Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310534/2/Kü/Ba

Linz, 21.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn E D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A W, F, L, vom 17. Jänner 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. Jänner 2013, UR96-36-2011,  wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. Jänner 2013, UR96-36-2011, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs.1 Z 1 und § 79 Abs.2 Z 3 jeweils iVm § 15 Abs.3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zwei Geldstrafen in Höhe von 2.000 bzw. 700  Euro, im Nichteinbringungsfalle Ersatzfreiheitsstrafen von 12 bzw. 6 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"a) Herr E D hat zumindest am 24.09.2011 auf seinem Grundstück Nr. X, EZ. X, KG W, Marktgemeinde O, folgende gefährliche Abfälle gelagert und somit § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zuwidergehandelt, da Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gelagert werden dürfen:

-       PKW der Marke Ford Fiesta

-       Klein-LKW ohne Kennzeichen (Lochung 06/5)

 

Somit liegt eine Verwaltungsübertretung nach

§ 79 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 15 Abs. 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002, i.d.g.F, iVm. § 4 Abs. 2 Abfallverzeichnisverordnung, BGBl.II Nr. 570/2003 zuletzt geändert durch BGBl.II Nr. 89/2005, vor.

 

b) Herr E D hat weiters zumindest am 24.09.2011 auf seinem Grundstück Nr. X, EZ. X, KG W, Marktgemeinde O, folgende nicht gefährliche Abfälle, gelagert und somit § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zuwidergehandelt, da Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gelagert werden dürfen:

-       Kraftstofftank

-       Wassertank

 

Somit liegt eine Verwaltungsübertretung nach

§ 79 Abs. 2 Z. 3 iVm. § 15 Abs. 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002, i.d.g.F. iVm. § 4 Abs. 2 Abfallverzeichnisverordnung, BGBl.II Nr. 570/2003 zuletzt geändert durch BGBl.II Nr. 89/2005, vor."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe erheblich herabzusetzen.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass die Fahrzeuge zwischenzeitig in der Garage untergebracht seien und der Bw den Klein-LKW nur auf seinem Grundstück verwenden würde. Es hätte auch nicht festgestellt werden können, dass allenfalls umweltgefährdende Stoffe vorhanden seien. Er benötige dieses Fahrzeug, um in der Folge Bauten an seiner Liegenschaft durchzuführen. Der PKW Ford Fiesta weise zwar keine Kennzeichen auf, sei jedoch reparaturbedürftig und sei er bemüht, eine ordnungsgemäße Reparatur durchzuführen. Von einer Abfalleigenschaft dieses PKW könne wohl nicht gesprochen werden, zumal derselbe lediglich reparaturbedürftig sei.

 

Zutreffend sei, dass er auf seiner Liegenschaft einen Kraftstofftank sowie einen Wassertank abgestellt habe. Von einem Verstoß gegen das AWG bzw. die Abfallverzeichnisverordnung könne nicht gesprochen werden, zumal er den Wassertank benötige, um die in seinem Besitz stehenden Tiere zu versorgen. Weshalb ein Wassertank umweltgefährdend sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Der Kraftstofftank wäre überdies leer und liege kein Beweis vor, dass von demselben eine Verschmutzung ausginge.

 

Abgesehen davon, dass es sich bei den Lagerungen keineswegs um Abfälle handle, würden auch die Voraussetzungen des § 15 Abs.3 Z 1 AWG nicht vorliegen. § 15 Abs.3 Z 1 AWG stelle expressis verbis fest, dass ein Verstoß gegen das AWG nur dann vorliege, sofern eine Sammlung oder Behandlung nicht in den vorgesehenen geeigneten Orten stattfinde. Es könne nicht davon gesprochen werden, dass es sich um Gegenstände handle, von welchen eine Gefahr ausginge. Weshalb ein Abfall vorliegen solle, könne auch aus dem angefochtenen Straferkenntnis nicht gewonnen werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 21. Mai 2013 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundes­gesetzes bewegliche Sachen

1.    deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.    deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

 

§ 1 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.    die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.    Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3.    die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.    die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.    Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.    Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.    das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.    die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.    Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Nach § 15 Abs.3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von

1.    hiefür genehmigten Anlagen oder

2.    für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

 

§ 79 Abs.1 Z1 AWG 2002 lautet: Wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs.1 sammelt, befördert, lagert behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs.1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungs­straf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 Euro bis 36.340 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs.1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht nach § 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 Euro bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1)  die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2)  die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

§ 15 Abs.3 AWG 2002 sieht vor, dass eine Sammlung, Lagerung oder Behandlung von Abfällen außerhalb einer genehmigten Anlage oder außerhalb eines für die Sammlung und Behandlung geeigneten Ortes nicht erfolgen darf. Aus der Gesetzesformulierung kann nur geschlossen werden, dass auch eine Sammlung und Lagerung von Abfällen außerhalb genehmigter Anlagen zulässig ist, sofern dadurch die öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt werden (vgl. List in Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – Kommentar Seite 127). Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 15 Abs.3 AWG 2002 kann aufgrund der Gesetzesformulierung nicht alleine der Umstand sein, dass die Sammlung von Abfällen außerhalb einer genehmigten Anlage erfolgt ist, sondern ist im oben genannten Sinne weiteres Tatbestandsmerkmal, dass die vorgefundene Lagerweise einen ungeeigneten Ort für den jeweiligen Abfall darstellt. Ein ungeeigneter Ort für die Lagerung eines Altautos wird eine unbefestigte Fläche sein, sodass allfällig vorhandene Betriebsflüssigkeiten Gefahr laufen, in den Boden eindringen zu können. Sollte allerdings ein Altfahrzeug, in dem noch Betriebsflüssigkeiten vorhanden sind, auf einer befestigten Fläche unter einem Flugdach oder allenfalls in einer Garage abgestellt sein, wird nach allgemeinem Verständnis zwar von keiner genehmigten Abfallbehandlungsanlage, wohl aber von einem geeigneten Ort für die Lagerung eines privaten Kraftfahrzeuges ausgegangen werden können.

 

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass im Spruch das Tatbestandsmerkmal des nicht geeigneten Ortes der Lagerung der Abfälle fehlt. Zudem ist hinsichtlich des Spruchpunktes a) zu bemerken, dass ohne nähere Ausführung angenommen wird, dass es sich bei den beiden vorgefundenen Fahrzeugen um gefährliche Abfälle handelt. Warum allerdings diese Fahrzeuge gefährliche Abfälle darstellen sollen, insbesondere ob Betriebsflüssigkeiten vorhanden sind, das Fahrzeug massiv beschädigt ist und die Lagerung den öffentlichen Interessen widerspricht, kann dem Spruch nicht entnommen werden. Gleiches gilt auch für den im Spruchpunkt b) als nicht gefährliche Abfälle bezeichneten Kraftstofftank und Wassertank. Da vom Bw ausgeführt wird, dass diese beiden Gegenstände für ihn noch in Verwendung stehen, muss der Spruch eines Straferkenntnisses erkennen lassen, inwieweit die vorgefundene Lagerweise der Gegenstände den öffentlichen Interessen des § 1 Abs.3 AWG 2002 zuwiderläuft und diese Abfall im objektiven Sinn darstellen.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses dem Bw die ihm zur Last gelegte Tat nicht den Erfordernissen des § 44a VStG entsprechend vorgeworfen wurde. Da zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war der Berufung des Bw Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger