Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720349/7/BP/WU

Linz, 05.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. am X, StA von Polen, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Juni 2013, GZ: 1075047/FRB, mit dem über den Berufungswerber ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. September 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Odrzuca sie odwołanie jako bezzasadne i utrzymuje się kwestionowaną decyzję w mocy.

 

 

Rechtsgrundlage / Podstawa prawna:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

§ 65 iVm § 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2013/68.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Juni 2013, GZ: 1075047/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und dem Bw gleichgehend gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

Zum Sachverhalt gibt die belangte Behörde Folgendes an:

 

Über Sie scheinen folgende Verurteilungen auf:

1)    BG Linz 17 U 108/2011 i vom 14.07.2011 (rk 19.07.2011) wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, Geldstrafe 140 Tagessätze a' € 4,-, davon 70 Tagessätze bedingt auf 3 Jahre.

 

Sie haben am 09.02.2011 in Linz eine fremde bewegliche Sache, nämlich den Autotransportanhänger des X mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch Zueignung dieser Sache unrechtmäßig zu bereichern.

 

2)    LG Linz 20 Hv 25/2012 w vom 04.02.2013 (rk 24.04.2013) wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB, und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate, davon 8 Monate bedingt auf 3 Jahre.

 

Aus der Urteilsausfertigung geht hervor, dass Sie am 13.01.2012 in X fremde bewegliche Sachen in einem € 3.000,- übersteigenden Wert, nämlich in Höhe von € 17.040,-, dem X mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich oder einen Dritten durch Zueignung dieser Sache unrechtmäßig zu bereichern, und zwar einen Starrdeichselanhänger im Wert von € 2.250,-, 20 Stück Reifen neu im Wert von € 5.200,-, 16 Stück Felgen für Sprinter im Wert von € 1.520,-, DPD Arbeitskleidung im Wert von € 360,-, 200 Liter Scheibenfrostschutzmittel im Wert von € 280,-, 4 Stück Reifen mit Felge im Wert von € 4.000,-, 16 Stück Reifen gebraucht im Wert von € 1.600,- und 6 Paar Schneeketten im Wert von € 1.440,-.

 

Ferner haben Sie eine Urkunde, über die Sie nicht verfügen durften, nämlich die Kennzeichentafel X durch die o.a. Tathandlung mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.

 

Zur beabsichtigten Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen Sie in dem am 29.05.2013 ha. abgegebenen Schriftstück im Wesentlichen an, dass Ihr Lebensmittelpunkt seit 2011 in X ist, wo Sie einen festen Wohnsitz sowie einen Arbeitsplatz haben. Sie besitzen die deutsche und polnische Staatsbürgerschaft.

Sie bemühen sich jedes Wochenende, Ihre achtjährige Tochter in Polen zu besuchen. Der Großteil Ihrer Familie ist jedoch in Augsburg.

1.1.2. Die Landespolizeidirektion hat Folgendes erwogen:

Die Verurteilung vom 14.07.2011 wegen Diebstahls hat Sie nicht davon abhalten können, einen weiteren Diebstahl zu begehen, was letztendlich zu der Verurteilung vom 04.02.2013 wegen schweren Diebstahls führte.

 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Ihr oben näher geschildertes persönliche kriminelle Verhalten Gefahr für den Schutz fremden Eigentums und auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Eigentumsdelikten und der Kriminalität überhaupt.

 

Sie scheinen zwar in Österreich beruflich integriert, doch gehen aus der Aktenlage keine verwandtschaftlichen oder andere Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen hervor und werden von Ihnen auch nicht behauptet.

 

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes mag daher einen Eingriff in Ihr Privatleben bedeuten, doch scheint zusammenfassend nach ho. Ansicht die Annahme gerechtfertigt, dass auf Grund Ihres bisherigen Verhaltens - im Hinblick auf die für Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wiegen würden, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Ihre Lebenssituation.

 

Das gegenständliche Aufenthaltsverbot ist daher auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK - unter besonderer Berücksichtigung des § 61 Abs. 2 und 3 FPG 2005 - erforderlich um das hohe Schutzinteresse des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter zu wahren.

 

1.2. Gegen den angefochtenen Bescheid, nachweislich zugestellt am 25. Juli 2013, erhob der Bw mit Schreiben vom 8. August 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, in welcher der Bw wie folgt ausführt:

 

„berufung auf Ihren schreiben in sinne aufenthaltsverbots.

Sehr geehrte Beamte,

hiermit bitte ich Euch, laut der strafe dafür des Gerichts Linz zu belassen.

Mit freundlichen Grüßen.

Unterschrift“

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 8. August 2013, eingelangt am 16. August 2013, wurde der gegenständliche Verwaltungsakt von der Landespolizeidirektion Oberösterreich dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Zusätzlich wurde am 5. September 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem UVS des Landes Oberösterreich durchgeführt. Zu dieser erschien der Bw jedoch unentschuldigt nicht.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 67 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

 

3.1.2. Beim Bw handelt es sich um einen polnischen Staatsangehörigen, der von seiner unionsrechtlich eingeräumten Freizügigkeit Gebrauch machte, indem er nach Österreich einreiste und sich hier seit dem Jahr 2011 aufhält, also grundsätzlich um eine Person des in den § 65 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 FPG erster Satz angesprochenen Adressatenkreises. Nachdem sich der Bw nicht schon seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält, kommt § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG nicht zur Anwendung.

 

3.2.1. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich zu gefährden.

 

Bei Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffs "tatsächlich" ist festzuhalten, dass darunter sowohl eine nach Intensität als auch Konkretheit vorliegende Wirksamkeit angesprochen wird. Als Synonym bzw. Deskription von tatsächlich könnte demnach auch "wirksam feststellbar", im Umkehrschluss: nicht fiktiv oder potentiell, verstanden werden.

 

Zum Vorliegen des Tatbestandselements der Gegenwärtigkeit bedarf es eines Sachverhalts, dessen Wirkungen nicht schon in der Vergangenheit erschöpft, sondern auch zumindest in die Gegenwart reichend anzusehen sind. Dies impliziert jedoch auch die Beurteilung einer aus Sicht des gegenwärtigen Augenblicks erstellten Zukunftsprognose.

 

"Erheblich" wiederum bedeutet in etymologischer Herleitung: "Schwer genug, um die Waagschale zu heben". Ursprünglich aus dem Rechtsbegriff Relevanz abgeleitet, übersteigt "erheblich" in der Gemeinsprache den Ursprungsbegriff der Intensität nach.

 

Die eben dargestellten Tatbestandselemente müssen zur Rechtfertigung eines Aufenthaltsverbotes kumulativ gegeben sein.

 

3.2.2.1. Der Bw wurde im Bundesgebiet bislang zweimal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.

 

1) BG Linz 17 U 108/2011 i vom 14.07.2011 (rk 19.07.2011) wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, Geldstrafe 140 Tagessätze a' € 4,-, davon 70 Tagessätze bedingt auf 3 Jahre.

 

2) LG Linz 20 Hv 25/2012 w vom 04.02.2013 (rk 24.04.2013) wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB, und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate, davon 8 Monate bedingt auf 3 Jahre.

 

3.2.2.2. Maßgeblich ist dabei aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird bzw., ob die oa. Tatbestandselemente gegeben sind. 

 

Der Bw hatte (zu 1.) am 09.02.2011 in Linz eine fremde bewegliche Sache, nämlich den Autotransportanhänger des X mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch Zueignung dieser Sache unrechtmäßig zu bereichern.

 

Aus der Urteilsausfertigung zu 2.) geht hervor, dass der Bw am 13.01.2012 in R fremde bewegliche Sachen in einem € 3.000,- übersteigenden Wert, nämlich in Höhe von € 17.040,-, dem X mit dem Vorsatz wegnahm, sich oder einen Dritten durch Zueignung dieser Sache unrechtmäßig zu bereichern, und zwar einen Starrdeichselanhänger im Wert von € 2.250,-, 20 Stück Reifen neu im Wert von € 5.200,-, 16 Stück Felgen für Sprinter im Wert von € 1.520,-, DPD Arbeitskleidung im Wert von € 360,-, 200 Liter Scheibenfrostschutzmittel im Wert von € 280,-, 4 Stück Reifen mit Felge im Wert von € 4.000,-, 16 Stück Reifen gebraucht im Wert von € 1.600,- und 6 Paar Schneeketten im Wert von € 1.440,-.

 

Ferner unterdrückte er eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich die Kennzeichentafel X durch die o.a. Tathandlung mit dem Vorsatz, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.

 

3.2.3.1. Die wiederholte Begehung von Diebstählen bzw. schwerem Diebstahl verbunden mit einer Urkundenunterdrückung stellt sicherlich eine tatsächliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, zumal Vermögensdelikte, noch dazu, wenn sie wie im 2. Fall mit beträchtlicher Schadenshöhe einhergehen, keinesfalls zu vernachlässigen oder zu verharmlosen sind. Der Wert der gestohlenen Güter betrug immerhin über 17.000 Euro. Daraus folgt aber, dass auch die Erheblichkeit der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zweifelsfrei gegeben ist.

 

3.2.3.2. Betreffend die Gegenwärtigkeit der Gefährdung der öffentlichen Interessen durch den Aufenthalt des Bw in Österreich ist auszuführen, dass die beim Bw auftretende kriminelle Energie keinesfalls nur punktuell bzw. einmalig zu Tage trat, sondern über einen längeren Zeitraum vorhanden sein musste. Die Annahme der Festigung der kriminellen Energie zeigt sich so allein schon an der Wiederholungstat.

 

Von einem ausreichend gefestigten, nachträglichen Wohlverhalten kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da die letzte Tat nur rund ein Jahr zurückliegt und der Bw nicht gänzlich zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, wodurch er nicht die gesamte Dauer in Freiheit verbrachte. Außerdem fehlt es hier an entsprechenden Sachverhaltselementen, die eine  derartige Feststellung untermauern könnten. In der Berufung forderte der Bw lapidar, es bei der gerichtlichen Verurteilung zu belassen, ohne auch nur mit einem Wort eine allfällige Reue oder Einsicht zu zeigen.

 

3.2.3.3. Grundsätzlich werden somit vom Bw die in § 67 Abs. 1 FPG normierten Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erfüllt. Es gilt in diesem Zusammenhang jedoch immer auch, im Sinne einer Interessensabwägung auf das durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme betroffene Privat- und Familienleben des Fremden in Österreich Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1.1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.1.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.3.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit effektiv zu begegnen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse äußerst hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.3.3.1. Im gegenständlichen Fall ergeben sich hinsichtlich eines schützenswerten Familienlebens des Bw in Österreich keine nachhaltigen Anhaltspunkte, da hier keine Verwandten von ihm leben, seine 8-jährige Tochter in Polen aufhältig ist und weitere nahe Angehörige in Deutschland leben. Es ist also von der geplanten Maßnahme lediglich das Privatleben betroffen.

 

3.3.3.2. Der Bw ist in Österreich erst seit rund 2 Jahren aufhältig, dies legal.

 

3.3.3.3. Das Privatleben scheint nicht als besonders schützenswert, zumal der Bw auch selbst angibt, an den Wochenenden seine 8-jährige Tochter regelmäßig in Polen zu besuchen. Seine Orientierung richtet sich sohin durchaus in diese Richtung. Weiters lebt ein Teil seiner Familie in Augsburg, weshalb Österreich eher als Mittelpunkt seines Arbeitslebens, nicht aber seines Privatlebens angesehen werden muss.

 

3.3.3.4. In beruflicher Hinsicht kann dem Bw durchaus eine gelungene Integration zugemessen werden.

 

In sozialer Hinsicht sind keine besonderen Merkmale der Verfestigung im Verfahren hervorgetreten, wobei aber wohl von gewissen Sprachkenntnissen – in welcher Intensität auch immer – auszugehen sein wird.

 

3.3.3.5. Der Bw, der jetzt auch noch intensiven Kontakt zu seinem Heimatland unterhält, kann dort jedenfalls als sprachlich und kulturell sozialisiert gelten. Aber auch ein Leben in Deutschland dürfte ihm durchaus offen stehen, zumal er selbst darauf hinweist, dass sich ein großer Teil seiner Familie dort aufhält.

 

Es finden sich jedenfalls aber keinerlei Gründe, die einer Rückkehr in sein Heimatland entgegenstehen könnten.

 

3.3.3.6. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen und deren Wertung wird auf Punkt 3.2. dieses Erkenntnisses verwiesen. Diese fallen bei einer Interessensabwägung schwer ins Gewicht.

 

3.3.3.7. Das Privatleben des Bw entstand nicht erst während unsicherem Aufenthaltsstatus. Genau so wenig sind aber den Behörden zurechenbare Verzögerungen in den Verfahren zu Tage getreten.

 

3.3.3.8. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass die öffentlichen Interessen an der dauerhaften Aufenthaltsbeendigung zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, besonders zur Verhinderung gravierender Vermögensdelikte, die ohnehin nicht sehr stark ausgeprägten privaten Interessen des Bw am Verbleib im Bundesgebiet übersteigen.

 

Der Bw kann sich somit nicht ausschlaggebend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.3.4. Da somit auch aus Sicht des Art. 8 EMRK bzw. des § 61 FPG nichts gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw spricht, ist abschließend die fünfjährige Befristung des von der belangten Behörde erlassenen Aufenthaltsverbotes zu prüfen.

 

3.4.1. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes sind als maximaler Rahmen nach § 67 Abs. 2 FPG zehn Jahre vorgesehen.

 

Aus immanent zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen und der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist eine Beschränkung der Grundfreiheiten von Unionsbürgern oder begünstigten Drittstaatsangehörigen möglichst maß- und zurückhaltend vorzunehmen.

 

3.4.2. Der im gegenständlichen Fall vom Fremdenpolizeigesetzgeber in § 67 Abs. 2 FPG vorgesehene Rahmen für eine Befristung eines zu erlassenden Aufenthaltsverbotes auf maximal zehn Jahre schließt unter anderem Straftaten mit ein, für deren Begehung ein Fremder mit einer unbedingten Freiheitsstrafe bis einschließlich fünf Jahren verurteilt wurde (§ 67 Abs. 3 Z 1 FPG e contrario).

 

Die belangte Behörde wählte eine 5-jährige Befristung, was nach den Umständen des konkreten Falles nachvollziehbar scheint, da – mangels gezeigter Einsicht bzw. Reue – von einem mittelfristigen Beobachtungszeitraum auszugehen sein wird, in dem der Bw nachhaltig einen geänderten Gesinnungswandel zu vollziehen haben wird.

 

3.5.1. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

 

3.5.2. Die belangte Behörde gewährte dem Bw die einmonatige Frist für die freiwillige Ausreise und ordnete keinen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung an, was im übrigen vom Bw nicht beanstandet wurde. Auch aus Sicht des erkennenden Mitglieds des UVS des Landes Oberösterreich ergeben sich diesbezüglich keinerlei Bedenken.

 

3.7. Es war daher im Ergebnis die Berufung als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Pouczenie o środkach prawnych:

Przeciwko tej decyzji nie jest dopuszczalny żaden zwyczajny środek odwoławczy.

 

Wskazówka

Na niniejszą decyzję można  w ciągu 6 tygodni od chwili jej doręczenia złożyć zażalenie do Verfassungsgerichtshof (austr. Trybunał Konstytucyjny) i/lub do Verwaltungsgerichtshof (austr. Naczelny Sąd Administracyjny); pomijając wyjątki ustawowe, musi ono być złożone przez uprawomocnioną/go adwokatkę/ta. Każde z tych zażaleń podlega opłacie w wysokości 240 €.

 

 

Bernhard Pree