Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222693/2/Bm/TK

Linz, 18.09.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15.3.2013, UR96-43-2011-Pol, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF;

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15.3.2013, UR96-43-2011-Pol, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 600 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 160 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 iVm § 81 Abs. 3 GewO 1994 verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma x GmbH in x, Folgendes zu verantworten:

 

Sie haben am 17.11.2011 am Betriebsareal der Firma x GmbH, x, eine Änderung der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage durch

1. Errichtung eines Pufferspeicherraums mittels einer tragenden Stahlkonstruktion mit Paneelwänden und Flachdach durchgeführt. Die Gesamthöhe beträgt 9,0 m bei einem Fassungsvermögen von 34.000 Liter. Dieser Pufferspeicher wurde errichtet, um den erhöhten Bedarf an Heiß- und Warmwasser abdecken zu können, da die bestehende Anlage unterdimensioniert war.

2. Installation einer Reihe von vertikalen Lüftungsrohren für die bestehenden genehmigten Kaltrauchanlagen an der Ostseite des westlich an die Lager- und Produktionshalle anschließenen Hallengebäudes durchgeführt und diese über die bestehende Dachfläche geführt. Diese dienen ausschließlich der Zuluftführungen für die Nachreiferäume der Salamiproduktion. Diese Ansaugung erfolgte bisher durch Öffnungen in der östlichen Hallenwand.

 

Zu diesem Zeitpunkt lag für diese Änderungsmaßnahmen keine Anzeige gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 vor.

 

Die Änderung einer: genehmigten Betriebsanlage unterliegt: dann keiner Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1994, wenn diese das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen (§81 Abs. 2 Z. 9 GewO 1994)l.

Gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 ist jedoch eine Änderungen gemäß Abs. 2 Z9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.

 

Demgemäß liegt eine vorschriftswidrige Handlung ihrerseits vor, da Sie als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen befugte Organ und somit strafrechtlich Verantwortlicher der x GmbH zu verantworten haben, dass Gebote der Gewerbeordnung 1994 - nämlich die Anzeige nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 von anzeigepflichtigen Maßnahmen nach § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 - nicht eingehalten wurden“.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin vorgebracht, der Beschuldigte habe die ihm vorgeworfene Übertretung weder objektiv noch subjektiv begangen. Die Erstbehörde bestätige, dass die Errichtung eines Pufferspeichers sowie die Installation vertikaler Lüftungsrohre eine emissionsneutrale Änderung darstelle. Dies ergäbe sich nach den Feststellungen des Bescheides aus dem Gutachten des Amtssachverständigen. Die Behörde werfe dem Beschuldigten nun vor, dass die Anzeige verspätet und nicht vor Errichtung der Anlage erfolgt sei.

Im Bescheid sei angemerkt, dass der Beschuldigte bei der mündlichen Verhandlung am 17.11.2011 eine solche Anzeige im Rahmen seiner Stellungnahme erstattet habe. Diese Anzeige wirke für den gesamten 17.11.2011, weshalb die Tat an diesem Tag nicht begangen worden sein konnte. Sofern die beiden Tatbeschreibungen Pufferspeicherraum und vertikale Lüftungsrohre im Einreichprojekt des Verfahrens enthalten gewesen seien, komme dieser Einreichung bereits die Rechtskraft einer Anzeige zu, weshalb auch aus diesem Grund die Bestrafung unberechtigt sei. Wenn überhaupt handle es sich um eine völlig geringfügige und ohne Folgen gebliebene Ordnungswidrigkeit, die die Anwendung des § 21 VStG rechtfertige. Es werden daher die Anträge gestellt,

eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich anzuberaumen und sodann

der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird; in eventu

der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe Abstand genommen wird; in eventu

der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass die Strafe wesentlich herabgesetzt wird.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme; da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51 e Abs. 2 Z 1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 81 Abs. 2 Z 9 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 jedenfalls bei Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, nicht gegeben.

 

Nach § 81 Abs. 3 dieser Bestimmung ist jedoch eine Änderung gemäß Abs. 2 Z 9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder deren Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.    die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.    die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

5.2. Dem Bw wird im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma x GmbH, x, am 17.11.2011 am Betriebsareal bestimmte Änderungen der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage durchgeführt zu haben, ohne eine Anzeige gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 der Behörde erstattet zu haben.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Errichtung bzw. Änderung einer Betriebsanlage oder eines Betriebsanlagenteiles um ein Zustandsdelikt. Der Tatbestand des Errichtens oder des Änderns einer Betriebsanlage ist mit der Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes abgeschlossen. Das heißt, die im Straferkenntnis erforderliche Tatzeitangabe hat sich auf die tatsächlichen Errichtungs- bzw. Änderungshandlungen zu beziehen. Ist im Tatvorwurf kein Zeitraum angegeben, im welchem die Errichtung des geänderten Betriebsanlagenteiles stattgefunden hat, so fehlt es an der Feststellung der Tatzeit, welcher durch die Angabe des Kontrolltages – im gegenständlichen Fall ist dies der 17.11.2011 – nicht zu ersetzen ist.

 

Aus dem Akteninhalt und dem Tatvorwurf geht hervor, dass am 17.11.2011 eine gewerbebehördliche Genehmigungsverhandlung bei der gegenständlichen Betriebsanlage stattgefunden hat und zu diesem Zeitpunkt die vorgeworfenen Änderungen bereits fertiggestellt waren. In welchem Zeitraum diese Anlagenänderungen tatsächlich ausgeführt wurden, ist dem Tatvorwurf nicht zu entnehmen. Daraus folgend kann auch nicht der Eintritt der Verfolgungsverjährung festgestellt werden.

 

Dass sohin der Tatvorwurf nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44 a Z 1 VStG entspricht, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier