Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523477/8/Sch/AK

Linz, 04.09.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn x, geb. x, x-Straße 7/1, x vom 19. Mai 2013, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22. April 2013, Zl. VerkR21-288-2013/LL, wegen Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. Juni 2013 zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat mit Bescheid vom 22. April 2013, Zl. VerkR21-288-2013/LL, Herrn x, geb. x, aufgefordert, sich innerhalb von 2 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 amtsärztlich untersuchen zu lassen sowie die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderliche(n) Befund(e) beizubringen.

Als Rechtsgrundlagen wurden die § 24 Abs.4 iVm § 8 FSG, BGBl Nr. 120/1997 idgF, und § 14 Abs.5 FSG-GV genannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist mit – nicht rechtskräftigem – Urteil des Landesgerichts Linz vom 17. Juni 2013, 21 Hv 38/13s, unter Anwendung des § 28 StGB nach dem Strafsatz des § 107 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt worden.

Im Urteilspruch heißt es dazu im Einzelnen:

 

I.)     x ist schuldig, er hat

A.)     am 05.04.2013 den Polizeibeamten Rev.lnsp. x durch die Äußerung „I stich da glei de Gabel in Hois" gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen,

 

B.)     in der Zeit zwischen Ende April 2011 (seit dem Abschlussbericht des

Landeskriminalamtes Oberösterreich vom 26.04.2011, 43 BAZ 357/11k; vorläufige Einstellung gemäß § 35 SMG am 20.06.2011 unter Bestimmung   einer  2-jährigen Probezeit) bis 5.4.2013 vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben, besessen und erzeugt, nämlich:

1.       in seiner Wohnung mit einer professionellen Indoor-Aufzuchtsanlage eine unbekannte Anzahl Marihuanastauden großgezogen und eine insgesamt unbekannte   Menge an Cannabiskraut geerntet;

2.            bis zur polizeilichen Sicherstellung am 05.04.2013 176,1 Gramm Cannabiskraut (Blätter mit vereinzelten Blüten- und/oder Fruchtständen) besessen

3.            bis 04.04.2013 täglich eine unbekannte Menge Cannabiskraut konsumiert, wobei am 05.04.2013 0,1 Gramm Cannabiskraut-Tabak- Gemisch aus einem angerauchten Joint polizeilich sichergestellt wurden;

4.            eine unbekannte Menge Kokain konsumiert, wobei am 05.04.2013 ein Sniffröhrchen mit Kokainanhaftungen polizeilich sichergestellt wurde.

 

x hat hiedurch

zu A) das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB,

zu B) die Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1., 2.

und 3. Fall, Abs. 2 SMG

begangen.

 

Er wird hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach dem Strafsatz des § 107 StGB zu einer

 

FREIHEITSSTRAFE von 4 (vier) Monaten

verurteilt.

Gemäß § 389 Abs. 1 StPO ist der Angeklagte schuldig, die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen.

 

Gemäß § 26 StGB iVm § 34 SMG werden das sichergestellte Suchtgift sowie die Suchtgiftutensilien eingezogen.

 

II.) Hingegen wird x von der Anklage laut Punkt B. des Strafantrages, er habe am 05.04.2013 vor mehreren Leuten den Polizeibeamten Rev.lnsp. x während der Ausübung seines Amtes oder Dienstes, nämlich während der von der Staatsanwaltschaft Linz mit gerichtlicher Bewilligung angeordneten Durchsuchung seiner Wohnung, als „Mistfigur" beschimpft und hiedurch das Vergehen der Beleidigung nach den §§ 115 Abs. 1, 117 Abs. 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z3 StVO freigesprochen“.

 

In den Entscheidungsgründen des Urteiles findet sich in der Rubrik „Feststellungen zur Person“ unter anderem der Hinweis, dass im Jahre 2011 ein gegen den Berufungswerber geführtes Verfahren unter Bestimmung einer zweijährigen Probezeit nach § 35 Suchtmittelgesetz vorläufig eingestellt worden ist.

 

Als „Feststellungen zum Tathergang“ enthält das Urteil nachstehende Ausführungen:

 

Der Angeklagte erwarb, besaß und konsumierte im Zeitraum Ende April 2011 bis 04.04.2013 täglich eine unbekannte Menge Cannabiskraut (THC) und zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt auch eine unbekannte Menge Kokain, in der Zeit bis 05.04.2013 hatte der Angeklagte auch 176,1 Gramm Cannabiskraut (THC-hältige Blätter mit vereinzelten Blüten- und/oder Fruchtständen), welches er selbst erntete und in seiner Wohnung am 5.4.2013 sichergestellt wurde, in seinem Besitz. Mit Hilfe einer in der Wohnung sichergestellten professionellen Indoor-Aufzuchtsanlage hat der Angeklagte im angeführten Tatzeitraum eine unbekannte Anzahl Marihuanastauden selbst großgezogen und eine insgesamt unbekannte, 176,1 Gramm Cannabiskraut jedenfalls übersteigende Menge Cannabiskraut (THC) erzeugt, wobei im Zweifel davon auszugehen dass diese Produktion ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erfolgte.

Diese Tathandlungen setzte der Angeklagte mit dem Wissen und Wollen, dadurch unerlaubt Suchtgift zum persönlichen Gebrauch zu erwerben und zu besitzen; die Aufzucht von Marihuanastauden mittels professioneller Indoor-Aufzuchtsanlage und Ernte des Krautes erfolgte mit der Absicht der Erzeugung von THC-hältigem Cannabiskraut.

Im Zuge der von der Staatsanwaltschaft angeordneten und vom Gericht bewilligten, am 05.04.2013 in der Zeit von 7.55 bis 8.50 durchführten Hausdurchsuchung trafen die Polizeibeamten Rl x, Rl x, Rl x (aus PI Ansfelden) Rl x, VB x (beide PI Pasching) sowie Gl x und Gl x (Diensthundeführer der DHI Llinz) in der Wohnung in x, x-Straße 7/1/1, auf den Angeklagten selbst sowie auf x, einen Bekannten des Angeklagten, Der Angeklagte zeigte sich während der Hausdurchsuchung sehr gereizt, weshalb ihm das freie Bewegen in seiner Wohnung untersagt wurde und er aufgefordert wurde, auf einem Stuhl im Wohnzimmer Platz zu nehmen. Da der Angeklagte ein verbal aggressives Verhalten an den Tag legte, überwachte Rev.lnsp. x, dass sich dieser auch tatsächlich nicht von dem ihm zugewiesenen Stuhl fortbewegte, während die Kollegen die Wohnung durchsuchten. In der Wohnung wurden zunächst eine geladene doppelläufige Schrotflinte (auf der Wohnzimmercouch liegend) sowie Munition, zwei Kampfmesser, ein Pfefferspray etc. vorgefunden. Nach Auffinden dieser Waffen forderte Rev.lnsp. x den Angeklagten auf, allfällige weitere in der Wohnung befindliche Waffen zu nennen. Daraufhin erhob sich der Angeklagte von dem ihm zugewiesenen Stuhl und bewegte sich in Richtung Schlafzimmer, das gerade durchsucht wurde. Daran hinderte ihn jedoch Rev.lnsp. x, in dem er sich ihm in den Weg stellte. In Folge dessen bedrohte der Angeklagte den Beamten Rev.lnsp. x mit den Worten „I stich da glei de Gabel in Hois" gefährlich, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen Er handelte dabei im Wissen und Wollen, dass diese Ankündigung einer Körperverletzung, auf deren Eintritt er Einfluss zu haben vorgab, beim Opfer dazu geeignet war, begründete Besorgnis zu erregen. Dem Angeklagten kam es bei Aussprechen der gefährlichen Drohung gerade darauf an, Rev.lnsp. x in Furcht und Unruhe zu versetzen. Ob der Vorsatz des Angeklagten (auch) darauf gerichtet war, den Angesprochenen Rev.lnsp. x durch diese gefährliche Drohung an der Amtshandlung der Hausdurchsuchung zu hindern, kann nicht festgestellt werden.

Weiters beschimpfte der Angeklagte den Rev.lnsp. x im Zuge dieser Amtshandlung als „Mistfigur", wobei nicht festgestellt werden kann, ob diese Beschimpfung in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen begangen wurde und diese die Beschimpfung auch wahrnehmen konnten.

 

4. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung beim Inhaber einer Lenkberechtigung noch gegeben sind. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung müssen für eine entsprechende Aufforderung, dass sich der Betreffende amtsärztlich untersuchen zu lassen hat, begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass er die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen der Erteilungsvoraussetzungen geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 17.3.2005, 2004/11/0014 uva.). Im Falle eines Berufungsverfahrens müssen diese Bedenken auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung vorhanden sein (VwGH 16.4.2009, 2009/11/0020 ua.).

 

Konkret zu Suchtmittelkonsum, um welchen es beim Berufungswerber geht, hat der Gerichtshof judiziert, dass zwar nur gelegentlicher Konsum von Cannabis die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz nicht berührt (VwGH 23.5.2000, 99/11/0340). Von einem bloßen „gelegentlichen“ Suchtmittelkonsum kann aber dann nicht die Rede sein, wenn jemand durch Monate hindurch täglich Cannabis konsumiert hat. In einem solchen Fall kann die Annahme, es bestehe bei ihm der Verdacht einer Suchtmittelabhängigkeit, nicht als rechtswidrig angesehen werden (VwGH 24.4.2001, 2001/11/0035).

 

Laut ob zitiertem Gerichtsurteil betrieb der Berufungswerber in seiner Wohnung eine professionelle Indoor-Aufzuchtsanlage für Marihuanastauden. Eine solche Anlage ist ein starkes Indiz dafür, dass nicht bloß gelegentlicher Cannabiskonsum stattgefunden hat, da ansonsten der Aufwand damit nicht in Einklang zu bringen wäre. Ganz abgesehen davon hat das Gericht zudem festgestellt, dass der Berufungswerber zwischen Ende April 2011 und 4. April 2013 täglich eine unbekannte Menge Cannabiskraut konsumiert hat. Auch eine unbekannte Menge an Kokain sei konsumiert worden. Von beiden Suchtmitteln wurden bei der polizeilichen Wohnungsdurchsuchung Reste vorgefunden. Zudem weist der Berufungswerber eine Suchtmittelvorgeschichte aus Anfang 2011 auf.

 

Aufgrund dieser gerichtlichen Feststellungen muss der Schluss gezogen werden, dass der Suchtmittelkonsum des Berufungswerbers – in der schon erwähnten Häufigkeit – zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist bzw. die Gefahr besteht, dass der Berufungswerber nicht in der Lage sein könnte, den Konsum soweit einzuschränken, dass seine Fähigkeiten zum Lenken von Kfz nicht beeinträchtigt ist (VwGH 30.9.2011, 2010/11/0248).

 

Für die Berufungsbehörde besteht also – wie schon vorangegangen für die Erstbehörde – weiterhin die Notwendigkeit, den Gesundheitszustand des Berufungswerbers im Sinne des § 24 Abs.4 FSG amtsärztlich abklären zu lassen.

 

Diese Maßnahme ist geboten trotz des Umstandes, dass das erwähnte Urteil noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, zumal nicht abzusehen ist, wann eine Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil vorliegt. Die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil lassen aufgrund ihrer Nachvollziehbarkeit keinen Raum dafür, die Entscheidung über die Berufung im Führerscheinverfahren begründbar erst nach Vorliegen einer Berufungsentscheidung im Gerichtsverfahren zu treffen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n