Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360227/2/MZ/VS

Linz, 12.09.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, gegen den Einstellungsbescheid des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 16. Mai 2013, AZ: S-22327/12-2, nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Walzenspielgeräte mit der Gerätebezeichnung

1) "Busy Bee" Interaktive Game, ohne Seriennummer; FA-Nr. 1,

2) "Slot King", ohne Seriennummer; FA-Nr. 2,

3) "Scatter Games" Players Scatter, Seriennummer 2668; FA‑Nr. 3, und

4) "Scatter Games", Seriennummer 1138; FA-Nr. 4,

wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Hinsichtlich der Geräte der Type "Fun-Wechsler" mit der Gerätebezeichnung

5) "Euro Wechsler" Globaltronic , ohne Seriennummer; FA-Nr. 5,

6) "Eurowechsler", Seriennummer TU11/8-2561; FA-Nr. 6, und

7) "Globaltronic", ohne Seriennummer; FA-Nr. 7,

wird der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 16. Mai 2013, AZ: S‑22327/12-2, wurde das gegen Herrn x zu AZ: S-22327/12-2 geführte Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz (in der Folge GSpG) eingestellt.

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde wie folgt:

"Aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei vom 31.5.2012 wurden dem Beschuldigten mit ha. Schreiben vom 9.2.2013 folgende Verwaltungsübertretung vorgeworfen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

Sie haben, wie am 25.04.2012 [richtigerweise wurde mit E-Mail vom 12. April 2013 an den Rechtsanwalt des Beschuldigten die Tatzeit auf den 26.04.2012 korrigiert], um 13:05 Uhr in x, im Lokal mit der Bezeichnung ’x’ von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als Einzelunternehmer und Lokalbetreiber verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht, da Sie folgende sieben Glücksspielgeräte mit den Gerätebezeichnungen

1)             Busy Bee Interaktive Game (ohne Seriennummer), Walzenspiel (Minimumeinsatz € 0,50, Maximaleinsatz € 5,--)

2)            Slot King (ohne Seriennummer) Walzenspiel (Minimumeinsatz € 0,50, Maximaleinsatz € 5,--)

3)            Scatter Games Players Scatter, Seriennummer 2668, Walzenspiel (Minimumeinsatz € 0,05, Maximaleinsatz € 4,50)

4)            Scatter Games, Seriennummer 1138 (Minimumeinsatz € 0,05, Maximaleinsatz € 5,50)

5)            'Euro Wechsler' Globaltronic (ohne Seriennummer), Elektronisches Glücksrad (Minimumeinsatz € 1,-- mit maximal 4-fachem Ver[v]ielfachungsfaktor)

6)            'Eurowechsler', Seriennummer TU11/8-2561, Elektronisches Glücksrad

7)            'Globaltronic' (ohne Seriennummer), Elektronisches Glücksrad baugleich mit Gerät Nr. 5

zumindest seit dem 01.05.2011 eingeschaltet und betriebsbereit gehalten haben, bei welchen wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen (Geräte 1 bis 4) sowie in Form eines elektronischen Glücksrades (Geräte 5 bis 7) durchgeführt und aufgrund der möglichen o.a. Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

Verwaltungsübertretungen nach §§

§2 Abs. 1 und 4 GlücksspielG iVm § 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 3 GlücksspielG

Da bei der LPD im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB [entstand], war nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) die Behörde verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Mit Schreiben vom 9.2.2013 wurde diese Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz erstattet.

Mit Schreiben vom 23.4.2013 teilte die Staatsanwaltschaft Linz mit, dass das Ermittlungsverfahren gem. § 190 Z. 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

Aus dieser verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergibt sich, dass auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat 'nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist' [vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 12.]

Mit 1.3.2013 (BGBl I Nr. 33/2013) trat die Bestimmung des § 22 VStG neu in Kraft.

Demnach ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Durch diese generelle ausdrückliche Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit wurde ein Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdeliktes manifestiert. Es kann somit keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung) kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (UVS v. 18.10.2012, VwSen-301207/10/WEI/ER/Ba ua.).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

1.2. Mit Schreiben vom 9.2.2013 hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO wie folgt Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft erstattet:

 

"Anzeige gemäß §78 Abs. 1 StPO wegen

Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

 

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um geringe Beträge i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt. Sobald daher im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, ist das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 stopp [gemeint: StPO] Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

 

Selbst wenn jedoch im Strafverfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden sollte, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, kommt nach Auffassung des UVS OÖ angesichts der potentiellen Möglichkeit von versuchter Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 168 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 StGB dennoch in Betracht. Wenngleich nämlich für die Vollendung der Tathandlung Veranstalten gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel auch tatsächlich stattgefunden haben muss, kann vor dem ersten Spielgeschehen jedenfalls ein strafbarer Versuch gegeben sein (vgl. Rainer in SbgK § 168 Rz. 12; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz. 9) und somit die Anwendbarkeit der Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG zurückgedrängt werden.

 

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB – selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel – auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben so weit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10). Des Weiteren ist eine strafbare Serienspielveranstaltung auch dann anzunehmen, wenn bei Spielautomaten für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02).

 

Die im vorliegenden Fall in Aussicht gestellten Höchstgewinne von u.a. 20 Euro + 998 SG pro Spiel und die damit verbundene außergewöhnlich günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn indizieren die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht i.S.d. höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa OGH 20.4.1983, 11 Os 39/83, in welcher das Verhältnis von zehn Schilling Höchsteinsatz zu 600 Schilling Höchstgewinn als eine derartige außergewöhnlich günstige Relation erachtet wurde) und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

 

Die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräten mit einer sog. "Automatic-Start-Taste", welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, indiziert nach Auffassung des Landespolizeikommandos Oberösterreich die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

 

Aus all diesen Gründen ist bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem § 168 Abs. 1 StGB entstanden. Somit ist die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) wie auch des UVS OÖ verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gemäß § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Mit diesem Schreiben, welchem der relevante Verfahrensakt beigelegt ist, wird diese Anzeige erstattet."

 

 

2.1. Gegen den unter Punkt 1.1. zitierten Bescheid richtet sich die vom Finanzamt Grieskirchen Wels rechtzeitig eingebrachte Amtsberufung vom 27. Mai 2013.

Darin wird zunächst einleitend darauf verwiesen, dass hinsichtlich des auf den im Einstellungsbescheid hingewiesenen Erkenntnis des UVS OÖ (VwSen-301207/10) eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in ähnlich gelagerten Fällen die zweitinstanzlichen Entscheidungen behoben (vgl. u.a. 2012/17/0365,0366, 0369 v. 15.03.2013).

Resümierend hält das Finanzamt nach einer auszugsweisen Wiedergabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.08.2012, 2012/17/0156, fest, dass der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung zweifelslos feststellte, "dass nur tatsächlich geleistete Spieleinsätze in der Höhe von mehr als 10 Euro pro Spiel das Zurücktreten der Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB bewirken könnten. Gleichzeitig hat der VwGH festgestellt, dass die jeweiligen Einsätze im Einzelspiel, nicht hingegen die Summe der Einsätze bei ’Serienspielen’, beurteilungsrelevant seien.

Die bloße Möglichkeit, Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel zu erbringen, bleibt nach dieser Entscheidung hingegen zweifelsfrei unbeachtlich!

Von der Abgabenbehörde wurden ausdrücklich Verwaltungsübertretungen nach den entsprechenden Tatbildern des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG angezeigt, nämlich stets jene Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen, die im angeführten Tatzeitraum mit Einsätzen von nicht mehr als 10 Euro veranstaltet wurden.

Hinweise auf Glücksspiele im Sinne des § 168 StGB wurden weder festgestellt, noch der Behörde dokumentiert vorgelegt und sind somit gar nicht Gegenstand der Anzeige gewesen. Es kann daher das diesbezüglich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren – mangels eigener behördlicher Ermittlungen – nicht begründet eingestellt werden.

Ferner sei auf die Bestimmungen des § 50 Abs 1 GSpG hingewiesen, wonach die Bezirksverwaltungsbehörden, unter anderem, für Strafverfahren nach dem GSpG in erster Instanz zuständig sind. Die Bezirksverwaltungsbehörden sind also verpflichtet, die nach dem GSpG angezeigten Verwaltungsstraftatbestände zu verfolgen.

Die Abgabenbehörde hat – zweifelsfrei – Straftatbestände nach dem GSpG, also Verwaltungsstraftatbestände angezeigt. Wenn die Behörde Tatsachen für weitere, gerichtliche, Strafverfahren erhebt und der Staatsanwaltschaft anzeigt, [blieb] ihr das unbenommen. Derartige Tatsachen könnten aber bloß im Zusammenhang mit einem anderen Sachverhalt festgestellt werden, keinesfalls jedoch im Zusammenhang mit dem von der Abgabenbehörde angezeigten, verwaltungsrechtlich relevanten Sachverhalt. Der in die Kompetenz der Bezirksverwaltungsbehörde fallende Sachverhalt nach dem GSpG überschneidet sich in keinem Bereich mit einem in die Kompetenz der Gerichte fallenden glücksspielrechtlich relevanten Sachverhalt.

Da somit die Möglichkeit einer Doppelbestrafung zweifelsfrei ausgeschlossen ist, sind Verwaltungsstrafverfahren und gerichtliche Strafverfahren getrennt, allenfalls auch parallel zu führen. Eine gerichtliche Entscheidung kann also nicht Auswirkung auf das verwaltungsrechtliche Strafverfahren haben.

Gegenstand der Anzeige ist stets die Veranstaltung oder das unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen gern § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, sowie die unternehmerische Beteiligung an diesen Tätigkeiten.

Die Gerätebeschaffenheit bleibt in diesen Verfahren somit völlig ohne Bedeutung.

Allfällige gerichtliche Entscheidungen bleiben ohne Auswirkung auf das verwaltungsstrafrechtlich anhängige Strafverfahren.

 

Wie aus obigen Ausführungen hervorgeht, lässt sich aus der Einstellung eines von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahrens gem. § 190 Z. 2 StPO nicht ableiten, dass kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt iSd. § 2 Abs. 1 u. 4 GSpG iVm. § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG (hier: unternehmerisch zugänglich macht) gegeben ist.

 

Als die belangte Behörde auf § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 verweist und vermeint, dass hier strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen welche in die Zuständigkeit der Gerichte fallen, so verkennt sie die Lage insofern, als hier verbotene Ausspielungen mit Beträgen bis zu 10,00 Euro seitens der Finanzpolizei zur Anzeige gebracht wurden. Eine gerichtliche Zuständigkeit ergibt sich aufgrund des angezeigten und dokumentierten Sachverhaltes nicht."

Abschließend wird der Antrag gestellt, der angefochtene Bescheid möge aufgehoben, und das Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und entsprechende Geldstrafen verhängt werden.

 

2.2. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 28. Mai 2013 die Berufung samt ihrem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

2.3. Betreffend den Problembereich der Serienspiele fand am 5. November 2012 eine LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz statt, bei der die grundsätzliche Anwendbarkeit der unter 1.2. zitierten Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte bestätigt wurde.

 

2.4. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahmen der in Rede stehenden Geräte mit den Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenats vom 24. Oktober 2012, VwSen-740125/2/WEI/HUE/Ba, und VwSen-740128/2/WEI/HUE/Ba, als rechtmäßig bestätigt wurden.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Gemäß § 51e Abs 3 VStG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gemäß § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Punkten 1.1., 1.2. und 2.1. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 26. April 2012 um 13.05 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung BP-Tankstelle in L durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Der Beschuldigte ist unstreitig Betreiber der gegenständlichen Tankstelle.

 

Mit Hilfe einer Fernbedienung konnten jedenfalls die Walzenspielgeräte FA-Nr. 1 bis FA‑Nr. 4 in den Betriebsmodus versetzt werden. Mit diesen Geräten wurden – wie sich nicht zuletzt auch aus der hinsichtlich der in Rede stehenden Geräte erfolgten Beschlagnahmeentscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Oktober 2012, VwSen-740125/2/WEI/HUE/Ba und VwSen-740128/2/WEI/HUE/Ba ergibt – jedenfalls seit Mai 2011 bis zumindest Ende März 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Der konkrete Spielablauf an den Walzenspielgeräten FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates – erneut nicht zuletzt auch aufgrund der in der zitierten Beschlagnahmeentscheidung bestätigten Feststellungen – unter Bezugnahme auf die Anzeige der Finanzpolizei vom 31. Mai 2012, deren Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Die virtuellen Walzenspiele konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand.

 

Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

 

Bei diesen Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war lediglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, möglich, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn feststellen zu können.

 

Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

Dabei ist festzuhalten, dass bei den Walzenspielgeräten FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 von der Finanzpolizei Probespiele durchgeführt wurden, bei denen folgenden geleisteten höchstmöglichen Einzeleinsätzen folgende Höchstgewinne gegenüberstanden:

 

Gerät                         höchstmöglicher Einsatz                        in Aussicht gestellter Höchstgewinn

(FA-Nr.)

1                        5 Euro                                                20 Euro + 39 Supergames

2                        5 Euro                                                20 Euro + 98 Supergames

3                        4,50 Euro                                                20 Euro + 998 Supergames

4                        5,50 Euro                                                20 Euro + 998 Supergames

 

Insbesondere vor dem Hintergrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergames" (vgl. dazu OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i: "Ein Supergame ist im Ergebnis 10 EUR wert.") verleiten diese Gewinn–Verlust–Relationen nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unzweifelhaft zu Serienspielen iSd OGH‑Judikatur.

 

Bei den Walzenspielgeräten FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 stellte die Finanzpolizei eine funktionsfähige Auto-Start-Taste fest. Deren Funktionsweise ist derart zu beschreiben, dass bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe "sehr rasch kontinuierlich hintereinander" ablaufen zu lassen. "Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird" (vgl. die Ausführungen in der finanzpolizeilichen Anzeige).

 

All diese Feststellungen sind durch die im Akt einliegende Fotodokumentation der finanzpolizeilichen Kontrolle sowie durch die in der Anzeige der Finanzpolizei enthaltenen Ausführungen zweifelsfrei belegt.

 

Auch in der Entscheidung des OGH vom 20.3.2013, 6 Ob 118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – betreffend den gegenständlichen Geräten vergleichbaren Gerätschaften – wie folgt beschrieben: "Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei den Walzenspielgeräten FA‑Nr. 1 bis FA-Nr. 4 aufgrund der bemerkenswerten Gewinn-Verlust-Relationen und der – insbesondere auch wegen der verfügbaren Automatikstart-Funktionen – im Sekundentakt ablaufenden Spielabläufe bzw. der für den Spieler ganz besonders attraktiven "Supergame"-Optionen Serienspiele iSd OGH-Judikatur möglich waren.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG - in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 76/2011) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

Werden gemäß § 52 Abs 2 GSpG in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

 

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS Oberösterreich.

 

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

Im (überholten) Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hatte der Verwaltungsgerichtshof dazu noch festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

 

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzter Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199/1998 und VfSlg 18.833/2009) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des "geringen Betrages" des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (Rn 26 ff) Folgendes aus:

 

"Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSIg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.8.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.2.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.3.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

… Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

… Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B‑VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes hat sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – angeschlossen (VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249).

 

4.4. Die vom Oö. Verwaltungssenat selbstständige strafrechtliche Beurteilung ergibt hinsichtlich der Walzenspielgeräte FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 Folgendes:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass am 5. November 2012 in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf Sachverhalte betreffend Geräte, die mit "Automatic-Start-Tasten" ausgestattet sind, ausdrücklich bestätigt wurde.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.6.2013, B 422/2013 abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glückspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

4.4.1. Durch den Verwaltungsakt ist eindeutig belegt, dass gegenständliche Walzenspielgeräte FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 mit einer funktionsfähigen "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind und darüber hinaus auch zu Serienspielen verleitende, günstige Gewinn–Verlust–Relationen bestehen. Dies indiziert die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der – in Zusammenschau der Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofes mit der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013 – zweifelsfrei erkennbaren Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch Ausführungen zur finanzbehördlichen Anzeige vom 31. Mai 2012 betreffend die Funktionsweise der "Automatic-Start-Taste" bestärkt, wonach "[b]ei Auslösung des Spiels im Wege der Automatic-Start-Taste [...] diese Taste nur einmal betätigt werden [muss] um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.".

 

4.4.2. Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates werden daher gegenständlich erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes sowie dem folgend auch der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes – somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin einschlägig. Dies wird im Übrigen auch durch die unter Punkt 3.2. dargelegten Ausführungen in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 20.3.2013, 6 Ob 118/12i, klar zum Ausdruck gebracht (arg. insbes.: "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund.").

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den Walzenspielgeräten FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 – aufgrund der bei gewählter Automatik-Start-Funktion im Sekundentakt ablaufenden Spielabfolgen und den (insbesondere auch aufgrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergame"-Optionen) zu Serienspielen verleitenden, günstigen Gewinn-Verlust-Relationen – Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des Verschaffens einer Spielgelegenheit an derartigen Geräten durch den Tankstellenbetreiber stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit einer "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräts, bei dem die angezeigten Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

 

4.4.3. Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Beschuldigte im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes jeweils ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

 

Schon die Tatsache, dass auf den mit einer "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Walzenspielgeräten FA-Nr 1. bis FA-Nr. 4 Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen und bei diesen Geräten (nicht zuletzt auch aufgrund der "Supergame"-Option) sehr günstige Gewinn-Verlust-Relationen in Aussicht gestellt werden, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Tankstellenbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Tankstellenbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK2 § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit einer "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

4.4.4. Schließlich liegt bei den oa. Geräten – insbesondere unter Berücksichtigung der für den Spieler besonders attraktiven "Supergame"–Optionen (vgl. zu diesen erneut OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/120i) – eine durchaus zu Serienspielen verleitende, günstige Gewinn–Verlust–Relation iSd OGH-Judikatur vor. Diese in Aussicht gestellten Höchstgewinne sind offenkundig darauf gerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur ein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Die Gewinnerzielungsabsicht tritt somit in den Vordergrund und das Kriterium des bloßen Zeitvertreibs muss verneint werden. Auch dadurch liegt der strafbare Versuch einer gem. § 168 iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor.

 

4.5. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist hinsichtlich der Walzenspielgeräte FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 nach der selbstständigen Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat und nicht zuletzt auch im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm. § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Rz 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht. Da somit auch dem Verfassungsgerichtshof zufolge die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat, findet das in der LeiterInnenbesprechung vom 5. November 2012 erzielte Ergebnis Bestätigung. Der bisherigen Judikaturlinie des OGH zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen, wonach bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz eine gerichtliche Strafbarkeit wegen Spielens nicht "bloß zum Zeitvertreib" vorliegt.

 

Im Hinblick auf die bezüglich der Walzenspielgeräte FA-Nr. 1 – FA-Nr. 4 grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (siehe VfGH 13.6.2013, B 422/2013; sowie die diesbezügliche Folgejudikatur [ua VfGH 26.6.2013, B 63/2013] – der im Übrigen nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Judikaturlinie folgt [VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249]) keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung gemäß § 57 StGB, die im vorliegenden Fall jedenfalls am 26. April 2013 eingetreten ist) kann nach der zutreffenden, eine verbotene Doppelverfolgung vermeidenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (vgl VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134 und VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181).

 

Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat bezüglich der Walzenspielgeräte FA‑Nr. 1 – FA-Nr. 4 nach der selbstständigen Beurteilung als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

4.6. Anderes gilt hingegen bezüglich der Geräte der Type "Fun-Wechsler", FA-Nr. 5 bis Fa-Nr. 7. Hinsichtlich dieser Geräte hätte der angefochtene Bescheid nicht ergehen dürfen, da die belangte Behörde bezüglich der Fun-Wechsler nie in die Sache eingetreten ist.

 

Bei den gegenständlichen Geräten waren keine Spieleinsätze über 10 Euro möglich, sie verfügen über keine Automatic-Start-Taste und bieten auch keine hohen Einsatz-Gewinn-Relationen, sodass eine gerichtliche Zuständigkeit nicht einmal ansatzweise erkennbar ist. Die Anzeige der belangten Behörde an die Staatsanwaltschaft Linz vom 9.2.2013 sowie die von der zuständigen Staatsanwaltschaft verfügte Einstellung des Verfahrens gegen den Beschuldigten konnte sich daher keinesfalls auch auf die Geräte "Fun-Wechsler", FA-Nr. 5 – FA‑Nr. 7 beziehen.

 

Die umfassende reformatorische Befugnis der Berufungsbehörde gem § 66 Abs 4 AVG findet ihre gesetzliche Begrenzung durch die Entscheidung "in der Sache" aber insofern, als es der Berufungsbehörde verwehrt ist, aus Anlass der Berufung eine Frage zu entscheiden, die gar nicht Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens war und nicht den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hatte (vgl. VwGH 25.10.1994, 92/07/0098). Da sich das erstinstanzliche Verfahren somit auf die Walzenspiele beschränkte und die Berufungsbehörde nicht über mehr als das entscheiden darf, was Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war, war die von der belangten Behörde verfügte Einstellung des gegen den Beschuldigten eingeleiteten Strafverfahrens hinsichtlich der Fun-Wechsler, FA‑Nr. 5 – FA-Nr. 7, zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Markus Zeinhofer

 

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