Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531369/2/Bm/Ga

Linz, 04.09.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der x GmbH, Wien, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. x, Mag. x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25.6.2013, GZ: 0022823/2012 ABA Süd, 501/S121033, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25.6.2013, GZ: 0022823/2012 ABA Süd, 501/S121033, behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 13 Abs. 3, 66 Abs. 4 und 67a Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG).

 

Entscheidungsgründe:

 

1.            Der Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz hat mit dem oben bezeichneten Bescheid den Antrag der x GmbH, x, um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für ein Verkaufslokal im Standort x, wegen Vorliegens von Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die x GmbH habe mit Eingabe vom 30.5.2012 um die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Verkaufslokals für den Handel mit Waren aller Art angesucht. Die Prüfung dieses Ansuchens habe ergeben, dass nicht alle erforderlichen Unterlagen angeschlossen seien. Mit Schreiben vom 8.5.2013 sei unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Mangel der Einreichunterlagen betreffend die Kassenarbeitsplätze mitgeteilt worden. Trotz schriftlicher Aufforderung und Einräumung einer angemessenen Frist seien die erforderlichen Unterlagen nicht nachgereicht bzw. die für die Beurteilung des Ansuchens notwendigen Ergänzungen nicht vorgenommen worden, weshalb der Antrag zurückzuweisen war.

 

2.            Gegen diesen Bescheid hat die x GmbH (in der Folge: Bw) innerhalb offener Frist durch ihre anwaltliche Vertretung Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, die Bw betreibe österreichweit fast 60 Geschäftsfilialen, wie die zu genehmigende, denen allesamt eine rechtskräftige gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung zu Grunde liege. In sämtlichen bereits bestehenden Geschäftsfilialen seien keine Bedenken beim Arbeitnehmerschutz bei der Verwendung einer Stehkasse geäußert worden. In sämtlichen dieser abgeschlossenen Genehmigungsverfahren sei die Verwendung von Stehkassen genehmigt worden. De facto würde das gegenständliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ausschließlich daran scheitern, dass die hier einschreitende Vertreterin des Arbeitsinspektorates die Installation einer Sitz- bzw. Steh-Sitz-Kasse erfordere. Diese habe in einem Gespräch mit dem zuständigen Bau- und Einrichtungsleiter der Bw, Herrn x, diesem mitgeteilt, dass bei ihr „prinzipiell“ Sitzkassen einzurichten seien, die Bw habe ohnedies „genug Geld“. Die Stellungnahme der einschreitenden Vertreterin des Arbeitsinspektorates beruhe somit offensichtlich auf unsachlichen Überlegungen.

Die Bw habe mit Eingabe vom 30.5.2012 um die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung angesucht.

Die Erstinstanz habe mit Schreiben vom 8.5.2013 die Vorlage eines Kassaprojektes gefordert. Mit Eingabe vom 30.5.2013 sei die Bw dieser Aufforderung nachgekommen und ein Kassenprojekt vorgelegt. Wie auch in den bereits genehmigten Filialen seien die Kassenarbeitsplätze als Stehkassen konzipiert worden. Die Vertreterin des Arbeitsinspektorates habe in einer darauf ergehenden Stellungnahme auf die Schaffung auf einer Sitz- bzw. Steh-Sitz-Kasse bestanden. Diese Stellungnahme sei der Bw nicht übermittelt worden. Der konkrete Inhalt und die Begründung dieser Stellungnahme sei der Bw somit nicht bekannt. Die Beurteilung basiere offensichtlich einerseits auf unsachlichen Überlegungen, andererseits auf falschen Sachverhaltsannahmen. Die Erstinstanz habe daraufhin in einem Telefonat mit Herrn x mitgeteilt, dass die Arbeitsinspektorin die Schaffung einer Sitz- bzw. Steh-Sitz-Kasse fordere. Die Erstinstanz habe von Herrn x wissen wollen, ob binnen 2 Wochen das Kassenprojekt entsprechend abgeändert werde. Da die gewünschte Abänderung des Kassenprojekts den betrieblichen Arbeitsabläufen bei der Bw zuwiderlaufe, eine allfällige Umrüstung deutlich höhere Kosten nach sich ziehen würde und Stehkassen ohnehin nicht die Arbeitnehmerschutzinteressen gefährden würden, sei die Bw zu einer entsprechenden Projektänderung nicht bereit. Daraufhin sei der hier bekämpfte Bescheid erlassen worden.

In der berechtigten Weigerung seitens der Bw ihr eingereichtes Kassenprojekt abzuändern, sehe die Erstinstanz einen Mangel im Sinne der Bestimmung des
§ 13 Abs. 3 AVG. Die Erstinstanz vermeine, die Bw wäre verpflichtet gewesen, für eine positive Stellungnahme der Vertreterin des Arbeitsinspektorates zu sorgen, somit ihr Eingabeprojekt abzuändern und eine Sitz- oder Steh-Sitz-Kasse einzureichen. Diese Rechtsansicht sei jedoch verfehlt; selbstverständlich bleibe es der Bw unbenommen, den vom Arbeitsinspektorat vorgeschlagenen Bedingungen und Auflagen zum Arbeitnehmerschutz entgegenzutreten. Tatsächlich liege in der Weigerung der Bw ihr Projekt abzuändern, kein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG. Nicht die Bw habe sich um eine positive Stellungnahme des Arbeitsinspektorates zu kümmern, sondern die Erstinstanz als zuständige Behörde sei verpflichtet zu prüfen, ob das Projekt den Arbeitnehmerschutzinteressen entgegenstehe; allenfalls könne sie auch Auflagen erteilen. Sie hätte sich daher mit der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates, den tatsächlichen Tätigkeitsabläufen und deren Auswirkungen auf den Arbeitnehmerschutz inhaltlich auseinandersetzen müssen. Darauf basierend wäre eine inhaltliche Entscheidung zu treffen gewesen und bei tatsächlichen Bedenken im Hinblick auf die Arbeitnehmerschutzinteressen allenfalls auch die Beziehung eines medizinischen Sachverständigen notwendig gewesen.

Da kein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vorliege und die Bw alle geforderten Unterlagen gemäß § 353 GewO sowie § 92 Abs. 3 AschG vollständig vorgelegt habe, wäre die Erstinstanz verpflichtet gewesen, sich inhaltlich mit dem Bewilligungsantrag auseinander zu setzen. Dies habe die Erstinstanz rechtswidrig unterlassen.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass der Antrag auf Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für das Geschäftslokal genehmigt wird; in eventu den bekämpften Bescheid aufheben und der Behörde I. Instanz die Durchführung des ordentlichen Verfahrens nach

§ 353 iVm § 74 GewO auftragen; in eventu den bekämpften Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde I. Instanz zurückverweisen.

 

3.            Der Magistrat Linz hat die Berufung gemeinsam mit dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt.

 

4.            Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz; da der Bescheid zu beheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

 

5. Der OÖ. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 353 Abs.1 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1.    in vierfacher Ausfertigung

a)    eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,

b)    die erforderlichen Pläne und Skizzen,

c)    ein Abfallwirtschaftskonzept; dieses hat zu enthalten:

1.    Angaben über die Branchen und den Zweck der Anlage,

2.    eine verfahrensbezogene Darstellung des Betriebes,

3.    eine abfallrelevante Darstellung des Betriebes,

4.    organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung abfallwirtschaftlicher Rechtsvorschriften und

5.    eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung

  2.   in einfacher Ausfertigung

        a) nicht unter Z 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu  erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche  technischen  Unterlagen  .......

 

Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

 

5.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung eines auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsauftrages und eines in der Folge wegen Nichtentsprechung des Auftrages ergangenen Zurückweisungsbescheides, das Vorliegen eines Formgebrechens des schriftlichen Antrages. Was unter einem „Formgebrechen schriftlicher Eingaben“ zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden.

 

Bei der Erteilung der Genehmigung einer Betriebsanlage handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt und sind darauf gerichteten Ansuchen die in § 353 GewO 1994 genannten Projektunterlagen anzuschließen. Bei diesen Projektunterlagen handelt es sich um Belege gemäß § 13 Abs. 3 AVG (VwGH 21.9.1993, 91/04/0196 ua.). Dementsprechend sind unvollständige Ansuchen im Wege eines Verbesserungsauftrages gem. § 13 Abs. 3 AVG ergänzen zu lassen.

 

Dem gegenständlichen Verfahren liegt ein Antrag der Bw vom 30.5.2012 um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Verkaufslokals zu Grunde.

 

Im Zuge des Verfahrens wurde zunächst festgestellt, dass die vorgelegten Unterlagen für eine Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage nicht ausreichen. Unter anderem wurde vom Arbeitsinspektorat ein Kassenprojekt gefordert.

Da ein solches Kassenprojekt über längere Zeit der Gewerbebehörde nicht vorgelegt wurde, wurde die Bw mit Schreiben vom 8.5.2013 aufgefordert, die weiterhin ausständigen Projektergänzungen innerhalb einer Frist von 2 Wochen vorzulegen. In Entsprechung dieser Aufforderung wurde von der Bw mit Schreiben vom 27.5.2013 ein entsprechendes Kassenprojekt vorgelegt.

Dieses Kassenprojekt wurde zur weiteren Begutachtung an das Arbeitsinspektorat Linz übermittelt und wurde von diesem hiezu folgende Stellungnahme abgegeben:

 

„Bezüglich der vorgelegten Skizze den Kassenarbeitsplatz betreffend bzw. der x AG vom 27.5.2013, aus welchem hervorgeht, dass es sich beim Kassenarbeitsplatz um eine Stehkasse handelt, wird Folgendes mitgeteilt:

 

Auf Grund der Kassiertätigkeit (Manipulation innerhalb der Armreichweite, Handhabung kleinerer und/oder leichter Gegenstände, Wechsel mit anderen Tätigkeiten) ist nach ha. Ansicht lediglich ein Sitzkassenarbeitsplatz oder ein Sitz-Stehkassen-Arbeitsplatz im Sinne der ÖNORM A5910 zulässig, nicht jedoch eine reine Stehkasse. Der Vertreter der Konsenswerberin wurde bei Gesprächen auch bereits darauf hingewiesen. Um das Verfahren abschließen zu können, wäre seitens der Konsenswerberin eine entsprechende Deklaration (Sitzkassenarbeitsplatz oder Sitz-Steh-Kassenarbeitsplatz) erforderlich. Von ha. werden dann in Ergänzung dazu Auflagen beantragt werden.“

 

Aus dieser Stellungnahme ist eindeutig zu schließen, dass anhand der vorgelegten Unterlagen zwar eine inhaltliche Beurteilung der beim gegenständlichen Objekt beabsichtigten Kassenarbeitsplätze möglich ist, diese Beurteilung jedoch aus Sicht des Arbeitsinspektorates Linz eine Genehmigungsfähigkeit nicht ergeben hat.

 

Damit liegt aber im gegenständlichen Fall kein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vor, das einer Mängelbehebung zugänglich wäre.

Von dieser Bestimmung sind nämlich Mängel, die die Erfolgsaussichten eines Antrages beeinträchtigen, nicht erfasst. Stellt sich bei der Beurteilung durch den Sachverständigen/das Arbeitsinspektorat heraus, dass die Genehmigungsfähigkeit nicht gegeben ist, so ist über das Ansuchen inhaltlich zu entscheiden und eben mangels Genehmigungsfähigkeit abzuweisen bzw. im Falle der Erreichung der Genehmigungsfähigkeit durch Vorschreibung von Auflagen, diese Auflagen im Bescheid aufzunehmen.

 

Im Grunde dieser Ausführungen war sohin der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Eine Sachentscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat ist im gegenständlichen Fall nicht möglich, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Zurückweisung eines Antrages Sache der Berufungsentscheidung gemäß

§ 66 Abs. 4 AVG nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist. Der Berufungsbehörde ist es verwehrt, den unterinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern.

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Gebühren in der Höhe von 47,80 Euro angefallen.

 

Mag. Michaela Bismaier