Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222701/2/Kl/Bu

Linz, 03.09.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8. Mai 2013, Ge96-24-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis    aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG in Verbindung mit §§ 24, 44a Z.1, 45 Abs.1 Z.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991-VStG

Zu II.: § 66 Abs. 1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8. Mai 2013, Ge-96-24-2013, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von € 1500, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z.25 Gewerbeordnung 1994 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X Gastronomie e. U. als Mieterin und Inhaberin und somit Betreiberin der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8.10.1985, Ge-3076/1984 genehmigten Gastgewerbe-Betriebsanlage in Form eines Tanzlokales/Diskothek in der X in X, zu verantworten hat, dass diese dort in der Nacht vom 9. auf den 10.3.2013 im Zuge des angekündigten Auftritts der Sängerin X samt Band nicht dafür gesorgt hat, dass folgend genannte, zur Sicherung des Lebens und der Gesundheit der Gäste im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1973 bestimmte Auflage, die für diese Betriebsanlage mit (ergänzendem) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25. April 1991 (ebenfalls: Ge-3076/1984) festgelegt wurde, eingehalten wurden:

 

“Im Zuge einer Einlasskontrolle sind geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen, durch die gewährleistet wird, dass im Lokal nicht mehr als 220 Besucher (Gäste) gleichzeitig aufhalten.“

 

Diese Maßnahmen wurden nicht getroffen, weshalb sich-wie von einem Beamten der Polizeiinspektion x am 20. März 2013 um 0:30 Uhr anhand der von der Firma zur Verfügung gestellten Personenzähldaten festgestellt wurde (Kontrolle Handzählgerät)-zu diesem Zeitpunkt 353 Gäste in der geöffneten Diskothek befanden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei den gezählten Gästen um die Anzahl jener Personen gehandelt hätte, die das Lokal in den Stunden zuvor betreten hätten, nicht aber um jene, die sich im Lokal aufhalten würden. Die Behörde hätte den Sachverhalt erheben müssen, und zwar mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit. Einziges Beweismittel der Behörde sei das Handzählgerät, bzw. die darauf ersichtliche Zahl, ein Schluss daraus, dass die Zahl ident mit den im Objekt Anwesenden sei, sei nicht zulässig. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass im Zeitraum von etwa 22:00 Uhr bis 0:30 Uhr sehr wohl Gäste eine Lokalität wiederum verlassen, entweder aus persönlichen Gründen oder weil Ihnen die Darbietung nicht gefällt. Es wäre dem erhebenden Beamten ein Leichtes gewesen, eine Zählung durchzuführen. Es werde daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu eine mildere Strafe zu verhängen. Der Beschuldigte verfüge über ein Einkommen aus seiner Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer von weniger als € 500 monatlich. Darüber hinaus sei er unbescholten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich (§ 51 Abs. 2 VStG).

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5. 1. Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu € 2180 zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der § 74-83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Das Wesen von Auflagen im Sinne der §§ 74-83 GewO besteht darin, dass die Verwaltungsbehörde in einem dem Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnimmt, mit denen der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet wird. Dadurch, dass § 367 Z 25 GewO auf die in Betriebs­anlagen­genehmi­gungs­­bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, dass derartige Auflagen so klar gefasst sein müssen, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen. Die Heranziehung eines gewerbebehördlichen Bescheides als Straftatbestand ist nur dann zulässig, wenn dieser mit genügender Klarheit eine Gebots- oder Verbotsnorm dergestalt enthält, dass der Unrechtsgehalt eines Zuwiderhandelns eindeutig erkennbar ist. Eine Auflage,“ wonach die Filter ordnungsgemäß zu warten und zeitgerecht zu ergänzen sind“ und dass“ die Anlage so zu betreiben ist, dass die Anrainer nicht durch Lärm,  Rauch oder üblen Geruch oder andere Immissionen (zB Farbnebel) unzumutbar belästigt werden“, entspricht nicht dem Erfordernis der genügenden Klarheit, weil sich daraus eindeutige und schlüssige Anhaltspunkte für das Tatbestandsmerkmal “ordnungsgemäß zu warten“ und “zeitgerecht zu ersetzen“ nicht ergeben sowie weil insbesondere das Merkmal der “ unzumutbaren Belästigung“ in diesem Zusammenhang keinen ausreichend bestimmten Normeninhalt darstellt. Einer Auflage mangelt die erforderliche Bestimmtheit, wenn lediglich ein Immissionsgrenzwert vorgesehen, nicht aber auch im Einzelnen jene Maßnahmen bezeichnet werden, bei deren Einhaltung die Wahrung des zulässigen Immissionsmaßes zu erwarten ist. Eine Auflage, deren Bedeutung sich daher in einem Hinweis auf das-nach den Umständen des Einzelfalles-zulässige Imissionsmass erschöpft, entbehrt daher der erforderlichen “klaren Fassung“ (Gruber/Paliege-Barfuß, GewO, Auflage 7, § 367, Anmerkungen 55, 56, 62,63 und 65 mit Judikaturnachweisen).

 

Ebenso wenig erfasst  der Auftrag “wirksame Maßnahmen“ zu ergreifen, dieses Erfordernis (VwGH 25. 5.1995,95/04/0035).

 

Im Grunde dieser Judikatur erfüllt auch die im Straferkenntnis zitierte Auflage des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides dieses Bestimmtheitserfordernis nicht. Die Auflage fordert “geeignete organisatorische Maßnahmen“, ohne näher auszuführen welche Maßnahme konkret zu setzen ist. Es ist daher nicht abzuleiten, welches Verhalten vom Beschuldigten konkret erwartet wird. Es kann daher dem Beschuldigten auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er konkret geforderte, klar bestimmte Maßnahmen nicht durchgeführt hätte und somit ein strafbares Verhalten durch Nichteinhaltung dieser Auflage gesetzt hätte. Mangels Konkretisierung der Auflage, welche Maßnahmen konkret vom Beschuldigten durchzuführen sind, war vielmehr ein strafbares Verhalten nicht abzuleiten, weshalb das Straferkenntnis mangels Strafbarkeit aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und die Strafe aufgehoben wurde, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt