Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360255/2/MB/VS

Linz, 17.09.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung der x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 28. Mai 2013, GZ: Sich96‑153‑2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.        Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) vom 28. Mai 2013, GZ: Sich96-153-2012, wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie sind bei Herrn x im Lokal 'x', in x angestellt. Am 13.09.2012, gegen 13:00 Uhr, fand in diesem Lokal eine Kontrolle der Finanzpolizei nach dem Glücksspielgesetz (§ 50 Abs. 2 GSpG) statt. Sie waren dabei als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, anzusehen und wurden von den Organen der Finanzpolizei ausdrücklich auf Ihre Mitwirkungspflicht und auf die Folgen der Nichteinhaltung aufmerksam gemacht. Dennoch haben Sie im Zuge dieser Kontrolle gegen Ihre glücksspielrechtliche Mitwirkungspflicht (von 13:40 Uhr bis 13:55 Uhr) verstoßen, indem Sie den Organen der Finanzpolizei keine umfassenden Auskünfte zu den drei eingeschalteten und betriebsbereiten Glücksspielgeräten erteilten und insbesondere die Aufnahme einer Niederschrift samt Unterschrift verweigerten."

 

Als verletzte Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde "§ 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 idgF. (folgend kurz: GSpG)" an, verhängte über die Bwin eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) gem § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG und verpflichtete sie zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der Geldstrafe.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde (auszugsweise) wie folgt aus:

 

"Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat, als die nach § 50 Abs 1 GSpG zuständige Behörde, aufgrund einer Anzeige des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 16.10.2012 ZI.: 051/41170/11/2012, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verstoßes gegen Ihre Auskunftsverpflichtung gem. § 50 Abs. 4 GSpG in Ihrer Funktion als eine Person, die Glücksspielgeräte bereithielt, gegen Sie eingeleitet.

 

Herr x, betreibt als Einzelunternehmer das Lokal 'x', in x und sind Sie dort Dienstnehmerin.

 

Am 13.09.2012 um 13.00 Uhr begann die Finanzpolizei im gegenständlichen Lokal mit einer Kontrolle nach dem GSpG. Dabei wurden im Lokal drei Glücksspielgeräte eingeschaltet und betriebsbereit vorgefunden sowie im Zuge der Kontrolle vorläufig beschlagnahmt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16.11.2012, Pol10-11, 16, 17, 18 -2012, wurde die Beschlagnahme über die gegenständlichen Geräte verhängt. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit Erkenntnis des UVS vom 30.04.2013, GZ VwSen-740290 bis 740293 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid bestätigt.

 

Während der Kontrolle war der Einzelunternehmer Lautner nicht anwesend. Sie wurden von den anderen im Lokal anwesenden Dienstnehmer als die 'zur Zeit Verantwortliche' genannt. Zunächst gaben Sie an, dass keine Schlüssel für die Geräte vorhanden seien, Ihnen der Name des Geräte-Aufstellers nicht bekannt sei und die Bedienung des Notebooks im Kühlraum nicht vom Personal erfolge. Gegen 13:40 Uhr wurden Sie von den Organen der Finanzpolizei aufgefordert – in Form einer Niederschrift – umfassend Auskunft zu den Glücksspielgeräten zu erteilen. Ihre Eigenschaft als Verantwortliche haben Sie gegenüber den Organen nicht bestritten. "

Nach Wiedergabe der zu Beginn der Niederschrift erteilten Belehrung führt die belangte Behörde weiters aus:

 

"Nach der erfolgten Rechtsbelehrung und Erläuterung des Gegenstands der Amtshandlung (Verdacht der Übertretung nach dem GSpG hinsichtlich der drei im Lokal aufgestellten Glücksspielgeräte) gaben Sie an, dass Sie keine Auskünfte erteilen werden. Es mache alles der Aufsteller. Einen Namen des Aufstellers können Sie nicht angeben. Unter den Mitarbeitern werde und sei weitergegeben worden, dass bei Kontrollen der Geräte keine Auskünfte zu erteilen sein. Des Weiteren gaben Sie an, dass Sie Ihre Unterschrift auf der Niederschrift verweigern werden.

 

In der Folge wurde Ihnen die Niederschrift vorgelesen und zur Durchsicht vorgelegt. Wie angekündigt, verweigerten Sie jedoch die Unterschrift. Um 13:55 Uhr wurde Ihre Einvernahme schlussendlich abgebrochen und beendet.

 

Nachdem die Organe der Finanzpolizei die Testspiele beendet hatten, haben Sie das zuvor ausgehändigte Geld entgegengenommen.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21.02.2013 wurde Ihnen die gegenständliche Verwaltungsübertretung zur Last gelegt und wurden Sie aufgefordert, sich zum Tatvorwurf binnen 2 Wochen zu rechtfertigen.

 

1.2. Ihre Rechtfertigung

 

Sie haben durch Ihren ausgewiesenen Vertreter RA Prof. Dr. x mit Eingabe vom 14.03.2013 (eingelangt am 19.03.2013) Stellung genommen und führen zusammengefasst folgendes aus:

 

Sie bestreiten die Verwaltungsübertretung begangen zu haben und beantragen die Einstellung des Verfahrens. Aufgrund vieler Materiengesetze sei die Anwendung des GSpG strittig. Ferner sei der Meldungsleger als Zeuge zu vernehmen; insbesondere über den Aufstellungszeitpunkt der Geräte, deren Betriebsdauer, über die Spielprogramme, über die Betriebsbereitschaft, über Beobachtungen zum Programmablauf, ob die Geräte bespielt worden seien, ob der Meldungsleger selbst die Geräte bespielt habe, ob die Geräte die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbst oder selbsttätig herbeiführen.

 

Ferner werde die Sach- und Rechtslage verkannt. Die Geräte würden nur dazu dienen Aufträge an die Firma x weiter zu geben. Diese Firma sei als 'Spieler' anzusehen. Die x biete keine Glücksspiele an, sondern führe nur dort Glücksspiele durch, wo diese genehmigt seien, nämlich in x.

 

Die Geräte seien zudem reine Eingabe- und Auslesestationen und würden ein Mitspielen an in der Steiermark laufenden Spielen ermöglichen. Diese Spiele seien wiederum genehmigt.

 

Die Geräte seien auch keine Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 2 und 3 GSpG. Ferner seien die Geräte in Niederösterreich aufgestellt.

Eingewandt wird auch die örtliche Unzuständigkeit. Beantragt wird die Beiziehung eines Sachverständigen, da die Ausspielung von Gewinn und Verlust überwiegend von der Geschicklichkeit des Spielers abhängig ist. Im Übrigen würden die Voraussetzungen gem. § 21 Abs 1aVStG vorliegen."

 

1.3. Nach Beweiswürdigung, Wiedergabe von Rechtsgrundlagen und einer auszugsweisen Zitierung des VwGH-Erkenntnisses vom 20.06.2012, 2012/17/0114, zur Definition des Begriffes "Bereithalten", begründet die belangte Behörde ihre rechtlichen Erwägungen wie folgt:

 

"Sie waren während der Kontrolle als Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithält anzusehen, da Sie einerseits von den anderen Dienstnehmern als solche bezeichnet wurden und sich auch selbst dagegen nicht aussprachen. Ferner haben Sie, nachdem die Testspiele beendet waren, das zuvor ausgehändigte Geld entgegengenommen.

 

Zunächst erteilten Sie zwar rudimentäre Auskünfte hinsichtlich Geräteschlüssel, (unbekannter) Name des Aufstellers und zum Notebook im Kühlraum. Weitergehende Auskünfte, insbesondere im Zuge der Niederschrift wurden von Ihnen jedoch verweigert. Sie haben sich sogar darauf berufen, dass unter den Mitarbeitern weitergegeben werde, bei Kontrollen der Geräte keine Auskünfte zu erteilen! Weiters verweigerten Sie die Unterschrift. Somit haben Sie eindeutig gegen Ihre Verpflichtung zur umfassenden Auskunftserteilung verstoßen.

 

Ihr Vorbringen, dass aufgrund vieler Materiengesetze die Anwendung des GSpG strittig sei, wird bereits durch die Sachentscheidung des UVS im Beschlagnahmeverfahren klar widerlegt.

 

Ihre Ausführungen, wonach die Geräte nur dazu dienen würden Aufträge an die Firma x weiter zu geben und Glücksspiele nur dort durchgeführt würden, wo diese genehmigt seien (nämlich in 8051 Graz), sind hinsichtlich Ihrer Mitwirkungspflicht nicht einschlägig.

 

Bei Ihrem Vorbringen, die Geräte seien in Niederösterreich aufgestellt, muss es sich wohl um einen Schreibfehler [handeln], da 4780 Schärding unstrittig im Bundesland Oberösterreich liegt. Darüber hinaus kann dieses Vorbringen ebenfalls keine Auswirkungen auf Ihre Mitwirkungspflicht entfalten.

 

Ihrem Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen, ist ebenfalls zu entgegnen, dass damit wiederum kein materieller Bezug zur Mitwirkungspflicht hergestellt werden kann.

 

Der objektive Tatbestand ist somit erfüllt."

 

Anfolgend konstatiert die belangte Behörde, dass im gegenständlichen Fall absichtlich die Mitwirkungspflicht verletzt worden sei.

Abschließend führt die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, dass der Bwin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute komme. Die im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bemessene Strafe entspreche den persönlichen Verhältnissen (1.000 Euro Nettoeinkommen bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgfaltspflichten) und erscheine unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, angemessen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Händen ihres Rechtsvertreters am 29. Mai 2013 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 11. Juni 2013, die am 12. Juni 2013 bei der belangten Behörde einlangte. Die Bwin strebt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Aussetzung des Strafverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des EuGH über einen anhängigen Vorabentscheidungsantrag an.

 

Begründend rügt die Berufung in weitwendigen Ausführungen diverse Begründungsmängel. Sie bringt weiter vor, dass die belangte Behörde bei der Durchführung von Ermittlungstätigkeiten zu dem Schluss gekommen wäre, dass es sich nicht einmal mehr um Eingabeterminals handle. Bezüglich der Verkennung der Sach- und Rechtslage wird jedoch ergänzend ausgeführt, dass es sich bei den "verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals" weder um Glücksspielautomaten noch um elektronische Lotterien handle. Die Geräte seien reine Eingabe- und Auslesestationen und ermöglichten nur an einem in der Steiermark behördlich genehmigten Spiel teilzunehmen. Es handle sich nicht um Glücksspielautomaten und sie würden auf Grund des Fehlens eines über das elektronische Medium abgeschlossenen Spielvertrages auch keine elektronischen Lotterien gemäß §12a GSpG anbieten.

 

Des Weiteren wird die Unzuständigkeit der belangten Behörde eingewendet, da das Spiel durch die Firma x GmbH in der Steiermark durchgeführt worden wäre und mittels eines Eingabeterminals lediglich die Möglichkeit gegeben wäre, einen Spielauftrag an die Firma x GmbH zu übermitteln.

 

Zudem wird der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen gestellt, um zu beweisen, dass die gegenständlichen Spielgeräte nicht den Strafbestimmungen des von der Behörde zugezogenen Gesetzes unterliegen. Die Ausspielung von Gewinn und Verlust sei überwiegend, ja nahezu ausschließlich von der Geschicklichkeit des Spielers abhängig.

 

Schließlich verweist die Berufung zum § 5 Abs 1 VStG (Hinweis auf VfSlg 13.790/1994) darauf, dass die Behörde das Vorliegen der objektiven Tatseite nachweisen und bei Zweifeln in Bezug auf die Fahrlässigkeit auch die Verschuldensfrage von Amts wegen klären müsse. Damit habe sich die Erstbehörde nicht genügend auseinandergesetzt. Das angefochtene Straferkenntnis weise keine gesetzmäßige Begründung auf.

Die Berufung schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung. Die belangte Behörde habe die Frage nach dem Ausmaß der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung jener Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene und den Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, nicht beantwortet. Auch der Schuldgehalt der Tat sei nicht erörtert worden. Zudem sei die Frage, ob die Tat einen besonderen Auffälligkeitswert in der Öffentlichkeit erreicht habe, nicht geprüft worden. Die Milderungsgründe des ordentlichen Lebenswandels (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), des Nichtvorliegens eines Schadens (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) bzw das ernstliche Bemühen der Bwin, nachteilige Folgen zu verhindern (§ 34 Abs 1 Z 15 StGB), seien nicht festgestellt worden. 

 

2.2. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 21. Juni 2013 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien).

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Pkt 1.1. und 1.2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

Der mit der Bwin am Kontrolltag aufgenommenen Niederschrift ist ergänzend zu entnehmen, dass die drei im Lokal aufgestellten Geräte betriebsbereit vorgefunden wurden. Aus der Fotodokumentation der Finanzpolizei ist ersichtlich, dass bei einem Gerät ein Spieler beim Walzenspiel "Ring of Fire" einen Einsatz geleistet hat. Laut Anzeige der Finanzpolizei vom 16. Oktober 2012 konnten Probespiele an den Geräten mit der FA-Nr. 1 und 2 nicht durchgeführt werden, da diese Geräte um 13:19 Uhr bzw 13:20 Uhr auf "Network Error" schalteten. Ein Testspiel erfolgte schließlich beim Gerät FA-Nr. 3. Mit den Geräten mit der FA‑Nr. 1 und 2 wurden virtuelle Walzenspiele und mit Gerät FA-Nr. 3 glücksradähnliche Spiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl dazu die Ausführungen in der Anzeige der Finanzpolizei vom 16. Oktober 2012 samt Fotodokumentation, mit den darin angeführten verfügbaren Spielen bei den Geräten Nr. 1 und 2 sowie den Einsätzen und erzielten Gewinne beim Testspiel beim Gerät Nr. 3).

 

Die konkreten Spielabläufe der auf den oa. Geräten verfügbaren Spiele stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die Art der Spiele, die von Organen der Abgabenbehörde in der Anzeige vom 16. Oktober 2012 dargestellt wurden, sowie auf die bisher erworbene Erfahrung mit gleichartigen Geräten wie folgt dar:

 

Die virtuellen Walzenspiele auf den Geräten Nr. 1 und 2 können an den Glücksspielgeräten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste werden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entsteht. Nach etwa einer Sekunde kommt der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergibt nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hat man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler ist es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Spiel ausgelöst wird, und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Beim gegenständlichen Gerät FA-Nr. 3 handelt es sich um ein elektronisches Glücksrad, mit den Vervielfachungsfaktoren 1, 2 und 4. Die Musiktitel waren nicht gezielt abrufbar. Der Kunde konnte für einen Einsatz von mindestens 1 Euro durch Bedienung der grünen Gerätetasten ("Rückgabe-Taste" bzw. "Wahl-Taste" für den Vervielfachungsmodus) oder mit eigens dazu bestimmten Tasten vor Eingabe des Euros eine Verdoppelung oder Vervielfachung der in Aussicht gestellten Gewinne bewirken, entsprechend dem damit eingestellten Vervielfachungsmodus. Der in Aussicht gestellte Höchstgewinn wird aus dem höchsten Betrag der Zahlenfelder multipliziert mit dem höchsten an den Geräten auswählbaren Vervielfachungsfaktor errechnet.

 

Es kann daher nicht bezweifelt werden, dass die Entscheidung über das Spielergebnis iSd § 1 Abs 1 GSpG vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhing. Ähnlich wie früher beim sog. "einarmigen Banditen" liegt auch bei virtuellen Walzenspielen ein klassischer Fall der Glücksspieleigenschaft vor. Dies erscheint nach zahlreichen Beschlagnahmeverfahren längst amtsbekannt. Zur Glücksspieleigenschaft des Gerätes Nr 3 ist in Übereinstimmung mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl nur VwGH 28.6.2011, 2011/17/0068) zu vergleichbaren Gegenständen festzuhalten, dass das verfahrensgegenständliche Gerät eine Gewinnchance bot, dessen Eintritt vom Zufall abhängig ist. Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der evidenten Tatsache der Glücksspieleigenschaft war demnach entbehrlich. Die pauschale gegenteilige Behauptung der Berufung, dass keine Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten worden wären, entbehrt jeder Tatsachengrundlage.

 

Weiters ergibt sich aus dem handschriftlichem Protokoll über die durchgeführte Amtshandlung ergänzend, dass nach Auskunft des zu Beginn der Kontrolle angetroffenen Spielers die Gewinne im Lokal ausbezahlt werden.

 

3.3. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.4. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung – BGBl I 50/2012 (in der Folge: GSpG) sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Landespolizeidirektion diese, und in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig.

 

Neben der sachlichen Zuständigkeit ist nach § 27 VStG in concreto auch die örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates als gegeben anzunehmen.

 

4.2. Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Kontrolle im örtlichen Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Schärding von Beamten des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vorgenommen wurde. Der angefochtene Bescheid wurde daher von der nach § 50 Abs 1 GSpG sachlich und örtlich zuständigen Behörde erlassen.

 

Wenn die Bwin einwendet, dass das Spiel durch die Firma x GmbH in Graz durchgeführt worden wäre und dem Kunden lediglich die Möglichkeit gegeben worden wäre, einen Spielauftrag an die Firma x GmbH zu übermitteln, so ist ihr die eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs entgegenzuhalten. So konstatierte dieser in seiner Entscheidung vom 14.12.2011, Zl. 2011/17/0155, zu einer ähnlich gelagerten Fallkonstellation, dass bei einem derartigen Geschehensablauf jedenfalls Bestandteile des Spieles am Ort der aufgestellten Geräte stattfinden. Dass der Spieler über die in Schärding befindlichen Geräte "lediglich über eine Internetverbindung das von ihm gesteuerte, an einem anderen Ort entsprechend seinen Entscheidungen bzw Tasteneingaben durchgeführte Spiel im engeren Sinn, nämlich die Positionierung der virtuellen Walzen, beobachtet", ändert nichts an dem Umstand, dass durch diesen Geschehensablauf eine Ausspielung im oa. Lokal in Schärding stattfindet. "Die 'Auslagerung' der genannten Spielbestandteile in ein anderes Bundesland, die aber am Aufenthaltsort des Spielers via Internet gesteuert und beobachtet werden", vermag entsprechend der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs an dem Umstand, dass die Ausspielungen im gegenständlichen Fall in Schärding stattgefunden haben und damit die belangte Behörde zur Bescheiderlassung zuständig gewesen ist, nichts zu ändern.

 

4.2. Gemäß § 50 Abs 4 GSpG in der damals geltenden Fassung sind die Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG und die im § 50 Abs 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 111/2010 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG beträgt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen ein Jahr.

 

4.3. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf den Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung korreliert jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 786).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet zumindest die Mitwirkungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen – deren Verhalten der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist – der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 31 VStG (arg. noch keine Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mN Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B‑VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe. Denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Strafverfahren wegen verbotenen Glücksspiels wäre eine strafbeschwerte Mitwirkungspflicht an einer zum Zwecke der Strafverfolgung durchgeführten Glücksspielkontrolle unverhältnismäßig und dem Kerngehalt der Garantie eines fairen Verfahrens widersprechend (vgl dazu eingehend mN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] 456 ff Rz 123).

 

Vor diesem Hintergrund ist nun aus der Zusammenschau des Akteninhalts, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei sowie der Protokolle der Kontrolle, und aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen) zu erkennen, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG im Vordergrund stand. So wurde laut Niederschrift der Finanzpolizei mit der Bwin vom 13. September 2012 drei Geräte im Lokal "x", x, betriebsbereit vorgefunden. Aus dem handschriftlichen Protokoll ist zudem erkennbar, dass gleich zu Beginn der Kontrolle ein Spieler über die Auszahlungsmodalitäten eines erspielten Gewinnes befragt wurde. Auch diese Frage diente offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (Strafverfolgung). Schon zu Beginn der Kontrolle lag offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gem dem § 50 Abs 4 GSpG.

 

Die Bestrafung der Bwin erfolgte damit schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

 

4.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat zudem so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

4.5.1. Die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung verpflichtet verschiedene Adressaten, nämlich Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, unmittelbar zur Mitwirkung. Zu diesen Varianten unmittelbarer Täterschaft kann jeweils eine Beteiligungssituation hinzutreten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person der Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist zu bedenken, dass – wie es im gegenständlichen Fall aber nicht gegeben ist – eine juristische Person als Veranstalter bzw Anbieter in Frage kommt und wiederum ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang haftet das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zurechnen lassen.

 

Da nun die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue Aus- und Anführung zur Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

4.5.2. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Tatbegehungsformen hätte die belangte Behörde eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vornehmen müssen. Ihre Ausführungen decken sich stattdessen weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut im § 50 Abs 4 GSpG und reichen für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht hin. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

4.5.3. Im konkreten Fall wird der Bwin im Spruch des Straferkenntnisses die Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG als unmittelbare Täterin angelastet. Als Angestellte bei Herrn x im Lokal "Imbiss mit Pfiff" war sie im Zeitpunkt der Kontrolle "als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, anzusehen". Die Bwin sei ausdrücklich auf ihre Mitwirkungspflicht aufmerksam gemacht worden. Dennoch habe sie gegen ihre glücksspielrechtliche Mitwirkungspflicht verstoßen, indem sie den Organen der Finanzpolizei "keine umfassenden Auskünfte zu den drei eingeschalteten und betriebsbereiten Glücksspielgeräten [erteilt] und insbesondere die Aufnahme einer Niederschrift samt Unterschrift" verweigert habe.

 

Diese Tatanlastung ist einerseits nicht gesetzeskonform und andererseits unzureichend, weil es an der erforderlichen Konkretisierung nach den Umständen des Einzelfalls mangelt. Beim Vorwurf, keine umfassenden Auskünfte zu den drei eingeschalteten und betriebsbereiten Glücksspielgeräten erteilt zu haben, handelt es sich um eine bloße Leerformel, die nur eine Wiederholung des Gesetzeswortlautes darstellt und nicht geeignet ist, eine individuelle Tat unverwechselbar vorzuwerfen. Mit keinem Wort wird erwähnt, welche Auskünfte die Bwin zu den drei eingeschalteten und betriebsbereiten Glücksspielgeräten verweigert habe. Die belangte Behörde hat es daher im konkreten Spruch unterlassen, zu konkretisieren, worin die Tathandlung der Bwin gelegen ist.

 

Vielmehr wird im Spruch ein weiterer Tatvorwurf erhoben, indem der Bwin zusätzlich (vgl die kumulative Verknüpfung der beiden Tatvorwürfe durch "und") vorgeworfen wurde, die Aufnahme einer Niederschrift samt Unterschrift verweigert zu haben. Die gemäß § 50 Abs 4 2. Satz GSpG (idF BGBl I Nr. 54/2010) verpflichteten Personen haben u.A. den Organen der öffentlichen Aufsicht "umfassende" Auskünfte zu erteilen, "umfassende" Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren. Aus der gesetzlichen Fassung dieser Mitwirkungspflichten ist dem Grunde nach zu erkennen, dass Verweigerung der Aufnahme einer Niederschrift samt Unterschrift nicht mit Strafe gemäß § 52 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 4 GSpG bedroht wird. Diese Tathandlung wäre lediglich geeignet gewesen, die umfassende Auskunftsverweigerung darzulegen. Aus der gegenständlichen Spruchformulierung geht daher nicht eindeutig und unzweifelhaft hervor, welches Verhalten der Bwin tatsächlich vorgeworfen wird.

 

4.5.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/17/0114, unter der im § 50 Abs 4 GSpG genannten "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält," auch jemanden verstanden, der de facto für die Bereithaltung sorgt und ausdrücklich keine rechtlich-organisatorische Beziehung dieser Person zur Glücksspieleinrichtung vorausgesetzt. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG treffe nicht nur den Betreiber des Glücksspielapparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein werde, sondern auch diejenigen Personen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Dabei habe sich die Abgrenzung, welche Angestellten von der Auskunftspflicht erfasst sind, nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehöre jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind.

 

Aus diesen Aussagen des zitierten Judikats ist weiter denknotwendig abzuleiten, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs begrifflich das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" vom Aufgabenbereich eines Mitarbeiters und seinen betriebsinternen Befugnissen abhängt und eine Korrelation zu der damit verbundenen Mitwirkungspflicht besteht. Denn die Pflicht, "umfassend Auskünfte zu erteilen", muss im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten einer Person je nach ihren Aufgaben und Befugnissen angenommen werden, widrigenfalls man dem Gesetzgeber unterstellen würde, dass er in unsachlicher Weise Mitwirkungspflichten vorgesehen hätte, deren Erfüllung manchen Personen von ihrer betriebsinternen Verwendung her schon tatsächlich gar nicht möglich wäre. Der Umfang der Mitwirkungspflichten darf nicht als absolute Größe gesehen werden. Vielmehr muss er differenziert nach den Aufgaben und Befugnissen des jeweiligen Mitarbeiters eines Veranstalters oder Anbieters interpretiert werden. Die Pflicht, umfassend Auskünfte zu erteilen, kann demnach je nach den faktischen Aufgaben und Befugnissen eines Angestellten eine verschiedene sein. Gehören etwa zum Aufgabenbereich einer Person überhaupt nur untergeordnete oder nicht einschlägige Tätigkeiten wie beispielsweise Reinigungsarbeiten, bloßes Lichteinschalten oder das Ausschenken von Getränken, dann liegt allein darin noch kein Sorgen für die Verfügbarkeit einer Glücksspieleinrichtung, weshalb ein "Bereithalten" begrifflich ausscheidet und keine Auskunftspflicht besteht.

 

Aus der dargestellten Rechtslage im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs folgt weiter, dass zur Mitwirkungspflicht des § 50 Abs 4 GSpG im Fall von "Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten," deren Aufgabenbereich und Befugnisse im Betrieb des Veranstalters oder Anbieters als für die Subsumtion relevante Umstände anzusehen und festzustellen sind. Die diesbezügliche betriebsinterne Funktion des Mitarbeiters, dem die Auskunfts- bzw Mitwirkungspflicht zugeordnet wird, betrifft daher ein wesentliches Element des Tatbestandes und bedarf gemäß § 44a Z 1 VStG entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles einer Konkretisierung und Individualisierung im Spruch.

 

Die belangte Behörde spricht im Spruch nur davon, dass die Bwin bei Herrn X im Lokal "angestellt" sei. Sie sei bei der Kontrolle als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten habe, anzusehen. Es fehlen jedoch konkrete, auf den Einzelfall bezogene Angaben in Bezug auf den für die Subsumtion relevanten Aufgabenbereich der Bwin als Dienstnehmerin des Herrn x, aus dem das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" und damit die Auskunftspflicht im Grunde des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichthofs erst abgeleitet werden kann. In der Begründung des Straferkenntnisses wird zwar angeführt, dass die Bwin von den anderen im Lokal anwesenden Dienstnehmern als die "zur Zeit Verantwortliche" bezeichnet worden sei. Bloße Ausführungen in der Bescheidbegründung genügen dabei im Lichte der unter Punkt 4.4. ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben nicht.

 

4.6. Die belangte Behörde hat daher weder im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung einen entsprechend den Umständen des Einzelfalles konkretisierenden Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheint. Mangels einer geeigneten behördlichen Verfolgungshandlung ist insofern nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs 1 VStG auch die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat war es außerdem als Berufungsbehörde, die gemäß dem § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

 

5.1. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf wesentliche Spruchmängel mangels einer zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

 

5.2. Durch die Stattgabe des Primärantrages auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses musste auf den subsidiär gestellten Antrag, das Verfahren bis zur Entscheidung über eine Vorlageanfrage an den EuGH auszusetzen, nicht mehr näher eingegangen werden.

 

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bwin gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Markus Brandstetter