2012 in S, H durchgeführten Kontrolle wurden die im Spruch angeführten Geräte betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden. Mit diesen wurden laut niederschriftichen Angaben einer Auskunftsperson zumindest seit 21.07.2010 bis zum Kontrolltag wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt.

 

Anhand der durchgeführten Probespiele und der auf den Geräten angebrachten Spielbeschreibungen lässt sich folgender konkreter Spielablauf feststellen:

 

Virtuelle Walzenspiele:

 

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spieles und Aufrufen zur Durchführung kann ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet ist. Das Spiel wird mit der Starttaste ausgelöst, Damit wird zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst Dabei werden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entsteht.

 

Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste. Ab einem gewählten Spieleinsatz von 50 Cent kann durch fortgesetzte Bedienung dieser Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum programmbedingt höchst möglichen Einsatz gesteigert werden. Wird der Einsatz über den Betrag von 50 Cent hinaus erhöht, werden mit jeder Tastenbestätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Feldern in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfeldes am Bildschirm 'Augen' bis zu einer bestimmten Höchstanzahl eingeblendet. Nach der 'Augendarstellung' bewirkt die weitere Tastenbedienung das Einblenden eines oder mehrerer Symbole. Damit wird dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt.

 

Wurde ein solcher Art verschlüsselter Einsatz von mehr als 50 Cent vorgewählt, muss die

Starttaste so lange wiederholt hintereinander betätigt werden, bis der vorgewählte Einsatzbetrag in mehreren Teileinsatzbeträgen vollständig vom Spielguthaben abgezogen worden ist, um das Spiel sodann auszulösen.

 

Bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatic-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages werden auch sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht.

 

Der Spielerfolg steht nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest.

 

Auf diese 'vorgeschaltenen Würfelspiele' kann nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden soll. Dieses 'Würfelspiel' kann auch nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden.

 

Ein Spiel im Sinne eines 'Würfelspiels' kann auch deshalb nicht vorliegen, weil bei einem Spiel der Spielerfolg entweder vorwiegend oder ausschließlich von der Geschicklichkeit der Spieler oder aber vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhängt. Beim 'vorgeschalteten Würfelspiel' hingegen fehlt einerseits jede Geschicklichkeitskomponente, andererseits trifft der gewünschte und erwartete Spielerfolg, nämlich der Walzenumlauf, nicht zufällig ein, sondern mit weitaus überwiegender Regelmäßigkeit nach vollständigem Abzug des verschlüsselt vorgewählten Spieleinsatzes.

 

Das 'vorgeschaltete Würfelspiel' stellt also nicht ein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar.

 

Elektronische Geräte:

 

Die durchgeführten Spiele waren deshalb Glückspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 des GSpG, weil den Spielern keine Möglichkeiten geboten wurden, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten bei den elektronischen Geräten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen.

 

Die Abgabenbehörde hat Sie als unternehmerisch Zugänglichmacher an Glücksspielen ermittelt.

Sie haben als Inhaber des Lokals Cafe P die Aufstellung und den Betrieb der Geräte in Ihrem Lokal im Rahmen Ihres Unternehmens geduldet.

Sie, bzw. Ihr Personal haben stets dafür gesorgt, dass die angeführten Glückspielgeräte täglich eingeschaltet den Spielern zur Verfügung stehen.

 

Ihren Rechtfertigungsangaben wird entgegen gehalten, dass auf Grund der zuvor detailliert beschriebenen Spielabläufe für die Behörde zweifelsfrei feststeht, dass es sich im gegenständlichen Fall um verbotene Ausspielungen handelt. Im Übrigen wurde diese Frage bereits im Erkenntnis des UVS vom 7.1.2013 betreffend die Beschlagnahme der angeführten Glückspielgeräte, ausreichend geklärt.

 

Aufgrund des eindeutigen und klaren Anzeigesachverhaltens konnte daher eine ergänzende Einvernahme der Beamten des Finanzamtes unterbleiben. Weiters wurde vom VwGH bereits bestätigt, dass das Spiel dort stattfindet, wo der Spieler durch Einwurf seines Spieleinsatzes und allenfalls Drücken eines Startknopfes den - unabhängig ob später noch durch ihn beeinflussten - Ablauf des Spieles in Gang setzte.

 

Weiters sind im gegenständlichen Fall weder die Strafverfolgung aussichtslos noch scheint der hiefür erforderliche Aufwand in einem Mißverhältnis zur Bedeutung der Verwaltungsübertretung.

Mit den angeführten Verstößen wurde geradezu in typischer Art und Weise in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen.

Hinsichtlich Ihrer vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken wird ebenfalls auf die einschlägige Judikatur des VwGH (28.6.2011, Zl 2011/17/0068 u. v. 14.12.2011, Zl. 2011/17/0024) verwiesen.

 

 

Ein allfällig im Raum stehender Rechtsirrtum über die Charakteristik der Glücksspielgeräte und die Anwendbarkeit des GSpG vermag nicht zu entschuldigen, da es einem Veranstalter von Glücksspielen und Eigentümer solcher Geräte jedenfalls obliegt, sich auch mit den maßgeblichen Vorschriften des Glücksspielgesetzes vertraut zu machen

 

 

 

 

 

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser von sach- und fachkundigen Organen der Abgabenbehörde aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung einwandfrei festgestellt werden konnte.

Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Die verhängte Geldstrafe, die sich im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens befindet, entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse am Schutz des staatlichen Glückspielmonopols, das öffentliche Interesse an der kontrollierten Durchführung von Glücksspielen und damit zusammenhängenden ordnungs-und fiskalpolitischen Zielsetzungen im Interesse der Allgemeinheit. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering. Auch das Verschulden konnte nicht als geringfügig angesehen werden, weil nicht erkennbar ist, dass die Verwirklichung des Tatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hätte vermieden werden können.

 

Der Milderungsgrund der ha. verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt Ihnen zu Gute.

 

Da der Behörde Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekannt waren, wurde bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von mindestens ca. € 2.000,-- netto monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei.

Der Bw beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu werden die Anträge gestellt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Ermittlungsverfahren zu ergänzen bzw. eine günstigere Strafe zu verhängen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 13.5.2013 die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 5.6.2013 hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren gegen "P, geb. X"  gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

Mit staatsanwaltschaftlichem Schreiben vom 12.6.2013 wurde der Oö. Verwaltungssenat von der Einstellung des Verfahrens gegen "P, geb. X" benachrichtigt.

Mit Schreiben vom 25.7.2013 wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft unter Bezugnahme auf die Anzeige des Oö. Verwaltungssenates vom 5.6.2013 mitgeteilt, dass das Geburtsdatum des Beschuldigten auf X berichtigt werde.

Eine gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Verständigung über den Abschluss dieses Verfahrens gegen den Beschuldigten im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren lag dem Oö. Verwaltungssenat im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht vor.

2.2. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme der in Rede stehenden Geräte mit Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 4.9.2012, VwSen-740159-740161/2/Gf/Rt, als rechtmäßig bestätigt wurde.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, insbesondere die finanzpolizeiliche Anzeige vom 3.4.2012 sowie den finanzpolizeilichen Aktenvermerk vom 29.3.2012. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1.1. und 1.2. dargestellten Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 29. März 2012 im Lokal " P" in S, H, dessen Betreiber der Bw ist, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden – wie sich nicht zuletzt auch aus der hinsichtlich der in Rede stehenden Geräte erfolgten Beschlagnahmeentscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 4.9.2012, VwSen-740159-740161/2/Gf/Rt, ergibt – bis zur Beschlagnahme am 29. März 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für bestimmte Einsatzbeträge in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich – erneut nicht zuletzt auch aufgrund der in der zitierten Beschlagnahmeentscheidung bestätigten Feststellungen – für den Oö. Verwaltungssenat unter Bezugnahme auf die durch Testspiele erhobenen und im Akt ausführlich dokumentierten Ermittlungen der einschreitenden Abgabenbehörde, deren Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden auf jeden der beschlagnahmten Geräte Gewinne in Aussicht gestellt. Die Spiele (virtuelle Walzenspiele) konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der „Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergaben nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Der Spieler hatte keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler war es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

Wie sich aus den finanzpolizeilichen Erhebungen (vgl. insbes. den im Akt einliegenden Aktenvermerk und die Anzeige) sowie den Ausführungen der Erstbehörde in dem gegenständlich bekämpften Straferkenntnis eindeutig ergibt, waren beide der in Rede stehenden Geräte mit einer funktionsfähigen Auto-Start-Taste ausgestattet. Diese Tastenfunktion wird sowohl in der finanzpolizeilichen Anzeige sowie in der erstbehördlichen Entscheidung – für den Oö. Verwaltungssenat glaubwürdig - wie folgt beschrieben:

"Bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatic-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird."

 

3.3. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 76/2011 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, 98/17/0134).

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, 98/17/0134).

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzter Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des "geringen Betrages" des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13.6.2013, B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

„Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ("wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ..."-§ 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSIg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ("essential elements") aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

… Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

… Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.“

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schließt sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249).

4.4. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit diesem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl. Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung gemäß oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl. so ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

4.5.1. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt 2.1. festgehalten – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181). Dies deshalb, weil vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs 2 GSpG und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen dem gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Glücksspielstrafrecht (VfSlg 15.199/1998) Zweifel betreffend die Annahme und Reichweite einer Scheinkonkurrenz vorhanden waren. Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit hätte aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert, gestanden.

4.5.2. Mit 1. März 2013 trat die angesprochene Bestimmung in Kraft (siehe zur Funktionsweise als ausdrückliche Subsidiarität weiter unter Pkt. 4.4.). Durch diese Normierung der allgemeinen, ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich für die vom Oö. Verwaltungssenat ausgesprochene Aussetzung die Konsequenz, dass unabhängig davon, ob bzw. wie eine strafgerichtliche oder staatsanwaltliche Reaktion erfolgt, die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH 13.6.2013, B 422/2013 [Rz 27]) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw. §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der nunmehr auch für das geltende Glücksspielrecht ausdrücklichen und unzweifelhaften Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom Juni 2013 – dessen Rechtsansicht sich aktuell nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsansicht anschließt (VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249) –, welche einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (VfGH 13.6.2013, B 422/2013 [Rz 30]; "...Abgrenzungsregelung...“) und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPEMRK in Einklang bringt (VfGH 13.6.2013, B 422/2013, ebenso uHa diese Entscheidung VfGH vom 26.6.2013, B 63/2013), ergibt sich sohin für den Oö. Verwaltungssenat aus jetziger Sicht, dass eine vom Oö. Verwaltungssenat durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die vormalig bestehenden Zweifel bringt. Dies umso mehr, als dem Grunde nach erkannt werden muss, dass im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) – bei im Übrigen nunmehr eindeutiger verfassungskonformer Abgrenzung zwischen gerichtlicher und verwaltungsrechtlicher Strafbarkeit durch den Verfassungsgerichtshof – keine Zweifel darüber bestehen können, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit eine ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. „... nur dann ... strafbar ...“).

Vor dem Hintergrund der mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – konnte der Oö. Verwaltungssenat daher nunmehr eine selbstständige strafrechtliche Beurteilung vornehmen.

4.6. Die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat ergibt Folgendes:

4.6.1. Vorweg ist festzuhalten, dass am 5. November 2011 in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf Sachverhalte betreffend Geräte, die mit "Automatic-Start-Tasten" ausgestattet sind, ausdrücklich bestätigt wurde.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.6.2013, B 422/2013 abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glückspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

 

Durch den Verwaltungsakt ist eindeutig belegt, dass beide gegenständlichen Geräte mit funktionsfähigen "Automatik-Start-Tasten" ausgestattet sind. Dies indiziert, wie bereits im Anzeigeschreiben vom 5.6.2013 dargelegt, die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der – in Zusammenschau der Serienspieljudikatur des OGH mit der aktuellen Entscheidung des VfGH zweifelsfrei erkennbaren – Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch die Ausführungen in der finanzpolizeilichen Anzeige betreffend die Funktionsweise der „Automatic-Start-Taste“ bestärkt, wonach bei Auslösung eines Spiels im Wege der  "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander“ ablaufen zu lassen. „Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.“

 

4.6.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung beider Geräte mit "Automatic-Start-Tasten" (vgl. insbes. die finanzpolizeilichen Erhebungen sowie die Ausführungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis) und der beschriebenen Funktionsweise dieser Tasten werden nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes sowie dem folgend auch der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes – somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des OGH weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des öffentlich Zugänglichmachens  durch den die Räumlichkeiten zur Verfügung stellenden Lokalbetreiber stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgerätes, bei dem Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

Eine  der jüngeren Rechtsprechung des VwGH entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber  zufolge der Entscheidung des VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

4.6. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat und nicht zuletzt auch im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (siehe VfGH 13.6.2013, B 422/2013; sowie die diesbezügliche Folgejudikatur [u.a. VfGH 26.6.2013, B 63/2013]) keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

5. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr.  L u k a s

 

 

 

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