Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360249/3/AL/CH/ER

Linz, 23.08.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichterin: Dr. Lukas, Beisitzer: Dr.Weiß) über die Berufung der A W, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F W, S, W, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 3. Juni 2013, Zl. S-4712/ST/12, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II.         Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) wie folgt abgesprochen:

 

 

„Straferkenntnis

 

Sie haben als das nach außen berufene Organ der Firma P GmbH, also als handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH zu verantworten, dass sich diese Firma zumind. in der Zeit von Oktober 2011 bis 29.3.2012 im angeführten Standort mit den angeführten Geräten an zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltete Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen gem. § 2 Abs. 4 GSpG an denen die Spieler vom Inland aus teilnehmen konnten als Unternehmer gem. § 2 Abs 2 GSpG beteiligt hat. Die Firma hat sich dadurch an diesen verbotenen Ausspielungen beteiligt, dass sie die für die Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen Geräte zur Verfügung gestellt hat und dadurch selbständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen entfaltet hat, weshalb sie als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG zu betrachten ist. Die Firma hat damit eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG viertes Tatbild begangen, welche von Ihnen in der Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin zu verantworten ist.

 

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung wurde bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der Öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 29.3.2012 um 18.37 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung S, S, J, Betreiber D M, festgestellt. Es wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden:

1. Apparat: Kajot, Seriennummer: 9080506000520

2. Apparat: Kajot Auftragsterminal, Seriennummer: 200807077

3. Apparat: Kajot Auftragsterminal, Seriennummer:9081207002895

Mit diesen Geräten wurden wiederholt Glücksspiele in Form von Walzenspielen durchgeführt wobei aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in verschiedener Höhe deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministers für Finanzen vorlag, noch die mit diesen Geräten durchführbaren Ausspielungen nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen noch von einer landesrechtlichen Bewilligung gedeckt waren.

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 4 GSpG (BGBl. Nr. 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2012)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt;

Geldstrafe in falls diese uneinbringlich ist,     Freiheitsstrafe von Gemäß §

Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 15.000,-- 30 Tage 52 Abs. 1 Zi. 1 4 Tatbild GSpG

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsanspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

·         1.500,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15€ angerechnet);

·         _ Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

16.500,-- Euro“.

 

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Tatbestand der der Berufungswerberin (im Folgenden Bw) zur Last gelegten Verwaltungsübertretung durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, deren Anzeige vom 18. Mai 2012 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen sei.

Mit Schreiben vom 03. August 2012 und vom 11. September 2012 sei die Bw aufgefordert worden, zum „gegenständlichen Tatvorwurf“ Stellung zu nehmen.  

Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters habe die Bw Beweisanträge gestellt und die Glücksspieleigenschaft der gegenständlichen Geräte bestritten.

Nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen setzt die belangte Behörde ihre Begründung fort, indem sie auf Angaben einer Auskunftsperson im Rahmen der abgabenbehördlichen Kontrolle verweist und den in der Anzeige der Abgabenbehörde dargestellten Spielablauf und die Geräteeigenschaft wörtlich wiedergibt.

Die Abgabenbehörde habe die Bw als unternehmerisch Beteiligte an Glücksspielen ermittelt. Des Weiteren wird den Rechtfertigungen der Bw entgegengehalten, dass aufgrund der beschriebenen Spielabläufe zweifelsfrei feststehe, dass es sich im gegenständlichen Fall um verbotene Ausspielungen handle. Im Übrigen seien diese Fragen bereits mit Erkenntnis des UVS vom 7. Jänner 2013 betreffend die Beschlagnahme der angeführten Glücksspielgeräte ausreichend geklärt worden. Es habe daher eine ergänzende Einvernahme der Beamten des Finanzamtes unterbleiben können, für die belangte Behörde habe keinerlei Anlass bestanden, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhalts zu zweifeln.

Abschließend verweist die belangte Behörde auf einschlägige Judikatur des VwGH und schließt mit Erwägungen zur Strafhöhe.

 

2.1. Gegen dieses am 04. Juni 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 10. Juni 2013 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung des rechtsfreundlichen Vertreters.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis eine Vielzahl von Begründungsmängeln aufweise. Die verfahrensgegenständlichen Geräte seien keine Glücksspielautomaten. Überdies sei der subjektive Tatbestand der Strafnorm nicht erfüllt.

Aus diesen Gründen wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Behebung des Straferkenntnisses und die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens sowie die Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 12. Juni 2013 die Berufung mit ihrem Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung (BGBl I Nr. 111/2010) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Gemäß § 52 Abs 5 GSpG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 ein Jahr.

4.2.1. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen. Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten strafbaren Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Unterlaufen bei der ersten Verfolgungshandlung Fehler, so ist eine Sanierung ua dann möglich, wenn dem Beschuldigten noch innerhalb der Verjährungsfrist der Sachverhalt konkret vorgehalten wird. (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1459 f, Anm 1 zu § 32 VStG)

4.2.2. Die belangte Behörde hat die Bw mit Schreiben vom 03. August 2012 wie folgt zur Rechtfertigung aufgefordert:

 

"Aufforderung zur Rechtfertigung

 

Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

 

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

Bei der Glücksspielkontrolle vom 29.03.2012 um 22.20 Uhr durch das Finanzamt Kirchdorf Steyr Perg wurden im Lokal S, S, J folgende Glücksspielgeräte:

 

Kajot 9080506000520 A-T1 044865 - 044866

044868 -044871

Kajot Auftragsterminal 200807077 044872 - 044877

Kajot Auftragsterminal 9081207002895 A-T1 044878 - 044883

www.racingDOGS.eu 50053 044884 - 044887

044888 - 044889

044891

www.racingDOGS.eu 5009 044890, 044892

044894 - 044897

vorläufig beschlagnahmt, da Sie im Verdacht stehen, verbotene Ausspielungen betrieben zu haben.

 

Ihnen wird als unternehmerisch Beteiligter illegales Glücksspiel vorgeworfen und werden Sie aufgefordert sich diesbezüglich zu rechtfertigen.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 1. Fall GSpG haben Sie eine Verwaltungsübertretung begangen.

 

Weiters werden sie aufgefordert, die noch vorhandenen Schlüssel unverzüglich bei der Behörde abzuliefern.

 

Verwaltungsübertretungen nach § § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG

 

Sie können sich nach Ihrer Wahl entweder anlässlich der Vernehmung bei uns

 

am Zeit Stiege/Stock/Zimmer Nr.

17.08.2012 09:00 Uhr BPD Steyr, Schloß Lamberg

1 .Stock/Zi. Nr. 21

oder schriftlich bis zu diesem Zeitpunkt rechtfertigen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntgeben. Zur Vernehmung können Sie einen Rechtsbeistand Ihrer Wahl beiziehen.

Falls Sie zur Vernehmung zu uns kommen, bringen Sie bitte dazu diese Aufforderung, einen amtlichen Lichtbildausweis und folgende Unterlagen mit:

..."

In ihrer Rechtfertigung vom 10. August 2012 bestreitet die Bw unter Heranziehung weitwendiger Begründungen ausdrücklich, die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen zu haben.

Schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung selbst widerspricht sich die belangte Behörde mehrfach in ihren durch keinerlei konkrete Umstände untermauerten Ausführungen zur der Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung: Sie führt zur Beschlagnahme der Geräte an, dass die Bw in Verdacht stehe, verbotene Ausspielungen betrieben zu haben. Bereits im folgenden Satz wirft die belangte Behörde der Bw aber vor, sich an illegalem Glücksspiel unternehmerisch beteiligt zu haben und kombiniert dies mit dem Vorwurf, die Bw habe eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 1. Fall begangen, obwohl der zitierte 1. Fall das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG pönalisiert. Ein bestimmter sachverhaltsbezogener Vorwurf wird nicht erhoben, obwohl sich die Verfolgungshandlung auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat, damit eine konkrete Tatumschreibung iSd § 44a Z 1 VStG angenommen werden kann (vgl etwa VwGH 18.10.2012, 2012/04/0020).

Der konkrete – und damit iSd § 44a VStG unverwechselbare - Vorwurf einer bestimmten strafbaren Handlung im Sinne der oben zitierten Kommentierung zu § 31 Abs 1 VStG kann der gegenständlichen Aufforderung zur Rechtfertigung demnach keinesfalls entnommen werden. Einer nicht anhand konkreter Tatumstände individualisierten Verfolgungshandlung kommt die Eignung zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu. Außerdem kann der Aufforderung zur Rechtfertigung auch nicht entnommen werden, auf welchen Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitraum der Vorwurf gerichtet sein soll. Alleine der Vorhalt, dass am 29. März 2012 näher bezeichnete Glücksspielgeräte beschlagnahmt worden seien, reicht für einen konkret vorgeworfenen Tatzeitraum nicht aus.

4.2.3. Im Erkenntnis vom 5. Juli 2000, 97/03/0081, führte der Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus: "Da die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z. 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z. 2 VStG näher konkretisieren und individualisieren muss (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1989, Zl. 87/17/0152, und die dort zitierte Vorjudikatur), ist aus der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom 27. Juni 1984 für den Beschwerdefall zu folgern, dass auch eine Verfolgungshandlung einer 'berichtigenden' Auslegung (mag, wie im Beschwerdefall, bei der Angabe der Tatzeit auch ein Schreibfehler unterlaufen sein) nicht zugänglich ist."

Mit Straferkenntnis vom 03. Juni 2013 warf die belangte Behörde – abweichend von der in sich widersprüchlichen Aufforderung zur Rechtfertigung – der Bw vor, sich als Unternehmer an der Durchführung von Glücksspielen beteiligt zu haben und verwies dabei auf § 52 Abs 1 Z 1 4. Tatbild des GSpG. Auch wenn diesfalls der Tatvorwurf der angewendeten Rechtsgrundlage nicht widerspricht, ist dieser Tatvorwurf nicht (mehr) geeignet, die Strafbarkeit der Bw zu begründen.

Der im Straferkenntnis – erstmals – vorgeworfene Tatzeitraum erstreckt sich von Oktober 2011 bis 29. März 2012. Das gegenständliche Straferkenntnis ist mit 03. Juni 2013 datiert und wurde am 4. Juni 2013 zugestellt. Es ist demnach mehr als ein Jahr nach Abschluss des vorgeworfenen strafbaren Verhaltens und somit außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs 1 VStG iVm § 52 Abs 5 GSpG erlassen worden.

Da die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 03. August 2012 keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 31 Abs 1 VStG darstellte und die Behörde, wie sie im Straferkenntnis selbst angibt, aufgrund der Anzeige der Abgabenbehörde weitere Ermittlungs- und Verfolgungshandlungen unterlassen hat, ist der Bw erstmals durch das Straferkenntnis eine rechtlich einigermaßen nachvollziehbare strafbare Handlung nach § 52 Abs. 1 Z 1 4. Fall GSpG vorgeworfen worden.

Da das Straferkenntnis aber bereits außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde, ist die Verfolgung der Bw unzulässig, zumal gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der belangten Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Der Bescheid war daher bereits aus diesem Grund aufzuheben.

4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (st.Rsp. seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheid beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

4.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht auch bei dem außerhalb der Verfolgungsverjährung ergangenen Straferkenntnis wesentliche Erhebungs-, Feststellungs- und Spruchmängel. So wurden entscheidungswesentliche Tatfragen wie Tatzeitraum, Tathandlung und die auf den Geräten verfügbaren Glücksspiele weder in einer dem § 44a Z 1 VStG entsprechenden Weise konkretisiert, noch begründend in tatsächlicher Hinsicht dargestellt. Der Bw wurde die genannte Verwaltungsübertretung "zumindest in der Zeit von Oktober 2011 bis 29. März 2012" vorgeworfen. Dem angefochtenen Straferkenntnis ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde diesen Vorwurf auf die Anzeige bzw die von der Abgabenbehörde zur Verfügung gestellten, die Kontrolle betreffenden Dokumente zurückführt, ohne selbst Ermittlungsschritte unternommen zu haben.

Aus diesen Dokumenten ergibt sich aber nur, dass sich die gegenständlichen Geräte am Tag der abgabenbehördlichen Kontrolle, nämlich dem 29. März 2012, abgeschaltet in einem versperrten Raum befunden haben (siehe die Feststellungen in den Formularen GSP 26) und am Kontrolltag nicht bespielbar waren, da beim Einschalten "auf den drei KAJOT Geräten die Bezeichnung 'net error' erschienen ist". Aus den Formularen GSP 26 ist lediglich ersichtlich, dass die auf den Geräten verfügbaren Spiele einsehbar waren, Testspiele waren jedoch nicht möglich. Dass die Geräte – wie im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses festgehalten – am 29. März 2012 betriebsbereit vorgefunden worden wären, ist durch die Formulare GSP 26 eindeutig widerlegt.

 Zur Funktionsweise der Geräte und der allenfalls verfügbaren Glücksspiele existiert auch nach der Anzeige der Finanzpolizei (keine Netzwerkverbindung zum Kontrollzeitpunkt) kein gesichertes Beweisergebnis. Im Hinblick auf die Internetanbindung der gegenständlichen Online-Geräte mit der Bezeichnung „KAJOT Auftragsterminals“, bei denen es sich laut Berufung, Seiten 7 f, um bloße Eingabeterminals, dh. um „reine Eingabe- und Auslesestationen“ ohne selbsttätige Programmentscheidung, die auf dem Server in der Steiermark erfolge, handelte, kann ein solches Beweisergebnis auch nicht nachgeholt werden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht weiter einen wesentlichen Spruchmangel in dem Umstand, dass die belangte Behörde die von der Bw angeblich entgeltlich zur Verfügung gestellten Gegenstände zur Durchführung von Glücksspielen nicht ausdrücklich angegeben und auch ihre Beteiligung nicht fallbezogen konkretisiert hat. Es ist nur die Rede von bei der abgabenbehördlichen Kontrolle vom 29. März 2012 betriebsbereit vorgefundenen und nach Seriennummern angeführten Geräten mit Glücksspielen in Form von Walzenspielen, welche aber auch nicht näher bezeichnet werden. Der Bw selbst wurde dabei nur ganz allgemein vorgeworfen, sie habe „die zur Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen Gegenstände gegen Entgelt zur Verfügung gestellt“ wobei sie „selbstständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen entfaltet und daher als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG gehandelt“ habe, was wiederum keine Tatsachengrundlage enthält, sondern auf eine bloße Umschreibung unter Verwendung der verba legalia hinausläuft.

Der Bw wurde weder im Spruch, noch in der darauf folgenden Begründung vorgeworfen, welche "notwendigen Gegenstände" sie konkret zur Verfügung gestellt haben soll, noch welche Tätigkeit sie entfaltet haben soll, die die vorgeworfene Rechtsverletzung bewirkt haben soll. Denn auch in der Begründung begnügt sich die belangte Behörde mit dem Zitat des § 2 Abs 2 GSpG, ohne der Bw ein konkretes Verhalten vorzuwerfen.

Allein der Hinweis, dass die Abgabenbehörde die Bw als unternehmerisch Beteiligte an Glücksspielen ermittelt habe, reicht nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats keinesfalls aus, ihr dies rechtswirksam vorzuwerfen. Die belangte Behörde hätte vielmehr – und zwar bereits vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist – entsprechende Ermittlungsschritte vornehmen und der Bw das ihrer Ansicht nach rechtswidrige Verhalten rechtzeitig, konkret und unverwechselbar vorwerfen müssen.

4.5. Sowohl die widersprüchliche Aufforderung zur Rechtfertigung vom 03. August 2012 als auch das angefochtene Straferkenntnis vom 03. Juni 2013 leiden unter Feststellungs- und Konkretisierungsmängeln. Abgesehen davon kann dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt auch keine andere taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden, zumal innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist kein konkreter, unverwechselbarer Tatvorwurf gegen die Bw erhoben wurde. Im Hinblick auf die angelastete Tatzeit ist die gemäß dem § 52 Abs 5 GSpG vorgesehene einjährige Verfolgungsverjährungsfrist am 29. März 2013 abgelaufen. Das Straferkenntnis vom 03. Juni 2013 erging nach bereits eingetretener Verfolgungsverjährung und würde mangels ausreichend konkretisierter Anlastungen auch keine taugliche (erste) Verfolgungshandlung darstellen. Die diesem Straferkenntnis anhaftenden wesentlichen Spruchmängel könnten jedenfalls auch aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr korrigiert werden.

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher im Hinblick auf wesentliche Feststellungsmängel und mangels einer ausreichend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f