Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101668/8/Weg/Km

Linz, 04.08.1994

VwSen-101668/8/Weg/Km Linz, am 4. August 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P vom 23. Dezember 1993, gegen das Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Dezember 1993, Vu/P/4979/92 W, nach der am 3. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung hinsichtlich der Schuld wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Eventualantrag auf Zuerkennung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinne des § 20 VStG wird abgewiesen.

III. Die Geldstrafe wird auf 8.000 S reduziert, die Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen wird nicht reduziert.

IV. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 800 S, ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren ist nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis unter Punkt 1 über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil dieser am 27. September 1992 gegen 3.45 Uhr auf der Seeleiten-Bundesstraße 152 in Gmauret im Gemeindegebiet von Steinbach am Attersee in Richtung Weyregg am Attersee bei Kilometer 17,2 den PKW gelenkt hat, wobei aufgrund von Alkoholisierungssymptomen, wie Alkoholgeruch der Atemluft, unsicherer, schwankender Gang, lallende Aussprache, Rötung der Augenbindehäute, die Vermutung bestand, er könnte sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, weshalb er um 4.45 Uhr desselben Tages an der Unfallstelle von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert wurde, die Durchführung des Alkotestes jedoch verweigerte.

Außerdem wurde hinsichtlich des Faktums 1 auch ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber bekämpft dieses Straferkenntnis mit der Argumentation, er sei zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest nicht dispositions- bzw. diskretionsfähig gewesen.

Er verweist in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten bzw.

Ergänzungsgutachten des Institutes für gerichtliche Medizin, wonach abzulesen sei, daß er sich in einem die Dispositionsund Diskretionsfähigkeit ausschließenden Zustand befunden habe. Die Erstbehörde habe dieses Gutachten nicht entsprechend gewürdigt und sei zu Unrecht dem Gutachten des Polizeiarztes Dr. W gefolgt. Das Gutachten des Dr.

W baue aber auf falschen Prämissen auf, nämlich auf das Untersuchungsergebnis des am Unfallort gewesenen Dr. R, dessen Untersuchung aber nicht darauf gerichtet gewesen sei, die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit zu beurteilen, sondern in Richtung Alkoholisierung. Er beantragt daher, der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz zu beheben. In eventu beantragt er die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinne des § 20 VStG, weil - wenn schon eine Verweigerung des Alkotestes vorliegen sollte - jedenfalls der Alkoholisierungsgrad weit unter dem Grenzwert gelegen gewesen sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des zum Alkotest aufgefordert habenden Rev.Insp. Z als Zeugen, durch Beiziehung der medzinischen Amtssachverständigen Dr. S vom Amt der o.ö. Landesregierung, durch Verlesung der Verletzungsanzeige vom 28. September 1992 und der zeugenschaftlichen Aussage des Dr. Wolfgang R vom 22. Juni 1993 im Rahmen der am 3. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Es wird nicht bestritten und sind dies aus diesem Grund auch keine Beweisthemen, daß der Berufungswerber am 27.9.1992 um 3.45 Uhr auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr einen PKW lenkte und dabei einen Verkehrsunfall verursachte, daß ferner Alkoholisierungssymptome vorlagen, die die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung nach sich zogen, daß schließlich um 4.45 Uhr von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht eine Aufforderung zum Alkotest ausgesprochen wurde und das letztlich dieser Alkotest aus Gründen, die als Verweigerung gewertet wurden, nicht durchgeführt wurde.

Strittig ist lediglich, ob der Berufungswerber im Sinne des § 3 VStG zurechnungsfähig war, ob er also zum Zeitpunkt der Aufforderung dispositions- bzw. diskretionsfähig war.

Hiezu führte Rev.Insp. Z vom Gendarmeriepostenkommando W aus, daß beim Eintreffen an der Unfallstelle der Berufungswerber in der Nähe des verunfallten PKW's angetroffen wurde, wobei dieser mit dem Rücken zur Fahrbahn stand und gegen eine Böschung blickte. Er nahm mit dieser Person Kontakt auf, sprach ihn an, wobei jedoch diese in der ersten Phase keine Antworten gegeben hat und auch an der Mitwirkung des Sachverhaltes anfangs nicht mitwirkte. Der Zeuge mußte diese Person umgehen, um Blickkontakt aufnehmen zu können. Erst nach längerem Zureden ist dann der verunfallte Lenker zum Funkpatrouillenwagen gefolgt und hat dort am Rücksitz Platz genommen. Der Zeuge hat deutliche Alkoholsierungssymptome festgestellt, nach seiner Meinung war der Lenker schwer alkoholisiert. Der Unfalllenker war auch verletzt, wobei es sich glaublich um einen Kratzer am Kopf oder auf der Wange gehandelt habe, nach Meinung des Zeugen war es eine leichte Verletzung. Der Lenker antwortete in der Folge auf gezielte Fragen nur zögernd. Es war jedoch aus ihm herauszubringen, daß er aus einer Diskothek in W kam, dort einen Streit gehabt habe und die eben geschilderte Verletzung aus einem Raufhandel in diesem Lokal herrühre.

Auch ein Arzt traf letztlich an der Unfallstelle ein, wobei der Zeuge dem Wortwechsel zwischen Arzt und Lenker folgen konnte. Dabei benahm sich der Beschuldigte einerseits stur und andererseits aggressiv, auf jeden Fall unhöflich. Dieser Arzt - es war Dr. R aus Unterach - untersuchte den Unfallenker, wobei die Untersuchung im beleuchteten Patrouillenfahrzeug stattfand. Über die genaue Art der Untersuchung konnte der Zeuge naturgemäß keine Details wiedergeben, konnte sich allerdings erinnern, daß dem Lenker in das Ohr geleuchtet wurde. Auch eine Untersuchung im Hinblick auf die Pupillenreaktion war ihm noch in Erinnerung.

Über Befragen, ob der Beschuldigte zielgerichtet geantwortet hat, führte er aus, daß dieser nur sehr zögernd geantwortet hat, jedoch seines Erachtens in der Lage war, die an ihn gestellten Fragen zu verstehen. Der Zeuge hat aufgrund der festgestellten Alkoholisierungssymptome den Lenker noch an der Unfallstelle aufgefordert, sich einem Alkotest zu unterziehen. Die Aufforderung erfolgte eine halbe bis dreiviertel Stunde nach der Verständigung hat eine Anrainerin telefonisch durchgeführt. In welcher Form der Berufungswerber den Alkotest verweigert hat, bzw. welche Worte er gebrauchte, konnte der Meldungsleger nicht mehr wiedergeben, jedenfalls war der Berufungswerber nicht bereit, sich dem Alkotest, der am Gendarmerieposten S stattgefunden hätte, zu unterziehen. Anläßlich der Amtshandlung, insbesondere bei der folgenden vorläufigen Abnahme des Führerscheines hat der Beschuldigte darauf hingewiesen, er werde sich an Landeshauptmann Ratzenböck wenden und ausgeführt, man werde von ihm schon noch hören. Über genaueres Befragen, in welcher Form sich der Wortwechsel hinsichtlich der Nennung des Landeshauptmannes abgespielt hat, führt der Zeuge aus, der Unfallenker hat dabei nicht geschrien, er hat durchaus zielgerichtet ausgeführt, er kenne den Landeshauptmann und er werde diese Kontakte ausnützen. Anläßlich der Amtshandlung wurde - offenbar vom Beschuldigten - auch in Erfahrung gebracht, daß die vordere Kennzeichentafel, die fehlte, gestohlen worden sei und zwar vor jener Disko, in der er sich vorher befand. Der Beschuldigte wurde auch über die Konsumation alkoholischer Getränke befragt, worauf dieser anführte, zwei Seidel Bier getrunken zu haben. Über weiteres Befragen, warum die Aufforderung zum Alkotest relativ spät erfolgte, führt der Zeuge aus, daß er sich vorerst um die Verletzungen gekümmert habe, weil dies vorrangig sei. Der Zeuge legte schließlich noch Lichtbilder vor, aus denen ersichtlich ist, daß der verunfallte PKW auf der rechten Seite schwer beschädigt ist, auf der Lenkerseite jedoch keine Beschädigungen aufwies, insbesondere waren die Scheiben auf der Beifahrerseite und auf der Frontseite unbeschädigt. Die medizinische Amtssachverständige befragte den Zeugen, ob das ablehnende bis apathische Verhalten des Berufungswerbers sich etwas lockerte, worauf der Zeuge ausführt, daß der Berufungswerber im Funkstreifenfahrzeug gesprächsbereiter wurde. Eine Einlieferung in das Krankenhaus ist nicht erfolgt. Schließlich hat der Unfallenker dem untersuchenden Arzt seine Versicherung nicht bekanntgegeben, worauf der Arzt ausführte, er werde ihm eine private Honorarnote senden.

Darauf hat der Beschuldigte wieder geantwortet, das sei ihm egal.

Zu den obigen Ausführungen des Zeugen Rev.Insp. Z ist zu bemerken, daß diese in jeder Form glaubhaft wirkten, sich der Zeuge nicht widersprach und somit für die Berufungsbehörde kein Anlaß besteht, diese Ausführungen nicht als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen.

Aus der zur Verlesung gebrachten Verletzungsanzeige des Dr. R vom 28.9.1992 ist zu entnehmen, daß auf dem Hinterkopf eine ca. 2 cm mal 2 cm große druckschmerzhafte Blauverfärbung, die nicht sicher mit dem Verkehrsunfall in Zusammenhang steht, festzustellen war, ferner über der rechten Wange 3 ca. 0,5 cm lange trocken überkrustete (eher alte) Verletzungen, die auch Kratzspuren sein könnten, zu sehen waren. Frische Verletzungen seien mit dem Unfall nicht mit Sicherheit in Zusammenhang zu bringen. Die Pupillenreaktion war träge, es lag aggressives Verhalten vor, der verunfallte Lenker war offensichtlich höhergradig alkoholisiert.

Dr. R wurde schließlich am 22.6.1993 zeugenschaftlich vernommen und diese Niederschrift anläßlich der Verhandlung verlesen. Dr. R verweist in dieser Zeugenaussage auf die Verletzungsanzeige, in der die Verletzungen deutlich beschrieben seien. Es hat ein deutlicher alkoholbedingter foetor ex ore bestanden. Die durchgeführten Untersuchungen ergaben keinen Hinweis auf eine Gehirnerschütterung oder gar auf eine Gehirnquetschung. Aufgrund der äußeren leichten Verletzungen bestand kein Hinweis auf eine Schädelverletzung insbesondere auch kein Hinweis auf eine Gehirnerschütterung. Der Patient verweigerte nähere Auskünfte über den Verletzungshergang, er drohte vielmehr, als er auf die offensichtliche Alkoholisierung angesprochen wurde - mit den Worten "Du wirst mi schon kennenlernen". Weitere Ausführungen könne er nur vor einem medizinischen Sachverständigen im Rahmen einer gerichtlichen Befragung durchführen.

Keinesfalls - so Dr. R - kann er behaupten, daß sich der Patient in einer deutlichen Gesundheitsstörung befand, vielmehr mußte er sein aggressives und unkooperatives Verhalten ausschließlich auf den höheren Konsum von Alkohol zurückführen.

Zu den Ausführungen des Dr. R ist zu bemerken, daß dieser die eben geschilderten Beobachtungen um ca. 4.40 Uhr machte, wie dies der Verletzungsanzeige zu entnehmen ist.

Dr. R, ein praktischer Arzt, hat also seine Feststellungen unmittelbar und in zeitlicher Nähe zum Deliktszeitpunkt getroffen.

Die folgenden Beurteilungen der gegenständlichen Angelegenheit durch Ärzte basieren auf unterschiedlichen Grundlagen. Während Dr. W in seiner gutächtlichen Äußerung vom 12. März 1993 im wesentlichen auf die Beobachtungen des Dr. R aufbaut und dabei zum Schluß kommt, daß kein Hinweis auf Unzurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Alkotestverweigerung vorliegt, baut das Gutachten des Institutes für gerichtliche Medizin vom 20.

November 1992 bzw. das Ergänzungsgutachten vom 3. August 1993 eher auf den Aussagen des Beschuldigten auf, insbesondere auf die persönliche Krisensituation überwiegend materieller Art, wodurch es (vielleicht auch alkoholbegünstigt ausgelöst) zu einem Zusammenbruch des bereits ohnehin angeschlagenen Ich und Überich kam. Vor allem der zu Schrott gefahrene FirmenPKW und die Erkenntnis der folgenden Turbulenzen habe zu autoaggressiven Tendenzen gegenüber der Exekutive und dem Arzt geführt. Letzlich habe sich der Berufungswerber in eine ebenso primitive Reaktion, wie die bereits ausgeführten Aggressionshandlungen, nämlich in eine Fluchtreaktion retten wollen. Dies habe schließlich zur kategorischen Verweigerung des Alkotestes geführt, welcher durchaus auch zugunsten des Berufungswerbers hätte ausgehen können. Dr. Robert L Oberarzt am Institut für gerichtliche Medizin, kommt schließlich zum Ergebnis, daß eine Alkoholisierung über 0,8 %o nicht nachweisbar sei und daß sich der Beschuldigte im Zusammenspiel verschiedenster aktual neurotischer Mechanismen in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat, aus dem heraus er die Alkomattestung verweigerte.

Da - wie schon erwähnt - das zuletzt zitierte Gutachten auf einem Befund aufbaut, dem es an Unmittelbarkeit fehlt, weil in erster Linie auf ca. 2 Monate nach dem Unfall vorgebrachte Argumente des Beschuldigten eingegangen wurde, denen aber die Eigenschaft für eine objektive Befunderhebung nicht zuerkannt wird, hat bereits die Erstbehörde auf das Gutachten Dr. W zurückgegriffen.

Aufgrund des Ergebnisses des Beweisverfahrens anläßlich der mündlichen Verhandlung wurde schließlich Frau Dr. H in ihrer Eigenschaft als medizinische Amtssachverständige ersucht eine gutächtliche Äußerung zu folgendem Beweisthema abzugeben:

"War der Beschuldigte zum Zeitpunkt zum Alkotest, die ca.

dreiviertel Stunden nach der Verständigung erfolgte, in seinem Bewußtsein derartig gestört, daß er die an ihn gerichtete Aufforderung zum Alkotest nicht als solche verstanden hat, bzw. diesbezüglich keine orientierte Anwort geben konnte? Dabei sind als Grundlagen zu berücksichtigen:

1. die Verletzungsanzeige vom 28. September 1992, 2. die zu Beginn der Verhandlung verlesene Zeugenaussage des Dr. R vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 22. Juni 1993 und 3. die Aussagen des Zeugen Rev.Insp.

Z bezüglich des Verhaltens des Beschuldigten".

Hiezu führt die Sachverständige nachstehendes aus:

"Ausgehend von den vom unabhängigen Verwaltungssenat vorgegebenen Beurteilungskriterien gibt es aus medizinischer Sicht keine Hinweise, daß sich Herr G beim gegenständlichen Verkehrsunfall eine relevante Schädelverletzung zugezogen hat. Herr Dr. R hat in der Verletzungsanzeige dokumentiert, daß am Hinterkopf eine etwa 2 cm mal 2 cm große druckschmerzhafte Blauverfärbung feststellbar war, die jedoch ebenfalls die eh. älteren trocken überkrusteten Schürfwunden an der rechten Wange, die auch Kratzspuren sein könnten, nicht sicher als frische Verletzungen zu bewerten sind und nicht sicher mit dem Unfall in Zusammenhang zu bringen sind. In der niederschriftlichen Zeugenaussage führt Dr. R weiter aus, daß die durchgeführten Untersuchungen keinen Hinweis auf eine Gehirnerschütterung oder gar Gehirnquetschung ergaben. Er konnte außer den äußeren leichten Verletzungen keinen Hinweis auf eine Schädelverletzung feststellen insbesondere auch keinen Hinweis auf eine Gehirnerschütterung. Dr. R führt weiter aus, daß sich Herr S keinesfalls in einer deutlichen Gesundheitsstörung befand und offensichtlich höhergradig alkoholisiert war. Aus Sicht der hiesigen medzinischen Amtssachverständigen hat Herr G durch den gegenständlichen Verkehrsunfall höchstens eine Schädelprellung erlitten. Die Schädelprellung (Contusio capitis) ist klinisch bedeutungslos sie ist nach dem Schweregrad noch leichter als eine Commotio cerebri (Gehirnerschütterung) einzustufen und stellt überhaupt die leichteste Form eines Schädeltraumas dar, sie geht ohne Verletzung des Gehirns einher und hat keine funktionellen Auswirkungen wie Bewußtlosigkeit oder andere Bewußtseinsstörungen zur Folge. Die Diagnose Schädelprellung schließt somit das Vorhandensein einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, welche möglicherweise die Bewußtseinsfunktionen beeinträchtigen könnte, aus. Daß Herr G nach dem Verkehrsunfall keine wesentliche Bewußtseinsstörung oder andere Störung seiner geistig seelischen Abläufe aufwies, ist weiters aus den geschilderten Verhaltensweisen im Rahmen der heutigen mündlichen Verhandlung eindeutig abzuleiten. Die von G im Rahmen der Amtshandlung getätigten Aussagen können nur von einer intakten Persönlichkeitsstruktur gesteuert werden und lassen ein einwandfreies Funktionieren der geistig-seelischen Abläufe erkennen. Es läßt sich daraus ableiten, daß Auffassungs- und Orientierungsvermögen sowie Situationskenntnis vorhanden war, auch komplexere Denkinhalte überwunden werden konnten. Aus medizinischer Sicht ist bei Beginn der Amtshandlung keine relevante psychische Beeinträchtigung bzw. Bewußtseinsbeeinträchtigung vorgelegen.

Herr G hat die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung wahrgenommen und verstanden." Über die Zusatzfrage des Beschuldigtenvertreters ob aufgrund der vom gerichtsmedizinischen Institut durchgeführten erweiterten Anamnese davon ausgegangen werden kann, daß sich der Beschuldigte im Zusammenspiel verschiedenster aktual neurotischer Mechanismen in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat und ob diese erweiterte Anamnese bei der vorhin abgegebenen gutächtlichen Stellungnahme mitberücksichtigt wurde, antwortete die Sachverständige:

Grundsätzlich ist für die Beurteilung der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit zur Tatzeit das geschilderte Verhalten, wie es im Rahmen der heutigen Verhandlung behandelt wurde, wesentlich. Ferner ist wesentlich, daß die im Rahmen der gerichtsmedizinischen Befunderhebung durchgeführte Anamnese erst viel später erstellt wurde und somit nicht als Beurteilungsgrundlage für die Dispositionsfähigkeit zum Tatzeitpunkt herangezogen werden kann. Es ist - so die Sachverständige - von anderen Beurteilungsgrundlagen ausgegangen worden.

Über weiteres Befragen, inwieweit der seelische Hintergrund (finanzielle Belastungssituation) im Zusammenhalt mit dem erlittenen Unfall eine Bewußtseinsstörung hervorrufen könne, führt die Sachverständige aus:

"Ein psychischer Ausnahmezustand, der möglicherweise die Bewußtseinsfunktionen beeinträchtigen könnte, ist nur unter außergewöhnlichen äußeren und inneren Bedingungen und nur bei Vorliegen entsprechender Anzeichen anzunehmen. Der psychische Ausnahmezustand wird in der Fachliteratur als ausgesprochene Rarität beschrieben. Wesentlich ist, daß jemand der die geistige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen besitzt, auch in der Lage sein muß, komplexere Verkehrssituationen, wie beim gegenständlichen Unfall, zu überwinden und sich angepaßt im Straßenverkehr zu verhalten. Die zusätzliche finanzielle Belastung kann keinesfalls die Annahme einer gravierenden seelischen Ausnahmesituation rechtfertigen. Im übrigen ist ein seelischer Ausnahmezustand durch unmotiviertes vernunftswidriges Verhalten gekennzeichnet und wird durch das chaotische Verhalten als solches augenfällig, wofür im gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte vorliegen. Das Verhalten des Beschuldigten war vielmehr von einer intakten Persönlichkeitsstruktur gesteuert und läßt eindeutig zielgerichtetes Handeln erkennen. Wesentlich ist, daß jemand der soweit psychisch gesund ist und nicht in psychischer Behandlung steht, keine Medikamente etc. eingenommen hat, jederzeit mit derartigen Situationen fertig werden muß." Über die weitere Zusatzfrage, ob die Untersuchung Dr. Rim PKW, die sich im wesentlichen auf eine Durchsuchung der Ohren beschränkte, ausreichend sei, feststellen zu können, ob eine Schädelprellung oder Gehirnerschütterung vorgelegen ist, antwortet die Sachverständige: "Daß sich die Untersuchung lediglich auf die Ohren beschränkte, kann aus der Niederschrift und dem Untersuchungsergebnis nicht abgeleitet werden. Es ist davon auszugehen, daß Herr Dr. R als praktischer Arzt sehr wohl in der Lage war, auch wenn nicht jeder Untersuchungsschritt einzeln dokumentiert wurde, eine gesicherte Diagnose zu stellen.

Festzuhalten ist noch, daß jemand der eine relevante Schädelverletzung erleidet, welche möglicherweise eine Bewußtseinsbeeinträchtigung zur Folge hat eine sofortige stationäre Behandlung an einer Fachabteilung zur Folge haben müßte. Zur Frage, wie sich die Symptome Schädelprellung und Gehirnerschütterung unterscheiden, wird ausgeführt, bei der Gehirnerschütterung kann es unter Umständen sein, daß kurzfristig durch den Anprall funktionelle Auswirkungen entstehen, im Sinn von Bewußtlosigkeit oder Bewußtseinsstörungen. Diese sind jedoch im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen. Ein Hinweis auf Bewußtlosigkeit oder Bewußtseinsstörung fehlt. Wichtig ist noch, daß funktionelle Auswirkungen im Rahmen einer einfachen Commotio cerebri höchstens 15 bis 20 Minuten vorliegen können.

Zur Frage, ob rein theoretisch die erwähnten Symptome, wie träge Pupillenreaktion und schwankender Gang, auf ein Schädelhirntrauma zurückzuführen sein könnten, wird ausgeführt: "Rein theorethisch wäre dies, wenn man die Symptome isoliert betrachtet, möglich, es wurde jedoch durch den untersuchenden Arzt Dr. R ausgeschlossen.

Dieser hat dokumentiert, daß der Beschuldigte höhergradig alkoholisiert war und er abgesehen von äußeren leichten Verletzungen keine Hinweise auf eine Gehirnerschütterung oder gar Gehirnquetschung feststellen habe können." Der O.ö. Verwaltungssenat sieht in den vorhin zitierten gutächtlichen Äußerungen der medizinischen Amtssachverständigen keine Widersprüchlichkeiten. Das Gutachten baut befundmäßig auf einem Sachverhalt auf, der aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung (Zeugenaussage des Z und Verlesung der Zeugenaussage Dr. R) als verwiesen angenommen wurde. Das Gutachten ist in sich schlüssig und beantwortet die gestellten Fragen ausreichend.

Es war daher die Schlußfolgerung der amtlichen Amtssachverständigen als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen.

Der Vertreter des Berufungswerbers bringt noch vor, daß sich der Beschuldigte in einer äußerst angespannten finanziellen Situation befindet, welche auch durch den Unfall verursacht wurde, daß er für zwei Kinder sorgepflichtig sei und es wegen dieser finanziellen Situation zu einer zwangsweisen Räumung der Wohnung gekommen war. Diese Ausführugen sind glaubhaft.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b. StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt zu untersuchen lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Schon alleine der unstrittige Sachverhalt läßt unschwer eine Subsumtion unter die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen zu und zwar im Hinblick auf die Erfüllung des objektiven Tabildes.

Eine die Strafbarkeit aufhebende Bewußtseinsstörung im Sinne des § 3 Abs.1 VStG wurde nicht als gegeben angesehen, sodaß auch die subjektive Tatbildseite erfüllt ist.

Gemäß § 19 VStG ist bei der Bemessung der Geldstrafe auch auf die finanzielle Situation Rücksicht zu nehmen, weshalb die Geldstrafe spruchgemäß zu reduzieren war. Weil diese Bestimmung nur auf Geldstrafen abstellt, war die Ersatzfreiheisstrafe zu belassen.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Der Vorsitzende der Ersten Kammer:

Dr. Guschlbauer

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